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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
nicht auffs wenigste ein und andre privat-handlung bey gewissen gelegenhei-
ten aller orthen/ als ein theil des beruffs zu seyn erkant werde.
2. Umb solcher ursach willen hat ein Christlicher prediger/ dem das
lehr-amt befohlen ist/ krafft der unumschrenckten anbefehlung desselben sich
aller ziemlichen/ unverdächtigen und so von selbs sich ergebenden als gesuch-
ten gelegenheiten zugebrauchen/ damit er seinem amt in treuem unterricht der
anvertrauten seelen ein gnügen thun/ und sein gewissen retten möge. Jedoch/
daß er sich mit gewalt niemand obtrudire/ und sein vornehmen auff einige
solche art anstelle/ daß einige sich nicht so wohl über die sache als art zu be-
schwehren ursach finden.
3. Wie aber in andern stücken und austheilung der arbeiten/ so jeglichem
der prediger an denen orten/ wo ihr mehrere sind/ zukommen sollen/ die obrig-
keit/ als in einer zu der eusserlichen oeconomie gehörigen sache/ ihre auffsicht
und darinnen gewisse macht hat; also mag absonderlich dieses/ wem und wie
viel von solcher privat-information zukommen solle/ nach befinden auch wohl
von Christlicher obrigkeit/ wo etwa differenz darüber wäre/ determiniret und
verordnet werden: wo es nur also geschihet/ daß der gemeinde mangel zur
gnüge ersetzet werde/ und also derselben auch an dieser sache nichts ab-
gehe.
4. Solchen verordnungen hat ein prediger auch nachzuleben/ als einer
sache/ die nicht über der obrigkeit gewalt gehet/ oder göttlicher ordnung zu-
widerlaufft. Dann wir auch in heiliger schrifft sehen/ daß die insgesamt zu
dem amt der erbanung gehörige stücke/ so bey uns in dem predigtamt zusam-
men lauffen/ gleichwohl auch zuweilen voneinander getrennet/ und etwa un-
terschiedlichen personen anvertrauet/ oder als unterschiedliche ämter daraus
gemachet werden. Also sehen wir/ ob schon das amt des worts und der Sa-
cramenten ordentlich zusammen gehöret/ daß dannoch in der 1. Cor. 1/ 17.
der liebe Paulus bey der predigt des Evangelii also geblieben/ daß er das
tauffen meistens unterlassen/ und gar bezeuget/ daß er zu tauffen nicht ge-
sandt worden seye. So sehen wir auch Rom. 12/ 8. 9. daß lehren/ vermah-
nen/ regieren voneinander abgesondert/ und unterschiedlichen anvertrauet
worden. Eben also finden wir auch in unsern kirchen die unterschiedlichen
anstalten/ daß ob wohl in dem beruff zu dem amt virtualiter alle functiones
ministeriales
in wort und Sacramenten/ was publica und privata, und die
gesamte curam animarum, angehet/ begriffen sind/ nichts destoweniger sol-
che in den personen voneinander gesondert werden: daß einiger orten solche
sind/ welche bloß predigen/ ohne einige curam animarum specialem, andere
gehen mit den übrigen verrichtungen um/ haben hingegen keine oder doch sel-
tene predigten/ einige haben mit beicht und Abendmahl nichts zu thun/ und
was
Das andere Capitel.
nicht auffs wenigſte ein und andre privat-handlung bey gewiſſen gelegenhei-
ten aller orthen/ als ein theil des beruffs zu ſeyn erkant werde.
2. Umb ſolcher urſach willen hat ein Chriſtlicher prediger/ dem das
lehr-amt befohlen iſt/ krafft der unumſchrenckten anbefehlung deſſelben ſich
aller ziemlichen/ unverdaͤchtigen und ſo von ſelbs ſich ergebenden als geſuch-
ten gelegenheiten zugebrauchen/ damit er ſeinem amt in treuem unterricht der
anvertrauten ſeelen ein gnuͤgen thun/ und ſein gewiſſen retten moͤge. Jedoch/
daß er ſich mit gewalt niemand obtrudire/ und ſein vornehmen auff einige
ſolche art anſtelle/ daß einige ſich nicht ſo wohl uͤber die ſache als art zu be-
ſchwehren urſach finden.
3. Wie aber in andern ſtuͤcken und austheilung der arbeiten/ ſo jeglichem
der prediger an denen orten/ wo ihr mehrere ſind/ zukommen ſollen/ die obrig-
keit/ als in einer zu der euſſerlichen oeconomie gehoͤrigen ſache/ ihre auffſicht
und darinnen gewiſſe macht hat; alſo mag abſonderlich dieſes/ wem und wie
viel von ſolcher privat-information zukommen ſolle/ nach befinden auch wohl
von Chriſtlicher obrigkeit/ wo etwa differenz daruͤber waͤre/ determiniret und
verordnet werden: wo es nur alſo geſchihet/ daß der gemeinde mangel zur
gnuͤge erſetzet werde/ und alſo derſelben auch an dieſer ſache nichts ab-
gehe.
4. Solchen verordnungen hat ein prediger auch nachzuleben/ als einer
ſache/ die nicht uͤber der obrigkeit gewalt gehet/ oder goͤttlicher ordnung zu-
widerlaufft. Dann wir auch in heiliger ſchrifft ſehen/ daß die insgeſamt zu
dem amt der erbanung gehoͤrige ſtuͤcke/ ſo bey uns in dem predigtamt zuſam-
men lauffen/ gleichwohl auch zuweilen voneinander getrennet/ und etwa un-
terſchiedlichen perſonen anvertrauet/ oder als unterſchiedliche aͤmter daraus
gemachet werden. Alſo ſehen wir/ ob ſchon das amt des worts und der Sa-
cramenten ordentlich zuſammen gehoͤret/ daß dannoch in der 1. Cor. 1/ 17.
der liebe Paulus bey der predigt des Evangelii alſo geblieben/ daß er das
tauffen meiſtens unterlaſſen/ und gar bezeuget/ daß er zu tauffen nicht ge-
ſandt worden ſeye. So ſehen wir auch Rom. 12/ 8. 9. daß lehren/ vermah-
nen/ regieren voneinander abgeſondert/ und unterſchiedlichen anvertrauet
worden. Eben alſo finden wir auch in unſern kirchen die unterſchiedlichen
anſtalten/ daß ob wohl in dem beruff zu dem amt virtualiter alle functiones
miniſteriales
in wort und Sacramenten/ was publica und privata, und die
geſamte curam animarum, angehet/ begriffen ſind/ nichts deſtoweniger ſol-
che in den perſonen voneinander geſondert werden: daß einiger orten ſolche
ſind/ welche bloß predigen/ ohne einige curam animarum ſpecialem, andere
gehen mit den uͤbrigen verrichtungen um/ haben hingegen keine oder doch ſel-
tene predigten/ einige haben mit beicht und Abendmahl nichts zu thun/ und
was
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[670/0686] Das andere Capitel. nicht auffs wenigſte ein und andre privat-handlung bey gewiſſen gelegenhei- ten aller orthen/ als ein theil des beruffs zu ſeyn erkant werde. 2. Umb ſolcher urſach willen hat ein Chriſtlicher prediger/ dem das lehr-amt befohlen iſt/ krafft der unumſchrenckten anbefehlung deſſelben ſich aller ziemlichen/ unverdaͤchtigen und ſo von ſelbs ſich ergebenden als geſuch- ten gelegenheiten zugebrauchen/ damit er ſeinem amt in treuem unterricht der anvertrauten ſeelen ein gnuͤgen thun/ und ſein gewiſſen retten moͤge. Jedoch/ daß er ſich mit gewalt niemand obtrudire/ und ſein vornehmen auff einige ſolche art anſtelle/ daß einige ſich nicht ſo wohl uͤber die ſache als art zu be- ſchwehren urſach finden. 3. Wie aber in andern ſtuͤcken und austheilung der arbeiten/ ſo jeglichem der prediger an denen orten/ wo ihr mehrere ſind/ zukommen ſollen/ die obrig- keit/ als in einer zu der euſſerlichen oeconomie gehoͤrigen ſache/ ihre auffſicht und darinnen gewiſſe macht hat; alſo mag abſonderlich dieſes/ wem und wie viel von ſolcher privat-information zukommen ſolle/ nach befinden auch wohl von Chriſtlicher obrigkeit/ wo etwa differenz daruͤber waͤre/ determiniret und verordnet werden: wo es nur alſo geſchihet/ daß der gemeinde mangel zur gnuͤge erſetzet werde/ und alſo derſelben auch an dieſer ſache nichts ab- gehe. 4. Solchen verordnungen hat ein prediger auch nachzuleben/ als einer ſache/ die nicht uͤber der obrigkeit gewalt gehet/ oder goͤttlicher ordnung zu- widerlaufft. Dann wir auch in heiliger ſchrifft ſehen/ daß die insgeſamt zu dem amt der erbanung gehoͤrige ſtuͤcke/ ſo bey uns in dem predigtamt zuſam- men lauffen/ gleichwohl auch zuweilen voneinander getrennet/ und etwa un- terſchiedlichen perſonen anvertrauet/ oder als unterſchiedliche aͤmter daraus gemachet werden. Alſo ſehen wir/ ob ſchon das amt des worts und der Sa- cramenten ordentlich zuſammen gehoͤret/ daß dannoch in der 1. Cor. 1/ 17. der liebe Paulus bey der predigt des Evangelii alſo geblieben/ daß er das tauffen meiſtens unterlaſſen/ und gar bezeuget/ daß er zu tauffen nicht ge- ſandt worden ſeye. So ſehen wir auch Rom. 12/ 8. 9. daß lehren/ vermah- nen/ regieren voneinander abgeſondert/ und unterſchiedlichen anvertrauet worden. Eben alſo finden wir auch in unſern kirchen die unterſchiedlichen anſtalten/ daß ob wohl in dem beruff zu dem amt virtualiter alle functiones miniſteriales in wort und Sacramenten/ was publica und privata, und die geſamte curam animarum, angehet/ begriffen ſind/ nichts deſtoweniger ſol- che in den perſonen voneinander geſondert werden: daß einiger orten ſolche ſind/ welche bloß predigen/ ohne einige curam animarum ſpecialem, andere gehen mit den uͤbrigen verrichtungen um/ haben hingegen keine oder doch ſel- tene predigten/ einige haben mit beicht und Abendmahl nichts zu thun/ und was

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 670. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/686>, abgerufen am 22.11.2024.