Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. II. SECTIO XXII. ist vor jahren dergleichen einiges von dem gottseligen Hr. N. N. projectiretworden/ aber es haben unterschiedliche auch Christliche leute sorge getragen/ daß der nutzen deroselben nicht so groß seyn möchte/ als von den lästerungen und widerstand anderer/ einiger schaden zu sorgen wäre/ daher ich meyne/ es seye die sache fast anfangs gleich erligen geblieben/ wie ich denn selbs nie- mahl darinnen gewesen und also weitern bericht nicht geben kan. Lasset uns glauben/ das gantze wahre Christenthum mache schon die genaueste JEsus- gesellschafft/ ohne einigen absonderlichen und etwa andern anstößigen nahmen/ indessen wo wir liebe und gleich gesinnte hertzen finden/ mit denselben gern ge- naue kund- und freundschafft machen/ so auch ohne den nahmen einer societät den jenigen zweck erreichen kan/ welcher durch solches institutum von dem lie- ben rechtschaffenen mann gesuchet war worden. 1682. SECTIO XXII. Ob einer freywillig seinen dienst mit einem an- dern umtauschen dörffe. JCh bekenne/ daß eine bloß freywillige mutation der ämter in meinem um- B b b b 3
ARTIC. II. SECTIO XXII. iſt vor jahren dergleichen einiges von dem gottſeligen Hr. N. N. projectiretworden/ aber es haben unterſchiedliche auch Chriſtliche leute ſorge getragen/ daß der nutzen deroſelben nicht ſo groß ſeyn moͤchte/ als von den laͤſterungen und widerſtand anderer/ einiger ſchaden zu ſorgen waͤre/ daher ich meyne/ es ſeye die ſache faſt anfangs gleich erligen geblieben/ wie ich denn ſelbs nie- mahl darinnen geweſen und alſo weitern bericht nicht geben kan. Laſſet uns glauben/ das gantze wahre Chriſtenthum mache ſchon die genaueſte JEſus- geſellſchafft/ ohne einigen abſondeꝛlichen uñ etwa andern anſtoͤßigen nahmen/ indeſſen wo wir liebe und gleich geſinnte hertzen finden/ mit denſelben gern ge- naue kund- und freundſchafft machen/ ſo auch ohne den nahmen einer ſocietaͤt den jenigen zweck erreichen kan/ welcher durch ſolches inſtitutum von dem lie- ben rechtſchaffenen mann geſuchet war worden. 1682. SECTIO XXII. Ob einer freywillig ſeinen dienſt mit einem an- dern umtauſchen doͤrffe. JCh bekenne/ daß eine bloß freywillige mutation der aͤmter in meinem um- B b b b 3
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ARTIC. II. SECTIO XXII.
iſt vor jahren dergleichen einiges von dem gottſeligen Hr. N. N. projectiret
worden/ aber es haben unterſchiedliche auch Chriſtliche leute ſorge getragen/
daß der nutzen deroſelben nicht ſo groß ſeyn moͤchte/ als von den laͤſterungen
und widerſtand anderer/ einiger ſchaden zu ſorgen waͤre/ daher ich meyne/
es ſeye die ſache faſt anfangs gleich erligen geblieben/ wie ich denn ſelbs nie-
mahl darinnen geweſen und alſo weitern bericht nicht geben kan. Laſſet uns
glauben/ das gantze wahre Chriſtenthum mache ſchon die genaueſte JEſus-
geſellſchafft/ ohne einigen abſondeꝛlichen uñ etwa andern anſtoͤßigen nahmen/
indeſſen wo wir liebe und gleich geſinnte hertzen finden/ mit denſelben gern ge-
naue kund- und freundſchafft machen/ ſo auch ohne den nahmen einer ſocietaͤt
den jenigen zweck erreichen kan/ welcher durch ſolches inſtitutum von dem lie-
ben rechtſchaffenen mann geſuchet war worden. 1682.
SECTIO XXII.
Ob einer freywillig ſeinen dienſt mit einem an-
dern umtauſchen doͤrffe.
JCh bekenne/ daß eine bloß freywillige mutation der aͤmter in meinem
gewiſſen nicht verantwortlich finde. Bey mir bleibt das principium
feſt ſtehen/ ohne vocation ſtehe niemand mit gutem gewiſſen in einem
amt. Was aber eine wahrhafftige vocation, darauff das gewiſſen beruhen
duͤrffte/ ſeyn ſolle/ da muß der vocandus nichts anders thun/ als daß er aufs
hoͤchſte ſeine dienſte der kirchen anbiethen mag/ ſonſt gehoͤret ihm zu ſich paſſi-
vè zu halten/ und zuwarten bis ihn der HErr rufft. Wie nun dieſes ſo gar
auch bey denen jenigen nothwendig halte/ welche auſſer allẽ ſonderbahren be-
ruff/ und alſo noch in ziemlicher freyheit/ leben/ ſo koͤnte viel weniger bey ei-
nem/ der bereits in dienſten der kirchen verpflichtet iſt/ ein mehres/ ja kaum ſo
viel als einem noch freyen/ zu geben. Daher halte ich mich verſichert/ daß
einer/ der einer gemeinde zugeordnet iſt/ ſich eignen willens von derſelbigen
mit gutem gewiſſen/ als lang er ſein amt nach der regel GOttes fuͤhren kan/
nicht loß zu machen vermoͤge/ u. folglich bey derſelben bleibẽ muͤſſe/ es geſchehe
dann/ daß ihn die gemeinde verſtieſſe/ oder doch ſein amt auf ein und andere
art an ſich gantz unfruchtbar machte/ oder daß ihn der HErr ſelbs anderwert-
lich hin ſendete/ welches er aber auch nicht anders veranlaſſen kan/ als auffs
hoͤchſte/ wofeꝛn eꝛ ſich in ſeinem gewiſſen veꝛſicheꝛt haͤlt/ daß er an einem andern
ort GOtt mit mehrer geiſtlicher frucht (denn dieſe allein/ nicht aber etwas
unſers irdiſchen vortheils/ muß ſtets unſre abſicht ſeyn) dienen koͤnte/ ſeine
willigkeit auch anderwerts GOtt zu dienen/ zu bezeugen/ und nachmahl alles
der goͤttl. weiſeſten direction lediglich zu uͤberlaſſen. Vorausgeſetzt deſſen/
ſo ſehe ich nicht/ wie mein Hochgl. Herr von ſeinem ort durch eine freywillige
um-
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