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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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SECTIO XV.
er entweder/ daß es bloß nothwendig/ und man dazu verbunden/ oder daß es
frey stehe/ und behalten werden möge. Das erste gestehen wir nicht/ noch
bestraffen die kirchen/ die sich des worts enthalten. Ja man solte sagen/ es
wäre besser sich dessen zu enthalten/ eben deßwegen weil P. Dez mit seinem e-
xempel lehret/ wie sie nachmal/ wo sie den nahmen hören/ auch denselben in
ihren verstand genommen haben wollen: da wir doch unter dem nahmen der
messe nichts als die begehung des heil. Abendmahls verstehen. Und diese
ists allein/ welche wir mit grossem respect halten und gehalten haben wollen.
2. Gleiches ist zu erinnern von den Ceremonien an gedachtem ort/ wo wir
uns die nothwendigkeit nicht aufftringen lassen/ daß dieselbe also behalten
werden müsten. Obwol unsre bekenner bezeugen/ daß sie damals solche noch
behalten hätten. 3. Die allgemeine beschreibung eines opffers ist auch noch
zu gering oder zu gemein: wiewol aus dem folgenden noch etwas/ so sonsten
hieher gehörte/ mag ersetzet werden. 4. Die arten p. 371. wie das opffer des
creutzes Christi ein einiges opffer seye/ sind wahr/ aber nicht gnug. 5. Die
opffer des A. T. applicirten die krafft des künfftigen opffers Christi den gläu-
bigen nicht anders/ als daß der glaube dadurch gestärcket/ die gnaden-ver-
heissungen von dem künfftigen Meßia/ und also in derselben die angebotene
göttliche versöhnung annahm: nicht aber als wenn GOtt um solches gehor-
sams und opffers willen an sich selbs die vergebung der sünden/ so sein Sohn
erwerben würde/ ihnen ertheilet hätte/ also waren die opffer wol mittel von
GOttes seiten/ darinnen er dem glauben solche güter in seiner ordnung dar-
bot/ aber der gehorsam des darbringens/ oder solches darbringen selbs/ war
nicht das mittel/ dadurch sie solche güter erlangeten. 6. Wenn die alte vä-
ter die messe oder das heil. Abendmahl genennet haben ein opffer/ ists nicht
geschehen/ daß sie damit verstanden hätten/ gleich ob würde Gott dem HErrn
wahrhafftig und eigentlich sein Sohn/ oder dessen leib und blut/ geopffert o-
der dargebracht/ und also in dem eigentlichen verstand/ was opffern heist/
sondern sie nennen es theils ein opffer/ wegen der gaben/ brodt und wein/ wel-
che die gläubigen zu begehung des Abendmahls mit sich brachten/ darlegten
und opfferten/ deren theil zu solcher heil. handlung gebraucht/ das übrige zu der
prediger und armen unterhalt angewendet wurden/ theils in dem allgemei-
nen und uneigentl. verstande/ wie alle übungen der gottseligkeit opffer ge-
nennet wurden/ und also weil in solchem Abendmahl die gedächtnüß des wah-
ren einmaligen opffers begangen wird/ so dann Gott die geistlichen opffer des
dancks/ lobs und gebets dargebracht werden. Da sie also solche gantze hand-
lung/ darinnen so wol des wahren opffers gedacht/ als auch unterschiedli-
che geistliche opffer GOtt gebracht werden (sonderlich danck-opffer/ daher
heissen es eucharistica, so nichts anders ist/ als danck-opffer) ein opffer

nen-
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SECTIO XV.
er entweder/ daß es bloß nothwendig/ und man dazu verbunden/ oder daß es
frey ſtehe/ und behalten werden moͤge. Das erſte geſtehen wir nicht/ noch
beſtraffen die kirchen/ die ſich des worts enthalten. Ja man ſolte ſagen/ es
waͤre beſſer ſich deſſen zu enthalten/ eben deßwegen weil P. Dez mit ſeinem e-
xempel lehret/ wie ſie nachmal/ wo ſie den nahmen hoͤren/ auch denſelben in
ihren verſtand genommen haben wollen: da wir doch unter dem nahmen der
meſſe nichts als die begehung des heil. Abendmahls verſtehen. Und dieſe
iſts allein/ welche wir mit groſſem reſpect halten und gehalten haben wollen.
2. Gleiches iſt zu erinnern von den Ceremonien an gedachtem ort/ wo wir
uns die nothwendigkeit nicht aufftringen laſſen/ daß dieſelbe alſo behalten
werden muͤſten. Obwol unſre bekenner bezeugen/ daß ſie damals ſolche noch
behalten haͤtten. 3. Die allgemeine beſchreibung eines opffers iſt auch noch
zu gering oder zu gemein: wiewol aus dem folgenden noch etwas/ ſo ſonſten
hieher gehoͤrte/ mag erſetzet werden. 4. Die arten p. 371. wie das opffer des
creutzes Chriſti ein einiges opffer ſeye/ ſind wahr/ aber nicht gnug. 5. Die
opffer des A. T. applicirten die krafft des kuͤnfftigen opffers Chriſti den glaͤu-
bigen nicht anders/ als daß der glaube dadurch geſtaͤrcket/ die gnaden-ver-
heiſſungen von dem kuͤnfftigen Meßia/ und alſo in derſelben die angebotene
goͤttliche verſoͤhnung annahm: nicht aber als wenn GOtt um ſolches gehor-
ſams und opffers willen an ſich ſelbs die vergebung der ſuͤnden/ ſo ſein Sohn
erwerben wuͤrde/ ihnen ertheilet haͤtte/ alſo waren die opffer wol mittel von
GOttes ſeiten/ darinnen er dem glauben ſolche guͤter in ſeiner ordnung dar-
bot/ aber der gehorſam des darbringens/ oder ſolches darbringen ſelbs/ war
nicht das mittel/ dadurch ſie ſolche guͤter erlangeten. 6. Wenn die alte vaͤ-
ter die meſſe oder das heil. Abendmahl genennet haben ein opffer/ iſts nicht
geſchehen/ daß ſie damit verſtanden haͤtten/ gleich ob wuͤrde Gott dem HErrn
wahrhafftig und eigentlich ſein Sohn/ oder deſſen leib und blut/ geopffert o-
der dargebracht/ und alſo in dem eigentlichen verſtand/ was opffern heiſt/
ſondern ſie nennen es theils ein opffer/ wegen der gaben/ brodt und wein/ wel-
che die glaͤubigen zu begehung des Abendmahls mit ſich brachten/ darlegten
und opfferten/ derẽ theil zu ſolcher heil. handlung gebraucht/ das uͤbrige zu der
prediger und armen unterhalt angewendet wurden/ theils in dem allgemei-
nen und uneigentl. verſtande/ wie alle uͤbungen der gottſeligkeit opffer ge-
nennet wurden/ und alſo weil in ſolchem Abendmahl die gedaͤchtnuͤß des wah-
ren einmaligen opffers begangen wird/ ſo dann Gott die geiſtlichen opffer des
dancks/ lobs und gebets dargebracht werden. Da ſie alſo ſolche gantze hand-
lung/ darinnen ſo wol des wahren opffers gedacht/ als auch unterſchiedli-
che geiſtliche opffer GOtt gebracht werden (ſonderlich danck-opffer/ daher
heiſſen es euchariſtica, ſo nichts anders iſt/ als danck-opffer) ein opffer

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[131/0147] SECTIO XV. er entweder/ daß es bloß nothwendig/ und man dazu verbunden/ oder daß es frey ſtehe/ und behalten werden moͤge. Das erſte geſtehen wir nicht/ noch beſtraffen die kirchen/ die ſich des worts enthalten. Ja man ſolte ſagen/ es waͤre beſſer ſich deſſen zu enthalten/ eben deßwegen weil P. Dez mit ſeinem e- xempel lehret/ wie ſie nachmal/ wo ſie den nahmen hoͤren/ auch denſelben in ihren verſtand genommen haben wollen: da wir doch unter dem nahmen der meſſe nichts als die begehung des heil. Abendmahls verſtehen. Und dieſe iſts allein/ welche wir mit groſſem reſpect halten und gehalten haben wollen. 2. Gleiches iſt zu erinnern von den Ceremonien an gedachtem ort/ wo wir uns die nothwendigkeit nicht aufftringen laſſen/ daß dieſelbe alſo behalten werden muͤſten. Obwol unſre bekenner bezeugen/ daß ſie damals ſolche noch behalten haͤtten. 3. Die allgemeine beſchreibung eines opffers iſt auch noch zu gering oder zu gemein: wiewol aus dem folgenden noch etwas/ ſo ſonſten hieher gehoͤrte/ mag erſetzet werden. 4. Die arten p. 371. wie das opffer des creutzes Chriſti ein einiges opffer ſeye/ ſind wahr/ aber nicht gnug. 5. Die opffer des A. T. applicirten die krafft des kuͤnfftigen opffers Chriſti den glaͤu- bigen nicht anders/ als daß der glaube dadurch geſtaͤrcket/ die gnaden-ver- heiſſungen von dem kuͤnfftigen Meßia/ und alſo in derſelben die angebotene goͤttliche verſoͤhnung annahm: nicht aber als wenn GOtt um ſolches gehor- ſams und opffers willen an ſich ſelbs die vergebung der ſuͤnden/ ſo ſein Sohn erwerben wuͤrde/ ihnen ertheilet haͤtte/ alſo waren die opffer wol mittel von GOttes ſeiten/ darinnen er dem glauben ſolche guͤter in ſeiner ordnung dar- bot/ aber der gehorſam des darbringens/ oder ſolches darbringen ſelbs/ war nicht das mittel/ dadurch ſie ſolche guͤter erlangeten. 6. Wenn die alte vaͤ- ter die meſſe oder das heil. Abendmahl genennet haben ein opffer/ iſts nicht geſchehen/ daß ſie damit verſtanden haͤtten/ gleich ob wuͤrde Gott dem HErrn wahrhafftig und eigentlich ſein Sohn/ oder deſſen leib und blut/ geopffert o- der dargebracht/ und alſo in dem eigentlichen verſtand/ was opffern heiſt/ ſondern ſie nennen es theils ein opffer/ wegen der gaben/ brodt und wein/ wel- che die glaͤubigen zu begehung des Abendmahls mit ſich brachten/ darlegten und opfferten/ derẽ theil zu ſolcher heil. handlung gebraucht/ das uͤbrige zu der prediger und armen unterhalt angewendet wurden/ theils in dem allgemei- nen und uneigentl. verſtande/ wie alle uͤbungen der gottſeligkeit opffer ge- nennet wurden/ und alſo weil in ſolchem Abendmahl die gedaͤchtnuͤß des wah- ren einmaligen opffers begangen wird/ ſo dann Gott die geiſtlichen opffer des dancks/ lobs und gebets dargebracht werden. Da ſie alſo ſolche gantze hand- lung/ darinnen ſo wol des wahren opffers gedacht/ als auch unterſchiedli- che geiſtliche opffer GOtt gebracht werden (ſonderlich danck-opffer/ daher heiſſen es euchariſtica, ſo nichts anders iſt/ als danck-opffer) ein opffer nen- R 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/147>, abgerufen am 27.11.2024.