Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.SECTIO XIV. vorzug vor denselbigen/ und wünschte ich sie in mehrerm gebrauch als die ge-bet-bücher. Hingegen 5. könte nicht eben gantz schlechter dinges damit einstimmen/ Von M 2
SECTIO XIV. vorzug vor denſelbigen/ und wuͤnſchte ich ſie in mehrerm gebrauch als die ge-bet-buͤcher. Hingegen 5. koͤnte nicht eben gantz ſchlechter dinges damit einſtimmen/ Von M 2
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SECTIO XIV.
vorzug vor denſelbigen/ und wuͤnſchte ich ſie in mehrerm gebrauch als die ge-
bet-buͤcher.
Hingegen 5. koͤnte nicht eben gantz ſchlechter dinges damit einſtimmen/
daß man niemal ohne geiſt/ brunſt und andacht beten ſolle/ wo ſolche wort
nach ihrer ſchaͤrffe und ſonderlich nach der empfindlichkeit gebraucht werden.
So viel laſſe ich gelten/ wir haben niemal zu beten ohne geiſt und andacht/
das iſt/ daß wir allezeit/ wenn wir beten wollen/ gedencken ſollen/ was wir
vorhaben/ und alſo die hertzliche intention haben/ GOtt anzuruffen/ welche
redliche intention von dem Heil. Geiſt kommen muß: ſo dann daß man allen
frembden gedancken nach vermoͤgen zu ſteuren/ und ſein gemuͤth beyſammen
zu halten ſich beſtreben muͤſſe. Wo alſo nicht mehr verlanget wuͤrde/ unter-
ſchreibe auch ſolcher lehre. Weil aber ſo wol das wort brunſt/ als auch der
aus dem alten Ephrem angefuͤhrte locus, etwas mehrers zu fordern ſchei-
nen/ nemlich eine innerliche empfindliche brunſt/ ſo traute ich dieſe vor einem
rechtſchaffenen gebet nicht alſo zu erfordern/ daß man ohne dieſelbe nicht be-
ten koͤnte. Denn es werden alle auch rechtſchaffene Chriſten bey ſich finden/
wie ſie ſo gar nicht zu allen zeiten in einem zuſtand ſtehen/ und die ſich zu eini-
gen malen in einer treflichen brunſt gefunden/ zu andern malen hingegen lau-
ter lauligkeit und kaͤlte an ſich ſpuͤhren/ auch was ſie anheben/ ſich in guter
zeit zu einer rechten brunſt nicht wiedrum bringen koͤnnen. Solches iſt ih-
nen zwahr billig leid/ ja ſie haben ſich deßwegen vor GOtt ſo vielmehr zu de-
muͤthigen/ weil ſie gemeiniglich eine ſchuld ſolches mangels auch bey ſich an-
treffen oder beſorgen. Solten wir aber ſolchen leuten in ſolchem ſtande weh-
ren zu beten? welches gleich wol nach geſetztem zu behaupten ſeyn wuͤrde.
Vielmehr erinnere ich/ daß wir ſtets/ neben dem ohne das unauffhoͤrlichen
innern gebet/ ſo gleichſam etwas habituales iſt/ uns zu auch euſſerlichem oder
austruͤcklichen gebet trachten ſollen auffzumuntern/ das gemuͤth ſeye/ wie es
wolle/ nur daß die vorbeſchriebene andacht und wahrhaffte intention da
ſeye/ die mir ſchon ein zeugnuͤß des triebs des Geiſtes iſt: findet man das hertz
bruͤnſtig/ hat man GOtt auch ſo bald vor ſolche wolthat zu dancken/ und ſol-
cher uͤbung deſto emſiger nach zuſetzen. Findet man ſich aber kalt/ hat man
ſich doch ſelbſt anzutreiben/ und GOtt ſeinen dienſt/ den wir ſchuldig ſind/
nicht weniger zu leiſten/ der verſicherung/ es werde entweder das hertz auch
unter dem gebet mehr entbrennen (wie etwa mehrmal ein gebet ſo kalt ange-
fangen/ bruͤnſtiger geendet wird) oder GOtt werde ihm auch dasjenige opf-
fer nicht mißfallen laſſen/ welches wir ſelbs zwahr erkennen/ daß es beſſer
ſeyn ſolte/ dißmal aber nicht beſſer bringen koͤnnen: nur daß allemal das red-
liche hertz erfordert wird/ welches GOtt ſo ſihet als annimmet.
Von
M 2
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