Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das andere Capitel. SECTIO IV. Vorsichtigkeit in dem straffamt nöhtig. JCh bitte dieses als eine perpetuam regulam zu halten/ daß ein christlicher SECTIO V. Ein fall angehend das straffamt. WAs den casum anlangt/ daß ein Prediger in einer predigt diese worte pflicht
Das andere Capitel. SECTIO IV. Vorſichtigkeit in dem ſtraffamt noͤhtig. JCh bitte dieſes als eine perpetuam regulam zu halten/ daß ein chriſtlicher SECTIO V. Ein fall angehend das ſtraffamt. WAs den caſum anlangt/ daß ein Prediger in einer predigt dieſe worte pflicht
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Das andere Capitel.
SECTIO IV.
Vorſichtigkeit in dem ſtraffamt noͤhtig.
JCh bitte dieſes als eine perpetuam regulam zu halten/ daß ein chriſtlicher
Prediger ſich unter menſchen bey ſeinen zuhoͤrern vor niemand mehr zu
fuͤrchten/ daher auch mit niemand vorſichtiger umzugehen habe/ als mit
denjenigen die die boͤſeſte/ darbey aber verſchlagen und kuͤhne ſind/ dann wie ſchul-
dig ſie ſind/ wo der pfarrherr in dem modo agendi und einigen umſtaͤnden ſich
nur am wenigſten bey ihnen verſtoſſet/ ſo kriegen ſie vortheil/ und beduͤrffen nur
einen ſchlauen juriſten zur ſeiten zubekommen/ ſo verliehret der paſtor manchmal
bey aller ſeiner treue vor dem richter. Jch wuͤnſchete anders/ aber finde es alſo
in der erfahrung. Daher ich chriſtliche bruͤder allezeit am allerangelegenſten er-
innere/ ſich nur in dem officio elenchtico publico wohl vorzuſehen/ und zwar
auch alles andere/ was ſie reden/ wie billich/ vor GOtt reifflich zu uͤberlegen/
aber was zu dieſem gehoͤret/ wann es ſingularibus perſonis gelten ſolle/ jegliches
wort zehenmal zubedencken/ ehe ſie es ausſprechen/ damit ſie es nicht in der that
an ſtatt des beſſerens ſchlimmer machen/ und auch ſich ſelbs viele unruhe herbey zie-
hen. Das rathſamſte iſt/ dergleichen boͤſe menſchen ſo viel oͤffterer privatim,
auch wol mit zuziehung eines guten freundes/ ernſtlich vorzunehmen/ und wann
dieſes nichts verfanget/ zwar auff der cantzel die ſuͤnden ernſtlich zu ſtraffen/ aber
die umſtaͤnde/ ſo auff ein individuum gehen/ auszulaſſen/ und die perſon lieber
vor den Superintendenten zu bringen/ ob derſelbe etwas ſelbs ausrichten koͤnte/
oder es endlich vor das conſiſtorium zu weiſen noͤthig achtete. Jn dieſem proceſs
verſtoͤſſet man ſich nicht/ und wo noch etwas auszurichten iſt/ ſo muß es durch die-
ſen weg geſchehen. Jndeſſen weiß ich wohl wie wehe es eines treuen Predigers
ſeele thue/ wo man ſo viele ſeine ſorge vergebens und endlich undanck zu lohn ſie-
het/ daruͤber etwa die ſeuffzer ſtarck auffſteigen. Laſſet uns aber gedencken/ daß
die gedult nicht weniger ein ſtuͤck unſers amts als unſre arbeit/ auch von GOtt in
gnaden angeſehen werde: ſo dann daß dieſer nicht ſo wol die ſeligkeit unſrer zuhoͤ-
rer/ die ſein werck iſt/ als unſre treue/ nichts von unſrer ſeite zu unterlaſſen/ was
von uns dazu geſchehen mag/ von uns erfordere/ und belohnen wolle/ ob ein groſ-
ſes theil/ ja die meiſte der uns anvertrauten unſer werck an ſich vergebens machten.
So gebe Er uns allezeit das licht ſeinen willen recht zu erkennen/ und die krafft den-
ſelben zu vollbringen/ ſo ſolle uns genuͤgen. 1690.
SECTIO V.
Ein fall angehend das ſtraffamt.
WAs den caſum anlangt/ daß ein Prediger in einer predigt dieſe worte
gebraucht/ pruͤfet euch ihr Herren Raͤthe/ wie ihr euren eyd und
pflicht
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