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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das vierdte Capitel.
seiner furcht zuzubringen hätte/ nachdem er als die erste liebe ausser seiner
ordnung gewesen/ und wiederum zergangen/ es also gefüget/ daß sie billige
ursach bekäme/ ihn nun mit mehrerm recht zu lieben/ und ihm ihre person zu-
zueignen/ zu welcher errettung ihn GOtt zu einem werckzeug gemachet hatte.
So viel wichtiger also die ursach war/ welche die Fräulein zu erneuerung ih-
rer liebe bewogen/ und welche bey GOtt und menschen favor hat/ so viel we-
niger ist auch an der verbindlichkeit zu zweiffeln/ ja ist gar zu erkennen/ daß
solches promissum nicht nur ratum und gültig/ sondern auch rectum, und
göttlichem willen allerdings gemäß seye. 4. Was die form der verlobung
anlangt/ mangelts auch an derselben nicht/ sondern es war eine zusage un-
aufflößlicher ehelicher liebe von beyden seiten. Und zwahr 5. mit hefftigen
und verbindlichen eydschwüren bestärcket. Daher so viel weniger eines un-
ter denselben weiter sich die sache reuen zu lassen/ oder davon abzuspringen
befugt ist. Vielmehr/ welches davon zurück gehen wolte/ würde damit ei-
nen schwehren meineyd begehen/ den nahmen GOttes unnützlich führen/ und
sich damit der schwehren göttlichen straffe schuldig machen 2. Mos. 20/ 7.
So lautetes nachtrücklich 4. Mos. 30/ 2. 3. das ists/ das der HErr ge-
boten hat/ wenn jemand dem HErrn eine gelübde thut/ oder einen
end schwehret/ daß er seine seele verbindet/ der soll sein wort nicht
schwächen/ sondern alles
(NB.) thun/ wie es zu seinem munde ist aus-
gangen.
Darauff zwahr die fernere verordnungen folgen/ wie es mit ei-
nem gelübd zu halten/ so von einer person gethan wird/ welche unter andrer
gewalt stehet/ da dann einem vater/ mann und hauß-herrn/ die macht gege-
ben/ der seinigen gelübde auffzuheben/ und dabey zugesagt wird/ daß der
HErr einer solchen person wolle gnädig seyn/ die an der erfüllung des gelüb-
des durch die vorgesetzte gehindert wird/ aber eben damit wird angedeutet/
daß der HErr nicht gnädig seyn würde denjenigen/ welche die erfüllung ih-
res gelübdes und eydes aus eigner willkühr unterlassen/ und damit den nah-
men des HErrn/ den sie darüber geführet/ entheiligen. Also stehet auch son-
derlich von den gelübden (so also auff die eydschwüre nicht weniger gehet)
5. Mos. 23/ 21. u. f. Wann du dem HErrn deinem GOTT ein ge-
lübde thust/ so solt du es nicht verziehen zu halten/ dann der HERR
dein GOtt wirds von dir fordern/ und wird dir sünde seyn. Wann du
das geloben unterwegen lässest/ so ist dirs keine sünde. Aber was zu
deinen lippen ausgegangen ist/ das solst du halten/ und darnach thun/
wie du dem HERRN deinem GOTT freywillig gelobet hast/ das
du mit deinem munde geredet hast.
Wo wir also bedencken die ehre der
göetlichen Majestät/ welche durch jeden meineyd vor so vielen andern sün-
den am unmittelbarsten geschmähet und gelästert wird (worüber dann

GOtt

Das vierdte Capitel.
ſeiner furcht zuzubringen haͤtte/ nachdem er als die erſte liebe auſſer ſeiner
ordnung geweſen/ und wiederum zergangen/ es alſo gefuͤget/ daß ſie billige
urſach bekaͤme/ ihn nun mit mehrerm recht zu lieben/ und ihm ihre perſon zu-
zueignen/ zu welcher errettung ihn GOtt zu einem werckzeug gemachet hatte.
So viel wichtiger alſo die urſach war/ welche die Fraͤulein zu erneuerung ih-
rer liebe bewogen/ und welche bey GOtt und menſchen favor hat/ ſo viel we-
niger iſt auch an der verbindlichkeit zu zweiffeln/ ja iſt gar zu erkennen/ daß
ſolches promiſſum nicht nur ratum und guͤltig/ ſondern auch rectum, und
goͤttlichem willen allerdings gemaͤß ſeye. 4. Was die form der verlobung
anlangt/ mangelts auch an derſelben nicht/ ſondern es war eine zuſage un-
auffloͤßlicher ehelicher liebe von beyden ſeiten. Und zwahr 5. mit hefftigen
und verbindlichen eydſchwuͤren beſtaͤrcket. Daher ſo viel weniger eines un-
ter denſelben weiter ſich die ſache reuen zu laſſen/ oder davon abzuſpringen
befugt iſt. Vielmehr/ welches davon zuruͤck gehen wolte/ wuͤrde damit ei-
nen ſchwehren meineyd begehen/ den nahmen GOttes unnuͤtzlich fuͤhren/ und
ſich damit der ſchwehren goͤttlichen ſtraffe ſchuldig machen 2. Moſ. 20/ 7.
So lautetes nachtruͤcklich 4. Moſ. 30/ 2. 3. das iſts/ das der HErr ge-
boten hat/ wenn jemand dem HErrn eine geluͤbde thut/ oder einen
end ſchwehret/ daß er ſeine ſeele verbindet/ der ſoll ſein wort nicht
ſchwaͤchen/ ſondern alles
(NB.) thun/ wie es zu ſeinem munde iſt aus-
gangen.
Darauff zwahr die fernere verordnungen folgen/ wie es mit ei-
nem geluͤbd zu halten/ ſo von einer perſon gethan wird/ welche unter andrer
gewalt ſtehet/ da dann einem vater/ mann und hauß-herrn/ die macht gege-
ben/ der ſeinigen geluͤbde auffzuheben/ und dabey zugeſagt wird/ daß der
HErr einer ſolchen perſon wolle gnaͤdig ſeyn/ die an der erfuͤllung des geluͤb-
des durch die vorgeſetzte gehindert wird/ aber eben damit wird angedeutet/
daß der HErr nicht gnaͤdig ſeyn wuͤrde denjenigen/ welche die erfuͤllung ih-
res geluͤbdes und eydes aus eigner willkuͤhr unterlaſſen/ und damit den nah-
men des HErrn/ den ſie daruͤber gefuͤhret/ entheiligen. Alſo ſtehet auch ſon-
derlich von den geluͤbden (ſo alſo auff die eydſchwuͤre nicht weniger gehet)
5. Moſ. 23/ 21. u. f. Wann du dem HErrn deinem GOTT ein ge-
luͤbde thuſt/ ſo ſolt du es nicht verziehen zu halten/ dann der HERR
dein GOtt wirds von dir fordern/ und wird dir ſuͤnde ſeyn. Wann du
das geloben unterwegen laͤſſeſt/ ſo iſt dirs keine ſuͤnde. Aber was zu
deinen lippen ausgegangen iſt/ das ſolſt du halten/ und darnach thun/
wie du dem HERRN deinem GOTT freywillig gelobet haſt/ das
du mit deinem munde geredet haſt.
