Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das andere Capitel. che acht zu geben/ daß ein prediger auch nicht könne einer gemeine sich so abso-lute obligiren/ daß auch GOtt dem HErrn seine freye hand über ihn gebun- den würde; daher diese conditio tacita allzeit muß mit darunter verstanden werden/ daß sich einer verbinde/ so viel an ihm seye/ mit ausnahm dessen rech- ten/ welches GOtt über ihn hat. Ja wo auff diese bedingung austrücklich renunciiret würde/ achte ich es unbündig/ dann es ist solche göttlicher gewalt schnurstracks zuwider. Jndessen bedarff die gemeinde zu ihrem recht dieses absonderliche fun- gewis-
Das andere Capitel. che acht zu geben/ daß ein prediger auch nicht koͤnne einer gemeine ſich ſo abſo-lutè obligiren/ daß auch GOtt dem HErrn ſeine freye hand uͤber ihn gebun- den wuͤrde; daher dieſe conditio tacita allzeit muß mit darunter verſtanden werden/ daß ſich einer verbinde/ ſo viel an ihm ſeye/ mit ausnahm deſſen rech- ten/ welches GOtt uͤber ihn hat. Ja wo auff dieſe bedingung austruͤcklich renunciiret wuͤrde/ achte ich es unbuͤndig/ dann es iſt ſolche goͤttlicher gewalt ſchnurſtracks zuwider. Jndeſſen bedarff die gemeinde zu ihrem recht dieſes abſonderliche fun- gewiſ-
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Das andere Capitel.
che acht zu geben/ daß ein prediger auch nicht koͤnne einer gemeine ſich ſo abſo-
lutè obligiren/ daß auch GOtt dem HErrn ſeine freye hand uͤber ihn gebun-
den wuͤrde; daher dieſe conditio tacita allzeit muß mit darunter verſtanden
werden/ daß ſich einer verbinde/ ſo viel an ihm ſeye/ mit ausnahm deſſen rech-
ten/ welches GOtt uͤber ihn hat. Ja wo auff dieſe bedingung austruͤcklich
renunciiret wuͤrde/ achte ich es unbuͤndig/ dann es iſt ſolche goͤttlicher gewalt
ſchnurſtracks zuwider.
Jndeſſen bedarff die gemeinde zu ihrem recht dieſes abſonderliche fun-
dament nicht/ ſondern hat ſchon daran gnug/ wie insgemein jeglicher predi-
ger der ſeinigen verbunden iſt. Daher wo die ſache gewiß/ und ſo viel als
unter menſchen etwas vorgeſehen werden kan/ unfehlbar iſt/ daß der ruin, o-
der doch euſſerſte zerruͤttung einer kirchen auff dem abzug eines predigers be-
ſtuͤnde/ und zwahr einer ſolchen gemeinde/ die in zimlicher proportion gegen
der andern ſtehet/ zu dero man gedencket/ auch ſolchem ruin und zerruͤttung
nicht anders/ und alſo wiederum durch andere vocation, ſondern allein durch
ſeine beybehaltung/ vorgekommen werden kan/ ſo iſt die gemeinde nicht ſchul-
dig denſelben zu erlaſſen/ und wie ſie die andre gemeinde ſo hertzlich als ſich
ſelbſten zu lieben verbunden iſt/ faͤnget doch die ordentliche liebe von ihr ſelb-
ſten an/ und hat in zweiffelhaffter ſache und gefahr der beſitzende theil billig
einen vorzug vor dem/ welcher von demſelben etwas fordert. Hierauff ha-
be ich bereits austruͤcklichen geſehen/ in meinem ihm Titio ſelbſt ertheilten
reſponſo: da dieſe deutliche formalia ſtehen. Eine einige hindernuͤß neh-
me ich aus/ die mir ſelbs einigerley maſſen in dem ſinn liget/ nem-
lich ob deſſelben abſchied aus H. bey gegenwaͤrtigem zuſtand ſonder-
lich ſchwehre gefahr der kirchen nach ſich ziehen/ und ſolches von
Chriſt-klugen gemuͤthern/ als menſchlicher weiſe unausbleiblich
erkant werden moͤchte/ dann in ſolchem fall ſolte eine ſtarcke deſola-
tion einer kirchen/ die man vorſehe/ ein wichtiges momentum wer-
den/ zu zweiflen/ ob GOtt durch dieſelbe das anderwertig gehoffte
gute befordern wolle. Hievon aber bekenne/ daß ich zu urtheilen
nicht vermag/ ſondern noͤthig achte/ daß derſelbe einigen ſeiner treu-
en mitbruͤder und freunde in H. wiewol auch mit hertzlicher erinne-
rung das beſte der geſamten/ ſtets neben dem beſten der abſonderli-
chen und eignen kirchen mit anzuſehen/ das urtheil daruͤber uͤber-
laſſe. Bey ſolcher meinung bleibe ich noch/ und erklaͤhre mich von
der art/ wie man am ſicherſten zu verfahren/ dahin/ daß dem gewiſſen
Titii am beſten zu rathen/ wenn man es auff folgende weiſe unmaß-
geblich einrichtete. Nemlich/ daß/ weil es ein geſchaͤfft iſt/ das in
gewiſ-
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