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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
die sonntags-arbeit antreten muste. Diese angst hat ihn endlich zu den fra-
gen/ die er über die materie edirt/ und andern schrifften/ auch harten expres-
sionen/
gebracht/ als da er gesprochen: beicht-stuhl/ satans-stuhl/ höllen-
pfuhl: darüber so vieler lermen entstanden; wiewol aus eben derselben schrifft/
da die worte stehen/ das vorhergehende und folgende klahr gnug zeigten/ daß
damit nicht von der sache selbs/ sondern dem mißbrauch/ geredet werde/ weil
er selbs erkennet/ daß der beicht-stuhl wohl gebraucht werden könte/ welches
man von nichts zu sagen vermag/ daß an sich des teuffels ist. Jch versuchte
auch öffentlich durch guten unterricht von dem beicht-wesen der sache zu ra-
then/ da ich nicht allein 1695. den 7. aug. auff einen buß-tag/ des beicht-we-
sens in den Evanngelischen kirchen rechten gebrauch und mißbrauch

vorstellete/ sondern auch 1697. 3. Mart. abermal auff einen buß-tag die ma-
terie wiederhohlte/ vornemlich den leuten die falsche zuversicht/ die sie auff
das blosse werck der beicht und empfangung der absolution ohne wahre buß
setzten/ zubenehmen/ und sie dahin zu bringen/ daß sie mit christlicher Lehrer
angst/ die sie über den beicht-stuhl lidten/ mitleiden trügen/ hingegen sie durch
anderes bezeugen erleichterten. Weil aber nicht allein obige harte wort/ die
er schrifftlich und mündlich wiederhohlt/ fast insgemein bey allen/ auch wol
guten seelen/ allzugrossen anstoß verursacht/ sondern Herr Schad auch in dem
anfang des 1697. jahrs ohnbefragt jemanden/ um selbs seinem gewissen zura-
then/ sich unterstanden hatte/ in der sacristey/ die ihm zueiniger erleichterung/
weil er mit jeder person absonderlich daselbs freyer handlen könte/ von un-
serm gesamten Ministerio zu S. Nicolai zum beicht-stuhl angewiesen gewest/ er
sich auch derselben eine gute zeit dazu gebrauchte/ an statt der sonst gewöhn-
lichen privat-beicht und absolution 2. sonnabend nacheinander mit allen sei-
nen beicht-kindern zumalen zu handlen/ und es bey einer gemeinen absoluti-
on zu lassen: daraus so bald eine grössere bewegung entstunde/ und nicht al-
lein diejenige/ die ihm seines christlichen eiffers wegen ohnedas gehäßig wa-
ren/ in die eusserste bitterkeit gegen ihn gesetzet wurden/ sondern auch viele
rechtschaffene Christen/ die ihn selbs liebten/ nicht anders konten/ als grosses
mißfallen davon zu bezeugen/ (indem es das ansehen gewann/ eigen mächtig
in unsrer kirch den beicht-stuhl abzuschaffen) so war nicht gnug/ daß ihm die
fortsetzung des angefangenen inhibirte/ (darauff er zwahr so bald das ange-
fangene unterließ/ aber damit sich insgesamt des beicht-stuhls enthielte) son-
dern ich fande auch nöthig/ daß in gedachter predigt des 3. Mart. so wol dieses
eigenmächtige beginnen/ als unrecht gethan/ unbillichte/ sondern auch we-
gen jener wort mich also vernehmen liesse: daher man ja den beicht-stuhl
keinen satans-stuhl nennen soll/ noch ohne sünde kan/ weder nach

dem-

Das dritte Capitel.
die ſonntags-arbeit antreten muſte. Dieſe angſt hat ihn endlich zu den fra-
gen/ die er uͤber die materie edirt/ und andern ſchrifften/ auch harten expreſ-
ſionen/
gebracht/ als da er geſprochen: beicht-ſtuhl/ ſatans-ſtuhl/ hoͤllen-
pfuhl: daruͤber ſo vieler lermen entſtandẽ; wiewol aus eben derſelben ſchrifft/
da die worte ſtehen/ das vorhergehende und folgende klahr gnug zeigten/ daß
damit nicht von der ſache ſelbs/ ſondern dem mißbrauch/ geredet werde/ weil
er ſelbs erkennet/ daß der beicht-ſtuhl wohl gebraucht werden koͤnte/ welches
man von nichts zu ſagen vermag/ daß an ſich des teuffels iſt. Jch verſuchte
auch oͤffentlich durch guten unterricht von dem beicht-weſen der ſache zu ra-
then/ da ich nicht allein 1695. den 7. aug. auff einen buß-tag/ des beicht-we-
ſens in den Evãngeliſchen kirchen rechten gebrauch und mißbrauch

vorſtellete/ ſondern auch 1697. 3. Mart. abermal auff einen buß-tag die ma-
terie wiederhohlte/ vornemlich den leuten die falſche zuverſicht/ die ſie auff
das bloſſe werck der beicht und empfangung der abſolution ohne wahre buß
ſetzten/ zubenehmen/ und ſie dahin zu bringen/ daß ſie mit chriſtlicher Lehrer
angſt/ die ſie uͤber den beicht-ſtuhl lidten/ mitleiden truͤgen/ hingegen ſie durch
anderes bezeugen erleichterten. Weil aber nicht allein obige harte wort/ die
er ſchrifftlich und muͤndlich wiederhohlt/ faſt insgemein bey allen/ auch wol
guten ſeelen/ allzugroſſen anſtoß verurſacht/ ſondern Herr Schad auch in dem
anfang des 1697. jahrs ohnbefragt jemanden/ um ſelbs ſeinem gewiſſen zura-
then/ ſich unterſtanden hatte/ in der ſacriſtey/ die ihm zueiniger erleichterung/
weil er mit jeder perſon abſonderlich daſelbs freyer handlen koͤnte/ von un-
ſerm geſamten Miniſterio zu S. Nicolai zum beicht-ſtuhl angewieſen geweſt/ er
ſich auch derſelben eine gute zeit dazu gebrauchte/ an ſtatt der ſonſt gewoͤhn-
lichen privat-beicht und abſolution 2. ſonnabend nacheinander mit allen ſei-
nen beicht-kindern zumalen zu handlen/ und es bey einer gemeinen abſoluti-
on zu laſſen: daraus ſo bald eine groͤſſere bewegung entſtunde/ und nicht al-
lein diejenige/ die ihm ſeines chriſtlichen eiffers wegen ohnedas gehaͤßig wa-
ren/ in die euſſerſte bitterkeit gegen ihn geſetzet wurden/ ſondern auch viele
rechtſchaffene Chriſten/ die ihn ſelbs liebten/ nicht anders konten/ als groſſes
mißfallen davon zu bezeugen/ (indem es das anſehen gewann/ eigen maͤchtig
in unſrer kirch den beicht-ſtuhl abzuſchaffen) ſo war nicht gnug/ daß ihm die
fortſetzung des angefangenen inhibirte/ (darauff er zwahr ſo bald das ange-
fangene unterließ/ aber damit ſich insgeſamt des beicht-ſtuhls enthielte) ſon-
dern ich fande auch noͤthig/ daß in gedachter predigt des 3. Mart. ſo wol dieſes
eigenmaͤchtige beginnen/ als unrecht gethan/ unbillichte/ ſondern auch we-
gen jener wort mich alſo vernehmen lieſſe: daher man ja den beicht-ſtuhl
keinen ſatans-ſtuhl nennen ſoll/ noch ohne ſuͤnde kan/ weder nach

dem-
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[144/0152] Das dritte Capitel. die ſonntags-arbeit antreten muſte. Dieſe angſt hat ihn endlich zu den fra- gen/ die er uͤber die materie edirt/ und andern ſchrifften/ auch harten expreſ- ſionen/ gebracht/ als da er geſprochen: beicht-ſtuhl/ ſatans-ſtuhl/ hoͤllen- pfuhl: daruͤber ſo vieler lermen entſtandẽ; wiewol aus eben derſelben ſchrifft/ da die worte ſtehen/ das vorhergehende und folgende klahr gnug zeigten/ daß damit nicht von der ſache ſelbs/ ſondern dem mißbrauch/ geredet werde/ weil er ſelbs erkennet/ daß der beicht-ſtuhl wohl gebraucht werden koͤnte/ welches man von nichts zu ſagen vermag/ daß an ſich des teuffels iſt. Jch verſuchte auch oͤffentlich durch guten unterricht von dem beicht-weſen der ſache zu ra- then/ da ich nicht allein 1695. den 7. aug. auff einen buß-tag/ des beicht-we- ſens in den Evãngeliſchen kirchen rechten gebrauch und mißbrauch vorſtellete/ ſondern auch 1697. 3. Mart. abermal auff einen buß-tag die ma- terie wiederhohlte/ vornemlich den leuten die falſche zuverſicht/ die ſie auff das bloſſe werck der beicht und empfangung der abſolution ohne wahre buß ſetzten/ zubenehmen/ und ſie dahin zu bringen/ daß ſie mit chriſtlicher Lehrer angſt/ die ſie uͤber den beicht-ſtuhl lidten/ mitleiden truͤgen/ hingegen ſie durch anderes bezeugen erleichterten. Weil aber nicht allein obige harte wort/ die er ſchrifftlich und muͤndlich wiederhohlt/ faſt insgemein bey allen/ auch wol guten ſeelen/ allzugroſſen anſtoß verurſacht/ ſondern Herr Schad auch in dem anfang des 1697. jahrs ohnbefragt jemanden/ um ſelbs ſeinem gewiſſen zura- then/ ſich unterſtanden hatte/ in der ſacriſtey/ die ihm zueiniger erleichterung/ weil er mit jeder perſon abſonderlich daſelbs freyer handlen koͤnte/ von un- ſerm geſamten Miniſterio zu S. Nicolai zum beicht-ſtuhl angewieſen geweſt/ er ſich auch derſelben eine gute zeit dazu gebrauchte/ an ſtatt der ſonſt gewoͤhn- lichen privat-beicht und abſolution 2. ſonnabend nacheinander mit allen ſei- nen beicht-kindern zumalen zu handlen/ und es bey einer gemeinen abſoluti- on zu laſſen: daraus ſo bald eine groͤſſere bewegung entſtunde/ und nicht al- lein diejenige/ die ihm ſeines chriſtlichen eiffers wegen ohnedas gehaͤßig wa- ren/ in die euſſerſte bitterkeit gegen ihn geſetzet wurden/ ſondern auch viele rechtſchaffene Chriſten/ die ihn ſelbs liebten/ nicht anders konten/ als groſſes mißfallen davon zu bezeugen/ (indem es das anſehen gewann/ eigen maͤchtig in unſrer kirch den beicht-ſtuhl abzuſchaffen) ſo war nicht gnug/ daß ihm die fortſetzung des angefangenen inhibirte/ (darauff er zwahr ſo bald das ange- fangene unterließ/ aber damit ſich insgeſamt des beicht-ſtuhls enthielte) ſon- dern ich fande auch noͤthig/ daß in gedachter predigt des 3. Mart. ſo wol dieſes eigenmaͤchtige beginnen/ als unrecht gethan/ unbillichte/ ſondern auch we- gen jener wort mich alſo vernehmen lieſſe: daher man ja den beicht-ſtuhl keinen ſatans-ſtuhl nennen ſoll/ noch ohne ſuͤnde kan/ weder nach dem-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/152>, abgerufen am 22.11.2024.