Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. VI. SECT. XXIX. Bey dieser frage möchten folgende stücke zu beobachten seyn/ 1. Man hat 2. Ob nun wol in solcher sorge das meiste und ernste einen Prediger ob- 3. Wo ihm aber jemand vorkommt/ den er vor unwürdig/ und also des nung p p
ARTIC. VI. SECT. XXIX. Bey dieſer frage moͤchten folgende ſtuͤcke zu beobachten ſeyn/ 1. Man hat 2. Ob nun wol in ſolcher ſorge das meiſte und ernſte einen Prediger ob- 3. Wo ihm aber jemand vorkommt/ den er vor unwuͤrdig/ und alſo des nung p p
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ARTIC. VI. SECT. XXIX.
Bey dieſer frage moͤchten folgende ſtuͤcke zu beobachten ſeyn/ 1. Man hat
bey einer kirchen nach allen vermoͤgen dahin zu trachten/ daß das heilige Sacra-
ment des Herrn nicht unwuͤrdigen oder unbußfertigen ertheilet werde/ ſo wol
wegen der entheilung der heiligen gnadenmittel/ als wegen ſeelen gefahr der
lenigen/ welche als unwuͤrdig ihnen ſelbſt ein gericht eſſen/ welches billich/ als viel
moͤglich iſt oder geſchehen kan/ vermieden werden ſolle.
2. Ob nun wol in ſolcher ſorge das meiſte und ernſte einen Prediger ob-
lieget/ ſo ſtehet doch in ſeiner macht nicht zuthun was er wolle: den er iſt ein
haußhalter geſetzet uͤber GOttes geheimniſſen 1. Cor. 4/ 1. und verwaltet ſolche
haußhaltung nicht nur in den nahmen GOttes/ ſondern auch deſſen hauß-eh-
re der kirchen. Denn unſer Heyland hat ſeine gnaden ſchaͤtze der gantzen kir-
chen anvertrauet/ die alſo insgeſamt recht uͤber dieſelbe/ und demnach macht
auch uͤber dero austheilung hat. Ob ſie denn nun wol ordentlicher weiſe ſol-
che austheilung durch ihre verordnete diener die Prediger verrichtet/ hat ſie ſich
doch ihrer macht daruͤber nicht begeben. Daher hat ein Prediger macht/ ihre
gnaden guͤter allen den jenigen auszutheilen/ welche ſolche verlangen/ und nie-
mand mit grund wiederſpricht.
3. Wo ihm aber jemand vorkommt/ den er vor unwuͤrdig/ und alſo des
heiligen abendmahls unfaͤhig/ haͤlt/ ſtehet ihm nicht frey/ propria autoritate
denſelben von der communion zu ſuſpendiren: ſondern allein die jenige ſuͤnde/
welche er an ihm zuerkennen meinet/ ihm beweglich ſamt der gefahr der unwuͤr-
diger communion vorzuſtellen/ und treulich zu bitten/ daß er ſo wol ſeines eig-
nen gewiſſens als ſein/ des Predigers/ ſchohnen/ und biß zu erkaͤntnuͤß der ſache
von ſelbſt abſtehen wolte. Folget nun der menſch ſolchen treuen rath/ ſo iſts
ohn das richtig: fordert er aber ohneracht deſſen die heilige communion, und
giebet ſich vor unſchuldig aus/ ſo hat der Prediger entweder noch raum/ das ge-
ſchaͤfft an die kirche/ oder eccleſiam repræſentativam in dem conſiſtorio, zu-
bringen/ bey denſelben ſich entſcheids zu erhohlen/ dem er als dem nachzuleben
hat/ oder er hat/ dazu keinen raum: in welchem letztern fall ich da-
vor halte/ daß er nach gethaner gnugſamer errinerung/ und da der andere ſich
im uͤbrigen bußfertig bezeuget/ auch uͤber das angeſchuldigte/ ſich vor den kir-
chen gericht zu ſtellen erboͤtig iſt/ ihm das begehrte widerfahren zu laſſen habe/
jedoch ihm ſolches auff ſeine verantwortung und gefahr zu reichen. Die urſach
moͤchte dieſe ſeyn. 1. Die macht der diſpenſation ſtehet nicht bey dem Prediger/
ſondern er iſt die allgemeine guͤter jedem zu ertheilen ſchuldig/ der noch ein glied
der kirchen iſt. 2. Ob wol die unbusfertige zu den Sacrament des Herrn
kein recht haben/ wie denn deßwegen/ wer ſich ſelbſt vor unbußfertig darſtellete/
und zum exempel bezeugte/ er wolle die ſuͤnde die er vor ſuͤnde ſelbſt erkennen
muß/ nicht laſſen/ nicht darzu gelaſſen werden doͤrffte/ als den alle goͤttliche ord-
nung
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