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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
thun/ hingegen bey andern etwa geringern/ alles obenhin verrichten/ so achte es
vor eine ihrem amt unanständige unterscheidung der personen/ und wolte den text
Jac. 2. darauff appliciren lassen: also auch wo sie selbs zu den tituln und dero er-
höhung mehr helffen/ und dardurch gunst suchen/ sonderlich wo sie ihr belieben
felbs daran bezeugen/ und über die sache behaltung einigen eiffer weisen/ wo man
sorgen müste/ daß sie aus fleischlichen ursachen darüber hielten/ wolte ich ihnen
auch darüber das wort nicht sprechen.

4. Wo aber die sache in gewohnheit und eingeführet ist/ und sonsten damit
nicht eben allzugroßer pracht geschiehet/ so halte davor/ daß ein Prediger sich
der mäßigen epithetorum, welche einen unterscheid der personen und graduum
in der anzeige der vorbitten andeuten/ mit guten gewissen gebrauchen könne.
Dann (1. haben wir keinen expressen befehl/ solche zu unterlassen/ und was vor
folgen darzu wollen gebraucht werden/ müssen erstlich examiniret werden wie sie
schliessen. (2. Sind die titel nicht bloß dahin in der schrifft unbekant/ und ist fast
bedencklich/ daß Luc. l, 3. der aus dem H. Geist schreibende Evangelist Lucas
dem Theophilo den nahmen oder titul kratise giebet/ welcher nicht nur seiner ei-
gentlichen bedeutung nach sehr hoch ist/ und solte angesehen werden/ daß er
GOtt allein zukomme/ sondern der damal bey vornehmen leuten Ap. geschicht.
23/ 26. auch in der welt gebräuchlich war. Damit wir nicht bloß alles vor unhei-
lig achten/ was auch von unheiligen gebrauchet wird. (3 Nach dem GOtt einen
unterscheid unter den Menschen gemacht durch geburt/ stand/ profession, mit-
tel und anders dergl. wir auch solchen unterscheid nicht auffheben können/ so mag
auch der einer person nach der ordnung Gottes in dem weltlichen wesen zukommende
titul angeführet werden/ ob wohl in in actione sacra und in loco sacro, da in
solchem nichts falsches oder sonsten der gemeinde ärgerliches enthalten. (4. So
vielmehr/ weil ich davor halte/ daß solche epitheta allein stehen in der formul der
intimation, zum exempel/ es werde eine vorbitte begehret vor einem vornehmen
kauffmann/ vornehme matron &c. da der prediger nicht so wol seine wort braucht/
und in der alsdenn thuenden vorbitte gantz wol/ wo sich sonsten jemand daran
stossen möchte/ bey der einfalt bleiben mag/ als nur referirt die wort deren/ wel-
che sich umb die vorbite anmelden. (5. Jnsgemeinhaben wir in allen den jenigen
dingen/ welche noch nicht an sich selbs böse/ lieber uns der gewohnheit/ ob wir
sie wohl gern und lieber anders sehen/ zu beqvemen als ohne noth uns zu widerse-
tzen/ und damit einiges vertrauen zuschlagen so uns in den wichtigen dingen nutzen
mag/ auch verdacht zu meiden/ der uns abermal in etwas grössers hindern könte.

5. Andere gottseel. hertzen/ ob sie wohl auch die sache lieber in einer meh-
rern einfalt sehen/ als es ist/ sollen dannoch christl. prediger/ sonderlich/ da sie
von denselben hören/ mit was hertzen sie es thun/ und nicht in dingen/ die ihrer

macht

Das andere Capitel.
thun/ hingegen bey andern etwa geringern/ alles obenhin verrichten/ ſo achte es
vor eine ihrem amt unanſtaͤndige unterſcheidung der perſonen/ und wolte den text
Jac. 2. darauff appliciren laſſen: alſo auch wo ſie ſelbs zu den tituln und dero er-
hoͤhung mehr helffen/ und dardurch gunſt ſuchen/ ſonderlich wo ſie ihr belieben
felbs daran bezeugen/ und uͤber die ſache behaltung einigen eiffer weiſen/ wo man
ſorgen muͤſte/ daß ſie aus fleiſchlichen urſachen daruͤber hielten/ wolte ich ihnen
auch daruͤber das wort nicht ſprechen.

