Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.ARTIC. I. SECTIO XXVII. demjenigen/ was selbs von göttlicher einsetzung drinnen ist/ noch auchwas aus der kirchen anstalten in dem rechten gebrauch dazu gekom- men ist. Verstehet man aber nur den mißbrauch/ darinnen freylich der satan/ wie in allem mißbrauch/ sein werck hat/ so muß man nicht den beicht-stuhl nennen/ sondern allen mißbrauch zu vermeiden/ deut- lich reden. Jndessen war aus dieser ursach die stadt voller unruhe/ indem der gröste theil der bürgerschafft/ theils aus ohne das gegen den mann und dessen ernstliches wesen gefaßten haß/ theils aus eiffer vor diese der Luthe- rischen kirchen ceremonie und sorgfalt vor die religion/ entweder daß er wie- der zu dem beicht-stuhl sich einfinden/ und denselben nach der gewohnheit ver- walten solte/ oder daß er seine dimission haben möchte/ verlangte. Auch möchte/ weil er zu jenem sich nicht verstehen wolte/ der Chur-Fürstl. Hoff/ der in Preussen damal war/ zu diesem letztern resolviret haben/ wo nicht so wol von hiesigem Stadt-rath favorabel für ihn relation abgestattet worden/ und durch eine sonderbare unterthänigste supplique an unsers gnädigsten Chur-Fürsten und Herrn Durchlaucht. eine ziemliche anzahl der bürger für ihn eingekommen wären. Deßwegen dann eine commission zu untersu- chung der gantzen sache gnädigst verordnet wurde/ bestehende aus 9. Lutheri- schen aus den Chur-Fürstlichen Räthen/ dem Ministerio und Stadt-Rath; und dero Herr geheimde Rath/ Freyherr von Schwerin/ weil Hr. ge- heimbde Rath von Fuchs (in dessen expedition sonsten die kirchen-sachen einlauffen) mit in Preussen war/ praesidiren solte. Diese wurde nun in der geheimen raths-stub gehalten den 17. May 1697. dazu erst 4 Stadt-Verord- nete und 8 wegen der viergewercke erschienen/ und durch ihren advocatum denunciando ihre klagen mit mehrerem anführten: auff solche aber Herr M. Schade (der auff gethanes anbieten sich doch keines advocati gebrauchen wolte/) selbs also antwortete/ daß mich (der ich mit in der commission war) nicht allein hertzlich dessen freuete/ und einen guten ausgang durch GOttes gnade bereits zu sehen meinte/ sondern auch nicht zweiffle/ daß den meisten Herrn Commissariis werde dadurch gnug geschehen seyn. So bald aber Herr M. Schade seine antwort geschlossen/ trat eine gute anzahl bürger aus Berlin und Cölln vor/ sich auch durch einen advocatum interveniendo meldende. Jhr vortrag ging zum fordersten dahin/ daß/ weil die andre in dem nahmen der gantzen bürgerschafft gegen Herr M. Schaden geklagt/ sie und so viel an- dre von solcher klage nichts gewust/ noch darinn consentiret; da sie hingegen demselben das zeugnüß eines treuen Predigers und Seelsorgers geben kön- ten/ und das feste vertrauen zu ihm trügen/ daß er alles wider sich angegebene gnugsam elidiren werde/ wo er aber in einigen ratione modi, gefehlet/ hoff- ten T
ARTIC. I. SECTIO XXVII. demjenigen/ was ſelbs von goͤttlicher einſetzung drinnen iſt/ noch auchwas aus der kirchen anſtalten in dem rechten gebrauch dazu gekom- men iſt. Verſtehet man aber nur den mißbrauch/ darinnen freylich der ſatan/ wie in allem mißbrauch/ ſein werck hat/ ſo muß man nicht den beicht-ſtuhl nennen/ ſondern allen mißbrauch zu vermeiden/ deut- lich reden. Jndeſſen war aus dieſer urſach die ſtadt voller unruhe/ indem der groͤſte theil der buͤrgerſchafft/ theils aus ohne das gegen den mann und deſſen ernſtliches weſen gefaßten haß/ theils aus eiffer vor dieſe der Luthe- riſchen kirchen ceremonie und ſorgfalt vor die religion/ entweder daß er wie- der zu dem beicht-ſtuhl ſich einfinden/ und denſelben nach der gewohnheit ver- walten ſolte/ oder daß er ſeine dimiſſion haben moͤchte/ verlangte. Auch moͤchte/ weil er zu jenem ſich nicht verſtehen wolte/ der Chur-Fuͤrſtl. Hoff/ der in Preuſſen damal war/ zu dieſem letztern reſolviret haben/ wo nicht ſo wol von hieſigem Stadt-rath favorabel fuͤr ihn relation abgeſtattet worden/ und durch eine ſonderbare unterthaͤnigſte ſupplique an unſers gnaͤdigſten Chur-Fuͤrſten und Herrn Durchlaucht. eine ziemliche anzahl der buͤrger fuͤr ihn eingekommen waͤren. Deßwegen dann eine commiſſion zu unterſu- chung der gantzen ſache gnaͤdigſt verordnet wurde/ beſtehende aus 9. Lutheri- ſchen aus den Chur-Fuͤrſtlichen Raͤthen/ dem Miniſterio und Stadt-Rath; und dero Herr geheimde Rath/ Freyherr von Schwerin/ weil Hr. ge- heimbde Rath von Fuchs (in deſſen expedition ſonſten die kirchen-ſachen einlauffen) mit in Preuſſen war/ præſidiren ſolte. Dieſe wurde nun in der geheimen raths-ſtub gehalten den 17. May 1697. dazu erſt 4 Stadt-Verord- nete und 8 wegen der viergewercke erſchienen/ und durch ihren advocatum denunciando ihre klagen mit mehrerem anfuͤhrten: auff ſolche aber Herr M. Schade (der auff gethanes anbieten ſich doch keines advocati gebrauchen wolte/) ſelbs alſo antwortete/ daß mich (der ich mit in der commiſſion war) nicht allein hertzlich deſſen freuete/ und einen guten ausgang durch GOttes gnade bereits zu ſehen meinte/ ſondern auch nicht zweiffle/ daß den meiſten Herrn Commiſſariis werde dadurch gnug geſchehen ſeyn. So bald aber Herr M. Schade ſeine antwort geſchloſſen/ trat eine gute anzahl buͤrger aus Berlin und Coͤlln vor/ ſich auch durch einen advocatum interveniendo meldende. Jhr vortrag ging zum forderſten dahin/ daß/ weil die andre in dem nahmen der gantzen buͤrgerſchafft gegen Herr M. Schaden geklagt/ ſie und ſo viel an- dre von ſolcher klage nichts gewuſt/ noch darinn conſentiret; da ſie hingegen demſelben das zeugnuͤß eines treuen Predigers und Seelſorgers geben koͤn- ten/ und das feſte vertrauen zu ihm truͤgen/ daß er alles wider ſich angegebene gnugſam elidiren werde/ wo er aber in einigen ratione modi, gefehlet/ hoff- ten T
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ARTIC. I. SECTIO XXVII.
demjenigen/ was ſelbs von goͤttlicher einſetzung drinnen iſt/ noch auch
was aus der kirchen anſtalten in dem rechten gebrauch dazu gekom-
men iſt. Verſtehet man aber nur den mißbrauch/ darinnen freylich
der ſatan/ wie in allem mißbrauch/ ſein werck hat/ ſo muß man nicht
den beicht-ſtuhl nennen/ ſondern allen mißbrauch zu vermeiden/ deut-
lich reden. Jndeſſen war aus dieſer urſach die ſtadt voller unruhe/ indem
der groͤſte theil der buͤrgerſchafft/ theils aus ohne das gegen den mann und
deſſen ernſtliches weſen gefaßten haß/ theils aus eiffer vor dieſe der Luthe-
riſchen kirchen ceremonie und ſorgfalt vor die religion/ entweder daß er wie-
der zu dem beicht-ſtuhl ſich einfinden/ und denſelben nach der gewohnheit ver-
walten ſolte/ oder daß er ſeine dimiſſion haben moͤchte/ verlangte. Auch
moͤchte/ weil er zu jenem ſich nicht verſtehen wolte/ der Chur-Fuͤrſtl. Hoff/
der in Preuſſen damal war/ zu dieſem letztern reſolviret haben/ wo nicht ſo
wol von hieſigem Stadt-rath favorabel fuͤr ihn relation abgeſtattet worden/
und durch eine ſonderbare unterthaͤnigſte ſupplique an unſers gnaͤdigſten
Chur-Fuͤrſten und Herrn Durchlaucht. eine ziemliche anzahl der buͤrger fuͤr
ihn eingekommen waͤren. Deßwegen dann eine commiſſion zu unterſu-
chung der gantzen ſache gnaͤdigſt verordnet wurde/ beſtehende aus 9. Lutheri-
ſchen aus den Chur-Fuͤrſtlichen Raͤthen/ dem Miniſterio und Stadt-Rath;
und dero Herr geheimde Rath/ Freyherr von Schwerin/ weil Hr. ge-
heimbde Rath von Fuchs (in deſſen expedition ſonſten die kirchen-ſachen
einlauffen) mit in Preuſſen war/ præſidiren ſolte. Dieſe wurde nun in der
geheimen raths-ſtub gehalten den 17. May 1697. dazu erſt 4 Stadt-Verord-
nete und 8 wegen der viergewercke erſchienen/ und durch ihren advocatum
denunciando ihre klagen mit mehrerem anfuͤhrten: auff ſolche aber Herr
M. Schade (der auff gethanes anbieten ſich doch keines advocati gebrauchen
wolte/) ſelbs alſo antwortete/ daß mich (der ich mit in der commiſſion war)
nicht allein hertzlich deſſen freuete/ und einen guten ausgang durch GOttes
gnade bereits zu ſehen meinte/ ſondern auch nicht zweiffle/ daß den meiſten
Herrn Commiſſariis werde dadurch gnug geſchehen ſeyn. So bald aber Herr
M. Schade ſeine antwort geſchloſſen/ trat eine gute anzahl buͤrger aus Berlin
und Coͤlln vor/ ſich auch durch einen advocatum interveniendo meldende.
Jhr vortrag ging zum forderſten dahin/ daß/ weil die andre in dem nahmen
der gantzen buͤrgerſchafft gegen Herr M. Schaden geklagt/ ſie und ſo viel an-
dre von ſolcher klage nichts gewuſt/ noch darinn conſentiret; da ſie hingegen
demſelben das zeugnuͤß eines treuen Predigers und Seelſorgers geben koͤn-
ten/ und das feſte vertrauen zu ihm truͤgen/ daß er alles wider ſich angegebene
gnugſam elidiren werde/ wo er aber in einigen ratione modi, gefehlet/ hoff-
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