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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
nicht bekant werde/ und anstoß gebe. Vielmehr will 3. zu seinem trost ihn da-
hin anweisen/ daß ihm GOtt seinen fehler der ein solcher allerdings ist/ (in dem
wir alle heilige handlungen mit solcher attention verrichten solten/ daß wir al-
lezeit wissen/ was wir thun und was geredet/ da es zu dergleichen zweiffel nicht
kommen würde) auff sein inbrünstiges gebet/ so er ohne zweiffel offt gethan haben
wird/ gnädig vergeben werde/ indem nichts vorsetzlich sondern aus schwachheit/
und hindernüs von dem schall der predigt (welcher übelstand/ zwischen der predigt/
noch andre actus zu verrichten/ deswegen auch abzustellen) gefehlet worden/ seine
intention aber auch in dem actu selbs richtig gewesen. Daher 4. obs auch ge-
schehen wäre/ daß der mann den nahmen der andern person nicht deutlich aus-
gesprochen hätte/ wäre deswegen die tauff nicht unrichtig. Jch erkenne gern/
daß die tauff nothwendig in dem nahmen des Vaters/ des Sohns und des H.
Geistes geschehen müsse/ und also der Sohn/ auff dessen todt wir sonderlich
getaufft werden sollen/ nicht ausgelassen werden dürffte: Wann einer also wis-
sentlich und mit fleiß mit außlassung des Sohnes tauffen würde/ ist kein zwei-
fel/ daß solche tauff ungültig wäre. Hier aber ist dieser fall. 1. Das kind ist
getaufft in einer gemeinde/ die ihre kinder auch auff den nahmen Christi ge-
taufft haben will. 2. Die eltern und pathen haben auch solche tauff verlangt/
und diese als eine solche angenommen. 3. Interpretative hat das kind eine
solche tauff auch begehret/ gläubet auch also getaufft zu seyn. 4. der täuffer selbs
hat also tauffen wollen/ und ist ihm vor/ in und nach der tauff also zu tauf-
fen im sinn gewesen/ hingegen hat er sich nie nur ein bild in die gedancken ge-
faßt einer tauff nur auf Vater und den H. Geist: Er wird auch bey dem a-
ctu
Christi/ des Sohnes/ in den gebeten meldung gethan haben. Wie denn
5. wann die zunge ein ander wort ex lapsu aussprechen würde/ als sie formi-
ren wollen/ der es höret/ wo er weißt daß jener anders sprechen wollen/
sich nicht an jenes sondern dieses kehret/ so hats gleiche bewandnus/ wo die
zunge etwas aus übereylung auslässet/ daß in dem gemüth gewesen; und wird
der es höret/ und solchen verstoß auß vor- und nachgehenden abnimmt/ es doch
nicht anders nehmen/ als wäre es auch ausgesprochen worden. 6. Da also
logos endiathetos und das innere wort/ oder der begriff in dem gemüth/ bey
dem Prediger und allen interessenten gewesen von dem nahmen des Sohnes/
so mag der mangel des logou prophorikou oder ausgesprochenen worts und
schalls/ der aus versehen ausgeblieben wäre/ jenes gültigkeit zum Sacrament
nicht aufheben. 7. Jndem ohne das die krafft nicht in den sylben oder schall
der wort/ der in allen sprachen unterschieden ist/ steckt/ sondern in dero verstand
und meinung/ so zwahr um andern kund zu werden ordenlich ausgesprochen
werden solle. Daher der göttlichen güte allerdings gemäß ist/ dem kind den

verstoß

Das andere Capitel.
nicht bekant werde/ und anſtoß gebe. Vielmehr will 3. zu ſeinem troſt ihn da-
hin anweiſen/ daß ihm GOtt ſeinen fehler der ein ſolcher allerdings iſt/ (in dem
wir alle heilige handlungen mit ſolcher attention verrichten ſolten/ daß wir al-
lezeit wiſſen/ was wir thun und was geredet/ da es zu dergleichen zweiffel nicht
kommen wuͤrde) auff ſein inbruͤnſtiges gebet/ ſo er ohne zweiffel offt gethan haben
wird/ gnaͤdig vergeben werde/ indem nichts vorſetzlich ſondern aus ſchwachheit/
und hindernuͤs von dem ſchall der predigt (welcher uͤbelſtand/ zwiſchen der predigt/
noch andre actus zu verrichten/ deswegen auch abzuſtellen) gefehlet worden/ ſeine
intention aber auch in dem actu ſelbs richtig geweſen. Daher 4. obs auch ge-
ſchehen waͤre/ daß der mann den nahmen der andern perſon nicht deutlich aus-
geſprochen haͤtte/ waͤre deswegen die tauff nicht unrichtig. Jch erkenne gern/
daß die tauff nothwendig in dem nahmen des Vaters/ des Sohns und des H.
Geiſtes geſchehen muͤſſe/ und alſo der Sohn/ auff deſſen todt wir ſonderlich
getaufft werden ſollen/ nicht ausgelaſſen werden duͤrffte: Wann einer alſo wiſ-
ſentlich und mit fleiß mit außlaſſung des Sohnes tauffen wuͤrde/ iſt kein zwei-
fel/ daß ſolche tauff unguͤltig waͤre. Hier aber iſt dieſer fall. 1. Das kind iſt
getaufft in einer gemeinde/ die ihre kinder auch auff den nahmen Chriſti ge-
taufft haben will. 2. Die eltern und pathen haben auch ſolche tauff verlangt/
und dieſe als eine ſolche angenommen. 3. Interpretativè hat das kind eine
ſolche tauff auch begehret/ glaͤubet auch alſo getaufft zu ſeyn. 4. der taͤuffer ſelbs
hat alſo tauffen wollen/ und iſt ihm vor/ in und nach der tauff alſo zu tauf-
fen im ſinn geweſen/ hingegen hat er ſich nie nur ein bild in die gedancken ge-
faßt einer tauff nur auf Vater und den H. Geiſt: Er wird auch bey dem a-
ctu
Chriſti/ des Sohnes/ in den gebeten meldung gethan haben. Wie denn
5. wann die zunge ein ander wort ex lapſu ausſprechen wuͤrde/ als ſie formi-
ren wollen/ der es hoͤret/ wo er weißt daß jener anders ſprechen wollen/
ſich nicht an jenes ſondern dieſes kehret/ ſo hats gleiche bewandnus/ wo die
zunge etwas aus uͤbereylung auslaͤſſet/ daß in dem gemuͤth geweſen; und wird
der es hoͤret/ und ſolchen verſtoß auß vor- und nachgehenden abnimmt/ es doch
nicht anders nehmen/ als waͤre es auch ausgeſprochen worden. 6. Da alſo
λόγος ἐνδίάϑετος und das innere wort/ oder der begriff in dem gemuͤth/ bey
dem Prediger und allen intereſſenten geweſen von dem nahmen des Sohnes/
ſo mag der mangel des λόγου προφορικοῦ oder ausgeſprochenen worts und
ſchalls/ der aus verſehen ausgeblieben waͤre/ jenes guͤltigkeit zum Sacrament
nicht aufheben. 7. Jndem ohne das die krafft nicht in den ſylben oder ſchall
der wort/ der in allen ſprachen unterſchieden iſt/ ſteckt/ ſondern in dero verſtand
und meinung/ ſo zwahr um andern kund zu werden ordenlich ausgeſprochen
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[154/0954] Das andere Capitel. nicht bekant werde/ und anſtoß gebe. Vielmehr will 3. zu ſeinem troſt ihn da- hin anweiſen/ daß ihm GOtt ſeinen fehler der ein ſolcher allerdings iſt/ (in dem wir alle heilige handlungen mit ſolcher attention verrichten ſolten/ daß wir al- lezeit wiſſen/ was wir thun und was geredet/ da es zu dergleichen zweiffel nicht kommen wuͤrde) auff ſein inbruͤnſtiges gebet/ ſo er ohne zweiffel offt gethan haben wird/ gnaͤdig vergeben werde/ indem nichts vorſetzlich ſondern aus ſchwachheit/ und hindernuͤs von dem ſchall der predigt (welcher uͤbelſtand/ zwiſchen der predigt/ noch andre actus zu verrichten/ deswegen auch abzuſtellen) gefehlet worden/ ſeine intention aber auch in dem actu ſelbs richtig geweſen. Daher 4. obs auch ge- ſchehen waͤre/ daß der mann den nahmen der andern perſon nicht deutlich aus- geſprochen haͤtte/ waͤre deswegen die tauff nicht unrichtig. Jch erkenne gern/ daß die tauff nothwendig in dem nahmen des Vaters/ des Sohns und des H. Geiſtes geſchehen muͤſſe/ und alſo der Sohn/ auff deſſen todt wir ſonderlich getaufft werden ſollen/ nicht ausgelaſſen werden duͤrffte: Wann einer alſo wiſ- ſentlich und mit fleiß mit außlaſſung des Sohnes tauffen wuͤrde/ iſt kein zwei- fel/ daß ſolche tauff unguͤltig waͤre. Hier aber iſt dieſer fall. 1. Das kind iſt getaufft in einer gemeinde/ die ihre kinder auch auff den nahmen Chriſti ge- taufft haben will. 2. Die eltern und pathen haben auch ſolche tauff verlangt/ und dieſe als eine ſolche angenommen. 3. Interpretativè hat das kind eine ſolche tauff auch begehret/ glaͤubet auch alſo getaufft zu ſeyn. 4. der taͤuffer ſelbs hat alſo tauffen wollen/ und iſt ihm vor/ in und nach der tauff alſo zu tauf- fen im ſinn geweſen/ hingegen hat er ſich nie nur ein bild in die gedancken ge- faßt einer tauff nur auf Vater und den H. Geiſt: Er wird auch bey dem a- ctu Chriſti/ des Sohnes/ in den gebeten meldung gethan haben. Wie denn 5. wann die zunge ein ander wort ex lapſu ausſprechen wuͤrde/ als ſie formi- ren wollen/ der es hoͤret/ wo er weißt daß jener anders ſprechen wollen/ ſich nicht an jenes ſondern dieſes kehret/ ſo hats gleiche bewandnus/ wo die zunge etwas aus uͤbereylung auslaͤſſet/ daß in dem gemuͤth geweſen; und wird der es hoͤret/ und ſolchen verſtoß auß vor- und nachgehenden abnimmt/ es doch nicht anders nehmen/ als waͤre es auch ausgeſprochen worden. 6. Da alſo λόγος ἐνδίάϑετος und das innere wort/ oder der begriff in dem gemuͤth/ bey dem Prediger und allen intereſſenten geweſen von dem nahmen des Sohnes/ ſo mag der mangel des λόγου προφορικοῦ oder ausgeſprochenen worts und ſchalls/ der aus verſehen ausgeblieben waͤre/ jenes guͤltigkeit zum Sacrament nicht aufheben. 7. Jndem ohne das die krafft nicht in den ſylben oder ſchall der wort/ der in allen ſprachen unterſchieden iſt/ ſteckt/ ſondern in dero verſtand und meinung/ ſo zwahr um andern kund zu werden ordenlich ausgeſprochen werden ſolle. Daher der goͤttlichen guͤte allerdings gemaͤß iſt/ dem kind den verſtoß

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/954>, abgerufen am 22.11.2024.