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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
einzusehen/ als uns auffs wenigste zu unserer buß-bereitung und glaubens-
auffmunterung nöthig ist. Jm übrigen hat mich von grund der seelen er-
freuet/ daß berichtet worden/ wie GOTT ihres orts gnade gegeben habe
zu einem Collegio und christlichen unterredung/ zu beförderung mehrer er-
bauung. Der himmlische Vater seye demüthigst gepriesen/ der meinem
werthesten bruder dieses in das hertz gegeben/ und auch der übrigen/ dero au-
tori
tät zu glücklichem fortgang/ und ihr beytrag zu vermehrung der frucht
nöthig ist/ dazu gelencket hat/ eine solche gottselige übung anzustellen/ welche
in der furcht des HErrn und mit christlicher klugheit geführet/ nicht ohne
nutzen bleiben kan. Er wolle nun ferner mit seiner gnade und segen also bey-
stehen/ daß dieses eine saat seye einer reichern ernde/ und weisen/ wie er/ ob
zwahr in diesen zeiten des gerichts/ dennoch nicht unterlasse/ seiner diener
treue zu vieler frucht zu segnen. Jch erfreue mich insgesamt hertzlich/ daß
hier und dar GOTT unterschiedliche seelen der Lehrer erwecket/ welche/ was
sie mit dem gewöhnlichen öffentlichen predigen nicht gnugsam ausrichten
können/ suchen auff andere mügliche und christliche art zu ersetzen. Der
christliche Herr Winckler in Hamburg/ hat bisher/ wie vorhin zu Wertheim/
also auch seither an jetzigem ort/ nicht wenig gutes durch sein Collegium aus-
gerichtet. Was Herr Scriverii in dergleichen vorgenommene arbeit gu-
tes schaffe/ höre ich auch rühmen. So hat Herr L. Majus, Prof. Theol. zu
Giessen/ auch neulich ein Collegium über die Epistel an die Römer in teut-
scher sprach/ damit neben den Studiosis, auch bürger dessen geniessen möchten/
intimiret/ wiewol so bald einer seiner Collegen sich darüber bey hoff be-
schwehret. Wie dann zu bedauren ist/ daß so bald etwas gutes mit ernst
vorgenommen wird/ gemeiniglich diejenige dessen zunahme sich widersetzen/
welche am sorgfältigsten selbs alles gute anstellen/ und bey andern befordern
sollen/ wodurch gewiß nicht wenig unheyl geschiehet. Wie denn auch in
N. N. weil ein christlicher Prediger mehr fleiß zu erbauung seiner gemeinde
mit Catechisiren und sonsten angewendet/ GOtt aber denselben also gesegnet
hat/ daß die früchten bey den zuhörern/ vielen andern in die augen geschienen;
hingegen besorglich anderer unfleiß beschämet haben/ derselbe mit den be-
nachbarten in schwehren streit gezogen/ und gar mit verdacht irriger lehr be-
leget worden ist/ weil er die lehr von der möglichkeit göttliche gebot/ ob wol
nicht nach des gesetzes strenge und vollkommenlich/ (wie er selbs bekennet)
jedoch mit redlichem kindlichen hertzen unvollkommen/ aber daß nach der
gnade des Evangelii der himmlische Vater sich denselben gehorsam gefallen
lässet/ zu halten/ also treibet/ wie es der schrifft/ symbolischen büchern und an-
drer christlicher Theologen schrifften/ allerdings gemäß ist. Jndessen stürmet
alles auff ihn zu/ und da der gegentheil/ einer Universität Censur wider ihn/

der

Das dritte Capitel.
