Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. SECTIO XXV. Vom offtmaligem gebrauch des H. Abendmahls. DJe angedeutete art/ sich von denen an sich befindenden fehlern und fäl- thum
Das dritte Capitel. SECTIO XXV. Vom offtmaligem gebrauch des H. Abendmahls. DJe angedeutete art/ ſich von denen an ſich befindenden fehlern und faͤl- thum
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Das dritte Capitel.
SECTIO XXV.
Vom offtmaligem gebrauch des H. Abendmahls.
DJe angedeutete art/ ſich von denen an ſich befindenden fehlern und faͤl-
len wieder auffzurichten/ iſt gantz gut und chriſtlich: ſo iſt auch das H.
Abendmahl eigentlich zu dieſem zweck eingeſetzet/ daß wir damit un-
ſern glauben ſtaͤrcken/ und alſo die vergebung der ſuͤnden damit verſieglen.
Was nun die abſonderliche frage betrifft/ iſt meine einfaͤltige meinung dieſe.
1. Daß man ſich nicht ſo præciſe an eine gewiſſe zahl der empfangung des Heil.
Abendmahls halten ſolte/ ſondern lieber in ſolcher ſache auff ſeiner ſeelen er-
bauung und troſt/ als auff die beſorgende nachrede und verdaͤchte ſehen.
Dann obwol die liebe billich des nechſten ſchonet/ und daher alles dasjenige
meidet/ woruͤber der nechſte ſcheinbahrlich ſich aͤrgern moͤchte/ ſo muß ſolches
gleich wol ſo weit nicht gehen/ daß wir uns einer von GOtt ſelbs gegoͤnnterſo
heylſamen ſpeiſe und artzney allzuviel enthalten wolten. Damit aber gleich-
wol ſo viel muͤglich (dann dazu ſind wir ſchuldig und verbunden) aller un-
gleichen meinung vorgekommen wuͤrde/ ſo wolte ich 2. alſo rathen. Erſtlich
daß mit dem Herrn Beicht-vater zuerſt gruͤndlich die ſache in der furcht des
HErrn uͤberleget/ ihm das anligen zu verſtehen gegeben/ und ſein rath an-
gehoͤret wuͤrde. Solte er nun einen beſſern und ſolchen rath/ der das gewiſ-
ſen beſſer beruhigte/ als der meinige/ an die hand geben/ moͤchte ſolches wohl
geſchehen laſſen. Sonſten ging ich dahin/ daß allgemach die H. communion
oͤffentlich mehr frequentiret wuͤrde/ nicht auff einmal gleich gar offt nachein-
ander/ ſondern doch etliche mal mehr als bey andern bißher uͤblich geweſen/
biß es mit der zeit dahin kaͤme/ daß man/ nachdem die leute es gewohnet/ ſo
offt dazu gehen moͤchte/ als unſerer ſeelen zuſtand ſolches erfordern mag. Jn-
deſſen moͤchte/ wo ſolcher chriſtlicher hunger wieder vorhanden iſt/ zuweilen
zwahr mit der geiſtlichen nieſſung denſelben zu ſtillen verſuchet werden/ zu-
weilen aber/ ſonderlich wo man findet/ daß das gemuͤth ſich mit jener nicht
beruhigen will/ die privat-communion eben ſo wol gebraucht werden. Die
gruͤnde meines raths ſind dieſe. 1. Unſer liebſte Heyland hat uns keine ge-
wiſſe zahl vorgeſchriebẽ/ ſondern es dabey bleiben laſſen/ daß es heiſſet/ ſo offt
ihr eſſet/ daher mir niemand meine freyheit ſolle nehmen/ die mir mein Hey-
land gegeben/ noch mir den genuß der ſeelen-guͤter enger einſpannen/ die der-
ſelbe mir ſo mild und reichlich darbietet. So vielmehr da wir ſolches von dem
HErrn zu dieſem zweck eingeſetzte mittel in eigener erfahrung zu ſtaͤrckung
unſers glaubens ſo kraͤfftig empfunden haben. Wie wir nun befugt/ ja auff
gewiſſe weiſe befehlicht ſind/ unſers geiſtlichen oder innern menſchens wachs-
thum
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