Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

Bild:
<< vorherige Seite

Jm übrigen versehe mich/ was meine dinge betrifft/
werde der geneigte leser leicht finden. 1. Daß ich mich an
allen 3. orten (wie zwar auch an den ersten zu Straßburg)
eines unzweiffenlich göttlichen beruffs habe getrösten/ da-
her worzu mich GOTT in denselben gelegenheit des guten
gezeiget/ in demselben vertrauen getrost alles angreiffen/
und mich dabey des segens und schutzes von oben unzweif-
fenlich versichern können: welches ich nicht vermocht/ wo
mir nur ein einiger scrupul bey einigem beruff übrig geblie-
ben/ und ich active darinnen concurriret hätte.

2. Daß mir vor allen angelegen gewesen/ nechst dem
grund der rechtfertigung den fleiß der heiligung/ und also
den lebendigen thätigen glauben (der allein solches nahmens
würdig ist) zu treiben: sonderlich hats durch GOTTES
gnade die erste starcke bewegung gegeben anno 1669. auff
den 6. Sonntag nach Trinit. als ich die falsche und ungnug-
same gerechtigkeit der Phariseer bestraffte/ und wie sich der-
gleichen noch viele bey uns befinde darstellete. Von solcher
predigt/ die auch darnach gedruckt worden/ mag ich des
HERREN krafft rühmen/ die sich darbey erzeiget/ daß
sie insgemein fast allen durchs hertz gegangen/ ob wol mit
doppelten und widrigen außgang (wie Apost. Gesch. 2/37.
und 7/54.) in dem einige solcher anklopffenden wahrheit
sich also widersetzten/ daß sie sich nimmer in meine predigten
(weil sie nemlich in ihrer sicherheit sich sehr gestöhrt fühleten)
zu kommen/ verlauten liessen; andre hingegen in einen hei-
ligen schrecken gesetzt und ihres unerkanten heuchelwe-
sens überzeugt zu ernstlicher buß auffgewecket wurden/
auch darauff nach dem rechtschtschaffenen wesen in Christo
JEsu zu trachten sich beflissen.

3. Von solcher zeit fuhr immer fort/ neben der reinen
lehr von der gnädigen rechtfertigung/ wie sie ohne alle ab-
sicht auff einige werck allein aus den glauben geschehe/ vor-
nehmlich das falsche vertrauen auff einen todten und mund-

gläu-
a 3

Jm uͤbrigen verſehe mich/ was meine dinge betrifft/
werde der geneigte leſer leicht finden. 1. Daß ich mich an
allen 3. orten (wie zwar auch an den erſten zu Straßburg)
eines unzweiffenlich goͤttlichen beruffs habe getroͤſten/ da-
her worzu mich GOTT in denſelben gelegenheit des guten
gezeiget/ in demſelben vertrauen getroſt alles angreiffen/
und mich dabey des ſegens und ſchutzes von oben unzweif-
fenlich verſichern koͤnnen: welches ich nicht vermocht/ wo
mir nur ein einiger ſcrupul bey einigem beruff uͤbrig geblie-
ben/ und ich active darinnen concurriret haͤtte.

2. Daß mir vor allen angelegen geweſen/ nechſt dem
grund der rechtfertigung den fleiß der heiligung/ und alſo
den lebendigen thaͤtigen glauben (der allein ſolches nahmens
wuͤrdig iſt) zu treiben: ſonderlich hats durch GOTTES
gnade die erſte ſtarcke bewegung gegeben anno 1669. auff
den 6. Sonntag nach Trinit. als ich die falſche und ungnug-
ſame gerechtigkeit der Phariſeer beſtraffte/ und wie ſich der-
gleichen noch viele bey uns befinde darſtellete. Von ſolcher
predigt/ die auch darnach gedruckt worden/ mag ich des
HERREN krafft ruͤhmen/ die ſich darbey erzeiget/ daß
ſie insgemein faſt allen durchs hertz gegangen/ ob wol mit
doppelten und widrigen außgang (wie Apoſt. Geſch. 2/37.
und 7/54.) in dem einige ſolcher anklopffenden wahrheit
ſich alſo widerſetzten/ daß ſie ſich nimmer in meine predigten
(weil ſie nemlich in ihrer ſicherheit ſich ſehr geſtoͤhrt fuͤhleten)
zu kommen/ verlauten lieſſen; andre hingegen in einen hei-
ligen ſchrecken geſetzt und ihres unerkanten heuchelwe-
ſens uͤberzeugt zu ernſtlicher buß auffgewecket wurden/
auch darauff nach dem rechtſchtſchaffenen weſen in Chriſto
JEſu zu trachten ſich befliſſen.

3. Von ſolcher zeit fuhr immer fort/ neben der reinen
lehr von der gnaͤdigen rechtfertigung/ wie ſie ohne alle ab-
ſicht auff einige werck allein aus den glauben geſchehe/ vor-
nehmlich das falſche vertrauen auff einen todten und mund-

glaͤu-
a 3
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0011"/>
        <p>Jm u&#x0364;brigen ver&#x017F;ehe mich/ was meine dinge betrifft/<lb/>
werde der geneigte le&#x017F;er leicht finden. 1. Daß ich mich an<lb/>
allen 3. orten (wie zwar auch an den er&#x017F;ten zu Straßburg)<lb/>
eines unzweiffenlich go&#x0364;ttlichen beruffs habe getro&#x0364;&#x017F;ten/ da-<lb/>
her worzu mich GOTT in den&#x017F;elben gelegenheit des guten<lb/>
gezeiget/ in dem&#x017F;elben vertrauen getro&#x017F;t alles angreiffen/<lb/>
und mich dabey des &#x017F;egens und &#x017F;chutzes von oben unzweif-<lb/>
fenlich ver&#x017F;ichern ko&#x0364;nnen: welches ich nicht vermocht/ wo<lb/>
mir nur ein einiger &#x017F;crupul bey einigem beruff u&#x0364;brig geblie-<lb/>
ben/ und ich <hi rendition="#aq">active</hi> darinnen <hi rendition="#aq">concurriret</hi> ha&#x0364;tte.</p><lb/>
        <p>2. Daß mir vor allen angelegen gewe&#x017F;en/ nech&#x017F;t dem<lb/>
grund der rechtfertigung den fleiß der heiligung/ und al&#x017F;o<lb/>
den lebendigen tha&#x0364;tigen glauben (der allein &#x017F;olches nahmens<lb/>
wu&#x0364;rdig i&#x017F;t) zu treiben: &#x017F;onderlich hats durch GOTTES<lb/>
gnade die er&#x017F;te &#x017F;tarcke bewegung gegeben anno 1669. auff<lb/>
den 6. Sonntag nach Trinit. als ich die fal&#x017F;che und ungnug-<lb/>
&#x017F;ame gerechtigkeit der Phari&#x017F;eer be&#x017F;traffte/ und wie &#x017F;ich der-<lb/>
gleichen noch viele bey uns befinde dar&#x017F;tellete. Von &#x017F;olcher<lb/>
predigt/ die auch darnach gedruckt worden/ mag ich des<lb/>
HERREN krafft ru&#x0364;hmen/ die &#x017F;ich darbey erzeiget/ daß<lb/>
&#x017F;ie insgemein fa&#x017F;t allen durchs hertz gegangen/ ob wol mit<lb/>
doppelten und widrigen außgang (wie Apo&#x017F;t. Ge&#x017F;ch. 2/37.<lb/>
und 7/54.) in dem einige &#x017F;olcher anklopffenden wahrheit<lb/>
&#x017F;ich al&#x017F;o wider&#x017F;etzten/ daß &#x017F;ie &#x017F;ich nimmer in meine predigten<lb/>
(weil &#x017F;ie nemlich in ihrer &#x017F;icherheit &#x017F;ich &#x017F;ehr ge&#x017F;to&#x0364;hrt fu&#x0364;hleten)<lb/>
zu kommen/ verlauten lie&#x017F;&#x017F;en; andre hingegen in einen hei-<lb/>
ligen &#x017F;chrecken ge&#x017F;etzt und ihres unerkanten heuchelwe-<lb/>
&#x017F;ens u&#x0364;berzeugt zu ern&#x017F;tlicher buß auffgewecket wurden/<lb/>
auch darauff nach dem recht&#x017F;cht&#x017F;chaffenen we&#x017F;en in Chri&#x017F;to<lb/>
JE&#x017F;u zu trachten &#x017F;ich befli&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>3. Von &#x017F;olcher zeit fuhr immer fort/ neben der reinen<lb/>
lehr von der gna&#x0364;digen rechtfertigung/ wie &#x017F;ie ohne alle ab-<lb/>
&#x017F;icht auff einige werck allein aus den glauben ge&#x017F;chehe/ vor-<lb/>
nehmlich das fal&#x017F;che vertrauen auff einen todten und mund-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">a 3</fw><fw place="bottom" type="catch">gla&#x0364;u-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0011] Jm uͤbrigen verſehe mich/ was meine dinge betrifft/ werde der geneigte leſer leicht finden. 1. Daß ich mich an allen 3. orten (wie zwar auch an den erſten zu Straßburg) eines unzweiffenlich goͤttlichen beruffs habe getroͤſten/ da- her worzu mich GOTT in denſelben gelegenheit des guten gezeiget/ in demſelben vertrauen getroſt alles angreiffen/ und mich dabey des ſegens und ſchutzes von oben unzweif- fenlich verſichern koͤnnen: welches ich nicht vermocht/ wo mir nur ein einiger ſcrupul bey einigem beruff uͤbrig geblie- ben/ und ich active darinnen concurriret haͤtte. 2. Daß mir vor allen angelegen geweſen/ nechſt dem grund der rechtfertigung den fleiß der heiligung/ und alſo den lebendigen thaͤtigen glauben (der allein ſolches nahmens wuͤrdig iſt) zu treiben: ſonderlich hats durch GOTTES gnade die erſte ſtarcke bewegung gegeben anno 1669. auff den 6. Sonntag nach Trinit. als ich die falſche und ungnug- ſame gerechtigkeit der Phariſeer beſtraffte/ und wie ſich der- gleichen noch viele bey uns befinde darſtellete. Von ſolcher predigt/ die auch darnach gedruckt worden/ mag ich des HERREN krafft ruͤhmen/ die ſich darbey erzeiget/ daß ſie insgemein faſt allen durchs hertz gegangen/ ob wol mit doppelten und widrigen außgang (wie Apoſt. Geſch. 2/37. und 7/54.) in dem einige ſolcher anklopffenden wahrheit ſich alſo widerſetzten/ daß ſie ſich nimmer in meine predigten (weil ſie nemlich in ihrer ſicherheit ſich ſehr geſtoͤhrt fuͤhleten) zu kommen/ verlauten lieſſen; andre hingegen in einen hei- ligen ſchrecken geſetzt und ihres unerkanten heuchelwe- ſens uͤberzeugt zu ernſtlicher buß auffgewecket wurden/ auch darauff nach dem rechtſchtſchaffenen weſen in Chriſto JEſu zu trachten ſich befliſſen. 3. Von ſolcher zeit fuhr immer fort/ neben der reinen lehr von der gnaͤdigen rechtfertigung/ wie ſie ohne alle ab- ſicht auff einige werck allein aus den glauben geſchehe/ vor- nehmlich das falſche vertrauen auff einen todten und mund- glaͤu- a 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/11
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/11>, abgerufen am 03.12.2024.