einzuſehen/ als uns auffs wenigſte zu unſerer buß-bereitung und glaubens-
auffmunterung noͤthig iſt. Jm uͤbrigen hat mich von grund der ſeelen er-
freuet/ daß berichtet worden/ wie GOTT ihres orts gnade gegeben habe
zu einem Collegio und chriſtlichen unterredung/ zu befoͤrderung mehrer er-
bauung. Der himmliſche Vater ſeye demuͤthigſt geprieſen/ der meinem
wertheſten bruder dieſes in das hertz gegeben/ und auch der uͤbrigen/ dero au-
tori
taͤt zu gluͤcklichem fortgang/ und ihr beytrag zu vermehrung der frucht
noͤthig iſt/ dazu gelencket hat/ eine ſolche gottſelige uͤbung anzuſtellen/ welche
in der furcht des HErrn und mit chriſtlicher klugheit gefuͤhret/ nicht ohne
nutzen bleiben kan. Er wolle nun ferner mit ſeiner gnade und ſegen alſo bey-
ſtehen/ daß dieſes eine ſaat ſeye einer reichern ernde/ und weiſen/ wie er/ ob
zwahr in dieſen zeiten des gerichts/ dennoch nicht unterlaſſe/ ſeiner diener
treue zu vieler frucht zu ſegnen. Jch erfreue mich insgeſamt hertzlich/ daß
hier und dar GOTT unterſchiedliche ſeelen der Lehrer erwecket/ welche/ was
ſie mit dem gewoͤhnlichen oͤffentlichen predigen nicht gnugſam ausrichten
koͤnnen/ ſuchen auff andere muͤgliche und chriſtliche art zu erſetzen. Der
chriſtliche Herr Winckler in Hamburg/ hat bisher/ wie vorhin zu Wertheim/
alſo auch ſeither an jetzigem ort/ nicht wenig gutes durch ſein Collegium aus-
gerichtet. Was Herr Scriverii in dergleichen vorgenommene arbeit gu-
tes ſchaffe/ hoͤre ich auch ruͤhmen. So hat Herr L. Majus, Prof. Theol. zu
Gieſſen/ auch neulich ein Collegium uͤber die Epiſtel an die Roͤmer in teut-
ſcher ſprach/ damit neben den Studioſis, auch buͤrger deſſen genieſſen moͤchten/
intimiret/ wiewol ſo bald einer ſeiner Collegen ſich daruͤber bey hoff be-
ſchwehret. Wie dann zu bedauren iſt/ daß ſo bald etwas gutes mit ernſt
vorgenommen wird/ gemeiniglich diejenige deſſen zunahme ſich widerſetzen/
welche am ſorgfaͤltigſten ſelbs alles gute anſtellen/ und bey andern befordern
ſollen/ wodurch gewiß nicht wenig unheyl geſchiehet. Wie denn auch in
N. N. weil ein chriſtlicher Prediger mehr fleiß zu erbauung ſeiner gemeinde
mit Catechiſiren und ſonſten angewendet/ GOtt aber denſelben alſo geſegnet
hat/ daß die fruͤchten bey den zuhoͤrern/ vielen andern in die augen geſchienen;
hingegen beſorglich anderer unfleiß beſchaͤmet haben/ derſelbe mit den be-
nachbarten in ſchwehren ſtreit gezogen/ und gar mit verdacht irriger lehr be-
leget worden iſt/ weil er die lehr von der moͤglichkeit goͤttliche gebot/ ob wol
nicht nach des geſetzes ſtrenge und vollkommenlich/ (wie er ſelbs bekennet)
jedoch mit redlichem kindlichen hertzen unvollkommen/ aber daß nach der
gnade des Evangelii der himmliſche Vater ſich denſelben gehorſam gefallen
laͤſſet/ zu halten/ alſo treibet/ wie es der ſchrifft/ ſymboliſchen buͤchern und an-
drer chriſtlicher Theologen ſchrifften/ allerdings gemaͤß iſt. Jndeſſen ſtuͤrmet
alles auff ihn zu/ und da der gegentheil/ einer Univerſitaͤt Cenſur wider ihn/

der
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[94/0102] Das dritte Capitel. einzuſehen/ als uns auffs wenigſte zu unſerer buß-bereitung und glaubens- auffmunterung noͤthig iſt. Jm uͤbrigen hat mich von grund der ſeelen er- freuet/ daß berichtet worden/ wie GOTT ihres orts gnade gegeben habe zu einem Collegio und chriſtlichen unterredung/ zu befoͤrderung mehrer er- bauung. Der himmliſche Vater ſeye demuͤthigſt geprieſen/ der meinem wertheſten bruder dieſes in das hertz gegeben/ und auch der uͤbrigen/ dero au- toritaͤt zu gluͤcklichem fortgang/ und ihr beytrag zu vermehrung der frucht noͤthig iſt/ dazu gelencket hat/ eine ſolche gottſelige uͤbung anzuſtellen/ welche in der furcht des HErrn und mit chriſtlicher klugheit gefuͤhret/ nicht ohne nutzen bleiben kan. Er wolle nun ferner mit ſeiner gnade und ſegen alſo bey- ſtehen/ daß dieſes eine ſaat ſeye einer reichern ernde/ und weiſen/ wie er/ ob zwahr in dieſen zeiten des gerichts/ dennoch nicht unterlaſſe/ ſeiner diener treue zu vieler frucht zu ſegnen. Jch erfreue mich insgeſamt hertzlich/ daß hier und dar GOTT unterſchiedliche ſeelen der Lehrer erwecket/ welche/ was ſie mit dem gewoͤhnlichen oͤffentlichen predigen nicht gnugſam ausrichten koͤnnen/ ſuchen auff andere muͤgliche und chriſtliche art zu erſetzen. Der chriſtliche Herr Winckler in Hamburg/ hat bisher/ wie vorhin zu Wertheim/ alſo auch ſeither an jetzigem ort/ nicht wenig gutes durch ſein Collegium aus- gerichtet. Was Herr Scriverii in dergleichen vorgenommene arbeit gu- tes ſchaffe/ hoͤre ich auch ruͤhmen. So hat Herr L. Majus, Prof. Theol. zu Gieſſen/ auch neulich ein Collegium uͤber die Epiſtel an die Roͤmer in teut- ſcher ſprach/ damit neben den Studioſis, auch buͤrger deſſen genieſſen moͤchten/ intimiret/ wiewol ſo bald einer ſeiner Collegen ſich daruͤber bey hoff be- ſchwehret. Wie dann zu bedauren iſt/ daß ſo bald etwas gutes mit ernſt vorgenommen wird/ gemeiniglich diejenige deſſen zunahme ſich widerſetzen/ welche am ſorgfaͤltigſten ſelbs alles gute anſtellen/ und bey andern befordern ſollen/ wodurch gewiß nicht wenig unheyl geſchiehet. Wie denn auch in N. N. weil ein chriſtlicher Prediger mehr fleiß zu erbauung ſeiner gemeinde mit Catechiſiren und ſonſten angewendet/ GOtt aber denſelben alſo geſegnet hat/ daß die fruͤchten bey den zuhoͤrern/ vielen andern in die augen geſchienen; hingegen beſorglich anderer unfleiß beſchaͤmet haben/ derſelbe mit den be- nachbarten in ſchwehren ſtreit gezogen/ und gar mit verdacht irriger lehr be- leget worden iſt/ weil er die lehr von der moͤglichkeit goͤttliche gebot/ ob wol nicht nach des geſetzes ſtrenge und vollkommenlich/ (wie er ſelbs bekennet) jedoch mit redlichem kindlichen hertzen unvollkommen/ aber daß nach der gnade des Evangelii der himmliſche Vater ſich denſelben gehorſam gefallen laͤſſet/ zu halten/ alſo treibet/ wie es der ſchrifft/ ſymboliſchen buͤchern und an- drer chriſtlicher Theologen ſchrifften/ allerdings gemaͤß iſt. Jndeſſen ſtuͤrmet alles auff ihn zu/ und da der gegentheil/ einer Univerſitaͤt Cenſur wider ihn/ der

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/102>, abgerufen am 22.11.2024.