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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCTIO II. SECTIO XI.
tel sein mag/ daß solche/ die da einen zweck haben/ sich untereinander besser bekant
machen/ und nachmal so wol mit beten vor einander kämpffen/ als einer den an-
dern mit rath/ trost/ und zuspruch an die hand gehe/ so ist mirs so viel lieber/ der treu-
en zeügen Gottes mehrere kennen zu lernen/ und mit denselbigen in heiliger freund-
schafft bunde zu stehen. Das communicirte bedencken eines ungenanten freun-
des über meine pia desideria, wie auch von der sünde in den heiligen Geist/ hat
mich hertzlich vergnüget: und sage vor solche uns geschehene communication,
freundlichen danck/ so wol ihn/ geliebter bruder/ als durch ihn solchen lieben manne/
von dem es hergekommen. Wider die erklährung der sünde in dem heiligen
Geist/
finde nicht wol etwas zu sagen. Was die censuram meines scripti an-
langt/ wollen dieselbe beyde nicht gedencken/ daß ich solche anders als mit liebe und
danck aufnehme: Der ich williglich von jeglichen der geringsten unter meiner ge-
meinde alle erinnerung anzunehmen bereit bin/ auch meine zuhörer offt von solcher
ihrer pflicht unterrichte/ daß sie dörfften und solten ihre prediger so wol erinnern/ als
sie von denselben ihre erinnerung anzunehmen haben. Warum solte dann mit an-
dern gemüth daß jenige ansehen/ was von andern treuen dienern GOttes zu mei-
ner aufferbauung mir hinterbracht wird? Der HErr vergelte allen solchen/ das
jenige in gnaden/ was sie an meiner seelen thun/ oder zu thun sich unterstehen.
Wie dann auch/ wo einiger an mir irren/ und andere gedancken von mir als etwa
an mir wäre/ haben solte/ ich deß wegen mich nicht zu beschwehren/ sondern ihme be-
reits vor seinen guten willen zu dancken/ und hin wieder mich in liebe/ was er anders
angenommen hätte/ zu erklähren hätte. Wie ich dann nicht zweiffle/ mein wer-
ther freund werde so wol selbs/ als auch sein vertrauter bruder/ mit gleicher liebe
aufnehmen/ was jetzo zu meiner erklährung hiermit freundlich anfüge/ auch hoffe/
daß damit ein so viel mehrers vertrauen gegen mich möge gestifftet und befestigt
werden. So ists nun an dem/ daß zwar in solche pia desideria oder vorred über
Arnden Postill nach der gnade GOttes die mir damahl gegeben gewesen/ einen
ziemlichen theil der jenigen gedancken gefasset/ so ich über die allgemeine verbesse-
rung der kirchen in offtmahligen nachdencken bey mir befunden: Gleich wie ich
aber nimmermehr habe gedencken können/ daß ein so geringes und kleines scri-
ptum,
sonderlich von einem weniger bekanten mann/ und der so vielen anderen an
wurde der person und amts nicht gleich ist/ so viele apprehension an so viel orten
erwecken solte; in dem viele gute hin und wieder sich befindende gemüther dadurch
weiter ermuntertzu seyn bekant haben/ andere auch hie und da damit rege gemacht
worden sind/ der sache tieffer nachzusinnen/ welches ich sonderlich gesucht/ der je-
nigen zugeschweigen/ welche mit schälen augen solche blättlein biß dahero angesehen/
ob zwar annoch offentlich unangefochten gelassen/ und also solches scriptum durch
unsere gantze Evangelische kirche allerorten hin durch gedrungen (weswegen dem
grundgütigen GOTT vor seine unverhoffte gnade und segen nicht genugsam in de-

muth
Z

ARTIC. I. DISTINCTIO II. SECTIO XI.
tel ſein mag/ daß ſolche/ die da einen zweck haben/ ſich untereinander beſſer bekant
machen/ und nachmal ſo wol mit beten vor einander kaͤmpffen/ als einer den an-
dern mit rath/ troſt/ und zuſpruch an die hand gehe/ ſo iſt mirs ſo viel lieber/ der treu-
en zeuͤgen Gottes mehrere keñen zu lernen/ und mit denſelbigen in heiliger freund-
ſchafft bunde zu ſtehen. Das communicirte bedencken eines ungenanten freun-
des uͤber meine pia deſideria, wie auch von der ſuͤnde in den heiligen Geiſt/ hat
mich hertzlich vergnuͤget: und ſage vor ſolche uns geſchehene communication,
freundlichen danck/ ſo wol ihn/ geliebter bruder/ als durch ihn ſolchen lieben manne/
von dem es hergekommen. Wider die erklaͤhrung der ſuͤnde in dem heiligen
Geiſt/
finde nicht wol etwas zu ſagen. Was die cenſuram meines ſcripti an-
langt/ wollen dieſelbe beyde nicht gedencken/ daß ich ſolche anders als mit liebe und
danck aufnehme: Der ich williglich von jeglichen der geringſten unter meiner ge-
meinde alle erinnerung anzunehmen bereit bin/ auch meine zuhoͤrer offt von ſolcher
ihrer pflicht unterrichte/ daß ſie doͤrfften und ſolten ihre prediger ſo wol erinnern/ als
ſie von denſelben ihre erinnerung anzunehmen haben. Warum ſolte dann mit an-
dern gemuͤth daß jenige anſehen/ was von andern treuen dienern GOttes zu mei-
ner aufferbauung mir hinterbracht wird? Der HErr vergelte allen ſolchen/ das
jenige in gnaden/ was ſie an meiner ſeelen thun/ oder zu thun ſich unterſtehen.
Wie dann auch/ wo einiger an mir irren/ und andere gedancken von mir als etwa
an mir waͤre/ haben ſolte/ ich deß wegen mich nicht zu beſchwehren/ ſondern ihme be-
reits vor ſeinen guten willen zu dancken/ und hin wieder mich in liebe/ was er anders
angenommen haͤtte/ zu erklaͤhren haͤtte. Wie ich dann nicht zweiffle/ mein wer-
ther freund werde ſo wol ſelbs/ als auch ſein vertrauter bruder/ mit gleicher liebe
aufnehmen/ was jetzo zu meiner erklaͤhrung hiermit freundlich anfuͤge/ auch hoffe/
daß damit ein ſo viel mehrers vertrauen gegen mich moͤge geſtifftet und befeſtigt
werden. So iſts nun an dem/ daß zwar in ſolche pia deſideria oder vorred uͤber
Arnden Poſtill nach der gnade GOttes die mir damahl gegeben geweſen/ einen
ziemlichen theil der jenigen gedancken gefaſſet/ ſo ich uͤber die allgemeine verbeſſe-
rung der kirchen in offtmahligen nachdencken bey mir befunden: Gleich wie ich
aber nimmermehr habe gedencken koͤnnen/ daß ein ſo geringes und kleines ſcri-
ptum,
ſonderlich von einem weniger bekanten mann/ und der ſo vielen anderen an
wurde der perſon und amts nicht gleich iſt/ ſo viele apprehenſion an ſo viel orten
erwecken ſolte; in dem viele gute hin und wieder ſich befindende gemuͤther dadurch
weiter ermuntertzu ſeyn bekant haben/ andere auch hie und da damit rege gemacht
worden ſind/ der ſache tieffer nachzuſinnen/ welches ich ſonderlich geſucht/ der je-
nigen zugeſchweigen/ welche mit ſchaͤlen augen ſolche blaͤttlein biß dahero angeſehen/
ob zwar annoch offentlich unangefochten gelaſſen/ und alſo ſolches ſcriptum durch
unſere gantze Evangeliſche kirche allerorten hin durch gedrungen (weswegen dem
grundguͤtigen GOTT vor ſeine unverhoffte gnade und ſegen nicht genugſam in de-

muth
Z
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[177/0195] ARTIC. I. DISTINCTIO II. SECTIO XI. tel ſein mag/ daß ſolche/ die da einen zweck haben/ ſich untereinander beſſer bekant machen/ und nachmal ſo wol mit beten vor einander kaͤmpffen/ als einer den an- dern mit rath/ troſt/ und zuſpruch an die hand gehe/ ſo iſt mirs ſo viel lieber/ der treu- en zeuͤgen Gottes mehrere keñen zu lernen/ und mit denſelbigen in heiliger freund- ſchafft bunde zu ſtehen. Das communicirte bedencken eines ungenanten freun- des uͤber meine pia deſideria, wie auch von der ſuͤnde in den heiligen Geiſt/ hat mich hertzlich vergnuͤget: und ſage vor ſolche uns geſchehene communication, freundlichen danck/ ſo wol ihn/ geliebter bruder/ als durch ihn ſolchen lieben manne/ von dem es hergekommen. Wider die erklaͤhrung der ſuͤnde in dem heiligen Geiſt/ finde nicht wol etwas zu ſagen. Was die cenſuram meines ſcripti an- langt/ wollen dieſelbe beyde nicht gedencken/ daß ich ſolche anders als mit liebe und danck aufnehme: Der ich williglich von jeglichen der geringſten unter meiner ge- meinde alle erinnerung anzunehmen bereit bin/ auch meine zuhoͤrer offt von ſolcher ihrer pflicht unterrichte/ daß ſie doͤrfften und ſolten ihre prediger ſo wol erinnern/ als ſie von denſelben ihre erinnerung anzunehmen haben. Warum ſolte dann mit an- dern gemuͤth daß jenige anſehen/ was von andern treuen dienern GOttes zu mei- ner aufferbauung mir hinterbracht wird? Der HErr vergelte allen ſolchen/ das jenige in gnaden/ was ſie an meiner ſeelen thun/ oder zu thun ſich unterſtehen. Wie dann auch/ wo einiger an mir irren/ und andere gedancken von mir als etwa an mir waͤre/ haben ſolte/ ich deß wegen mich nicht zu beſchwehren/ ſondern ihme be- reits vor ſeinen guten willen zu dancken/ und hin wieder mich in liebe/ was er anders angenommen haͤtte/ zu erklaͤhren haͤtte. Wie ich dann nicht zweiffle/ mein wer- ther freund werde ſo wol ſelbs/ als auch ſein vertrauter bruder/ mit gleicher liebe aufnehmen/ was jetzo zu meiner erklaͤhrung hiermit freundlich anfuͤge/ auch hoffe/ daß damit ein ſo viel mehrers vertrauen gegen mich moͤge geſtifftet und befeſtigt werden. So iſts nun an dem/ daß zwar in ſolche pia deſideria oder vorred uͤber Arnden Poſtill nach der gnade GOttes die mir damahl gegeben geweſen/ einen ziemlichen theil der jenigen gedancken gefaſſet/ ſo ich uͤber die allgemeine verbeſſe- rung der kirchen in offtmahligen nachdencken bey mir befunden: Gleich wie ich aber nimmermehr habe gedencken koͤnnen/ daß ein ſo geringes und kleines ſcri- ptum, ſonderlich von einem weniger bekanten mann/ und der ſo vielen anderen an wurde der perſon und amts nicht gleich iſt/ ſo viele apprehenſion an ſo viel orten erwecken ſolte; in dem viele gute hin und wieder ſich befindende gemuͤther dadurch weiter ermuntertzu ſeyn bekant haben/ andere auch hie und da damit rege gemacht worden ſind/ der ſache tieffer nachzuſinnen/ welches ich ſonderlich geſucht/ der je- nigen zugeſchweigen/ welche mit ſchaͤlen augen ſolche blaͤttlein biß dahero angeſehen/ ob zwar annoch offentlich unangefochten gelaſſen/ und alſo ſolches ſcriptum durch unſere gantze Evangeliſche kirche allerorten hin durch gedrungen (weswegen dem grundguͤtigen GOTT vor ſeine unverhoffte gnade und ſegen nicht genugſam in de- muth Z

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/195>, abgerufen am 23.11.2024.