Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. und beleidigten paßiret/ für eine versöhnung zu ach-ten? HJerauff antworte: 1. daß beyde/ nachdem sie den streit mit einander ge- Q. 2
Das dritte Capitel. und beleidigten paßiret/ fuͤr eine verſoͤhnung zu ach-ten? HJerauff antworte: 1. daß beyde/ nachdem ſie den ſtreit mit einander ge- Q. 2
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Das dritte Capitel.
und beleidigten paßiret/ fuͤr eine verſoͤhnung zu ach-
ten?
HJerauff antworte: 1. daß beyde/ nachdem ſie den ſtreit mit einander ge-
habt/ darauff ſich zu dem H. Abendmahl auffs wenigſte zweymal verfuͤ-
get/ und allezeit einer dem andern GOttes gnade zu ſeinem vorhaben ge-
wuͤnſchet/ koͤnte zwahr des beleidigers gewiſſen noch nicht voͤllig beruhigen/
weil ſeine weitere ſchuldigkeit geweſen/ ſein unrecht zu erkennen/ und die aus-
truͤckliche verſoͤhnung zu ſuchen: es thut aber in der ſache ſo viel/ daß der be-
leidigte/ da er den andern zu dem tiſch des HErrn gehen laſſen/ und ihm goͤtt-
lichen ſegen angewuͤnſchet/ ſein recht/ ſo er gegen ihn wegen der beleidigung
gehabt/ in gewiſſer maaß erlaſſen; dann wo er ſichs vorbehalten wollend er
ihn haͤtte vielmehr zu erinnern gehabt/ als zu ſeinem vorhaben den wunſch
hinzuthun ſollen. 2. Was die wahre verſoͤhnung/ die vor GOtt noͤthig iſt/
und angeſehen wird/ davon n. 5. und 6. gehandelt/ anlangt/ die findet ſich bey
dem beleidiger allerdings/ indem er mit hertzlicher reue dem todt-krancken
beleidigten das unrecht abgebeten/ und da ihm auch das abſonderliche we-
gen der von ihm gehoͤrten worte wiederum eingefallen/ verſuchte er auch des-
wegen neue abbitte zu thun/ ob man ihn wol/ bey dem andern eine unruhe
des gemuͤths zu verhuͤten/ nicht zu ihm laſſen wollen: alſo iſt ſein hertz ſo wol
damal in der diſpoſition geſtanden/ wie es goͤttliche ordnung in ſolchem fall
erfordert/ als auch bin verſichert/ daß es noch alſo ſtehe/ und wo es moͤglich
waͤre/ auffs neue itzo abbitte zu thun/ daß er ſich derſelben nicht weigern wuͤr-
de. 3. Was aber die verſoͤhnung anlangt/ daß auch der beleidigte von ſeiner
ſeite das ihm angethane unrecht vergeben/ obwol nach obigem n. 6. derglei-
chen nicht bloſſerdings nothwendig iſt/ findet ſich gleichwol auch dieſe in der
ſpecie facti: in dem nicht allein 1. nach bereits erinnertem die gratulation zu
der H. communion/ ja auch da er ſelbs ebenfals darzu gegangen/ und alſo
kein rachgiriges hertz hat haben ſollen/ andeutet/ daß er ihm das vorige verge-
ben: ſondern auch 2. hat offenſus nach dem zeugnuͤß der umſtehenden/ ſo wol
als offendens nicht zugegen geweſen/ denſelben ſegnen wollen/ als nachmal/
da er bey dem bette geſtanden/ ſeine liebe gegen ihn zu verſtehen gegeben/ daß
er ihn ſo lieb als einen andern ſeiner freunde haͤtte: welches der wahrhaffti-
gen vergebung gnugſame anzeige geben kan/ ob wol der offendens keine ſol-
che worte gehoͤret. Daher er mit der andern zeugnuͤß ſich wol befridigen
kan/ ſonderlich in der ſache/ daran nicht eigenlich ſeine vergebung haͤnget/ als
die vor GOtt feſt bliebe/ ob ihm offenſus auch nicht haͤtte vergeben wollen/
ſondern allein die verſicherung/ daß offenſus ſelig abtrucken koͤnnen/ um ſich
nicht die ſorgliche gedancken zu machen/ daß wegen unverſoͤhnligkeit der an-
dere um ſeinet willen an der ſeele moͤchte ſchaden gelidten haben: welches ſon-
ſten auffs neue ſein gewiſſen beunruhigen moͤchte.
Q. 2
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