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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. II. SECTIO XXV.
ein grosses von der sonsten bey dem ordinari pfarr-amt/ und was dem anhän-
gig hoffenden frucht und erbauung wegnehmen/ ja vielleicht solche also min-
dern möchte/ daß der inspection nutzen nicht gleiches ersetzen könte/ billich
mehr darauff zu sehen habe/ wie deroselben predig-amt und andere in der
statt thuende geistliche verrichtungen am wenigsten gehindert würden/ als
die inspection zu einer hindernüß dieser werden zu lassen: andern theils/ daß
derselben ietziger jahre um so vielmehr mit dergleichen unruhe/ verdruß und
unwillen/ welche aus dieser mißhelligkeit entstehen/ zu schohnen seyn will/ als
derselben schwachheit davon gefährlichern anstoß leiden möchte. Daher in
dieser absicht auch solche ration neben den andern/ und zu dero bestärckung an-
geführt zu werden noch zu geben mag.

2. Die zweyte ration hat bey mir ein starckes gewicht/ denn wenn GOtt
in dem A. T. 4. B. Mos. 8/ 25. die Leviten nach dem 50. jahr ihres alters
von dem dienst ihres amts loß zählete/ und also den schwachen jahren gleiche
last nicht mehr aufflegen wolte/ so stecket eine solche ursach und billichkeit in so-
thaner verordnung/ daraus wir mit recht schliessen/ daß der HErr einem sei-
ner treuen diener gern gönnen werde/ wenn derselbe nach dem 60sten jahr/
und da die kräfften in dem amt meistens bereits verzehret sind/ nicht sich sei-
nes heil. amts allerdings zu enthalten verlangt/ sondern nur einer nebens-
bürde/ welche aber schwehrer trucket/ befreyet zu werden suchet/ um sich so
viel länger bey dem übrigen amt und der gemeinde zum besten zu conserviren.
Wie denn GOtt in seinem gnadenreich allezeit das reich der natur praesup-
poni
ret/ daher in jenem nichts auffleget/ dazu er in diesem nicht die nöthige
kräfften gegeben hätte/ als wird er nach seiner ordnung den jenigen gern eini-
ger geschäfften dispensiren/ welche den nunmehr schwächern kräfften nicht nur
schwehr fallen/ sondern sie vor der zeit niederschlagen möchten/ da man
sie sonst in den übrigen verrichtungen noch länger nützlich anzuwenden si-
het.

3. Die dritte ursach ist betrübt/ aber auch wichtig gnug. Betrübt/
daß geklagt wird/ wie man nach allem gebrauchten eiffer und arbeit diese
meistens fruchtloß angewendet sehen müsse/ und mit nichts/ so zu mehrer bes-
serung dienete/ offentlich durchtringen könne/ sondern alles in dem alten
stand gemeiniglich ligen lassen müsse. Betrübt ists auch/ daß nunmehr den
Inspectoribus und Superintendenten so viel dinge auffgebürdet werden/
welche allein das zeitliche der kirchen angehen/ oder verdrißliche streit-hän-
del betreffen/ aber die jenigen stunden solchen leuten wegnehmen/ welche
sie nützlicher zu geistlichen verrichtungen anwenden könten/ daß man lieber

wün-
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ARTIC. II. SECTIO XXV.
ein groſſes von der ſonſten bey dem ordinari pfarr-amt/ und was dem anhaͤn-
gig hoffenden frucht und erbauung wegnehmen/ ja vielleicht ſolche alſo min-
dern moͤchte/ daß der inſpection nutzen nicht gleiches erſetzen koͤnte/ billich
mehr darauff zu ſehen habe/ wie deroſelben predig-amt und andere in der
ſtatt thuende geiſtliche verrichtungen am wenigſten gehindert wuͤrden/ als
die inſpection zu einer hindernuͤß dieſer werden zu laſſen: andern theils/ daß
derſelben ietziger jahre um ſo vielmehr mit dergleichen unruhe/ verdruß und
unwillen/ welche aus dieſer mißhelligkeit entſtehen/ zu ſchohnen ſeyn will/ als
derſelben ſchwachheit davon gefaͤhrlichern anſtoß leiden moͤchte. Daher in
dieſer abſicht auch ſolche ration neben den andern/ und zu dero beſtaͤrckung an-
gefuͤhrt zu werden noch zu geben mag.

2. Die zweyte ration hat bey mir ein ſtarckes gewicht/ denn wenn GOtt
in dem A. T. 4. B. Moſ. 8/ 25. die Leviten nach dem 50. jahr ihres alters
von dem dienſt ihres amts loß zaͤhlete/ und alſo den ſchwachen jahren gleiche
laſt nicht mehr aufflegen wolte/ ſo ſtecket eine ſolche urſach und billichkeit in ſo-
thaner verordnung/ daraus wir mit recht ſchlieſſen/ daß der HErr einem ſei-
ner treuen diener gern goͤnnen werde/ wenn derſelbe nach dem 60ſten jahr/
und da die kraͤfften in dem amt meiſtens bereits verzehret ſind/ nicht ſich ſei-
nes heil. amts allerdings zu enthalten verlangt/ ſondern nur einer nebens-
buͤrde/ welche aber ſchwehrer trucket/ befreyet zu werden ſuchet/ um ſich ſo
viel laͤnger bey dem uͤbrigen amt und der gemeinde zum beſten zu conſerviren.
Wie denn GOtt in ſeinem gnadenreich allezeit das reich der natur præſup-
poni
ret/ daher in jenem nichts auffleget/ dazu er in dieſem nicht die noͤthige
kraͤfften gegeben haͤtte/ als wird er nach ſeiner ordnung den jenigen gern eini-
ger geſchaͤfften diſpenſiren/ welche den nunmehr ſchwaͤchern kraͤfften nicht nur
ſchwehr fallen/ ſondern ſie vor der zeit niederſchlagen moͤchten/ da man
ſie ſonſt in den uͤbrigen verrichtungen noch laͤnger nuͤtzlich anzuwenden ſi-
het.

