Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.ARTIC. II. SECTIO. XIII. so viele auch amtspersonen leider stehen/ zu erkennen/ und auf richtigeren wegzu treten/ sondern auch mich durch diese kundmachung und also neues exempel bekräfftiget hat: Da mir sonst von meinen widersachern so offt widerspro- chen/ und als eine lästerung ausgedeutet wird/ daß ich von diesem auch in unsern ordinem eingeschlichenen verderben je zu weilen meine klage ausge- schüttet habe/ auch noch etwa bey gelegenheit ausschütte. Und wie solte man sich so wol solcher wehmüthigen klagen entbrechen können/ wenn man erwe- get die grosse gefahr/ die daher den gemeinden entstehet? Dann lasse gelten/ ein prediger handelt die übrigen glaubens-articul der göttlichen wahrheit conform, was nützet es seinen zuhörern/ wo sie an statt eines wahren glau- bens/ von denen ihnen die seeligkeit versprochen wird/ sich mit einem eingebil- deten wahnglauben betriegen? Daher wie ja der articul der rechtfertigung das hertz der evangelischen religion ist/ und billich dessen erkäntnüß vor allen andern auff den universitäten den studiosis eingetruckt werden solle/ so solte auch billich die art und bewandnüß des wahren glaubens mit grosser sorgfalt allen vorgebildet werden: Darzu unser liebe Lutherus an so vielen orten die herrlichste anweisung gibet. Wie er denn nicht allein in der be- kannten vorrede über die Römer (welche stelle auch in die Form. Concordiae gesetzt/ und von den unsrigen damit besonders auctorisirt worden ist) son- dern auch anderswo die art des glaubens stattlich zeiget: ja gar die sicher- heit/ die aus einem erdichteten glauben herkommt/ ärger hält/ als alle irr- thumer/ die vor dem gewesen sind T. 2. Alt. f. 11. a. Sehe also gewiß nicht/ wie es verantwortlich/ wo es Professores an sich ermanglen lassen/ daß sie nicht allen studiosis auch diese wahrheit deutlich und nachtrücklich vorstel- len. Geliebter Brnder aber wird billich dem grossen GOtt dancken/ der ihm auch in diesem stück das liecht seiner wahrheit aufgehen lassen/ so wol zu sei- nem eigenen heil/ als auch andre ohne fehl führen zu können. Der HErr gebe gnade daß durch seinen dienst vielen/ die noch jetzo in sicherheit stehen/ die augen gleichfals seeliglich geöffnet/ ja alle zu der wahren erkäntnüß ge- bracht werden. Daß denselben ihrer mehrere an mir haben irre machen wol- len/ wundere mich nicht/ nach dem ich von mehreren jahren das objectum ge- wesen/ an dem sich mit urtheilen fast jederman üben wollen/ ein grosser theil aber/ theils aus boßheit/ theils von andern eingenommen/ und aus blindem eyffer der wahrheit und liebe darinnen vergessen haben/ welches ihnen aber der HErr zu erkennen geben/ und nicht zurechnen wolle: wie ichs ihnen/ als der menschlichen schwachheit wol kündig/ von hertzen vergebe/ von GOtt aber auch die freude unterschiedlich bekommen/ daß einige der letzten art/ die doch hefftig eine weil gegen mich durch andere erbittert gewesen waren/ nicht allein von demselben zur erkäntnüß ihres unrechts gebracht worden/ son-
ARTIC. II. SECTIO. XIII. ſo viele auch amtsperſonen leider ſtehen/ zu erkennen/ und auf richtigeren wegzu treten/ ſondern auch mich duꝛch dieſe kundmachung und alſo neues exempel bekraͤfftiget hat: Da mir ſonſt von meinen widerſachern ſo offt widerſpro- chen/ und als eine laͤſterung ausgedeutet wird/ daß ich von dieſem auch in unſern ordinem eingeſchlichenen verderben je zu weilen meine klage ausge- ſchuͤttet habe/ auch noch etwa bey gelegenheit ausſchuͤtte. Und wie ſolte man ſich ſo wol ſolcher wehmuͤthigen klagen entbrechen koͤnnen/ wenn man erwe- get die groſſe gefahr/ die daher den gemeinden entſtehet? Dann laſſe gelten/ ein prediger handelt die uͤbrigen glaubens-articul der goͤttlichen wahrheit conform, was nuͤtzet es ſeinen zuhoͤrern/ wo ſie an ſtatt eines wahren glau- bens/ von denen ihnen die ſeeligkeit verſprochen wird/ ſich mit einem eingebil- deten wahnglauben betriegen? Daher wie ja der articul der rechtfertigung das hertz der evangeliſchen religion iſt/ und billich deſſen erkaͤntnuͤß vor allen andern auff den univerſitaͤten den ſtudioſis eingetruckt werden ſolle/ ſo ſolte auch billich die art und bewandnuͤß des wahren glaubens mit groſſer ſorgfalt allen vorgebildet werden: Darzu unſer liebe Lutherus an ſo vielen orten die herrlichſte anweiſung gibet. Wie er denn nicht allein in der be- kannten vorrede uͤber die Roͤmer (welche ſtelle auch in die Form. Concordiæ geſetzt/ und von den unſrigen damit beſonders auctoriſirt worden iſt) ſon- dern auch anderswo die art des glaubens ſtattlich zeiget: ja gar die ſicher- heit/ die aus einem erdichteten glauben herkommt/ aͤrger haͤlt/ als alle irr- thumer/ die vor dem geweſen ſind T. 2. Alt. f. 11. a. Sehe alſo gewiß nicht/ wie es verantwortlich/ wo es Profeſſores an ſich ermanglen laſſen/ daß ſie nicht allen ſtudioſis auch dieſe wahrheit deutlich und nachtruͤcklich vorſtel- len. Geliebter Brnder aber wird billich dem groſſen GOtt dancken/ der ihm auch in dieſem ſtuͤck das liecht ſeiner wahrheit aufgehen laſſen/ ſo wol zu ſei- nem eigenen heil/ als auch andre ohne fehl fuͤhren zu koͤnnen. Der HErr gebe gnade daß durch ſeinen dienſt vielen/ die noch jetzo in ſicherheit ſtehen/ die augen gleichfals ſeeliglich geoͤffnet/ ja alle zu der wahren erkaͤntnuͤß ge- bracht werden. Daß denſelben ihrer mehrere an mir haben irre machen wol- len/ wundere mich nicht/ nach dem ich von mehreren jahren das objectum ge- weſen/ an dem ſich mit urtheilen faſt jederman uͤben wollen/ ein groſſer theil aber/ theils aus boßheit/ theils von andern eingenommen/ und aus blindem eyffer der wahrheit und liebe darinnen vergeſſen haben/ welches ihnen aber der HErr zu erkennen geben/ und nicht zurechnen wolle: wie ichs ihnen/ als der menſchlichen ſchwachheit wol kuͤndig/ von hertzen vergebe/ von GOtt aber auch die freude unterſchiedlich bekommen/ daß einige der letzten art/ die doch hefftig eine weil gegen mich durch andere erbittert geweſen waren/ nicht allein von demſelben zur erkaͤntnuͤß ihres unrechts gebracht worden/ ſon-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0767" n="759"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. II. <hi rendition="#g">SECTIO</hi>. XIII.