Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. II. SECTIO VI. wißen in consideration kommen könten: in dem sie in dasjenige einlauffen/ wo-raus die göttlichkeit des beruffs an sich selbs beurtheiet werden muß. Wie ich denn nicht in abrede bin/ daß nechst der andern stände richtigkeit/ nemlich daß von seiten der vocantium kein fehler/ daß nichts gesucht und erpractici- ret worden/ das vornehmste in allem beruffs-werck setze/ zuerkennen/ wo ieg- licher nach allen seinen gaben in göttlicher ordnung das meiste auszurichten vermöge. Wann ich denn nun sehe/ daß eine person von einem ort an den andern beruffen wird/ da an diesem nach gottseeliger überlegung des gantzen wercks/ so viel menschen vorsehen können/ von ihm mehr ausgerichtet werden könte/ als an dem vorigen/ auch zu seiner succession eher tüchtige personen als zu der andern stell zufinden sind/ auch sonsten keine andere wichtigere mo- menta die krafft dieses schlusses unterbrechen/ so schließe ich getrost/ eine sol- che änderung seye von dem HErrn/ dem wir alle mit schuldigem gehorsam zu folgen verbunden sind. Dieses ist auch die ursach/ daß ich biß daher so thane des Superintendenten vocation nicht anders als vor göttlich ersehen könen/ auch an ihn auff erstes anfragen privatim mich dahin erklähret habe/ (ist das vorhergehende responsum) nach deme weder auff seiten der vo- cantium einen mangel sehe/ noch auch (nicht so wol aus partheyischem anse- hen des nahen bandes unter uns/ als aus andrer verständigen leute urtheil) an des vocati tüchtigkeit zu zweiffeln habe/ dabey mich auch versichert halte/ daß von ihm nichts erkünstelt worden/ sondern ohne mich (wie ich dann vor- her/ als die sache bereits geschehen/ nicht einen winck davon gehabt habe) und ihn alles vorgegangene/ so dann so viel ich die dinge begreiffe/ (wie ich denn deßwegen keines andern gewissen etwas vorzuschreiben/ sondern meine mey- nung als vor dem angesicht des HErrn zu geben habe) nicht anders sehe/ als daß GOTT nach seinem gnädigen rath ihme eine weitere thür zur beförde- rung seiner ehre/ öffnen wolle. Auff fleischliche dinge kan ich hierinnen nicht sehen/ als der ich eines theils nicht eben weiß/ ob die landes art demselben bey der nunmehr nicht stärcksten natur so wohl zuschlagen werde/ andern theils in Reichstädten mehr ruhe auch versorgung vor die angehörige/ so dann insge- samt beßere gemächlichkeiten und nutzen vor mir sehe/ also/ daß die zeitliche respecte mehr wider als vor die änderung giengen/ aber deßwegen von mir wenig attendiret werden/ nach dem ich in göttlichen dingen solchen conside- rationen keinen platz zulassen pflege. Hingegen sehe ich an der an praesentir- ten stelle 1. an und vor sich selbs mehr gelegenheit zu dem guten/ indeme nicht nur das Hoffprediger amt zubetrachten/ da gleichwol auch nicht anders weiß/ als daß der Superintendens in der statt-kirchen vor der gantzen gemeine nicht weniger predige/ sondern die meiste reflexion mache ich auff das Superin- tendenten und Consistorial- amt/ da sich was wichtiges ausrichten lässet/ nach O o o 3
ARTIC. II. SECTIO VI. wißen in conſideration kom̃en koͤnten: in dem ſie in dasjenige einlauffen/ wo-raus die goͤttlichkeit des beꝛuffs an ſich ſelbs beurtheiet weꝛden muß. Wie ich denn nicht in abrede bin/ daß nechſt der andern ſtaͤnde richtigkeit/ nemlich daß von ſeiten der vocantium kein fehler/ daß nichts geſucht und erpractici- ret worden/ das vornehmſte in allem beruffs-werck ſetze/ zuerkennen/ wo ieg- licher nach allen ſeinen gaben in goͤttlicher ordnung das meiſte auszurichten vermoͤge. Wann ich denn nun ſehe/ daß eine perſon von einem ort an den andern beruffen wird/ da an dieſem nach gottſeeliger uͤberlegung des gantzen wercks/ ſo viel menſchen vorſehen koͤnnen/ von ihm mehr ausgerichtet werden koͤnte/ als an dem vorigen/ auch zu ſeiner ſucceſſion eher tuͤchtige perſonen als zu der andern ſtell zufinden ſind/ auch ſonſten keine andere wichtigere mo- menta die krafft dieſes ſchluſſes unterbrechen/ ſo ſchließe ich getroſt/ eine ſol- che aͤnderung ſeye von dem HErrn/ dem wir alle mit ſchuldigem gehorſam zu folgen verbunden ſind. Dieſes iſt auch die urſach/ daß ich biß daher ſo thane des Superintendenten vocation nicht anders als vor goͤttlich erſehen koͤnen/ auch an ihn auff erſtes anfragen privatim mich dahin erklaͤhret habe/ (iſt das vorhergehende reſponſum) nach deme weder auff ſeiten der vo- cantium einen mangel ſehe/ noch auch (nicht ſo wol aus partheyiſchem anſe- hen des nahen bandes unter uns/ als aus andrer verſtaͤndigen leute urtheil) an des vocati tuͤchtigkeit zu zweiffeln habe/ dabey mich auch verſichert halte/ daß von ihm nichts erkuͤnſtelt worden/ ſondern ohne mich (wie ich dann vor- her/ als die ſache bereits geſchehen/ nicht einen winck davon gehabt habe) und ihn alles vorgegangene/ ſo dann ſo viel ich die dinge begreiffe/ (wie ich denn deßwegen keines andern gewiſſen etwas vorzuſchreiben/ ſondern meine mey- nung als vor dem angeſicht des HErrn zu geben habe) nicht anders ſehe/ als daß GOTT nach ſeinem gnaͤdigen rath ihme eine weitere thuͤr zur befoͤrde- rung ſeiner ehre/ oͤffnen wolle. Auff fleiſchliche dinge kan ich hierinnen nicht ſehen/ als der ich eines theils nicht eben weiß/ ob die landes art demſelben bey der nunmehr nicht ſtaͤrckſten natur ſo wohl zuſchlagen werde/ andern theils in Reichſtaͤdten mehr ruhe auch verſorgung vor die angehoͤrige/ ſo dañ insge- ſamt beßere gemaͤchlichkeiten und nutzen vor mir ſehe/ alſo/ daß die zeitliche reſpecte mehr wider als vor die aͤnderung giengen/ aber deßwegen von mir wenig attendiret werden/ nach dem ich in goͤttlichen dingen ſolchen conſide- rationen keinen platz zulaſſen pflege. Hingegen ſehe ich an der an præſentir- ten ſtelle 1. an und vor ſich ſelbs mehr gelegenheit zu dem guten/ indeme nicht nur das Hoffprediger amt zubetrachten/ da gleichwol auch nicht anders weiß/ als daß der Superintendens in der ſtatt-kirchen vor der gantzen gemeine nicht weniger predige/ ſondern die meiſte reflexion mache ich auff das Superin- tendenten und Conſiſtorial- amt/ da ſich was wichtiges ausrichten laͤſſet/ nach O o o 3
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ARTIC. II. SECTIO VI.
wißen in conſideration kom̃en koͤnten: in dem ſie in dasjenige einlauffen/ wo-
raus die goͤttlichkeit des beꝛuffs an ſich ſelbs beurtheiet weꝛden muß. Wie ich
denn nicht in abrede bin/ daß nechſt der andern ſtaͤnde richtigkeit/ nemlich
daß von ſeiten der vocantium kein fehler/ daß nichts geſucht und erpractici-
ret worden/ das vornehmſte in allem beruffs-werck ſetze/ zuerkennen/ wo ieg-
licher nach allen ſeinen gaben in goͤttlicher ordnung das meiſte auszurichten
vermoͤge. Wann ich denn nun ſehe/ daß eine perſon von einem ort an den
andern beruffen wird/ da an dieſem nach gottſeeliger uͤberlegung des gantzen
wercks/ ſo viel menſchen vorſehen koͤnnen/ von ihm mehr ausgerichtet werden
koͤnte/ als an dem vorigen/ auch zu ſeiner ſucceſſion eher tuͤchtige perſonen als
zu der andern ſtell zufinden ſind/ auch ſonſten keine andere wichtigere mo-
menta die krafft dieſes ſchluſſes unterbrechen/ ſo ſchließe ich getroſt/ eine ſol-
che aͤnderung ſeye von dem HErrn/ dem wir alle mit ſchuldigem gehorſam zu
folgen verbunden ſind. Dieſes iſt auch die urſach/ daß ich biß daher ſo thane
des Superintendenten vocation nicht anders als vor goͤttlich erſehen koͤnen/
auch an ihn auff erſtes anfragen privatim mich dahin erklaͤhret habe/
(iſt das vorhergehende reſponſum) nach deme weder auff ſeiten der vo-
cantium einen mangel ſehe/ noch auch (nicht ſo wol aus partheyiſchem anſe-
hen des nahen bandes unter uns/ als aus andrer verſtaͤndigen leute urtheil)
an des vocati tuͤchtigkeit zu zweiffeln habe/ dabey mich auch verſichert halte/
daß von ihm nichts erkuͤnſtelt worden/ ſondern ohne mich (wie ich dann vor-
her/ als die ſache bereits geſchehen/ nicht einen winck davon gehabt habe) und
ihn alles vorgegangene/ ſo dann ſo viel ich die dinge begreiffe/ (wie ich denn
deßwegen keines andern gewiſſen etwas vorzuſchreiben/ ſondern meine mey-
nung als vor dem angeſicht des HErrn zu geben habe) nicht anders ſehe/ als
daß GOTT nach ſeinem gnaͤdigen rath ihme eine weitere thuͤr zur befoͤrde-
rung ſeiner ehre/ oͤffnen wolle. Auff fleiſchliche dinge kan ich hierinnen nicht
ſehen/ als der ich eines theils nicht eben weiß/ ob die landes art demſelben bey
der nunmehr nicht ſtaͤrckſten natur ſo wohl zuſchlagen werde/ andern theils
in Reichſtaͤdten mehr ruhe auch verſorgung vor die angehoͤrige/ ſo dañ insge-
ſamt beßere gemaͤchlichkeiten und nutzen vor mir ſehe/ alſo/ daß die zeitliche
reſpecte mehr wider als vor die aͤnderung giengen/ aber deßwegen von mir
wenig attendiret werden/ nach dem ich in goͤttlichen dingen ſolchen conſide-
rationen keinen platz zulaſſen pflege. Hingegen ſehe ich an der an præſentir-
ten ſtelle 1. an und vor ſich ſelbs mehr gelegenheit zu dem guten/ indeme nicht
nur das Hoffprediger amt zubetrachten/ da gleichwol auch nicht anders weiß/
als daß der Superintendens in der ſtatt-kirchen vor der gantzen gemeine nicht
weniger predige/ ſondern die meiſte reflexion mache ich auff das Superin-
tendenten und Conſiſtorial- amt/ da ſich was wichtiges ausrichten laͤſſet/
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