Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.SECTIO XLII. und in der letzten zeit folget: ja von einer bekehrung/ davon es heissen mag/daß sich die kinder Jsrael (nomen gentis) bekehret haben/ und die al- so etwas sonderbares habe/ vor den vorigen zeiten ihres elendes/ in wel- chen gleich wol immerdar ein und andere sich bekehret haben. Gewißlich es stehen uns auch in solcher sache mehr dinge vor/ als wir jetzo sehen können. Wann sie aber anbrechen/ so werden wir göttliche allmacht/ weißheit und gü- te rühmen. Wie auch geschehen wird. Was angehet den mehrern fall von Babel/ so ist der ort Offenb. Joh. 18. und 19. klährer/ als daß mir eini- ge objectiones die gewißheit der weissagung nehmen möchten. 1. CHristi propheceyung ist auch gantz wahr/ und glaube ich selbs/ daß nach der gnaden- reichen zeit der kirchen wiederum eine grosse sicherheit und glaublosigkeit fol- gen/ GOtt dieselbe durch den Gog und Magog straffen/ aber in deme mit sei- nem gericht einbrechen werde. Welche die 7. Apocalyptische episteln von so viel periodis temporis auslegen (denen eben nicht völlig beypflichten kan/ ob wol auch ihnen nicht eben hefftig widerspreche) setzen eben so wol nach dem seligen stande der gemeine zu Philadelphia, einen gantzen verfall der wahren gottseligkeit in der gemeinde zu Laodicea. Also wird freylich die zeit/ wann der Herr wird kommen/ fast ohne glauben seyn. 2. Die loca 1. Tim. 4. und 2. Tim. 3. determiniren gar nichts von der sache weder auff ein noch andere seite. 3. So streitet auch der ort 2. Thess. 2. nicht entgegen: ich finde daselbs 3. gradus, apokalupsin, analosin & katargesin. Das erste ist gesche- hen/ das andere muß noch mehr geschehen als es angefangen hat/ das letzte muß in der zukunfft des HErrn vollendet werden. Dann obwol das Päbst- liche reich sonderlich zu Rom gantz gestürtzet wird/ und nicht nachmahls wie- der auffkommen solle/ so mögen doch noch einige reliquiae imperii tam poten- tis anderwertlichen überbleiben/ und endlich auff die letzte zukunfft des HErrn versparet werden. 4. Der locus 1. Joh. 2/ 18. bleibet auch wahr nach göttlicher rechnungs-art: wie aber solche stunde sich nunmehr fast auff die 1600 hat erstrecken können/ warum solte sie nicht etwa noch einige zeit weiter erleiden können. 5. Wir sehen freylich das wachsthum des Pabst- thums/ und solches beweget mich so vielmehr zu glauben/ daß es noch nicht gefallen/ noch sothane verheissung erfüllet seye. Daraus schliesset sich aber nicht/ daß ihm der fall nicht bevorstehe. Jch sorge gar/ es werde noch weiter zunehmen/ und die gerichte des HErrn eher nicht über dasselbe ausbrechen/ biß es sehr viele wiederum von uns/ die wir aus Babel ausgangen/ aber vie- le greuel behalten/ und dem Evangelio nicht würdig gewandelt haben/ unter sein joch oder vielmehr tyranney gebracht/ daß wir alsdenn zu gerechterem gericht zugleich mit in die straffe mögen eingeflochten werden: daß sich aber sol- E e
SECTIO XLII. und in der letzten zeit folget: ja von einer bekehrung/ davon es heiſſen mag/daß ſich die kinder Jſrael (nomen gentis) bekehret haben/ und die al- ſo etwas ſonderbares habe/ vor den vorigen zeiten ihres elendes/ in wel- chen gleich wol immerdar ein und andere ſich bekehret haben. Gewißlich es ſtehen uns auch in ſolcher ſache mehr dinge vor/ als wir jetzo ſehen koͤnnen. Wann ſie aber anbrechen/ ſo werden wir goͤttliche allmacht/ weißheit und guͤ- te ruͤhmen. Wie auch geſchehen wird. Was angehet den mehrern fall von Babel/ ſo iſt der ort Offenb. Joh. 18. und 19. klaͤhrer/ als daß mir eini- ge objectiones die gewißheit der weiſſagung nehmen moͤchten. 1. CHriſti propheceyung iſt auch gantz wahr/ und glaube ich ſelbs/ daß nach der gnaden- reichen zeit der kirchen wiederum eine groſſe ſicherheit und glaubloſigkeit fol- gen/ GOtt dieſelbe durch den Gog und Magog ſtraffen/ aber in deme mit ſei- nem gericht einbrechen werde. Welche die 7. Apocalyptiſche epiſteln von ſo viel periodis temporis auslegen (denen eben nicht voͤllig beypflichten kan/ ob wol auch ihnen nicht eben hefftig widerſpreche) ſetzen eben ſo wol nach dem ſeligen ſtande der gemeine zu Philadelphia, einen gantzen verfall der wahren gottſeligkeit in der gemeinde zu Laodicea. Alſo wird freylich die zeit/ wann der Herr wird kommen/ faſt ohne glauben ſeyn. 2. Die loca 1. Tim. 4. und 2. Tim. 3. determiniren gar nichts von der ſache weder auff ein noch andere ſeite. 3. So ſtreitet auch der ort 2. Theſſ. 2. nicht entgegen: ich finde daſelbs 3. gradus, ἀποκάλυψιν, ἀνάλωσιν & κατάργησιν. Das erſte iſt geſche- hen/ das andere muß noch mehr geſchehen als es angefangen hat/ das letzte muß in der zukunfft des HErrn vollendet werden. Dann obwol das Paͤbſt- liche reich ſonderlich zu Rom gantz geſtuͤrtzet wird/ und nicht nachmahls wie- der auffkommen ſolle/ ſo moͤgen doch noch einige reliquiæ imperii tam poten- tis anderwertlichen uͤberbleiben/ und endlich auff die letzte zukunfft des HErrn verſparet werden. 4. Der locus 1. Joh. 2/ 18. bleibet auch wahr nach goͤttlicher rechnungs-art: wie aber ſolche ſtunde ſich nunmehr faſt auff die 1600 hat erſtrecken koͤnnen/ warum ſolte ſie nicht etwa noch einige zeit weiter erleiden koͤnnen. 5. Wir ſehen freylich das wachsthum des Pabſt- thums/ und ſolches beweget mich ſo vielmehr zu glauben/ daß es noch nicht gefallen/ noch ſothane verheiſſung erfuͤllet ſeye. Daraus ſchlieſſet ſich aber nicht/ daß ihm der fall nicht bevorſtehe. Jch ſorge gar/ es werde noch weiter zunehmen/ und die gerichte des HErrn eher nicht uͤber daſſelbe ausbrechen/ biß es ſehr viele wiederum von uns/ die wir aus Babel ausgangen/ aber vie- le greuel behalten/ und dem Evangelio nicht wuͤrdig gewandelt haben/ unter ſein joch oder vielmehr tyranney gebracht/ daß wir alsdenn zu gerechterem gericht zugleich mit in die ſtraffe moͤgen eingeflochten werden: daß ſich aber ſol- E e
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SECTIO XLII.
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daß ſich die kinder Jſrael (nomen gentis) bekehret haben/ und die al-
ſo etwas ſonderbares habe/ vor den vorigen zeiten ihres elendes/ in wel-
chen gleich wol immerdar ein und andere ſich bekehret haben. Gewißlich es
ſtehen uns auch in ſolcher ſache mehr dinge vor/ als wir jetzo ſehen koͤnnen.
Wann ſie aber anbrechen/ ſo werden wir goͤttliche allmacht/ weißheit und guͤ-
te ruͤhmen. Wie auch geſchehen wird. Was angehet den mehrern fall von
Babel/ ſo iſt der ort Offenb. Joh. 18. und 19. klaͤhrer/ als daß mir eini-
ge objectiones die gewißheit der weiſſagung nehmen moͤchten. 1. CHriſti
propheceyung iſt auch gantz wahr/ und glaube ich ſelbs/ daß nach der gnaden-
reichen zeit der kirchen wiederum eine groſſe ſicherheit und glaubloſigkeit fol-
gen/ GOtt dieſelbe durch den Gog und Magog ſtraffen/ aber in deme mit ſei-
nem gericht einbrechen werde. Welche die 7. Apocalyptiſche epiſteln von
ſo viel periodis temporis auslegen (denen eben nicht voͤllig beypflichten kan/
ob wol auch ihnen nicht eben hefftig widerſpreche) ſetzen eben ſo wol nach dem
ſeligen ſtande der gemeine zu Philadelphia, einen gantzen verfall der wahren
gottſeligkeit in der gemeinde zu Laodicea. Alſo wird freylich die zeit/ wann
der Herr wird kommen/ faſt ohne glauben ſeyn. 2. Die loca 1. Tim. 4. und
2. Tim. 3. determiniren gar nichts von der ſache weder auff ein noch andere
ſeite. 3. So ſtreitet auch der ort 2. Theſſ. 2. nicht entgegen: ich finde daſelbs
3. gradus, ἀποκάλυψιν, ἀνάλωσιν & κατάργησιν. Das erſte iſt geſche-
hen/ das andere muß noch mehr geſchehen als es angefangen hat/ das letzte
muß in der zukunfft des HErrn vollendet werden. Dann obwol das Paͤbſt-
liche reich ſonderlich zu Rom gantz geſtuͤrtzet wird/ und nicht nachmahls wie-
der auffkommen ſolle/ ſo moͤgen doch noch einige reliquiæ imperii tam poten-
tis anderwertlichen uͤberbleiben/ und endlich auff die letzte zukunfft des
HErrn verſparet werden. 4. Der locus 1. Joh. 2/ 18. bleibet auch wahr
nach goͤttlicher rechnungs-art: wie aber ſolche ſtunde ſich nunmehr faſt auff
die 1600 hat erſtrecken koͤnnen/ warum ſolte ſie nicht etwa noch einige zeit
weiter erleiden koͤnnen. 5. Wir ſehen freylich das wachsthum des Pabſt-
thums/ und ſolches beweget mich ſo vielmehr zu glauben/ daß es noch nicht
gefallen/ noch ſothane verheiſſung erfuͤllet ſeye. Daraus ſchlieſſet ſich aber
nicht/ daß ihm der fall nicht bevorſtehe. Jch ſorge gar/ es werde noch weiter
zunehmen/ und die gerichte des HErrn eher nicht uͤber daſſelbe ausbrechen/
biß es ſehr viele wiederum von uns/ die wir aus Babel ausgangen/ aber vie-
le greuel behalten/ und dem Evangelio nicht wuͤrdig gewandelt haben/ unter
ſein joch oder vielmehr tyranney gebracht/ daß wir alsdenn zu gerechterem
gericht zugleich mit in die ſtraffe moͤgen eingeflochten werden: daß ſich aber
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