3. Die dritte urſach iſt betruͤbt/ aber auch wichtig gnug. Betruͤbt/
daß geklagt wird/ wie man nach allem gebrauchten eiffer und arbeit dieſe
meiſtens fruchtloß angewendet ſehen muͤſſe/ und mit nichts/ ſo zu mehrer beſ-
ſerung dienete/ offentlich durchtringen koͤnne/ ſondern alles in dem alten
ſtand gemeiniglich ligen laſſen muͤſſe. Betruͤbt iſts auch/ daß nunmehr den
Inſpectoribus und Superintendenten ſo viel dinge auffgebuͤrdet werden/
welche allein das zeitliche der kirchen angehen/ oder verdrißliche ſtreit-haͤn-
del betreffen/ aber die jenigen ſtunden ſolchen leuten wegnehmen/ welche
ſie nuͤtzlicher zu geiſtlichen verrichtungen anwenden koͤnten/ daß man lieber

wuͤn-
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[573/0589] ARTIC. II. SECTIO XXV. ein groſſes von der ſonſten bey dem ordinari pfarr-amt/ und was dem anhaͤn- gig hoffenden frucht und erbauung wegnehmen/ ja vielleicht ſolche alſo min- dern moͤchte/ daß der inſpection nutzen nicht gleiches erſetzen koͤnte/ billich mehr darauff zu ſehen habe/ wie deroſelben predig-amt und andere in der ſtatt thuende geiſtliche verrichtungen am wenigſten gehindert wuͤrden/ als die inſpection zu einer hindernuͤß dieſer werden zu laſſen: andern theils/ daß derſelben ietziger jahre um ſo vielmehr mit dergleichen unruhe/ verdruß und unwillen/ welche aus dieſer mißhelligkeit entſtehen/ zu ſchohnen ſeyn will/ als derſelben ſchwachheit davon gefaͤhrlichern anſtoß leiden moͤchte. Daher in dieſer abſicht auch ſolche ration neben den andern/ und zu dero beſtaͤrckung an- gefuͤhrt zu werden noch zu geben mag. 2. Die zweyte ration hat bey mir ein ſtarckes gewicht/ denn wenn GOtt in dem A. T. 4. B. Moſ. 8/ 25. die Leviten nach dem 50. jahr ihres alters von dem dienſt ihres amts loß zaͤhlete/ und alſo den ſchwachen jahren gleiche laſt nicht mehr aufflegen wolte/ ſo ſtecket eine ſolche urſach und billichkeit in ſo- thaner verordnung/ daraus wir mit recht ſchlieſſen/ daß der HErr einem ſei- ner treuen diener gern goͤnnen werde/ wenn derſelbe nach dem 60ſten jahr/ und da die kraͤfften in dem amt meiſtens bereits verzehret ſind/ nicht ſich ſei- nes heil. amts allerdings zu enthalten verlangt/ ſondern nur einer nebens- buͤrde/ welche aber ſchwehrer trucket/ befreyet zu werden ſuchet/ um ſich ſo viel laͤnger bey dem uͤbrigen amt und der gemeinde zum beſten zu conſerviren. Wie denn GOtt in ſeinem gnadenreich allezeit das reich der natur præſup- poniret/ daher in jenem nichts auffleget/ dazu er in dieſem nicht die noͤthige kraͤfften gegeben haͤtte/ als wird er nach ſeiner ordnung den jenigen gern eini- ger geſchaͤfften diſpenſiren/ welche den nunmehr ſchwaͤchern kraͤfften nicht nur ſchwehr fallen/ ſondern ſie vor der zeit niederſchlagen moͤchten/ da man ſie ſonſt in den uͤbrigen verrichtungen noch laͤnger nuͤtzlich anzuwenden ſi- het. 3. Die dritte urſach iſt betruͤbt/ aber auch wichtig gnug. Betruͤbt/ daß geklagt wird/ wie man nach allem gebrauchten eiffer und arbeit dieſe meiſtens fruchtloß angewendet ſehen muͤſſe/ und mit nichts/ ſo zu mehrer beſ- ſerung dienete/ offentlich durchtringen koͤnne/ ſondern alles in dem alten ſtand gemeiniglich ligen laſſen muͤſſe. Betruͤbt iſts auch/ daß nunmehr den Inſpectoribus und Superintendenten ſo viel dinge auffgebuͤrdet werden/ welche allein das zeitliche der kirchen angehen/ oder verdrißliche ſtreit-haͤn- del betreffen/ aber die jenigen ſtunden ſolchen leuten wegnehmen/ welche ſie nuͤtzlicher zu geiſtlichen verrichtungen anwenden koͤnten/ daß man lieber wuͤn- C c c c 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/589>, abgerufen am 22.11.2024.