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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
werden. 1. Daß es ein stück des geistlichen priesterthums seye/ welches allen
Christen aus 1. Petr. 2/ 8. zukomme: wie dann unser theure Lutherus T. 2.
Alt. f. 504.
den gebrauch des H. abendmahls/ und insonderheit das segnen
und reichen des heiligen brods und weins/
als ein stück solches priester-
thums allen gemein macht/ und damit gegen die päbstische streitet/ denen er
vorwirfft/ sie haben nichts/ das sie widersetzen mögen/ ohn allein die
Väter/
concilia und den langen brauch samt der menge. Da er aber
sich durch dieses nicht abschrecken lassen will/ das recht allen zu zugestehen.
Hierauff ist nun unterschiedliches zu mercken. 1. Bin nicht in abrede/ daß
nicht so klar ausgemacht seye/ ob eben dieses recht eigenlich zu dem geistli-
chen priesterthum nach der schrifft gehöre/ und nicht vielmehr dieses allein
in opffren aller arten/ gebet und verkündigung der gnade Gottes bestehe:
auffs wenigste möchte es gegen einen schärffern widersprecher etwas schwehr
zu behaupten hergehen. Aber 2. ich will der sache hier nicht widersprechen/
sondern will gern dieses recht/ so allerdings den Christen zustehet/ unter dem
nahmen des priesterthums mit begreiffen; indessen folget daraus nichts
mehrers/ als daß die macht an sich selbs bereits einem jeglichen Christen
aus seinem Christenthum zukomme. Hierauff siehet Lutherus allein/ und
zeiget/ daß zu solcher handlung keine besondere weihe/ wie die Papisten vor-
gaben/ und davon er sagt/ daß sothane Priester sich entsetzen und ver-
wundern über ihre hohe würdigkeit und gewalt/ die sie haben/ we-
gen der verwandlung des brods/ welche macht weder die jungfrau
und Mutter Gottes/ die sie doch hoch erheben/ noch die Engel hätten/

gehörig seye: womit den Papisten gnug widersprochen war. So läugne
ich also eben so wol dieses nicht/ sondern gestehe/ daß die gewalt an sich selbs
allen Christen zukomme. Will man aber sagen/ so dörffen sie sich auch
alle derselbigen gebrauchen/ so gestehe ich 3. diese folge nicht/ sondern distin-
gui
re mit allem fug unter dem recht selbs/ und unter dessen gebrauch. Wo-
rinnen ich auch nicht meinen eigenen willen rede/ sondern Luthero selbs nach-
folge/ da er nach erzählten allgemeinen priester-ämptern spricht: f. 509. a. b.
Diß alles haben wir allein von gemeinen rechten und macht aller
Christen gesagt/ dann dieweil allen Christen alle ding gemein sollen
seyn/ die wir bisher erzählet haben/ das wir auch bewährt und bewei-
set haben/ so will nicht gebühren einem der sich von ihm selbs wolt
herfür thun/ und ihm allein zueigenen/ das unser aller ist. Unter-
winde dich dieses rechten/ und lege es auch an brauch so fern/ wo kein
ander ist/ der auch ein solch recht empfangen hat. Das erfordert aber

der

Das dritte Capitel.
werden. 1. Daß es ein ſtuͤck des geiſtlichen prieſterthums ſeye/ welches allen
Chriſten aus 1. Petr. 2/ 8. zukomme: wie dann unſer theure Lutherus T. 2.
Alt. f. 504.
den gebrauch des H. abendmahls/ und inſonderheit das ſegnen
und reichen des heiligen brods und weins/
als ein ſtuͤck ſolches prieſter-
thums allen gemein macht/ und damit gegen die paͤbſtiſche ſtreitet/ denen er
vorwirfft/ ſie haben nichts/ das ſie widerſetzen moͤgen/ ohn allein die
Vaͤter/
concilia und den langen brauch ſamt der menge. Da er aber
ſich durch dieſes nicht abſchrecken laſſen will/ das recht allen zu zugeſtehen.
Hierauff iſt nun unterſchiedliches zu mercken. 1. Bin nicht in abrede/ daß
nicht ſo klar ausgemacht ſeye/ ob eben dieſes recht eigenlich zu dem geiſtli-
chen prieſterthum nach der ſchrifft gehoͤre/ und nicht vielmehr dieſes allein
in opffren aller arten/ gebet und verkuͤndigung der gnade Gottes beſtehe:
auffs wenigſte moͤchte es gegen einen ſchaͤrffern widerſprecher etwas ſchwehr
zu behaupten hergehen. Aber 2. ich will der ſache hier nicht widerſprechen/
ſondern will gern dieſes recht/ ſo allerdings den Chriſten zuſtehet/ unter dem
nahmen des prieſterthums mit begreiffen; indeſſen folget daraus nichts
mehrers/ als daß die macht an ſich ſelbs bereits einem jeglichen Chriſten
aus ſeinem Chriſtenthum zukomme. Hierauff ſiehet Lutherus allein/ und
zeiget/ daß zu ſolcher handlung keine beſondere weihe/ wie die Papiſten vor-
gaben/ und davon er ſagt/ daß ſothane Prieſter ſich entſetzen und ver-
wundern uͤber ihre hohe wuͤrdigkeit und gewalt/ die ſie haben/ we-
gen der verwandlung des brods/ welche macht weder die jungfrau
und Mutter Gottes/ die ſie doch hoch erheben/ noch die Engel haͤtten/

