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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
samt den betrüglichen künsten/ dadurch nemlich so viel zu allen zeiten
schändlich/ und zu ihrem grossen schaden betrogen worden sind/ zu rechnen/
und von seinen söhnen sich des gefährlichen wercks/ wo man sich nicht betro-
gen zu werden/ so schwehr vorsehen kan/ allerdings zu enteussern/ fordere.
Dann was öffentlichen und jedem kantlichen betrug anlangt/ bedarff keiner
davor abgewarnt zu werden/ sondern jeder hütet sich selbs davor/ weil ja kein
kluger sich mit willen und gern betriegen lässet. Jst also die meinung des va-
ters/ seine söhne davon zurück zu ziehen/ worinnen man sich gemeiniglich gros-
se hoffnung macht/ und mit nicht geringem schein darein geführet wird/ aber
sich endlich so offt bey dem ausgang vetrogen findet/ dessen gefahr die väter-
liche treue von den ihrigen gern abgewendet hat wissen wollen.
2. Es kan dem väterlichen testament/ da es die söhne vom goldmachen
abziehen wollen/ mit grund nicht beygemessen werden/ daß es die söhne von
einem wahren nutzen und dem lobe GOttes abziehen habe wollen: dann
das lob GOTTes je nicht in dieser kunst oder übung allein gesucht werden
darff/ sondern die sich dessen befleißigen wollen/ bey allen gelegenheiten dazu
anlaß finden. So kan nicht gesagt werden/ daß dasjenige einen von seinem
nutzen abhalte/ was einem dasjenige verwehrt/ dabey wann einer etwas
gewonnen haben möchte/ gewiß mehr als hundert über-grossen verlust ge-
lidten haben/ und also was die gefahr grossen verlusts mehr/ als den so un-
gewissen nutzen/ ansihet.
3. Ob auch der vater darinnen geirret hätte/ da er davor gehalten/ daß
das goldmachen gar unmüglich/ so gründet sich doch sein verbot bereits auff
der kunst ungewißheit/ und die grosse gefahr betrogen zu werden/ welche so
viele mit ihrem schaden erfahren haben: und sind diese gründe bereits starck
gnug/ daß die väterliche treue ihre väterliche vorsorge darauff bauen
können.
4. Es wird auch zugegeben/ daß wie in gewisser masse die elterliche ge-
walt durch den todt der eltern auffhöret/ auch nicht alle derselben dispositio-
nen
nach dem todt verbinden/ die nemlich also bewandt sind/ daß sie zu der
kinder wahrhafftigem schaden gereichten/ und deswegen zuvermuthen wäre/
wo die eltern noch lebten/ daß sie nun selbs ihre meinung und verordnung än-
dern würden. Da aber in diesem fall mit keinem schein angeführet wird/ die
sache so bewandt zu seyn/ daß wo der vater noch lebte/ er seine söhne davon
würde freysprechen wollen.
5. Die beygesetzte wort in der väterlichen disposition von der absicht
grösser und reicher zu werden/
sind nicht als solche determinationes an-
zusehen/ daß nur unter denselben und nicht anders der vater seine verord-
nung gehalten habe haben wollen: sondern sie sind allein eine anzeige/ wor-
aus
Das dritte Capitel.
ſamt den betruͤglichen kuͤnſten/ dadurch nemlich ſo viel zu allen zeiten
ſchaͤndlich/ und zu ihrem groſſen ſchaden betrogen worden ſind/ zu rechnen/
und von ſeinen ſoͤhnen ſich des gefaͤhrlichen wercks/ wo man ſich nicht betro-
gen zu werden/ ſo ſchwehr vorſehen kan/ allerdings zu enteuſſern/ fordere.
Dann was oͤffentlichen und jedem kantlichen betrug anlangt/ bedarff keiner
davor abgewarnt zu werden/ ſondern jeder huͤtet ſich ſelbs davor/ weil ja kein
kluger ſich mit willen und gern betriegen laͤſſet. Jſt alſo die meinung des va-
ters/ ſeine ſoͤhne davon zuruͤck zu ziehen/ worinnen man ſich gemeiniglich groſ-
ſe hoffnung macht/ und mit nicht geringem ſchein darein gefuͤhret wird/ aber
ſich endlich ſo offt bey dem ausgang vetrogen findet/ deſſen gefahr die vaͤter-
liche treue von den ihrigen gern abgewendet hat wiſſen wollen.
2. Es kan dem vaͤterlichen teſtament/ da es die ſoͤhne vom goldmachen
abziehen wollen/ mit grund nicht beygemeſſen werden/ daß es die ſoͤhne von
einem wahren nutzen und dem lobe GOttes abziehen habe wollen: dann
das lob GOTTes je nicht in dieſer kunſt oder uͤbung allein geſucht werden
darff/ ſondern die ſich deſſen befleißigen wollen/ bey allen gelegenheiten dazu
anlaß finden. So kan nicht geſagt werden/ daß dasjenige einen von ſeinem
nutzen abhalte/ was einem dasjenige verwehrt/ dabey wann einer etwas
gewonnen haben moͤchte/ gewiß mehr als hundert uͤber-groſſen verluſt ge-
lidten haben/ und alſo was die gefahr groſſen verluſts mehr/ als den ſo un-
gewiſſen nutzen/ anſihet.
3. Ob auch der vater darinnen geirret haͤtte/ da er davor gehalten/ daß
das goldmachen gar unmuͤglich/ ſo gruͤndet ſich doch ſein verbot bereits auff
der kunſt ungewißheit/ und die groſſe gefahr betrogen zu werden/ welche ſo
viele mit ihrem ſchaden erfahren haben: und ſind dieſe gruͤnde bereits ſtarck
gnug/ daß die vaͤterliche treue ihre vaͤterliche vorſorge darauff bauen
koͤnnen.
4. Es wird auch zugegeben/ daß wie in gewiſſer maſſe die elterliche ge-
walt durch den todt der eltern auffhoͤret/ auch nicht alle derſelben diſpoſitio-
nen
nach dem todt verbinden/ die nemlich alſo bewandt ſind/ daß ſie zu der
kinder wahrhafftigem ſchaden gereichten/ und deswegen zuvermuthen waͤre/
wo die eltern noch lebten/ daß ſie nun ſelbs ihre meinung und verordnung aͤn-
dern wuͤrden. Da aber in dieſem fall mit keinem ſchein angefuͤhret wird/ die
ſache ſo bewandt zu ſeyn/ daß wo der vater noch lebte/ er ſeine ſoͤhne davon
wuͤrde freyſprechen wollen.
5. Die beygeſetzte wort in der vaͤterlichen diſpoſition von der abſicht
groͤſſer und reicher zu werden/
ſind nicht als ſolche determinationes an-
zuſehen/ daß nur unter denſelben und nicht anders der vater ſeine verord-
nung gehalten habe haben wollen: ſondern ſie ſind allein eine anzeige/ wor-
aus
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[266/0274] Das dritte Capitel. ſamt den betruͤglichen kuͤnſten/ dadurch nemlich ſo viel zu allen zeiten ſchaͤndlich/ und zu ihrem groſſen ſchaden betrogen worden ſind/ zu rechnen/ und von ſeinen ſoͤhnen ſich des gefaͤhrlichen wercks/ wo man ſich nicht betro- gen zu werden/ ſo ſchwehr vorſehen kan/ allerdings zu enteuſſern/ fordere. Dann was oͤffentlichen und jedem kantlichen betrug anlangt/ bedarff keiner davor abgewarnt zu werden/ ſondern jeder huͤtet ſich ſelbs davor/ weil ja kein kluger ſich mit willen und gern betriegen laͤſſet. Jſt alſo die meinung des va- ters/ ſeine ſoͤhne davon zuruͤck zu ziehen/ worinnen man ſich gemeiniglich groſ- ſe hoffnung macht/ und mit nicht geringem ſchein darein gefuͤhret wird/ aber ſich endlich ſo offt bey dem ausgang vetrogen findet/ deſſen gefahr die vaͤter- liche treue von den ihrigen gern abgewendet hat wiſſen wollen. 2. Es kan dem vaͤterlichen teſtament/ da es die ſoͤhne vom goldmachen abziehen wollen/ mit grund nicht beygemeſſen werden/ daß es die ſoͤhne von einem wahren nutzen und dem lobe GOttes abziehen habe wollen: dann das lob GOTTes je nicht in dieſer kunſt oder uͤbung allein geſucht werden darff/ ſondern die ſich deſſen befleißigen wollen/ bey allen gelegenheiten dazu anlaß finden. So kan nicht geſagt werden/ daß dasjenige einen von ſeinem nutzen abhalte/ was einem dasjenige verwehrt/ dabey wann einer etwas gewonnen haben moͤchte/ gewiß mehr als hundert uͤber-groſſen verluſt ge- lidten haben/ und alſo was die gefahr groſſen verluſts mehr/ als den ſo un- gewiſſen nutzen/ anſihet. 3. Ob auch der vater darinnen geirret haͤtte/ da er davor gehalten/ daß das goldmachen gar unmuͤglich/ ſo gruͤndet ſich doch ſein verbot bereits auff der kunſt ungewißheit/ und die groſſe gefahr betrogen zu werden/ welche ſo viele mit ihrem ſchaden erfahren haben: und ſind dieſe gruͤnde bereits ſtarck gnug/ daß die vaͤterliche treue ihre vaͤterliche vorſorge darauff bauen koͤnnen. 4. Es wird auch zugegeben/ daß wie in gewiſſer maſſe die elterliche ge- walt durch den todt der eltern auffhoͤret/ auch nicht alle derſelben diſpoſitio- nen nach dem todt verbinden/ die nemlich alſo bewandt ſind/ daß ſie zu der kinder wahrhafftigem ſchaden gereichten/ und deswegen zuvermuthen waͤre/ wo die eltern noch lebten/ daß ſie nun ſelbs ihre meinung und verordnung aͤn- dern wuͤrden. Da aber in dieſem fall mit keinem ſchein angefuͤhret wird/ die ſache ſo bewandt zu ſeyn/ daß wo der vater noch lebte/ er ſeine ſoͤhne davon wuͤrde freyſprechen wollen. 5. Die beygeſetzte wort in der vaͤterlichen diſpoſition von der abſicht groͤſſer und reicher zu werden/ ſind nicht als ſolche determinationes an- zuſehen/ daß nur unter denſelben und nicht anders der vater ſeine verord- nung gehalten habe haben wollen: ſondern ſie ſind allein eine anzeige/ wor- aus

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/274>, abgerufen am 22.11.2024.