4. Wo aber die ſache in gewohnheit und eingefuͤhret iſt/ und ſonſten damit
nicht eben allzugroßer pracht geſchiehet/ ſo halte davor/ daß ein Prediger ſich
der maͤßigen epithetorum, welche einen unterſcheid der perſonen und graduum
in der anzeige der vorbitten andeuten/ mit guten gewiſſen gebrauchen koͤnne.
Dann (1. haben wir keinen expreſſen befehl/ ſolche zu unterlaſſen/ und was vor
folgen darzu wollen gebraucht werden/ muͤſſen erſtlich examiniret werden wie ſie
ſchlieſſen. (2. Sind die titel nicht bloß dahin in der ſchrifft unbekant/ und iſt faſt
bedencklich/ daß Luc. l, 3. der aus dem H. Geiſt ſchreibende Evangeliſt Lucas
dem Theophilo den nahmen oder titul κϱάτιςε giebet/ welcher nicht nur ſeiner ei-
gentlichen bedeutung nach ſehr hoch iſt/ und ſolte angeſehen werden/ daß er
GOtt allein zukomme/ ſondern der damal bey vornehmen leuten Ap. geſchicht.
23/ 26. auch in der welt gebraͤuchlich war. Damit wir nicht bloß alles vor unhei-
lig achten/ was auch von unheiligen gebrauchet wird. (3 Nach dem GOtt einen
unterſcheid unter den Menſchen gemacht durch geburt/ ſtand/ profeſſion, mit-
tel und anders dergl. wir auch ſolchen unterſcheid nicht auffheben koͤnnen/ ſo mag
auch der einer perſon nach der ordnung Gottes in dem weltlichen weſen zukom̃ende
titul angefuͤhret werden/ ob wohl in in actione ſacra und in loco ſacro, da in
ſolchem nichts falſches oder ſonſten der gemeinde aͤrgerliches enthalten. (4. So
vielmehr/ weil ich davor halte/ daß ſolche epitheta allein ſtehen in der formul der
intimation, zum exempel/ es werde eine vorbitte begehret vor einem vornehmen
kauffmann/ vornehme matron &c. da der prediger nicht ſo wol ſeine wort braucht/
und in der alsdenn thuenden vorbitte gantz wol/ wo ſich ſonſten jemand daran
ſtoſſen moͤchte/ bey der einfalt bleiben mag/ als nur referirt die wort deren/ wel-
che ſich umb die vorbite anmelden. (5. Jnsgemeinhaben wir in allen den jenigen
dingen/ welche noch nicht an ſich ſelbs boͤſe/ lieber uns der gewohnheit/ ob wir
ſie wohl gern und lieber anders ſehen/ zu beqvemen als ohne noth uns zu widerſe-
tzen/ und damit einiges vertrauen zuſchlagen ſo uns in den wichtigen dingen nutzen
mag/ auch verdacht zu meiden/ der uns abermal in etwas groͤſſers hindern koͤnte.

5. Andere gottſeel. hertzen/ ob ſie wohl auch die ſache lieber in einer meh-
rern einfalt ſehen/ als es iſt/ ſollen dannoch chriſtl. prediger/ ſonderlich/ da ſie
von denſelben hoͤren/ mit was hertzen ſie es thun/ und nicht in dingen/ die ihrer

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[88/0888] Das andere Capitel. thun/ hingegen bey andern etwa geringern/ alles obenhin verrichten/ ſo achte es vor eine ihrem amt unanſtaͤndige unterſcheidung der perſonen/ und wolte den text Jac. 2. darauff appliciren laſſen: alſo auch wo ſie ſelbs zu den tituln und dero er- hoͤhung mehr helffen/ und dardurch gunſt ſuchen/ ſonderlich wo ſie ihr belieben felbs daran bezeugen/ und uͤber die ſache behaltung einigen eiffer weiſen/ wo man ſorgen muͤſte/ daß ſie aus fleiſchlichen urſachen daruͤber hielten/ wolte ich ihnen auch daruͤber das wort nicht ſprechen. 4. Wo aber die ſache in gewohnheit und eingefuͤhret iſt/ und ſonſten damit nicht eben allzugroßer pracht geſchiehet/ ſo halte davor/ daß ein Prediger ſich der maͤßigen epithetorum, welche einen unterſcheid der perſonen und graduum in der anzeige der vorbitten andeuten/ mit guten gewiſſen gebrauchen koͤnne. Dann (1. haben wir keinen expreſſen befehl/ ſolche zu unterlaſſen/ und was vor folgen darzu wollen gebraucht werden/ muͤſſen erſtlich examiniret werden wie ſie ſchlieſſen. (2. Sind die titel nicht bloß dahin in der ſchrifft unbekant/ und iſt faſt bedencklich/ daß Luc. l, 3. der aus dem H. Geiſt ſchreibende Evangeliſt Lucas dem Theophilo den nahmen oder titul κϱάτιςε giebet/ welcher nicht nur ſeiner ei- gentlichen bedeutung nach ſehr hoch iſt/ und ſolte angeſehen werden/ daß er GOtt allein zukomme/ ſondern der damal bey vornehmen leuten Ap. geſchicht. 23/ 26. auch in der welt gebraͤuchlich war. Damit wir nicht bloß alles vor unhei- lig achten/ was auch von unheiligen gebrauchet wird. (3 Nach dem GOtt einen unterſcheid unter den Menſchen gemacht durch geburt/ ſtand/ profeſſion, mit- tel und anders dergl. wir auch ſolchen unterſcheid nicht auffheben koͤnnen/ ſo mag auch der einer perſon nach der ordnung Gottes in dem weltlichen weſen zukom̃ende titul angefuͤhret werden/ ob wohl in in actione ſacra und in loco ſacro, da in ſolchem nichts falſches oder ſonſten der gemeinde aͤrgerliches enthalten. (4. So vielmehr/ weil ich davor halte/ daß ſolche epitheta allein ſtehen in der formul der intimation, zum exempel/ es werde eine vorbitte begehret vor einem vornehmen kauffmann/ vornehme matron &c. da der prediger nicht ſo wol ſeine wort braucht/ und in der alsdenn thuenden vorbitte gantz wol/ wo ſich ſonſten jemand daran ſtoſſen moͤchte/ bey der einfalt bleiben mag/ als nur referirt die wort deren/ wel- che ſich umb die vorbite anmelden. (5. Jnsgemeinhaben wir in allen den jenigen dingen/ welche noch nicht an ſich ſelbs boͤſe/ lieber uns der gewohnheit/ ob wir ſie wohl gern und lieber anders ſehen/ zu beqvemen als ohne noth uns zu widerſe- tzen/ und damit einiges vertrauen zuſchlagen ſo uns in den wichtigen dingen nutzen mag/ auch verdacht zu meiden/ der uns abermal in etwas groͤſſers hindern koͤnte. 5. Andere gottſeel. hertzen/ ob ſie wohl auch die ſache lieber in einer meh- rern einfalt ſehen/ als es iſt/ ſollen dannoch chriſtl. prediger/ ſonderlich/ da ſie von denſelben hoͤren/ mit was hertzen ſie es thun/ und nicht in dingen/ die ihrer macht

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/888>, abgerufen am 22.11.2024.