gehoͤrig ſeye: womit den Papiſten gnug widerſprochen war. So laͤugne
ich alſo eben ſo wol dieſes nicht/ ſondern geſtehe/ daß die gewalt an ſich ſelbs
allen Chriſten zukomme. Will man aber ſagen/ ſo doͤrffen ſie ſich auch
alle derſelbigen gebrauchen/ ſo geſtehe ich 3. dieſe folge nicht/ ſondern diſtin-
gui
re mit allem fug unter dem recht ſelbs/ und unter deſſen gebrauch. Wo-
rinnen ich auch nicht meinen eigenen willen rede/ ſondern Luthero ſelbs nach-
folge/ da er nach erzaͤhlten allgemeinen prieſter-aͤmptern ſpricht: f. 509. a. b.
Diß alles haben wir allein von gemeinen rechten und macht aller
Chriſten geſagt/ dann dieweil allen Chriſten alle ding gemein ſollen
ſeyn/ die wir bisher erzaͤhlet haben/ das wir auch bewaͤhrt und bewei-
ſet haben/ ſo will nicht gebuͤhren einem der ſich von ihm ſelbs wolt
herfuͤr thun/ und ihm allein zueigenen/ das unſer aller iſt. Unter-
winde dich dieſes rechten/ und lege es auch an brauch ſo fern/ wo kein
ander iſt/ der auch ein ſolch recht empfangen hat. Das erfordert aber

der
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[68/0076] Das dritte Capitel. werden. 1. Daß es ein ſtuͤck des geiſtlichen prieſterthums ſeye/ welches allen Chriſten aus 1. Petr. 2/ 8. zukomme: wie dann unſer theure Lutherus T. 2. Alt. f. 504. den gebrauch des H. abendmahls/ und inſonderheit das ſegnen und reichen des heiligen brods und weins/ als ein ſtuͤck ſolches prieſter- thums allen gemein macht/ und damit gegen die paͤbſtiſche ſtreitet/ denen er vorwirfft/ ſie haben nichts/ das ſie widerſetzen moͤgen/ ohn allein die Vaͤter/ concilia und den langen brauch ſamt der menge. Da er aber ſich durch dieſes nicht abſchrecken laſſen will/ das recht allen zu zugeſtehen. Hierauff iſt nun unterſchiedliches zu mercken. 1. Bin nicht in abrede/ daß nicht ſo klar ausgemacht ſeye/ ob eben dieſes recht eigenlich zu dem geiſtli- chen prieſterthum nach der ſchrifft gehoͤre/ und nicht vielmehr dieſes allein in opffren aller arten/ gebet und verkuͤndigung der gnade Gottes beſtehe: auffs wenigſte moͤchte es gegen einen ſchaͤrffern widerſprecher etwas ſchwehr zu behaupten hergehen. Aber 2. ich will der ſache hier nicht widerſprechen/ ſondern will gern dieſes recht/ ſo allerdings den Chriſten zuſtehet/ unter dem nahmen des prieſterthums mit begreiffen; indeſſen folget daraus nichts mehrers/ als daß die macht an ſich ſelbs bereits einem jeglichen Chriſten aus ſeinem Chriſtenthum zukomme. Hierauff ſiehet Lutherus allein/ und zeiget/ daß zu ſolcher handlung keine beſondere weihe/ wie die Papiſten vor- gaben/ und davon er ſagt/ daß ſothane Prieſter ſich entſetzen und ver- wundern uͤber ihre hohe wuͤrdigkeit und gewalt/ die ſie haben/ we- gen der verwandlung des brods/ welche macht weder die jungfrau und Mutter Gottes/ die ſie doch hoch erheben/ noch die Engel haͤtten/ gehoͤrig ſeye: womit den Papiſten gnug widerſprochen war. So laͤugne ich alſo eben ſo wol dieſes nicht/ ſondern geſtehe/ daß die gewalt an ſich ſelbs allen Chriſten zukomme. Will man aber ſagen/ ſo doͤrffen ſie ſich auch alle derſelbigen gebrauchen/ ſo geſtehe ich 3. dieſe folge nicht/ ſondern diſtin- guire mit allem fug unter dem recht ſelbs/ und unter deſſen gebrauch. Wo- rinnen ich auch nicht meinen eigenen willen rede/ ſondern Luthero ſelbs nach- folge/ da er nach erzaͤhlten allgemeinen prieſter-aͤmptern ſpricht: f. 509. a. b. Diß alles haben wir allein von gemeinen rechten und macht aller Chriſten geſagt/ dann dieweil allen Chriſten alle ding gemein ſollen ſeyn/ die wir bisher erzaͤhlet haben/ das wir auch bewaͤhrt und bewei- ſet haben/ ſo will nicht gebuͤhren einem der ſich von ihm ſelbs wolt herfuͤr thun/ und ihm allein zueigenen/ das unſer aller iſt. Unter- winde dich dieſes rechten/ und lege es auch an brauch ſo fern/ wo kein ander iſt/ der auch ein ſolch recht empfangen hat. Das erfordert aber der

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/76>, abgerufen am 09.05.2024.