Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.SECTIO VII. SECTIO VII. Ob einer seines verstorbenen weibes brudern witt- we salvo jure divino heyrathen könne/ oder ob solcher casus jure divino verboten und indispensabel seye? JCh halte diesen casum ex numero dispensabilium 1. Kan ich in gött- dem
SECTIO VII. SECTIO VII. Ob einer ſeines verſtorbenen weibes brudern witt- we ſalvo jure divino heyrathen koͤnne/ oder ob ſolcher caſus jure divino verboten und indiſpenſabel ſeye? JCh halte dieſen caſum ex numero diſpenſabilium 1. Kan ich in goͤtt- dem
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0535" n="527"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO VII</hi>.</hi> </hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> VII.</hi><lb/> Ob einer ſeines verſtorbenen weibes brudern witt-<lb/> we</hi> <hi rendition="#aq">ſalvo jure divino</hi> <hi rendition="#b">heyrathen koͤnne/ oder ob ſolcher</hi> <hi rendition="#aq">caſus<lb/> jure divino</hi> <hi rendition="#b">verboten und</hi> <hi rendition="#aq">indiſpenſab</hi> <hi rendition="#b">el ſeye?</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">J</hi>Ch halte dieſen <hi rendition="#aq">caſum ex numero diſpenſabilium</hi> 1. Kan ich in goͤtt-<lb/> lichem wort keinen ort finden/ da dieſer <hi rendition="#aq">grad</hi> entweder <hi rendition="#aq">in terminis,</hi> oder<lb/> durch eine offenbare und unwiderſprechliche folge/ verboten waͤre:<lb/> Da aber bekant iſt/ daß wo goͤttliches wort nicht entgegen ſtehet/ uͤbrige <hi rendition="#aq">gra-<lb/> dus</hi> alle ſo bewandt ſeyen/ daß nach bewandnuͤß der ſache ſich <hi rendition="#aq">diſpenſi</hi>ren laſ-<lb/> ſe. Daß ſich nun jemahl vor dieſem einer nur unterwunden haben ſolte/<lb/> das verbot ſolcher ehe aus der ſchrifft darzuthun/ treffe ich nirgend an/ (wie<lb/> dann diejenige <hi rendition="#aq">Theologi,</hi> welche ſolchen <hi rendition="#aq">grad</hi> lieber verboten geſehen/ ſich<lb/> anderer urſachen beholffen/ nicht aber auf einigen ſpruch austruͤcklich ſich/<lb/> als viel mir wiſſend iſt/ beruffen haben) ohne das von einigen zeiten her/ etz-<lb/> liche <hi rendition="#aq">Theologi</hi> dergleichen ehe <hi rendition="#aq">ipſo jure divino</hi> verboten zu ſeyn behaup-<lb/> ten/ und ſich ſonderlich des <hi rendition="#aq">loci</hi> <hi rendition="#fr">3. Moſ. 18/ 6.</hi> brauchen/ da es heißt:<lb/><hi rendition="#fr">Niemand ſolle ſich zu ſeiner nechſten blutsfreundin thun/</hi> oder <hi rendition="#aq">ne-<lb/> mo ad carnem carnis ſuæ accedat.</hi> Die krafft des ſchluſſes moͤchte darauff<lb/> ankommen/ wo wir das <hi rendition="#aq">exempel</hi> nehmen: Daß <hi rendition="#aq">Paulus</hi> nach ſeines weibes<lb/><hi rendition="#aq">Mariæ</hi> tod/ dero brudern <hi rendition="#aq">Petri</hi> wittbe <hi rendition="#aq">Annam</hi> heyrathen wolte/ ſo ſeye <hi rendition="#aq">Ma-<lb/> ria Pauli</hi> fleiſch/ hingegen weil <hi rendition="#aq">Anna</hi> mit <hi rendition="#aq">Petro</hi> auch ein fleiſch worden/ ſeye<lb/> dieſelbe auch <hi rendition="#aq">Mariæ</hi> fleiſch/ und deßwegen <hi rendition="#aq">Pauli</hi> fleiſches fleiſch/ und ihm al-<lb/> ſo verboten. Dieſer ſchluß aber iſt ſehr ſchwach/ am wenigſten aber gnug-<lb/> ſam ſo viel auszurichten/ daß man ſothane ehe/ vor von GOtt ſelbſt verbo-<lb/> ten achten ſolte. Vielmehr ſorge/ es GOttes weißheit und guͤte faſt unge-<lb/> maͤß zu ſeyn/ da er ſeinen willen in einer ſache/ wo gleichwol die gefahr einer<lb/> ſchwehꝛen ſuͤnde uñ blutſchande <hi rendition="#aq">verſir</hi>te/ nur ſo dunckel offenbahꝛet haben ſol-<lb/> te; da gleichwol zu jeglichen geſetzes tugend dieſes gehoͤret/ daß es deutlich<lb/> was es haben wolle/ zu verſtehen gebe/ und demnach jeglicher weiſer geſetzge-<lb/> ber der deutlichkeit ſich vor allen andern dingen befleiſſet/ und wir alſo uns<lb/> zu GOtt ſolcher nicht weniger zu verſehen haben. Zu dem ſchluß aber ſelbſt<lb/> zu ſchreiten/ wird 1. geſtanden/ daß <hi rendition="#aq">Maria Pauli</hi> fleiſch ſeye/ und worden<lb/> ſeye: Es wird auch 2. nicht geleugnet/ daß <hi rendition="#aq">Maria Petri</hi> fleiſch ſeye/ als von<lb/> einem fleiſch mit ihm gebohren/ daher wo wir an ſtatt <hi rendition="#aq">Petri</hi> eine ſchweſter <hi rendition="#aq">E-<lb/> liſabetham</hi> ſetzen wolten/ dieſe von <hi rendition="#aq">Paulo</hi> nicht geheyrathet werden koͤnte/<lb/> weil ſie waͤre <hi rendition="#aq">caro carnis ipſius</hi>/ das fleiſch ſeines fleiſches. 3. Wird auch<lb/> eingeraͤumet/ daß <hi rendition="#aq">Anna</hi> mit <hi rendition="#aq">Petro</hi> ein fleiſch worden/ und alſo ſein fleiſch ſeye.<lb/> Aber 4. wird nicht zugegeben/ daß ſie der <hi rendition="#aq">Mariæ</hi> fleiſch ſeye/ wie <hi rendition="#aq">Petrus,</hi> mit<lb/> <fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [527/0535]
SECTIO VII.