</hi></hi></fw><lb/> ſo viele auch amtsperſonen leider ſtehen/ zu erkennen/ und auf richtigeren weg<lb/> zu treten/ ſondern auch mich duꝛch dieſe kundmachung und alſo neues exempel<lb/> bekraͤfftiget hat: Da mir ſonſt von meinen widerſachern ſo offt widerſpro-<lb/> chen/ und als eine laͤſterung ausgedeutet wird/ daß ich von dieſem auch in<lb/> unſern <hi rendition="#aq">ordinem</hi> eingeſchlichenen verderben je zu weilen meine klage ausge-<lb/> ſchuͤttet habe/ auch noch etwa bey gelegenheit ausſchuͤtte. Und wie ſolte man<lb/> ſich ſo wol ſolcher wehmuͤthigen klagen entbrechen koͤnnen/ wenn man erwe-<lb/> get die groſſe gefahr/ die daher den gemeinden entſtehet? Dann laſſe gelten/<lb/> ein prediger handelt die uͤbrigen glaubens-articul der goͤttlichen wahrheit<lb/><hi rendition="#aq">conform,</hi> was nuͤtzet es ſeinen zuhoͤrern/ wo ſie an ſtatt eines wahren glau-<lb/> bens/ von denen ihnen die ſeeligkeit verſprochen wird/ ſich mit einem eingebil-<lb/> deten wahnglauben betriegen? Daher wie ja der articul der rechtfertigung<lb/> das hertz der evangeliſchen <hi rendition="#aq">religion</hi> iſt/ und billich deſſen erkaͤntnuͤß vor<lb/> allen andern auff den <hi rendition="#aq">univerſi</hi>taͤten den <hi rendition="#aq">ſtudioſis</hi> eingetruckt werden ſolle/ ſo<lb/> ſolte auch billich die art und bewandnuͤß des wahren glaubens mit groſſer<lb/> ſorgfalt allen vorgebildet werden: Darzu unſer liebe <hi rendition="#aq">Lutherus</hi> an ſo vielen<lb/> orten die herrlichſte anweiſung gibet. Wie er denn nicht allein in der be-<lb/> kannten vorrede uͤber die Roͤmer (welche ſtelle auch in die <hi rendition="#aq">Form. Concordiæ</hi><lb/> geſetzt/ und von den unſrigen damit beſonders <hi rendition="#aq">auctoriſi</hi>rt worden iſt) ſon-<lb/> dern auch anderswo die art des glaubens ſtattlich zeiget: ja gar die ſicher-<lb/> heit/ die aus einem erdichteten glauben herkommt/ aͤrger haͤlt/ als alle irr-<lb/> thumer/ die vor dem geweſen ſind <hi rendition="#aq">T. 2. Alt. f. 11. a.</hi> Sehe alſo gewiß nicht/<lb/> wie es verantwortlich/ wo es <hi rendition="#aq">Profeſſores</hi> an ſich ermanglen laſſen/ daß ſie<lb/> nicht allen <hi rendition="#aq">ſtudioſis</hi> auch dieſe wahrheit deutlich und nachtruͤcklich vorſtel-<lb/> len. Geliebter Brnder aber wird billich dem groſſen GOtt dancken/ der ihm<lb/> auch in dieſem ſtuͤck das liecht ſeiner wahrheit aufgehen laſſen/ ſo wol zu ſei-<lb/> nem eigenen heil/ als auch andre ohne fehl fuͤhren zu koͤnnen. Der HErr<lb/> gebe gnade daß durch ſeinen dienſt vielen/ die noch jetzo in ſicherheit ſtehen/<lb/> die augen gleichfals ſeeliglich geoͤffnet/ ja alle zu der wahren erkaͤntnuͤß ge-<lb/> bracht werden. Daß denſelben ihrer mehrere an mir haben irre machen wol-<lb/> len/ wundere mich nicht/ nach dem ich von mehreren jahren das <hi rendition="#aq">objectum</hi> ge-<lb/> weſen/ an dem ſich mit urtheilen faſt jederman uͤben wollen/ ein groſſer theil<lb/> aber/ theils aus boßheit/ theils von andern eingenommen/ und aus blindem<lb/> eyffer der wahrheit und liebe darinnen vergeſſen haben/ welches ihnen aber<lb/> der HErr zu erkennen geben/ und nicht zurechnen wolle: wie ichs ihnen/<lb/> als der menſchlichen ſchwachheit wol kuͤndig/ von hertzen vergebe/ von GOtt<lb/> aber auch die freude unterſchiedlich bekommen/ daß einige der letzten art/ die<lb/> doch hefftig eine weil gegen mich durch andere erbittert geweſen waren/<lb/> nicht allein von demſelben zur erkaͤntnuͤß ihres unrechts gebracht worden/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſon-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [759/0767]
ARTIC. II. SECTIO. XIII.
