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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
erwehlet/ zu Jerusalem/ gehalten werden dorffte. Also dörffen wir freylich
nach eines jeglichen gelegenheit und nothdurfft ohne verbindung an zeit oder
ort/ die H. communion halten/ nur daß es in der öffentlichen gemeinde (ausser
dem nothfall) und mit zuziehung dero Vorsteher geschehe. So wird auch
in den grössern gemeinden dazu gelegenheit gnug gegeben/ wo die öffentliche
communion alle sontag/ ja einiger orten wol auch auff einen wochen-tag/ ge-
halten wird: da dann niemand der mehrmalige zugang zu solchem tisch/ wann
er ihn seiner seelen diensam findet/ verweigert wird/ oder werden solle.

6. Endlich möchte auch darauff getrieben werden/ daß die gegenwärti-
ge schwach heit der Christen eine mehrmalige stärckung aus dem fleisch und
blut des HErren bedörffe/ auff die schwehre bald einbrechende gerichte recht
kräfftig getröstet zu werden. Nun ist die gefahr unserer zeiten nicht zu leug-
nen/ sondern offenbar gnug/ daher auch die stärckung uns freylich noth thut;
wie aber die haupt-stärckung in dem göttlichen wort/ in dem wir durch den
glauben auch das blut JEsu Christi finden/ bestehet/ so bin nicht in abrede/
daß auch die offtermalige würdige niessung des H. abendmahls ein grosses
beyzutragen vermag/ daher sie jeglicher auch so offt ers haben kan/ und sich
etwa darzu getrieben findet/ gebrauchen mag; nur daß es in der ordnung ge-
schehe/ welche die gemeinschafft der kirche mit sich bringet. Wo wir auch auff
die schwachheit der meisten Christen sehen/ will uns dieselbe dergleichen ge-
heime communionen mehr mißrathen/ als daß sie uns dazu treiben solte/ wie
oben gezeiget worden/ was vor austoß schwache auff unterschiedliche weise
davon leiden würden.

Aus allem achte zur gnüge zu erhellen/ daß nichts so erhebliches von der-
gleichen privat-communionen der Christen unter sich insgeheim vorgebracht/
so nicht so bald kräfftig gnug widerlegt werden könte/ daher der obige behaup-
tete satz annoch fest stehet.

Der HErr JEsus/ der GOtt der liebe und der wahrheit/ gebe
allen seinen jüngern in diesem und allen andern anligen seinen willen
mit völliger überzeugung der gewissen zuerkennen/ und lehre uns
denselben in gehorsam und liebe zu vollbringen: er steure hingegen al-
len ärgernüssen/ und lasse nicht immer neue entstehen! Endlich sehe er
selbs mit gnaden drein/ und bessere die öffentliche anstalten also/ daß
keiner seines heils begieriger einige weitere geheime verlangen dörffte/
damit wir in der that sehen/ er habe der seinigen nicht vergessen/ und
ihn ewig darüber preisen/ Amen. 1693.

SECTIO

Das dritte Capitel.
erwehlet/ zu Jeruſalem/ gehalten werden dorffte. Alſo doͤrffen wir freylich
nach eines jeglichen gelegenheit und nothdurfft ohne verbindung an zeit oder
ort/ die H. communion halten/ nur daß es in der oͤffentlichen gemeinde (auſſer
dem nothfall) und mit zuziehung dero Vorſteher geſchehe. So wird auch
in den groͤſſern gemeinden dazu gelegenheit gnug gegeben/ wo die oͤffentliche
communion alle ſontag/ ja einiger orten wol auch auff einen wochen-tag/ ge-
halten wird: da dann niemand der mehrmalige zugang zu ſolchem tiſch/ wann
er ihn ſeiner ſeelen dienſam findet/ verweigert wird/ oder werden ſolle.

6. Endlich moͤchte auch darauff getrieben werden/ daß die gegenwaͤrti-
ge ſchwach heit der Chriſten eine mehrmalige ſtaͤrckung aus dem fleiſch und
blut des HErren bedoͤrffe/ auff die ſchwehre bald einbrechende gerichte recht
kraͤfftig getroͤſtet zu werden. Nun iſt die gefahr unſerer zeiten nicht zu leug-
nen/ ſondern offenbar gnug/ daher auch die ſtaͤrckung uns freylich noth thut;
wie aber die haupt-ſtaͤrckung in dem goͤttlichen wort/ in dem wir durch den
glauben auch das blut JEſu Chriſti finden/ beſtehet/ ſo bin nicht in abrede/
daß auch die offtermalige wuͤrdige nieſſung des H. abendmahls ein groſſes
beyzutragen vermag/ daher ſie jeglicher auch ſo offt ers haben kan/ und ſich
etwa darzu getrieben findet/ gebrauchen mag; nur daß es in der ordnung ge-
ſchehe/ welche die gemeinſchafft der kirche mit ſich bringet. Wo wir auch auff
die ſchwachheit der meiſten Chriſten ſehen/ will uns dieſelbe dergleichen ge-
heime communionen mehr mißrathen/ als daß ſie uns dazu treiben ſolte/ wie
oben gezeiget worden/ was vor auſtoß ſchwache auff unterſchiedliche weiſe
davon leiden wuͤrden.

Aus allem achte zur gnuͤge zu erhellen/ daß nichts ſo erhebliches von der-
gleichen privat-communionen der Chriſten unter ſich insgeheim vorgebracht/
ſo nicht ſo bald kraͤfftig gnug widerlegt werden koͤnte/ daher der obige behaup-
tete ſatz annoch feſt ſtehet.

Der HErr JEſus/ der GOtt der liebe und der wahrheit/ gebe
allen ſeinen juͤngern in dieſem und allen andern anligen ſeinen willen
mit voͤlliger uͤberzeugung der gewiſſen zuerkennen/ und lehre uns
denſelben in gehorſam und liebe zu vollbringen: er ſteure hingegen al-
len aͤrgernuͤſſen/ und laſſe nicht immer neue entſtehen! Endlich ſehe er
ſelbs mit gnaden drein/ und beſſere die oͤffentliche anſtalten alſo/ daß
keiner ſeines heils begieriger einige weitere geheime verlangen doͤrffte/
damit wir in deꝛ that ſehen/ er habe der ſeinigen nicht vergeſſen/ und
ihn ewig daruͤber preiſen/ Amen. 1693.

SECTIO
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[74/0082] Das dritte Capitel. erwehlet/ zu Jeruſalem/ gehalten werden dorffte. Alſo doͤrffen wir freylich nach eines jeglichen gelegenheit und nothdurfft ohne verbindung an zeit oder ort/ die H. communion halten/ nur daß es in der oͤffentlichen gemeinde (auſſer dem nothfall) und mit zuziehung dero Vorſteher geſchehe. So wird auch in den groͤſſern gemeinden dazu gelegenheit gnug gegeben/ wo die oͤffentliche communion alle ſontag/ ja einiger orten wol auch auff einen wochen-tag/ ge- halten wird: da dann niemand der mehrmalige zugang zu ſolchem tiſch/ wann er ihn ſeiner ſeelen dienſam findet/ verweigert wird/ oder werden ſolle. 6. Endlich moͤchte auch darauff getrieben werden/ daß die gegenwaͤrti- ge ſchwach heit der Chriſten eine mehrmalige ſtaͤrckung aus dem fleiſch und blut des HErren bedoͤrffe/ auff die ſchwehre bald einbrechende gerichte recht kraͤfftig getroͤſtet zu werden. Nun iſt die gefahr unſerer zeiten nicht zu leug- nen/ ſondern offenbar gnug/ daher auch die ſtaͤrckung uns freylich noth thut; wie aber die haupt-ſtaͤrckung in dem goͤttlichen wort/ in dem wir durch den glauben auch das blut JEſu Chriſti finden/ beſtehet/ ſo bin nicht in abrede/ daß auch die offtermalige wuͤrdige nieſſung des H. abendmahls ein groſſes beyzutragen vermag/ daher ſie jeglicher auch ſo offt ers haben kan/ und ſich etwa darzu getrieben findet/ gebrauchen mag; nur daß es in der ordnung ge- ſchehe/ welche die gemeinſchafft der kirche mit ſich bringet. Wo wir auch auff die ſchwachheit der meiſten Chriſten ſehen/ will uns dieſelbe dergleichen ge- heime communionen mehr mißrathen/ als daß ſie uns dazu treiben ſolte/ wie oben gezeiget worden/ was vor auſtoß ſchwache auff unterſchiedliche weiſe davon leiden wuͤrden. Aus allem achte zur gnuͤge zu erhellen/ daß nichts ſo erhebliches von der- gleichen privat-communionen der Chriſten unter ſich insgeheim vorgebracht/ ſo nicht ſo bald kraͤfftig gnug widerlegt werden koͤnte/ daher der obige behaup- tete ſatz annoch feſt ſtehet. Der HErr JEſus/ der GOtt der liebe und der wahrheit/ gebe allen ſeinen juͤngern in dieſem und allen andern anligen ſeinen willen mit voͤlliger uͤberzeugung der gewiſſen zuerkennen/ und lehre uns denſelben in gehorſam und liebe zu vollbringen: er ſteure hingegen al- len aͤrgernuͤſſen/ und laſſe nicht immer neue entſtehen! Endlich ſehe er ſelbs mit gnaden drein/ und beſſere die oͤffentliche anſtalten alſo/ daß keiner ſeines heils begieriger einige weitere geheime verlangen doͤrffte/ damit wir in deꝛ that ſehen/ er habe der ſeinigen nicht vergeſſen/ und ihn ewig daruͤber preiſen/ Amen. 1693. SECTIO

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/82>, abgerufen am 22.11.2024.