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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das erste Capitel.
fertige erkäntnüß dessen geben/ und ihnen alsdenn alles verzeihen/ bey mir
dadurch so vielmehr gutes/ demuth/ sanfftmuth/ vorsichtigkeit/ und derglei-
chen gewircket werden lassen/ und wo es einmal an härtern kampff gehen sol-
te/ mir auch alsdenn mit krafft beyzustehen/ und den sieg zu seinem preiß er-
theilen wolle. Jn dieser betrachtung über beyderley erhält mich mein Gott
in einer ruhe des gemüths/ davor ich ihn preise/ und nur bitte sein werck in
und an mir also fortzusetzen/ daß ich nicht unfruchtbar vor ihm erfunden wer-
de. Welches ich von Christlichen brüdern mir erbeten zu werden bitte/ und
auch von demselben solches liebes-dienstes mich versehe 1689.

SECTIO LXVI.
Von tituln. Von dorff-gemeinden/ ob sie die beste.
Von Quäckern. Von der wiedergebuhrt. Von der voll-
kommenheit.
T.B. weg zum sabbath. Ob unsre kirche Babel? Von
Wiedertäuffern. Von haltung der gebote. Liechtenbergers Pro-
pheceyungen. Adam Reußners Psalter. Lutheri dollmetschung.
Theil des glaubens. Ob ein tropffe des bluts CHRJSTJ
gnugsam? güter-gemeinschafft der ersten
Kirchen.

WAs das erste schreiben anlangt vom 15. Nov. so versichere deuselben/
daß mir die briefe ohne einige gewöhnliche titular von guten freun-
den/ so hertzlich angenehm sind/ als mir die operose gehäuffte titul
wehe thun/ und ich an denselben offt ein nicht geringes stück der welt eitelkeit
mit betrübnüß ansehe. Doch wolte ich nicht gern/ daß derselbe in die
jenige gedancken verfiele/ ob wären die insgemein zu jeder zeit diesen oder je-
nen personen und ständen gegeben zu werden gewöhnliche titul/ wo sie sonsten
noch in der mediocrität blieben/ an sich selbs sündlich und ungerecht: da sich
doch der theure und aus dem Heil. Geist redende Paulus nicht entblödet den
weltlichen und damals wie aus Ap. Gesch. 23/ 26. 24/ 3. gegen staats-leute
gebräuchlichen titul kratistos gegen Festum zugebrauchen Ap. Gesch. 26/25.
Wie Lucas auch dergleichen gegen Theophilum thut. Luc. 1/3. Aus wel-
cher ursach ich mir kein gewissen mache/ zu dieser zeit jedem nach dem jenigen
stand/ darinnen er lebet/ den titul beyzulegen/ welcher ihm nach unsern sitten
pfleget beygeleget zu werden/ ob er auch was den verstand desselben anlangt/
ihm in der wahrheit nicht zukommet: wie denn der nahme kratistos in dem ri-
gor
keinem menschen zukäme/ und Festus auch die bedeutung dessen nicht be-
haupten hätte können. Jch fehe aber solche titul an/ daß sie nach dem gemei-

nen

Das erſte Capitel.
fertige erkaͤntnuͤß deſſen geben/ und ihnen alsdenn alles verzeihen/ bey mir
dadurch ſo vielmehr gutes/ demuth/ ſanfftmuth/ vorſichtigkeit/ und derglei-
chen gewircket werden laſſen/ und wo es einmal an haͤrtern kampff gehen ſol-
te/ mir auch alsdenn mit krafft beyzuſtehen/ und den ſieg zu ſeinem preiß er-
theilen wolle. Jn dieſer betrachtung uͤber beyderley erhaͤlt mich mein Gott
in einer ruhe des gemuͤths/ davor ich ihn preiſe/ und nur bitte ſein werck in
und an mir alſo fortzuſetzen/ daß ich nicht unfruchtbar vor ihm erfunden wer-
de. Welches ich von Chriſtlichen bruͤdern mir erbeten zu werden bitte/ und
auch von demſelben ſolches liebes-dienſtes mich verſehe 1689.

SECTIO LXVI.
Von tituln. Von dorff-gemeinden/ ob ſie die beſte.
Von Quaͤckern. Von der wiedergebuhrt. Von der voll-
kommenheit.
T.B. weg zum ſabbath. Ob unſre kirche Babel? Von
Wiedertaͤuffern. Von haltung der gebote. Liechtenbergers Pro-
pheceyungen. Adam Reußners Pſalter. Lutheri dollmetſchung.
Theil des glaubens. Ob ein tropffe des bluts CHRJSTJ
gnugſam? guͤter-gemeinſchafft der erſten
Kirchen.

WAs das erſte ſchreiben anlangt vom 15. Nov. ſo verſichere deuſelben/
daß mir die briefe ohne einige gewoͤhnliche titular von guten freun-
den/ ſo hertzlich angenehm ſind/ als mir die operoſè gehaͤuffte titul
wehe thun/ und ich an denſelben offt ein nicht geringes ſtuͤck der welt eitelkeit
mit betruͤbnuͤß anſehe. Doch wolte ich nicht gern/ daß derſelbe in die
jenige gedancken verfiele/ ob waͤren die insgemein zu jeder zeit dieſen oder je-
nen perſonen und ſtaͤnden gegeben zu werden gewoͤhnliche titul/ wo ſie ſonſten
noch in der mediocritaͤt blieben/ an ſich ſelbs ſuͤndlich und ungerecht: da ſich
doch der theure und aus dem Heil. Geiſt redende Paulus nicht entbloͤdet den
weltlichen und damals wie aus Ap. Geſch. 23/ 26. 24/ 3. gegen ſtaats-leute
gebraͤuchlichen titul κράτιϛος gegen Feſtum zugebrauchen Ap. Geſch. 26/25.
Wie Lucas auch dergleichen gegen Theophilum thut. Luc. 1/3. Aus wel-
cher urſach ich mir kein gewiſſen mache/ zu dieſer zeit jedem nach dem jenigen
ſtand/ darinnen er lebet/ den titul beyzulegen/ welcher ihm nach unſern ſitten
pfleget beygeleget zu werden/ ob er auch was den verſtand deſſelben anlangt/
ihm in der wahrheit nicht zukommet: wie denn der nahme κράτιϛος in dem ri-
gor
keinem menſchen zukaͤme/ und Feſtus auch die bedeutung deſſen nicht be-
haupten haͤtte koͤnnen. Jch fehe aber ſolche titul an/ daß ſie nach dem gemei-

nen
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[302/0318] Das erſte Capitel. fertige erkaͤntnuͤß deſſen geben/ und ihnen alsdenn alles verzeihen/ bey mir dadurch ſo vielmehr gutes/ demuth/ ſanfftmuth/ vorſichtigkeit/ und derglei- chen gewircket werden laſſen/ und wo es einmal an haͤrtern kampff gehen ſol- te/ mir auch alsdenn mit krafft beyzuſtehen/ und den ſieg zu ſeinem preiß er- theilen wolle. Jn dieſer betrachtung uͤber beyderley erhaͤlt mich mein Gott in einer ruhe des gemuͤths/ davor ich ihn preiſe/ und nur bitte ſein werck in und an mir alſo fortzuſetzen/ daß ich nicht unfruchtbar vor ihm erfunden wer- de. Welches ich von Chriſtlichen bruͤdern mir erbeten zu werden bitte/ und auch von demſelben ſolches liebes-dienſtes mich verſehe 1689. SECTIO LXVI. Von tituln. Von dorff-gemeinden/ ob ſie die beſte. Von Quaͤckern. Von der wiedergebuhrt. Von der voll- kommenheit. T.B. weg zum ſabbath. Ob unſre kirche Babel? Von Wiedertaͤuffern. Von haltung der gebote. Liechtenbergers Pro- pheceyungen. Adam Reußners Pſalter. Lutheri dollmetſchung. Theil des glaubens. Ob ein tropffe des bluts CHRJSTJ gnugſam? guͤter-gemeinſchafft der erſten Kirchen. WAs das erſte ſchreiben anlangt vom 15. Nov. ſo verſichere deuſelben/ daß mir die briefe ohne einige gewoͤhnliche titular von guten freun- den/ ſo hertzlich angenehm ſind/ als mir die operoſè gehaͤuffte titul wehe thun/ und ich an denſelben offt ein nicht geringes ſtuͤck der welt eitelkeit mit betruͤbnuͤß anſehe. Doch wolte ich nicht gern/ daß derſelbe in die jenige gedancken verfiele/ ob waͤren die insgemein zu jeder zeit dieſen oder je- nen perſonen und ſtaͤnden gegeben zu werden gewoͤhnliche titul/ wo ſie ſonſten noch in der mediocritaͤt blieben/ an ſich ſelbs ſuͤndlich und ungerecht: da ſich doch der theure und aus dem Heil. Geiſt redende Paulus nicht entbloͤdet den weltlichen und damals wie aus Ap. Geſch. 23/ 26. 24/ 3. gegen ſtaats-leute gebraͤuchlichen titul κράτιϛος gegen Feſtum zugebrauchen Ap. Geſch. 26/25. Wie Lucas auch dergleichen gegen Theophilum thut. Luc. 1/3. Aus wel- cher urſach ich mir kein gewiſſen mache/ zu dieſer zeit jedem nach dem jenigen ſtand/ darinnen er lebet/ den titul beyzulegen/ welcher ihm nach unſern ſitten pfleget beygeleget zu werden/ ob er auch was den verſtand deſſelben anlangt/ ihm in der wahrheit nicht zukommet: wie denn der nahme κράτιϛος in dem ri- gor keinem menſchen zukaͤme/ und Feſtus auch die bedeutung deſſen nicht be- haupten haͤtte koͤnnen. Jch fehe aber ſolche titul an/ daß ſie nach dem gemei- nen

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/318>, abgerufen am 26.11.2024.