ſo viele auch amtsperſonen leider ſtehen/ zu erkennen/ und auf richtigeren weg
zu treten/ ſondern auch mich duꝛch dieſe kundmachung und alſo neues exempel
bekraͤfftiget hat: Da mir ſonſt von meinen widerſachern ſo offt widerſpro-
chen/ und als eine laͤſterung ausgedeutet wird/ daß ich von dieſem auch in
unſern ordinem eingeſchlichenen verderben je zu weilen meine klage ausge-
ſchuͤttet habe/ auch noch etwa bey gelegenheit ausſchuͤtte. Und wie ſolte man
ſich ſo wol ſolcher wehmuͤthigen klagen entbrechen koͤnnen/ wenn man erwe-
get die groſſe gefahr/ die daher den gemeinden entſtehet? Dann laſſe gelten/
ein prediger handelt die uͤbrigen glaubens-articul der goͤttlichen wahrheit
conform, was nuͤtzet es ſeinen zuhoͤrern/ wo ſie an ſtatt eines wahren glau-
bens/ von denen ihnen die ſeeligkeit verſprochen wird/ ſich mit einem eingebil-
deten wahnglauben betriegen? Daher wie ja der articul der rechtfertigung
das hertz der evangeliſchen religion iſt/ und billich deſſen erkaͤntnuͤß vor
allen andern auff den univerſitaͤten den ſtudioſis eingetruckt werden ſolle/ ſo
ſolte auch billich die art und bewandnuͤß des wahren glaubens mit groſſer
ſorgfalt allen vorgebildet werden: Darzu unſer liebe Lutherus an ſo vielen
orten die herrlichſte anweiſung gibet. Wie er denn nicht allein in der be-
kannten vorrede uͤber die Roͤmer (welche ſtelle auch in die Form. Concordiæ
geſetzt/ und von den unſrigen damit beſonders auctoriſirt worden iſt) ſon-
dern auch anderswo die art des glaubens ſtattlich zeiget: ja gar die ſicher-
heit/ die aus einem erdichteten glauben herkommt/ aͤrger haͤlt/ als alle irr-
thumer/ die vor dem geweſen ſind T. 2. Alt. f. 11. a. Sehe alſo gewiß nicht/
wie es verantwortlich/ wo es Profeſſores an ſich ermanglen laſſen/ daß ſie
nicht allen ſtudioſis auch dieſe wahrheit deutlich und nachtruͤcklich vorſtel-
len. Geliebter Brnder aber wird billich dem groſſen GOtt dancken/ der ihm
auch in dieſem ſtuͤck das liecht ſeiner wahrheit aufgehen laſſen/ ſo wol zu ſei-
nem eigenen heil/ als auch andre ohne fehl fuͤhren zu koͤnnen. Der HErr
gebe gnade daß durch ſeinen dienſt vielen/ die noch jetzo in ſicherheit ſtehen/
die augen gleichfals ſeeliglich geoͤffnet/ ja alle zu der wahren erkaͤntnuͤß ge-
bracht werden. Daß denſelben ihrer mehrere an mir haben irre machen wol-
len/ wundere mich nicht/ nach dem ich von mehreren jahren das objectum ge-
weſen/ an dem ſich mit urtheilen faſt jederman uͤben wollen/ ein groſſer theil
aber/ theils aus boßheit/ theils von andern eingenommen/ und aus blindem
eyffer der wahrheit und liebe darinnen vergeſſen haben/ welches ihnen aber
der HErr zu erkennen geben/ und nicht zurechnen wolle: wie ichs ihnen/
als der menſchlichen ſchwachheit wol kuͤndig/ von hertzen vergebe/ von GOtt
aber auch die freude unterſchiedlich bekommen/ daß einige der letzten art/ die
doch hefftig eine weil gegen mich durch andere erbittert geweſen waren/
nicht allein von demſelben zur erkaͤntnuͤß ihres unrechts gebracht worden/
ſon-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |