Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das andere Capitel. ES lässet sich auff diese frage nicht schlechter dings/ sondern allein mit be- 2. Wo aber die frage wäre/ ob ein Prediger/ wo die alte und verheyrate- gel
Das andere Capitel. ES laͤſſet ſich auff dieſe frage nicht ſchlechter dings/ ſondern allein mit be- 2. Wo aber die frage waͤre/ ob ein Prediger/ wo die alte und verheyrate- gel
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0862" n="62"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das andere Capitel.</hi> </fw><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>S laͤſſet ſich auff dieſe frage nicht ſchlechter dings/ ſondern allein mit be-<lb/> obachtung gewiſſen unterſcheids/ antworten. 1. Wo das <hi rendition="#aq">examen</hi> mit gu-<lb/> tem willen der alten/ welche ſelbs dazu luſt haͤtten/ und ſich gern einſtel-<lb/> leten/ alſo eingerichtet wuͤrde/ daß neben der jugend auch die erwachſene und ver-<lb/> ehlichte ſich demſelben unterwuͤrffen/ oder ſich vielmehr darzu druͤngen/ wuͤrde/<lb/> ſolches <hi rendition="#aq">examen</hi> wol ein ſo viel vollkommenen muſter ſeyn/ und vor andern geruͤh-<lb/> met zu werden verdienen/ iſt auch kein zweiffel daß ſo wol die alte/ da ſie ſich<lb/> dem befragen ſelbs unterwuͤrffen/ daraus ſo viel mehrere erbauung/ oder die ju-<lb/> gend ſo viel kraͤfftigere auffmunterung haben wuͤrden. Wiewol es doch auch<lb/> alsdenn alſo ein gericht werden muͤßte/ weil auff die jugend mit ſolcher uͤbung am<lb/> meiſten geſehen wird/ daß dieſer durch jene nicht zu viel entzogen wuͤrde; welches<lb/> am fuͤglichſten alſo geſchehen moͤchte/ daß die alte meiſtens allein/ wo es auff et-<lb/> was ſchwehrers kaͤme/ oder die jugend mit der antwort nicht fort kommen koͤnte/<lb/> befraget wuͤrden. Wo auch ein Prediger nach einem ſolchen <hi rendition="#aq">examine</hi> verlangen<lb/> haͤtte/ mochte vieleicht das beqvemſte mittel ſeyn/ wañ er erſtlich trachtete allein die<lb/> jenige/ welche erſt verheyrathet werden/ mit freundlichkeit dahin zu bereden/ daß<lb/> ſie nach wie vorhin bey dem <hi rendition="#aq">examine</hi> blieben/ auff welche weiſe allgemach auch<lb/> dieſer zahl zunehmen/ vielleicht ſich auch nach und nach einige der bereits vor ver-<lb/> heyratheten den andern zugeſellen moͤchten.</p><lb/> <p>2. Wo aber die frage waͤre/ ob ein Prediger/ wo die alte und verheyrate-<lb/> te ſich mit guten willen nicht dazu verſtehen wollen/ vielmehr/ wie aus der frage<lb/> abzunehmen/ aus ſcheu des <hi rendition="#aq">examinis</hi> die kirche lieber gar verſaͤumen/ ſie mit ge-<lb/> walt zu dem <hi rendition="#aq">examine</hi> noͤtigen koͤnne/ oder wo er ſtehet daß er die leute ſo zu reden<lb/> damit eher vertreibet/ ob er mit ſolchem verſuch einhalten ſolle: ſo verneine das<lb/> erſte/ das andere aber bejahe ich. Was alſo das erſte anlanget/ hat der Pre-<lb/> diger dazu keine macht/ ſondern ob wol die Churfl. verordnung in dem vorbericht<lb/> des <hi rendition="#aq">catechismi</hi> die abſicht des catechetiſchen <hi rendition="#aq">examinis</hi> dahin erklaͤret/ daß ſo<lb/> wohl die erwachſene als die jugend unterrichtet werden moͤgen/ ſo wird doch die<lb/> weiſe ſo bald gezeiget/ daß es am fuͤglichſten ſeye/ die erwachſene hinter die kin-<lb/> der zuſtellen/ und die fragen auff die antwort des <hi rendition="#aq">catechismi</hi> nicht von den er-<lb/> wachſenen ſondern nur von den kindern zu erfordern/ dabey iedoch die vorrede<lb/> und die vermahnungen zur gottſeligkeit bey jeder materie an alle und jede zurichten.<lb/> Weiter zu gehen und der gemeinde wider dero willen etwas auffzu dringen hat der<lb/> Prediger nicht macht/ ſo vielmehr weil durch das fleißige zuhoͤren und achtgeben<lb/> auff die befragungen und antworten der kinder von den alten die ſache nicht viel-<lb/> weniger/ als wo ſie ſelbs gefragt wuͤrden/ gefaſt werden mag/ und alſo jener<lb/><hi rendition="#aq">modus,</hi> daß ſie ſelbs antworten muͤßten/ nicht eben bloß dahin an ſich noͤtig iſt:<lb/> dazu nach kommet/ daß gedachter vorbericht auff den fall/ daß man einen man-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gel</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [62/0862]
Das andere Capitel.
ES laͤſſet ſich auff dieſe frage nicht ſchlechter dings/ ſondern allein mit be-
obachtung gewiſſen unterſcheids/ antworten. 1. Wo das examen mit gu-
tem willen der alten/ welche ſelbs dazu luſt haͤtten/ und ſich gern einſtel-
leten/ alſo eingerichtet wuͤrde/ daß neben der jugend auch die erwachſene und ver-
ehlichte ſich demſelben unterwuͤrffen/ oder ſich vielmehr darzu druͤngen/ wuͤrde/
ſolches examen wol ein ſo viel vollkommenen muſter ſeyn/ und vor andern geruͤh-
met zu werden verdienen/ iſt auch kein zweiffel daß ſo wol die alte/ da ſie ſich
dem befragen ſelbs unterwuͤrffen/ daraus ſo viel mehrere erbauung/ oder die ju-
gend ſo viel kraͤfftigere auffmunterung haben wuͤrden. Wiewol es doch auch
alsdenn alſo ein gericht werden muͤßte/ weil auff die jugend mit ſolcher uͤbung am
meiſten geſehen wird/ daß dieſer durch jene nicht zu viel entzogen wuͤrde; welches
am fuͤglichſten alſo geſchehen moͤchte/ daß die alte meiſtens allein/ wo es auff et-
was ſchwehrers kaͤme/ oder die jugend mit der antwort nicht fort kommen koͤnte/
befraget wuͤrden. Wo auch ein Prediger nach einem ſolchen examine verlangen
haͤtte/ mochte vieleicht das beqvemſte mittel ſeyn/ wañ er erſtlich trachtete allein die
jenige/ welche erſt verheyrathet werden/ mit freundlichkeit dahin zu bereden/ daß
ſie nach wie vorhin bey dem examine blieben/ auff welche weiſe allgemach auch
dieſer zahl zunehmen/ vielleicht ſich auch nach und nach einige der bereits vor ver-
heyratheten den andern zugeſellen moͤchten.
2. Wo aber die frage waͤre/ ob ein Prediger/ wo die alte und verheyrate-
te ſich mit guten willen nicht dazu verſtehen wollen/ vielmehr/ wie aus der frage
abzunehmen/ aus ſcheu des examinis die kirche lieber gar verſaͤumen/ ſie mit ge-
walt zu dem examine noͤtigen koͤnne/ oder wo er ſtehet daß er die leute ſo zu reden
damit eher vertreibet/ ob er mit ſolchem verſuch einhalten ſolle: ſo verneine das
erſte/ das andere aber bejahe ich. Was alſo das erſte anlanget/ hat der Pre-
diger dazu keine macht/ ſondern ob wol die Churfl. verordnung in dem vorbericht
des catechismi die abſicht des catechetiſchen examinis dahin erklaͤret/ daß ſo
wohl die erwachſene als die jugend unterrichtet werden moͤgen/ ſo wird doch die
weiſe ſo bald gezeiget/ daß es am fuͤglichſten ſeye/ die erwachſene hinter die kin-
der zuſtellen/ und die fragen auff die antwort des catechismi nicht von den er-
wachſenen ſondern nur von den kindern zu erfordern/ dabey iedoch die vorrede
und die vermahnungen zur gottſeligkeit bey jeder materie an alle und jede zurichten.
Weiter zu gehen und der gemeinde wider dero willen etwas auffzu dringen hat der
Prediger nicht macht/ ſo vielmehr weil durch das fleißige zuhoͤren und achtgeben
auff die befragungen und antworten der kinder von den alten die ſache nicht viel-
weniger/ als wo ſie ſelbs gefragt wuͤrden/ gefaſt werden mag/ und alſo jener
modus, daß ſie ſelbs antworten muͤßten/ nicht eben bloß dahin an ſich noͤtig iſt:
dazu nach kommet/ daß gedachter vorbericht auff den fall/ daß man einen man-
gel
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |