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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
jene sich der Christlichen ordnung zubequehmen ein ernstliches edict erfolgen/ und
ihnen alle ausflüchte/ die communion deswegen anderwertlich zu suchen/ benom-
men werden würden. Also haben wir über dieser guten ordnung billig nach ver-
mögen zu halten/ und darüber ungunst und verdrießligkeit nicht zu scheuen. Ein
anders wäre es/ wo von denen/ bey welchen die eusserliche regirung der kirchen
und anordnung stehet/ dergleichen privat communionen einigen personen aus
ursachen/ die auff derselben verantwortung ankommen/ gestattet würden: Da
dann/ weil sie nicht in ihrer natur und an sich selbs sündlich/ massen sie sonsten
auch in dem nothfall nicht erlaubet wären/ sondern deren vitium in der unord-
nung und sorge des ärgernüsses bestehet/ eine solche der obern dispensation den
jenigen/ der als dann folget/ darinnen nicht zu sündigen frey machete/ hingegen
die verantwortung auff jene käme: welches hingegen in dingen/ die in ihrer na-
tur selbs böse sind/ nicht angehet/ noch dieselbe iemahl aus gehorsam gegen an-
dere gethan werden dörffen: sondern man/ ehe man sich darinnen accommo-
dir
et/ lieber alles darauff wagen und dran setzen muß. Diese sind meine Christ-
liche gedancken über diese materie/ die dessen gottseeligen ferneren erwegung
überlasse. Der HErr zeige uns selbs in allem was daß beste ist/ und steure
allen ärgernüssen. Amen. 1698.

SECTIO XII.
Von änderung der darreichungs formuln bey
der communion nach unterscheid der
personen.

DJe frage anlangend/ ob man bey darreichung des heiligen abendmahls
die formul ändern solle/ bey vornehmen: Sie nehmen hin und essen/
er nehme hin und esse.
bey gemeinen: nehmet hin und esset: bey
kindern: nimm hin und iß etc. erklähre mich kürtzlich: ob zwahr diese ände-
rung in der sache selbs nichts ändert/ daß sie gleichwol mißständig und anstößig
seye/ und einen allzu grossen schein des ansehens der person in einer geistlichen
sache gebe. Die stände bleiben zwar unterschieden/ also auch was daran hän-
get/ (dahin auch die redens arten nach jeglicher zeit und ort gebrauch gehören)
taber solches gehöret alles in das weltliche reich/ dessen glieder zwar wir Predi-
ger auch/ und also in allen actibus daran verbunden sind/ die aus jenes verwal-
ung entstehen/ wann wir aber in dem geistlichen reich JEsu Christi (darinnen
kein knecht und freyer ist Gal. 3) handeln/ höret solcher unterschied auff/ hin-
gegen wo etwas darvon in dasselbige eingeführt wird/ giebts insgemein anstoß:
auch sollen vornehme personen in dergleichen dingen/ nichts besonders verlan-

gen/

Das andere Capitel.
jene ſich der Chriſtlichen ordnung zubequehmen ein ernſtliches edict erfolgen/ und
ihnen alle ausfluͤchte/ die communion deswegen anderwertlich zu ſuchen/ benom-
men werden wuͤrden. Alſo haben wir uͤber dieſer guten ordnung billig nach ver-
moͤgen zu halten/ und daruͤber ungunſt und verdrießligkeit nicht zu ſcheuen. Ein
anders waͤre es/ wo von denen/ bey welchen die euſſerliche regirung der kirchen
und anordnung ſtehet/ dergleichen privat communionen einigen perſonen aus
urſachen/ die auff derſelben verantwortung ankommen/ geſtattet wuͤrden: Da
dann/ weil ſie nicht in ihrer natur und an ſich ſelbs ſuͤndlich/ maſſen ſie ſonſten
auch in dem nothfall nicht erlaubet waͤren/ ſondern deren vitium in der unord-
nung und ſorge des aͤrgernuͤſſes beſtehet/ eine ſolche der obern diſpenſation den
jenigen/ der als dann folget/ darinnen nicht zu ſuͤndigen frey machete/ hingegen
die verantwortung auff jene kaͤme: welches hingegen in dingen/ die in ihrer na-
tur ſelbs boͤſe ſind/ nicht angehet/ noch dieſelbe iemahl aus gehorſam gegen an-
dere gethan werden doͤrffen: ſondern man/ ehe man ſich darinnen accommo-
dir
et/ lieber alles darauff wagen und dran ſetzen muß. Dieſe ſind meine Chriſt-
liche gedancken uͤber dieſe materie/ die deſſen gottſeeligen ferneren erwegung
uͤberlaſſe. Der HErr zeige uns ſelbs in allem was daß beſte iſt/ und ſteure
allen aͤrgernuͤſſen. Amen. 1698.

SECTIO XII.
Von aͤnderung der darreichungs formuln bey
der communion nach unterſcheid der
perſonen.

DJe frage anlangend/ ob man bey darreichung des heiligen abendmahls
die formul aͤndern ſolle/ bey vornehmen: Sie nehmen hin und eſſen/
er nehme hin und eſſe.
bey gemeinen: nehmet hin und eſſet: bey
kindern: nimm hin und iß ꝛc. erklaͤhre mich kuͤrtzlich: ob zwahr dieſe aͤnde-
rung in der ſache ſelbs nichts aͤndert/ daß ſie gleichwol mißſtaͤndig und anſtoͤßig
ſeye/ und einen allzu groſſen ſchein des anſehens der perſon in einer geiſtlichen
ſache gebe. Die ſtaͤnde bleiben zwar unterſchieden/ alſo auch was daran haͤn-
get/ (dahin auch die redens arten nach jeglicher zeit und ort gebrauch gehoͤren)
taber ſolches gehoͤret alles in das weltliche reich/ deſſen glieder zwar wir Predi-
ger auch/ und alſo in allen actibus daran verbunden ſind/ die aus jenes verwal-
ung entſtehen/ wann wir aber in dem geiſtlichen reich JEſu Chriſti (darinnen
kein knecht und freyer iſt Gal. 3) handeln/ hoͤret ſolcher unterſchied auff/ hin-
gegen wo etwas darvon in daſſelbige eingefuͤhrt wird/ giebts insgemein anſtoß:
auch ſollen vornehme perſonen in dergleichen dingen/ nichts beſonders verlan-

gen/
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[186/0986] Das andere Capitel. jene ſich der Chriſtlichen ordnung zubequehmen ein ernſtliches edict erfolgen/ und ihnen alle ausfluͤchte/ die communion deswegen anderwertlich zu ſuchen/ benom- men werden wuͤrden. Alſo haben wir uͤber dieſer guten ordnung billig nach ver- moͤgen zu halten/ und daruͤber ungunſt und verdrießligkeit nicht zu ſcheuen. Ein anders waͤre es/ wo von denen/ bey welchen die euſſerliche regirung der kirchen und anordnung ſtehet/ dergleichen privat communionen einigen perſonen aus urſachen/ die auff derſelben verantwortung ankommen/ geſtattet wuͤrden: Da dann/ weil ſie nicht in ihrer natur und an ſich ſelbs ſuͤndlich/ maſſen ſie ſonſten auch in dem nothfall nicht erlaubet waͤren/ ſondern deren vitium in der unord- nung und ſorge des aͤrgernuͤſſes beſtehet/ eine ſolche der obern diſpenſation den jenigen/ der als dann folget/ darinnen nicht zu ſuͤndigen frey machete/ hingegen die verantwortung auff jene kaͤme: welches hingegen in dingen/ die in ihrer na- tur ſelbs boͤſe ſind/ nicht angehet/ noch dieſelbe iemahl aus gehorſam gegen an- dere gethan werden doͤrffen: ſondern man/ ehe man ſich darinnen accommo- diret/ lieber alles darauff wagen und dran ſetzen muß. Dieſe ſind meine Chriſt- liche gedancken uͤber dieſe materie/ die deſſen gottſeeligen ferneren erwegung uͤberlaſſe. Der HErr zeige uns ſelbs in allem was daß beſte iſt/ und ſteure allen aͤrgernuͤſſen. Amen. 1698. SECTIO XII. Von aͤnderung der darreichungs formuln bey der communion nach unterſcheid der perſonen. DJe frage anlangend/ ob man bey darreichung des heiligen abendmahls die formul aͤndern ſolle/ bey vornehmen: Sie nehmen hin und eſſen/ er nehme hin und eſſe. bey gemeinen: nehmet hin und eſſet: bey kindern: nimm hin und iß ꝛc. erklaͤhre mich kuͤrtzlich: ob zwahr dieſe aͤnde- rung in der ſache ſelbs nichts aͤndert/ daß ſie gleichwol mißſtaͤndig und anſtoͤßig ſeye/ und einen allzu groſſen ſchein des anſehens der perſon in einer geiſtlichen ſache gebe. Die ſtaͤnde bleiben zwar unterſchieden/ alſo auch was daran haͤn- get/ (dahin auch die redens arten nach jeglicher zeit und ort gebrauch gehoͤren) taber ſolches gehoͤret alles in das weltliche reich/ deſſen glieder zwar wir Predi- ger auch/ und alſo in allen actibus daran verbunden ſind/ die aus jenes verwal- ung entſtehen/ wann wir aber in dem geiſtlichen reich JEſu Chriſti (darinnen kein knecht und freyer iſt Gal. 3) handeln/ hoͤret ſolcher unterſchied auff/ hin- gegen wo etwas darvon in daſſelbige eingefuͤhrt wird/ giebts insgemein anſtoß: auch ſollen vornehme perſonen in dergleichen dingen/ nichts beſonders verlan- gen/

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/986>, abgerufen am 22.11.2024.