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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. II. SECTIO. XXV.
len/ gnade und glauben zu geben willig ist: damit so kommts auff den mino-
rem
allein an. Nun bin ich ein solcher/ der nicht muthwillig widerstreben will/
oder widerstrebet. Dieses ist nun eine sach/ die noch von uns mit einer unfehl-
baren gewißheit erkant werden kan/ und da heists nun recht/ 1. Cor. 2/ 11.
der geist des menschen weiß was in ihm ist (und zwahr mit einer unbetriegli-
chen wissenschafft/ nicht aber dasjenige/ was in sich GOttes und göttliche
wirckung ist) daher sind solche dinge einer prüfung recht unterworffen. So
schreibet besagter Herr D. Dannhauer. Sal. Ref. und macht diesen Syllogismum
p. 495. 496.
Aller derjenige unwiderstrebende mensch/ dem GOtt den
glauben nicht allein wahrhafftig geben will/ sondern auch wircklich
und verschiedentlich durch wort und Sacrament darreicht/ ist glau-
big. Jch bin ein solcher unwiderstrebender GOtt gelassener mensch

(davon mein geist in mir/ als einem ding/ so demselben zu wissen ohn ein
übernatürlich liecht wol müglich/ zeuget) dem GOtt der HErr den glau-
ben geben will/ denn hat er mir den baum schencken wollen/ seinen
Sohn Christum/ so hat er mir auch ja dessen edle frucht den glauben
schencken wollen/
(wie solte er uns mit ihm nicht alles schencken?) so ist sein
Evangelium/ sein Sacrament ein mittel/ dadurch der glaube in un-
serm hertzen erwecket und versieglet wird etc.
Neben diesem wird
mein werther Bruder ferner erkennen/ daß auch ein grosser unterscheid sey
unter der erkäntnüß des glaubens selbs und dessen früchten/ und ob wol bey-
de keine dinge sind/ so unserer vernunfft unterworffen/ indeme so wol die
früchte als dero wurtzel der glaube der göttlichen wirckung zugehören/ daß
dennoch die früchte sich nicht gleicher massen/ auffs wenigste alle/ und zwahr
die haupt-früchte verbergen lassen/ wie der glaube sich verborgen halten kan/
und daß sich also jene dermassen zeigen können/ daß unsere vernunfft wol bey
sich dieses begreiffet/ es seye in uns und in unserer seelen etwas mehr als na-
türliches oder aus dergleichen kräfften herkommendes; so nichts anders als
göttliches seyn kan/ ob sie wol/ wie es göttlich seye/ aus sich nicht gnugsam
begreiffet. Wo wir nun solche göttliche wirckungen in den glaubens-früch-
ten dermassen bey uns antreffen/ daß auch unsere vernunfft überzeuget ist/
daß sie nicht unser werck seyn/ so schliesset sie selbs unwidersprechlich/ wo
GOTTES wort wahr ist/ wie wirs wahr zu seyn wissen/ so müsse denn
auch der heilige Geist und glaube bey uns seyn/ an dessen empfindung es uns
sonst mangelt. Es sind aber solche versicherte glaubens-früchte/ die von de-
nen sonsten aus einer güte der natur und moral-institution herkommenden
tugenden unterschieden sind/ vornemlich das hertzliche mißfallen an allem
dem/ was GOTT zu wider seye/ so wol in specie gegen dieses und jenes/ so

wir
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ARTIC. II. SECTIO. XXV.
len/ gnade und glauben zu geben willig iſt: damit ſo kommts auff den mino-
rem
allein an. Nun bin ich ein ſolcher/ der nicht muthwillig widerſtreben will/
oder widerſtrebet. Dieſes iſt nun eine ſach/ die noch von uns mit einer unfehl-
baren gewißheit erkant werden kan/ und da heiſts nun recht/ 1. Cor. 2/ 11.
der geiſt des menſchen weiß was in ihm iſt (und zwahr mit einer unbetriegli-
chen wiſſenſchafft/ nicht aber dasjenige/ was in ſich GOttes und goͤttliche
wirckung iſt) daher ſind ſolche dinge einer pruͤfung recht unterworffen. So
ſchreibet beſagter Herr D. Dannhauer. Sal. Ref. und macht dieſen Syllogismum
p. 495. 496.
Aller derjenige unwiderſtrebende menſch/ dem GOtt den
glauben nicht allein wahrhafftig geben will/ ſondern auch wircklich
und verſchiedentlich durch wort und Sacrament darreicht/ iſt glau-
big. Jch bin ein ſolcher unwiderſtrebender GOtt gelaſſener menſch

(davon mein geiſt in mir/ als einem ding/ ſo demſelben zu wiſſen ohn ein
uͤbernatuͤrlich liecht wol muͤglich/ zeuget) dem GOtt der HErr den glau-
ben geben will/ denn hat er mir den baum ſchencken wollen/ ſeinen
Sohn Chriſtum/ ſo hat er mir auch ja deſſen edle frucht den glauben
ſchencken wollen/
(wie ſolte er uns mit ihm nicht alles ſchencken?) ſo iſt ſein
Evangelium/ ſein Sacrament ein mittel/ dadurch der glaube in un-
ſerm hertzen erwecket und verſieglet wird ꝛc.
Neben dieſem wird
mein werther Bruder ferner erkennen/ daß auch ein groſſer unterſcheid ſey
unter der erkaͤntnuͤß des glaubens ſelbs und deſſen fruͤchten/ und ob wol bey-
de keine dinge ſind/ ſo unſerer vernunfft unterworffen/ indeme ſo wol die
fruͤchte als dero wurtzel der glaube der goͤttlichen wirckung zugehoͤren/ daß
dennoch die fruͤchte ſich nicht gleicher maſſen/ auffs wenigſte alle/ und zwahr
die haupt-fruͤchte verbergen laſſen/ wie der glaube ſich verborgen halten kan/
und daß ſich alſo jene dermaſſen zeigen koͤnnen/ daß unſere vernunfft wol bey
ſich dieſes begreiffet/ es ſeye in uns und in unſerer ſeelen etwas mehr als na-
tuͤrliches oder aus dergleichen kraͤfften herkommendes; ſo nichts anders als
goͤttliches ſeyn kan/ ob ſie wol/ wie es goͤttlich ſeye/ aus ſich nicht gnugſam
begreiffet. Wo wir nun ſolche goͤttliche wirckungen in den glaubens-fruͤch-
ten dermaſſen bey uns antreffen/ daß auch unſere vernunfft uͤberzeuget iſt/
daß ſie nicht unſer werck ſeyn/ ſo ſchlieſſet ſie ſelbs unwiderſprechlich/ wo
GOTTES wort wahr iſt/ wie wirs wahr zu ſeyn wiſſen/ ſo muͤſſe denn
auch der heilige Geiſt und glaube bey uns ſeyn/ an deſſen empfindung es uns
ſonſt mangelt. Es ſind aber ſolche verſicherte glaubens-fruͤchte/ die von de-
nen ſonſten aus einer guͤte der natur und moral-inſtitution herkommenden
tugenden unterſchieden ſind/ vornemlich das hertzliche mißfallen an allem
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wir
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[813/0821] ARTIC. II. SECTIO. XXV. len/ gnade und glauben zu geben willig iſt: damit ſo kommts auff den mino- rem allein an. Nun bin ich ein ſolcher/ der nicht muthwillig widerſtreben will/ oder widerſtrebet. Dieſes iſt nun eine ſach/ die noch von uns mit einer unfehl- baren gewißheit erkant werden kan/ und da heiſts nun recht/ 1. Cor. 2/ 11. der geiſt des menſchen weiß was in ihm iſt (und zwahr mit einer unbetriegli- chen wiſſenſchafft/ nicht aber dasjenige/ was in ſich GOttes und goͤttliche wirckung iſt) daher ſind ſolche dinge einer pruͤfung recht unterworffen. So ſchreibet beſagter Herr D. Dannhauer. Sal. Ref. und macht dieſen Syllogismum p. 495. 496. Aller derjenige unwiderſtrebende menſch/ dem GOtt den glauben nicht allein wahrhafftig geben will/ ſondern auch wircklich und verſchiedentlich durch wort und Sacrament darreicht/ iſt glau- big. Jch bin ein ſolcher unwiderſtrebender GOtt gelaſſener menſch (davon mein geiſt in mir/ als einem ding/ ſo demſelben zu wiſſen ohn ein uͤbernatuͤrlich liecht wol muͤglich/ zeuget) dem GOtt der HErr den glau- ben geben will/ denn hat er mir den baum ſchencken wollen/ ſeinen Sohn Chriſtum/ ſo hat er mir auch ja deſſen edle frucht den glauben ſchencken wollen/ (wie ſolte er uns mit ihm nicht alles ſchencken?) ſo iſt ſein Evangelium/ ſein Sacrament ein mittel/ dadurch der glaube in un- ſerm hertzen erwecket und verſieglet wird ꝛc. Neben dieſem wird mein werther Bruder ferner erkennen/ daß auch ein groſſer unterſcheid ſey unter der erkaͤntnuͤß des glaubens ſelbs und deſſen fruͤchten/ und ob wol bey- de keine dinge ſind/ ſo unſerer vernunfft unterworffen/ indeme ſo wol die fruͤchte als dero wurtzel der glaube der goͤttlichen wirckung zugehoͤren/ daß dennoch die fruͤchte ſich nicht gleicher maſſen/ auffs wenigſte alle/ und zwahr die haupt-fruͤchte verbergen laſſen/ wie der glaube ſich verborgen halten kan/ und daß ſich alſo jene dermaſſen zeigen koͤnnen/ daß unſere vernunfft wol bey ſich dieſes begreiffet/ es ſeye in uns und in unſerer ſeelen etwas mehr als na- tuͤrliches oder aus dergleichen kraͤfften herkommendes; ſo nichts anders als goͤttliches ſeyn kan/ ob ſie wol/ wie es goͤttlich ſeye/ aus ſich nicht gnugſam begreiffet. Wo wir nun ſolche goͤttliche wirckungen in den glaubens-fruͤch- ten dermaſſen bey uns antreffen/ daß auch unſere vernunfft uͤberzeuget iſt/ daß ſie nicht unſer werck ſeyn/ ſo ſchlieſſet ſie ſelbs unwiderſprechlich/ wo GOTTES wort wahr iſt/ wie wirs wahr zu ſeyn wiſſen/ ſo muͤſſe denn auch der heilige Geiſt und glaube bey uns ſeyn/ an deſſen empfindung es uns ſonſt mangelt. Es ſind aber ſolche verſicherte glaubens-fruͤchte/ die von de- nen ſonſten aus einer guͤte der natur und moral-inſtitution herkommenden tugenden unterſchieden ſind/ vornemlich das hertzliche mißfallen an allem dem/ was GOTT zu wider ſeye/ ſo wol in ſpecie gegen dieſes und jenes/ ſo wir K k k k k 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 813. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/821>, abgerufen am 26.11.2024.