Wo wir alſo bedencken die ehre der
goͤetlichen Majeſtaͤt/ welche durch jeden meineyd vor ſo vielen andern ſuͤn-
den am unmittelbarſten geſchmaͤhet und gelaͤſtert wird (woruͤber dann

GOtt
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[574/0582] Das vierdte Capitel. ſeiner furcht zuzubringen haͤtte/ nachdem er als die erſte liebe auſſer ſeiner ordnung geweſen/ und wiederum zergangen/ es alſo gefuͤget/ daß ſie billige urſach bekaͤme/ ihn nun mit mehrerm recht zu lieben/ und ihm ihre perſon zu- zueignen/ zu welcher errettung ihn GOtt zu einem werckzeug gemachet hatte. So viel wichtiger alſo die urſach war/ welche die Fraͤulein zu erneuerung ih- rer liebe bewogen/ und welche bey GOtt und menſchen favor hat/ ſo viel we- niger iſt auch an der verbindlichkeit zu zweiffeln/ ja iſt gar zu erkennen/ daß ſolches promiſſum nicht nur ratum und guͤltig/ ſondern auch rectum, und goͤttlichem willen allerdings gemaͤß ſeye. 4. Was die form der verlobung anlangt/ mangelts auch an derſelben nicht/ ſondern es war eine zuſage un- auffloͤßlicher ehelicher liebe von beyden ſeiten. Und zwahr 5. mit hefftigen und verbindlichen eydſchwuͤren beſtaͤrcket. Daher ſo viel weniger eines un- ter denſelben weiter ſich die ſache reuen zu laſſen/ oder davon abzuſpringen befugt iſt. Vielmehr/ welches davon zuruͤck gehen wolte/ wuͤrde damit ei- nen ſchwehren meineyd begehen/ den nahmen GOttes unnuͤtzlich fuͤhren/ und ſich damit der ſchwehren goͤttlichen ſtraffe ſchuldig machen 2. Moſ. 20/ 7. So lautetes nachtruͤcklich 4. Moſ. 30/ 2. 3. das iſts/ das der HErr ge- boten hat/ wenn jemand dem HErrn eine geluͤbde thut/ oder einen end ſchwehret/ daß er ſeine ſeele verbindet/ der ſoll ſein wort nicht ſchwaͤchen/ ſondern alles (NB.) thun/ wie es zu ſeinem munde iſt aus- gangen. Darauff zwahr die fernere verordnungen folgen/ wie es mit ei- nem geluͤbd zu halten/ ſo von einer perſon gethan wird/ welche unter andrer gewalt ſtehet/ da dann einem vater/ mann und hauß-herrn/ die macht gege- ben/ der ſeinigen geluͤbde auffzuheben/ und dabey zugeſagt wird/ daß der HErr einer ſolchen perſon wolle gnaͤdig ſeyn/ die an der erfuͤllung des geluͤb- des durch die vorgeſetzte gehindert wird/ aber eben damit wird angedeutet/ daß der HErr nicht gnaͤdig ſeyn wuͤrde denjenigen/ welche die erfuͤllung ih- res geluͤbdes und eydes aus eigner willkuͤhr unterlaſſen/ und damit den nah- men des HErrn/ den ſie daruͤber gefuͤhret/ entheiligen. Alſo ſtehet auch ſon- derlich von den geluͤbden (ſo alſo auff die eydſchwuͤre nicht weniger gehet) 5. Moſ. 23/ 21. u. f. Wann du dem HErrn deinem GOTT ein ge- luͤbde thuſt/ ſo ſolt du es nicht verziehen zu halten/ dann der HERR dein GOtt wirds von dir fordern/ und wird dir ſuͤnde ſeyn. Wann du das geloben unterwegen laͤſſeſt/ ſo iſt dirs keine ſuͤnde. Aber was zu deinen lippen ausgegangen iſt/ das ſolſt du halten/ und darnach thun/ wie du dem HERRN deinem GOTT freywillig gelobet haſt/ das du mit deinem munde geredet haſt. Wo wir alſo bedencken die ehre der goͤetlichen Majeſtaͤt/ welche durch jeden meineyd vor ſo vielen andern ſuͤn- den am unmittelbarſten geſchmaͤhet und gelaͤſtert wird (woruͤber dann GOtt

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/582>, abgerufen am 22.11.2024.