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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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und dero eröffnung/ und alle endliche frucht erlangen: ja das jenige sonderlich
daß des himmlischen Vaters/ dessen geschöpffe unsere zuhörer sind/ und alle auch
seine kinder seyn sollen krafft und güte/ selbst an unsern gemeinden ausrichte/
wozu wir unvermüglich sind/ oder auch an andern wider unsern willen gehin-
dert werden. Hiermit haben wir tag und nacht umbzugehen/ und darumb zu
seuffzen: welche seuffzen aus einem solchen hertzen/ daß seine schwachheit recht
erkennet/ sich darüber vor GOTT demüthiget/ und doch nicht gern haben
wolte/ daß umb seinet willen und aus seiner schuld göttlicher ehre und einiger
menschen seligkeit etwas abginge/ daher nach beforderung dieser beyder ein
inbrünstiges verlangen träget/ herkommende/ und sich mit glauben auff die
verheissung gründende/ unmüglich unerhöret bleiben kan/ ja alles übrige auffs
wenigste vor GOTT und dessen rechnung einbringen wird. 6. die meiste
schwehrigkeit scheinet auffden beicht-stuhl und communion anzukommen/
da ich leicht erachte/ daß geliebten Bruders gewissen seine meiste angst darüber
haben werde/ nachdem er von der Päbstischen obrigkeit nicht allein keine hülffe
sich zugetrösten hat/ sondern eher hindernüß erwarten muß. Jch achte aber/
er thue seinem gewissen darinnen ein gnüge/ wo er 1. insgemein/ so offt als
er nur die gelegenheit hat/ in predigten und andern handlungen mit der ge-
meinde/ dieses fleißig treibet/ daß so wohl die absolution als auch das
H. abendmahl/ wie offt sie empfangen werden/ keinem einigen unbußfertigen
nutze/ sondern wer dem prediger die absolution abstiehlet oder abnöthiget
und stehet doch nicht in wahrer buß und vorsatz völliger besserung/ bleibe/
unerachtet er sich fest einbildet/ vergebung seiner sünden zu haben/ in seinen
sünden ungelöset/ und nehme das heil. sacrament ohne nutzen/ vielmehr zu sei-
nem gericht/ so dann wo er 2. ferner bey dem zuspruch vor der absolution
etwas dergleichen erinnert/ sonderlich aber bey den jenigen/ von welchen er
ziemliche sorge hat/ daß es ihnen mit der busse kein ernst sey/ seine wort aus-
drücklich also clausulirt/ daß sie ohne buß darvon aus seiner schuld keinen
trost schöpffen können 3. diejenige/ welche sich zu bessern versprechen/ ob er
wohl billige sorge ihrentwillen hat/ auff gedachte art absolviret; Wo aber
4. einer ausdrücklich bezeugte/ daß er von einer offenbahren und erkannten
sünde nicht ablassen wolte/ demselben solche sacra versagte. Dieses letztere
ist nothwendig/ dann weil bey allen religionen ausgemacht/ daß der offen-
bahr unbußfertige der vergebung unfähig sey/ so kan bey eigner bekäntnüs
der unbußfertigkeit ohne gewisse entheiligung göttlichen nahmens die gewiß
und offenbahr falsche absolution nicht gesprochen werden: da hingegen

dem

Das andere Capitel.
und dero eroͤffnung/ und alle endliche frucht erlangen: ja das jenige ſonderlich
daß des him̃liſchen Vaters/ deſſen geſchoͤpffe unſere zuhoͤrer ſind/ und alle auch
ſeine kinder ſeyn ſollen krafft und guͤte/ ſelbſt an unſern gemeinden ausrichte/
wozu wir unvermuͤglich ſind/ oder auch an andern wider unſern willen gehin-
dert werden. Hiermit haben wir tag und nacht umbzugehen/ und darumb zu
ſeuffzen: welche ſeuffzen aus einem ſolchen hertzen/ daß ſeine ſchwachheit recht
erkennet/ ſich daruͤber vor GOTT demuͤthiget/ und doch nicht gern haben
wolte/ daß umb ſeinet willen und aus ſeiner ſchuld goͤttlicher ehre und einiger
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inbruͤnſtiges verlangen traͤget/ herkommende/ und ſich mit glauben auff die
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wenigſte vor GOTT und deſſen rechnung einbringen wird. 6. die meiſte
ſchwehrigkeit ſcheinet auffden beicht-ſtuhl und communion anzukommen/
da ich leicht erachte/ daß geliebten Bruders gewiſſen ſeine meiſte angſt daruͤber
haben werde/ nachdem er von der Paͤbſtiſchen obrigkeit nicht allein keine huͤlffe
ſich zugetroͤſten hat/ ſondern eher hindernuͤß erwarten muß. Jch achte aber/
er thue ſeinem gewiſſen darinnen ein gnuͤge/ wo er 1. insgemein/ ſo offt als
er nur die gelegenheit hat/ in predigten und andern handlungen mit der ge-
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H. abendmahl/ wie offt ſie empfangen werden/ keinem einigen unbußfertigen
nutze/ ſondern wer dem prediger die abſolution abſtiehlet oder abnoͤthiget
und ſtehet doch nicht in wahrer buß und vorſatz voͤlliger beſſerung/ bleibe/
unerachtet er ſich feſt einbildet/ vergebung ſeiner ſuͤnden zu haben/ in ſeinen
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nem gericht/ ſo dann wo er 2. ferner bey dem zuſpruch vor der abſolution
etwas dergleichen erinnert/ ſonderlich aber bey den jenigen/ von welchen er
ziemliche ſorge hat/ daß es ihnen mit der buſſe kein ernſt ſey/ ſeine wort aus-
druͤcklich alſo clauſulirt/ daß ſie ohne buß darvon aus ſeiner ſchuld keinen
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wohl billige ſorge ihrentwillen hat/ auff gedachte art abſolviret; Wo aber
4. einer ausdruͤcklich bezeugte/ daß er von einer offenbahren und erkannten
ſuͤnde nicht ablaſſen wolte/ demſelben ſolche ſacra verſagte. Dieſes letztere
iſt nothwendig/ dann weil bey allen religionen ausgemacht/ daß der offen-
bahr unbußfertige der vergebung unfaͤhig ſey/ ſo kan bey eigner bekaͤntnuͤs
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und offenbahr falſche abſolution nicht geſprochen werden: da hingegen

dem
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[708/0724] Das andere Capitel. und dero eroͤffnung/ und alle endliche frucht erlangen: ja das jenige ſonderlich daß des him̃liſchen Vaters/ deſſen geſchoͤpffe unſere zuhoͤrer ſind/ und alle auch ſeine kinder ſeyn ſollen krafft und guͤte/ ſelbſt an unſern gemeinden ausrichte/ wozu wir unvermuͤglich ſind/ oder auch an andern wider unſern willen gehin- dert werden. Hiermit haben wir tag und nacht umbzugehen/ und darumb zu ſeuffzen: welche ſeuffzen aus einem ſolchen hertzen/ daß ſeine ſchwachheit recht erkennet/ ſich daruͤber vor GOTT demuͤthiget/ und doch nicht gern haben wolte/ daß umb ſeinet willen und aus ſeiner ſchuld goͤttlicher ehre und einiger menſchen ſeligkeit etwas abginge/ daher nach beforderung dieſer beyder ein inbruͤnſtiges verlangen traͤget/ herkommende/ und ſich mit glauben auff die verheiſſung gruͤndende/ unmuͤglich unerhoͤret bleiben kan/ ja alles uͤbrige auffs wenigſte vor GOTT und deſſen rechnung einbringen wird. 6. die meiſte ſchwehrigkeit ſcheinet auffden beicht-ſtuhl und communion anzukommen/ da ich leicht erachte/ daß geliebten Bruders gewiſſen ſeine meiſte angſt daruͤber haben werde/ nachdem er von der Paͤbſtiſchen obrigkeit nicht allein keine huͤlffe ſich zugetroͤſten hat/ ſondern eher hindernuͤß erwarten muß. Jch achte aber/ er thue ſeinem gewiſſen darinnen ein gnuͤge/ wo er 1. insgemein/ ſo offt als er nur die gelegenheit hat/ in predigten und andern handlungen mit der ge- meinde/ dieſes fleißig treibet/ daß ſo wohl die abſolution als auch das H. abendmahl/ wie offt ſie empfangen werden/ keinem einigen unbußfertigen nutze/ ſondern wer dem prediger die abſolution abſtiehlet oder abnoͤthiget und ſtehet doch nicht in wahrer buß und vorſatz voͤlliger beſſerung/ bleibe/ unerachtet er ſich feſt einbildet/ vergebung ſeiner ſuͤnden zu haben/ in ſeinen ſuͤnden ungeloͤſet/ und nehme das heil. ſacrament ohne nutzen/ vielmehr zu ſei- nem gericht/ ſo dann wo er 2. ferner bey dem zuſpruch vor der abſolution etwas dergleichen erinnert/ ſonderlich aber bey den jenigen/ von welchen er ziemliche ſorge hat/ daß es ihnen mit der buſſe kein ernſt ſey/ ſeine wort aus- druͤcklich alſo clauſulirt/ daß ſie ohne buß darvon aus ſeiner ſchuld keinen troſt ſchoͤpffen koͤnnen 3. diejenige/ welche ſich zu beſſern verſprechen/ ob er wohl billige ſorge ihrentwillen hat/ auff gedachte art abſolviret; Wo aber 4. einer ausdruͤcklich bezeugte/ daß er von einer offenbahren und erkannten ſuͤnde nicht ablaſſen wolte/ demſelben ſolche ſacra verſagte. Dieſes letztere iſt nothwendig/ dann weil bey allen religionen ausgemacht/ daß der offen- bahr unbußfertige der vergebung unfaͤhig ſey/ ſo kan bey eigner bekaͤntnuͤs der unbußfertigkeit ohne gewiſſe entheiligung goͤttlichen nahmens die gewiß und offenbahr falſche abſolution nicht geſprochen werden: da hingegen dem

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 708. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/724>, abgerufen am 22.11.2024.