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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
Franckfurt/ da auch eine frembde jungfrau mehrmal und wo es müglich
wäre/ alle monat zu communiciren verlangte/ daß ich es deroselben um der
ursach willen/ weil sonsten auff sie die nachrede einer sonderlichkeit bereits
gefallen war/ mißrathen/ ohne daß sich nachmal das mittel fand/ daß weil ich
ihr beicht-vater/ in zwo kirchen bey beicht und dem heiligen Abendmahl zu
seyn pflegte/ sie in beyden kirchen communicirte/ da solches offtmalige weni-
ger von der gemeinde beobachtet worden/ und zu urtheilen ursach geben kon-
te. Hingegen sehe ich kein mittel nicht/ wie dergleichen bey deroselben sich
auffs wenigste zu dieser zeit practiciren liesse/ massen was man vornehmen
wolte/ noch mehr difficultäten geben würde. 16. Daher nochmal dabey
bleibe/ daß dieselbe am rathsamsten vor ihre und anderer seelen thun würde/
wo sie/ es wäre denn sache/ daß dero werthester ehe-herr sich gleichfals resol-
vi
rte/ etwa ein oder zweymal weiter des jahres sich einzustellen/ es bey bis-
heriger von sämmtlichen gebrauchter ordnung liessen/ und sich dieselbe com-
muni
on allezeit so viel hertzlicher zu nutze machten: hingegen wo sie ausser
dem sich zu einem innigen verlangen solcher seelen-speise getrieben fünden/
einige tage sich dazu aussehen/ da sie etwa mit einigen christlichen seelen der
ihrigen/ sich die betrachtung des bittern leidens und sterbens ihres Heylan-
des liessen mehr als sonst angelegen seyn/ an dieselbe und den hertzlichen danck
davor mit andacht/ lesen/ beten und singen/ und also zur verkündigung seines
todes (dazu sonderlich das Sacrament eingesetzet ist) mehr zeit anzuwen-
den: welches dann das sonderbarste mittel ist/ auch ohne brod und wein den
leib und blut Christi geistlich zu geniessen und sich damit zu stärcken. Wie dann
der christliche Jurist Herr D. Ahasverus Fritsch/ ein tractätlein von der
geistlichen niessung geschrieben und mir communiciret hat/ so ich aber
nicht erfahren/ ob es seit wenigem gedruckt möchte worden seyn. 17. Auff
diese weise/ wie dieselbe anderer aus liebe schonen wird/ versichere ich mich/
daß ihrer lieben seelen an nichts/ wessen sie bedörfftig ist/ einiges abgehen
solle/ hingegen der HErr die seltenere communion und öfftere geistliche
niessung zu ihrem verlangten wachsthum gnugsam segnen werde. Unser
treueste JEsus gebe auch hierinnen seinen willen mit festigkeit und versi-
cherung zu erkennen/ heilige sie immer sammt den ihrigen und allen/ die ihres
orts ihn hertzlich lieben/ mehr und mehr/ und bringe doch dermaleins (ach daß
es bald geschehen möchte!) seine kirche in den stand/ wo man weniger sorge
bey verrichtung des guten haben/ und ihm freyer in allen stücken dienen/ auch
seiner gnade reichlicher geniessen möge. 1690.

SECTIO

Das dritte Capitel.
Franckfurt/ da auch eine frembde jungfrau mehrmal und wo es muͤglich
waͤre/ alle monat zu communiciren verlangte/ daß ich es deroſelben um der
urſach willen/ weil ſonſten auff ſie die nachrede einer ſonderlichkeit bereits
gefallen war/ mißrathen/ ohne daß ſich nachmal das mittel fand/ daß weil ich
ihr beicht-vater/ in zwo kirchen bey beicht und dem heiligen Abendmahl zu
ſeyn pflegte/ ſie in beyden kirchen communicirte/ da ſolches offtmalige weni-
ger von der gemeinde beobachtet worden/ und zu urtheilen urſach geben kon-
te. Hingegen ſehe ich kein mittel nicht/ wie dergleichen bey deroſelben ſich
auffs wenigſte zu dieſer zeit practiciren lieſſe/ maſſen was man vornehmen
wolte/ noch mehr difficultaͤten geben wuͤrde. 16. Daher nochmal dabey
bleibe/ daß dieſelbe am rathſamſten vor ihre und anderer ſeelen thun wuͤrde/
wo ſie/ es waͤre denn ſache/ daß dero wertheſter ehe-herr ſich gleichfals reſol-
vi
rte/ etwa ein oder zweymal weiter des jahres ſich einzuſtellen/ es bey bis-
heriger von ſaͤmmtlichen gebrauchter ordnung lieſſen/ und ſich dieſelbe com-
muni
on allezeit ſo viel hertzlicher zu nutze machten: hingegen wo ſie auſſer
dem ſich zu einem innigen verlangen ſolcher ſeelen-ſpeiſe getrieben fuͤnden/
einige tage ſich dazu ausſehen/ da ſie etwa mit einigen chriſtlichen ſeelen der
ihrigen/ ſich die betrachtung des bittern leidens und ſterbens ihres Heylan-
des lieſſen mehr als ſonſt angelegen ſeyn/ an dieſelbe und den hertzlichen danck
davor mit andacht/ leſen/ beten und ſingen/ und alſo zur verkuͤndigung ſeines
todes (dazu ſonderlich das Sacrament eingeſetzet iſt) mehr zeit anzuwen-
den: welches dann das ſonderbarſte mittel iſt/ auch ohne brod und wein den
leib und blut Chriſti geiſtlich zu genieſſen und ſich damit zu ſtaͤrcken. Wie dañ
der chriſtliche Juriſt Herr D. Ahaſverus Fritſch/ ein tractaͤtlein von der
geiſtlichen nieſſung geſchrieben und mir communiciret hat/ ſo ich aber
nicht erfahren/ ob es ſeit wenigem gedruckt moͤchte worden ſeyn. 17. Auff
dieſe weiſe/ wie dieſelbe anderer aus liebe ſchonen wird/ verſichere ich mich/
daß ihrer lieben ſeelen an nichts/ weſſen ſie bedoͤrfftig iſt/ einiges abgehen
ſolle/ hingegen der HErr die ſeltenere communion und oͤfftere geiſtliche
nieſſung zu ihrem verlangten wachsthum gnugſam ſegnen werde. Unſer
treueſte JEſus gebe auch hierinnen ſeinen willen mit feſtigkeit und verſi-
cherung zu erkennen/ heilige ſie immer ſammt den ihrigen und allen/ die ihres
orts ihn hertzlich lieben/ mehr und mehr/ und bringe doch dermaleins (ach daß
es bald geſchehen moͤchte!) ſeine kirche in den ſtand/ wo man weniger ſorge
bey verrichtung des guten haben/ und ihm freyer in allen ſtuͤcken dienen/ auch
ſeiner gnade reichlicher genieſſen moͤge. 1690.

SECTIO
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[142/0150] Das dritte Capitel. Franckfurt/ da auch eine frembde jungfrau mehrmal und wo es muͤglich waͤre/ alle monat zu communiciren verlangte/ daß ich es deroſelben um der urſach willen/ weil ſonſten auff ſie die nachrede einer ſonderlichkeit bereits gefallen war/ mißrathen/ ohne daß ſich nachmal das mittel fand/ daß weil ich ihr beicht-vater/ in zwo kirchen bey beicht und dem heiligen Abendmahl zu ſeyn pflegte/ ſie in beyden kirchen communicirte/ da ſolches offtmalige weni- ger von der gemeinde beobachtet worden/ und zu urtheilen urſach geben kon- te. Hingegen ſehe ich kein mittel nicht/ wie dergleichen bey deroſelben ſich auffs wenigſte zu dieſer zeit practiciren lieſſe/ maſſen was man vornehmen wolte/ noch mehr difficultaͤten geben wuͤrde. 16. Daher nochmal dabey bleibe/ daß dieſelbe am rathſamſten vor ihre und anderer ſeelen thun wuͤrde/ wo ſie/ es waͤre denn ſache/ daß dero wertheſter ehe-herr ſich gleichfals reſol- virte/ etwa ein oder zweymal weiter des jahres ſich einzuſtellen/ es bey bis- heriger von ſaͤmmtlichen gebrauchter ordnung lieſſen/ und ſich dieſelbe com- munion allezeit ſo viel hertzlicher zu nutze machten: hingegen wo ſie auſſer dem ſich zu einem innigen verlangen ſolcher ſeelen-ſpeiſe getrieben fuͤnden/ einige tage ſich dazu ausſehen/ da ſie etwa mit einigen chriſtlichen ſeelen der ihrigen/ ſich die betrachtung des bittern leidens und ſterbens ihres Heylan- des lieſſen mehr als ſonſt angelegen ſeyn/ an dieſelbe und den hertzlichen danck davor mit andacht/ leſen/ beten und ſingen/ und alſo zur verkuͤndigung ſeines todes (dazu ſonderlich das Sacrament eingeſetzet iſt) mehr zeit anzuwen- den: welches dann das ſonderbarſte mittel iſt/ auch ohne brod und wein den leib und blut Chriſti geiſtlich zu genieſſen und ſich damit zu ſtaͤrcken. Wie dañ der chriſtliche Juriſt Herr D. Ahaſverus Fritſch/ ein tractaͤtlein von der geiſtlichen nieſſung geſchrieben und mir communiciret hat/ ſo ich aber nicht erfahren/ ob es ſeit wenigem gedruckt moͤchte worden ſeyn. 17. Auff dieſe weiſe/ wie dieſelbe anderer aus liebe ſchonen wird/ verſichere ich mich/ daß ihrer lieben ſeelen an nichts/ weſſen ſie bedoͤrfftig iſt/ einiges abgehen ſolle/ hingegen der HErr die ſeltenere communion und oͤfftere geiſtliche nieſſung zu ihrem verlangten wachsthum gnugſam ſegnen werde. Unſer treueſte JEſus gebe auch hierinnen ſeinen willen mit feſtigkeit und verſi- cherung zu erkennen/ heilige ſie immer ſammt den ihrigen und allen/ die ihres orts ihn hertzlich lieben/ mehr und mehr/ und bringe doch dermaleins (ach daß es bald geſchehen moͤchte!) ſeine kirche in den ſtand/ wo man weniger ſorge bey verrichtung des guten haben/ und ihm freyer in allen ſtuͤcken dienen/ auch ſeiner gnade reichlicher genieſſen moͤge. 1690. SECTIO

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/150>, abgerufen am 22.11.2024.