Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. IV. SECTIO XXX. die gnade auff muthwillen gezogen. Daher sich jeder wohl fleißig vor allem sol-chen betrug zu hüten/ und nicht unter dem schein des weges der seeligkeit auff den weg der verdammnis abzuweichen habe. 6. Endlich sind auch andre zu vermah- nen/ wo sie solche leute gewahr werden/ an denen sich dergleichen sorgliche gedan- cken durch einige wort zuweilen hervorthun/ oder sie sich sonst verrathen/ damit sie so viel fleißiger auff dieselbe acht geben/ und so viel an ihnen ist/ alles besorgliche unglück abwenden mögen. Uber diese erinnerung und fleißiges gebet um göttli- lichen beystand vor solche angefochtene und gegen den höllischen geist/ wuste ich nicht/ was Prediger weiter bey solchen fällen zuthun hätten. Der HErr gebe aber immer darzu den nöthigen geist der weißheit/ auch der gnaden und des gebets/ um mit dem gebet des satans gewalt an uns und andern siegreich zu brechen. 1686. SECTIO XXX. Vom dem verbot verdächtige bücher zu lesen. Die I. Frage. Ob ein Evangelisches Ministerium macht habe/ einem zu- hörer/ sub conditione anders nicht in der gemeinde geduldet zu wer- den/ eines verdächtigen oder auch irrigen lehrers/ nahmentlich Jacob Böhmens/ bücher/ zu lesen zu verbieten? ZUm fundament der beantwortung dieser frage sind zwey stücke zu setzen. Darauff folget 1. daß kein Prediger seinen zuhörern in dem geistlichen et- v. 20. o
ARTIC. IV. SECTIO XXX. die gnade auff muthwillen gezogen. Daher ſich jeder wohl fleißig vor allem ſol-chen betrug zu huͤten/ und nicht unter dem ſchein des weges der ſeeligkeit auff den weg der verdammnis abzuweichen habe. 6. Endlich ſind auch andre zu vermah- nen/ wo ſie ſolche leute gewahr werden/ an denen ſich dergleichen ſorgliche gedan- cken durch einige wort zuweilen hervorthun/ oder ſie ſich ſonſt verrathen/ damit ſie ſo viel fleißiger auff dieſelbe acht geben/ und ſo viel an ihnen iſt/ alles beſorgliche ungluͤck abwenden moͤgen. Uber dieſe erinnerung und fleißiges gebet um goͤttli- lichen beyſtand vor ſolche angefochtene und gegen den hoͤlliſchen geiſt/ wuſte ich nicht/ was Prediger weiter bey ſolchen faͤllen zuthun haͤtten. Der HErr gebe aber immer darzu den noͤthigen geiſt der weißheit/ auch der gnaden und des gebets/ um mit dem gebet des ſatans gewalt an uns und andern ſiegreich zu brechen. 1686. SECTIO XXX. Vom dem verbot verdaͤchtige buͤcher zu leſen. Die I. Frage. Ob ein Evangeliſches Miniſterium macht habe/ einem zu- hoͤrer/ ſub conditione anders nicht in der gemeinde geduldet zu wer- den/ eines verdaͤchtigen oder auch irrigen lehrers/ nahmentlich Jacob Boͤhmens/ buͤcher/ zu leſen zu verbieten? ZUm fundament der beantwortung dieſer frage ſind zwey ſtuͤcke zu ſetzen. Darauff folget 1. daß kein Prediger ſeinen zuhoͤrern in dem geiſtlichen et- v. 20. o
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ARTIC. IV. SECTIO XXX.
die gnade auff muthwillen gezogen. Daher ſich jeder wohl fleißig vor allem ſol-
chen betrug zu huͤten/ und nicht unter dem ſchein des weges der ſeeligkeit auff den
weg der verdammnis abzuweichen habe. 6. Endlich ſind auch andre zu vermah-
nen/ wo ſie ſolche leute gewahr werden/ an denen ſich dergleichen ſorgliche gedan-
cken durch einige wort zuweilen hervorthun/ oder ſie ſich ſonſt verrathen/ damit ſie
ſo viel fleißiger auff dieſelbe acht geben/ und ſo viel an ihnen iſt/ alles beſorgliche
ungluͤck abwenden moͤgen. Uber dieſe erinnerung und fleißiges gebet um goͤttli-
lichen beyſtand vor ſolche angefochtene und gegen den hoͤlliſchen geiſt/ wuſte ich
nicht/ was Prediger weiter bey ſolchen faͤllen zuthun haͤtten. Der HErr gebe
aber immer darzu den noͤthigen geiſt der weißheit/ auch der gnaden und des gebets/
um mit dem gebet des ſatans gewalt an uns und andern ſiegreich zu brechen. 1686.
SECTIO XXX.
Vom dem verbot verdaͤchtige buͤcher zu leſen.
Die I. Frage.
Ob ein Evangeliſches Miniſterium macht habe/ einem zu-
hoͤrer/ ſub conditione anders nicht in der gemeinde geduldet zu wer-
den/ eines verdaͤchtigen oder auch irrigen lehrers/ nahmentlich
Jacob Boͤhmens/ buͤcher/ zu leſen
zu verbieten?
ZUm fundament der beantwortung dieſer frage ſind zwey ſtuͤcke zu ſetzen.
1. Daß das recht aller chriſten ſeye/ alle lehre/ ieglicher nach ſeiner
maß/ zu pruͤfen/ wie die ausdruͤckliche regel lautet 1. Theſſal. 5/ 21.
Pruͤfet alles/ und das gute behaltet. Jtem/ pruͤfet die Geiſter 1. Joh. 4.
v. 1. Worauff auch unſer liebe Lutherus aller orten ſtarck getrieben hat/ ſo gar/
daß er auch T. 2. Altenb. f. 329. a. ſpricht/ der HERR habe das urtheil
den Lehrern genommen/ und den ſchuͤlern gegeben unter den Chri-
ſten. 2. Daß den Lehrern oder Predigern ihr amt vor derſelben beſtes zu
ſorgen anvertrauet/ aber keiner herrſchafft uͤber die gemeinde oder einiges glied
derſelben gegeben ſeye: nach Pauli des Apoſtels (welcher grad in der kirchen dar-
zu der hoͤchſte iſt/ und mehr macht als andere Prediger haben/ brauchen konte)
geſtaͤndnuͤß 2. Cor. 1/ 24. nicht daß wir Herren ſind uͤber euren glauben/
ſondern wir ſind gehuͤlffen eurer freude.
Darauff folget 1. daß kein Prediger ſeinen zuhoͤrern in dem geiſtlichen et-
was weiteres befehlen oder verbieten doͤrffe/ als was Chriſtus ſelbs geboten oder
verboten hat. Lehret ſie halten/ was ich euch befohlen habe. Matth. 28.
v. 20.
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