SECTIO VII.
Ob einer ſeines verſtorbenen weibes brudern witt-
we ſalvo jure divino heyrathen koͤnne/ oder ob ſolcher caſus
jure divino verboten und indiſpenſabel ſeye?
JCh halte dieſen caſum ex numero diſpenſabilium 1. Kan ich in goͤtt-
lichem wort keinen ort finden/ da dieſer grad entweder in terminis, oder
durch eine offenbare und unwiderſprechliche folge/ verboten waͤre:
Da aber bekant iſt/ daß wo goͤttliches wort nicht entgegen ſtehet/ uͤbrige gra-
dus alle ſo bewandt ſeyen/ daß nach bewandnuͤß der ſache ſich diſpenſiren laſ-
ſe. Daß ſich nun jemahl vor dieſem einer nur unterwunden haben ſolte/
das verbot ſolcher ehe aus der ſchrifft darzuthun/ treffe ich nirgend an/ (wie
dann diejenige Theologi, welche ſolchen grad lieber verboten geſehen/ ſich
anderer urſachen beholffen/ nicht aber auf einigen ſpruch austruͤcklich ſich/
als viel mir wiſſend iſt/ beruffen haben) ohne das von einigen zeiten her/ etz-
liche Theologi dergleichen ehe ipſo jure divino verboten zu ſeyn behaup-
ten/ und ſich ſonderlich des loci 3. Moſ. 18/ 6. brauchen/ da es heißt:
Niemand ſolle ſich zu ſeiner nechſten blutsfreundin thun/ oder ne-
mo ad carnem carnis ſuæ accedat. Die krafft des ſchluſſes moͤchte darauff
ankommen/ wo wir das exempel nehmen: Daß Paulus nach ſeines weibes
Mariæ tod/ dero brudern Petri wittbe Annam heyrathen wolte/ ſo ſeye Ma-
ria Pauli fleiſch/ hingegen weil Anna mit Petro auch ein fleiſch worden/ ſeye
dieſelbe auch Mariæ fleiſch/ und deßwegen Pauli fleiſches fleiſch/ und ihm al-
ſo verboten. Dieſer ſchluß aber iſt ſehr ſchwach/ am wenigſten aber gnug-
ſam ſo viel auszurichten/ daß man ſothane ehe/ vor von GOtt ſelbſt verbo-
ten achten ſolte. Vielmehr ſorge/ es GOttes weißheit und guͤte faſt unge-
maͤß zu ſeyn/ da er ſeinen willen in einer ſache/ wo gleichwol die gefahr einer
ſchwehꝛen ſuͤnde uñ blutſchande verſirte/ nur ſo dunckel offenbahꝛet haben ſol-
te; da gleichwol zu jeglichen geſetzes tugend dieſes gehoͤret/ daß es deutlich
was es haben wolle/ zu verſtehen gebe/ und demnach jeglicher weiſer geſetzge-
ber der deutlichkeit ſich vor allen andern dingen befleiſſet/ und wir alſo uns
zu GOtt ſolcher nicht weniger zu verſehen haben. Zu dem ſchluß aber ſelbſt
zu ſchreiten/ wird 1. geſtanden/ daß Maria Pauli fleiſch ſeye/ und worden
ſeye: Es wird auch 2. nicht geleugnet/ daß Maria Petri fleiſch ſeye/ als von
einem fleiſch mit ihm gebohren/ daher wo wir an ſtatt Petri eine ſchweſter E-
liſabetham ſetzen wolten/ dieſe von Paulo nicht geheyrathet werden koͤnte/
weil ſie waͤre caro carnis ipſius/ das fleiſch ſeines fleiſches. 3. Wird auch
eingeraͤumet/ daß Anna mit Petro ein fleiſch worden/ und alſo ſein fleiſch ſeye.
Aber 4. wird nicht zugegeben/ daß ſie der Mariæ fleiſch ſeye/ wie Petrus, mit
dem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |