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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
muth meines hertzens dancken kan) also bekenne gern/ daß es nicht mit der so ge-
nauen und sorgfältigen überlegung aufgesetzt worden/ als sonsten die wichtigkeit
der materien erfordert hätte/ wo die intention gewesen wäre/ etwas hauptsäch-
lichers vorzunehmen. Wie dann selbsten sehe/ daß manches auf eine viel andere
art würde auszuführen gewesen seyn/ in solcher absicht/ als damahl geschehen ist/
da ich in der enge einiger wochen/ als der truck der Postill bey annahender meß zu
ende gehen wolte/ daß jenige zu papier gebracht/ was mir biß dahin angelegen ge-
wesen/ und nachgeschehener communication mit meinen geliebten Herrn Col-
legis
so bald dem truck muste überlassen werden/ als der ich zu dem zweck den ich
vor augen hatte/ auch ein weniger außgearbeitetes wercklein/ genugsam achtete/
nemlich so wol offentlich zu bezeugen/ daß ich auch einer aus dem jenigen seye/ welche
über die gegenwärtige greuel keinen gefallen haben/ sondern von grund der seelen
seufftzen/ als auch andere mit vorlegung gewisser puncten zur deliberation, so
vielmehr aufzumunteren/ der sache in der furcht des HErrn reifflicher nachzuden-
cken. Will man also das gute/ so darinnen ist/ einen edelstein vergleichen/ so las-
se ich es gern geschehen/ daß derselbe als noch zimlich rau angesehen werde/ und
vieles polirens bedörffe. Wie mir denn aller der jenigen arbeit/ die deßwegen
sich daran versuchen wollen/ eine liebes-that geachtet wird werden. Der vor-
schlag der übung des geistlichen priesterthums/ und dann einiger zusammen künfften
nach der art 1. Cor. 14. ist nach meiner eigenen absicht wol der vornemste/ oder
doch von nicht weniger wichtigkeit/ als einer unter allen. Und bin ich längst in de-
nen gedancken gestanden/ daß auf diese art vornehmlich der kirchen geholffen wer-
den wöchte. Daher als ungefehr Herr Vielitzen predigten von derselben materie
zur hand bekommen/ nicht geruhet/ biß solche hier nachtrucken konte lassen. So
habe selbs einen wenigen anfang bereits von 7. jahren allhier in meinen hauß ge-
macht. Von welchem exercitio in neulichen meinen send-schreiben/ welches
in nechster meß heraus gekommen/ mit mehrern meldung gethan. Jch über-
sendte gern ein exemplar/ wird aber auf der post zu groß/ und hätte zu bitten ein
exemplar von Tübingen bringen zu lassen/ will gern das pretium wieder erstatten.
Es ist zwar solche privat-übung oder zusammen kunfft noch bey weiten nicht in dem
stand/ wie sie seyn solte/ und daß davon ein sonderbahrer nutzen zu hoffen stünde.
Jn dem es nur an der autorität manglet/ die nothwendige anstalten dabey zu ma-
chen/ das deswegen muß gehen lassen/ wie sichs selber gibt/ u. doch noch dabey in ge-
fahr stehen/ daß mir das jenige was ich habe/ wieder entzoge werde. Jndessen hoffe
ich gleichwol/ mag auch dieser schatten des jenigen/ was man gern wünschte/ bereits
andere zur nachfolge reitzen/ massen wircklich einiger orten deraleichen nachgeah-
met/ und versuchet worden. Und mag leicht geschlossen werden/ da der barmhertzige
Gott unseren so geringen und wenigen anfang in der unordnung darinnen es an-
noch bestehet/ nicht gantz ungesegnet gelassen (davo[r] ihm ewiger danck gebühret)
daß unterschiedliche personen durch solche übung sich nicht wenig bewogen und

kräff-

Das ſechſte Capitel.
muth meines hertzens dancken kan) alſo bekenne gern/ daß es nicht mit der ſo ge-
nauen und ſorgfaͤltigen uͤberlegung aufgeſetzt worden/ als ſonſten die wichtigkeit
der materien erfordert haͤtte/ wo die intention geweſen waͤre/ etwas hauptſaͤch-
lichers vorzunehmen. Wie dann ſelbſten ſehe/ daß manches auf eine viel andere
art wuͤrde auszufuͤhren geweſen ſeyn/ in ſolcher abſicht/ als damahl geſchehen iſt/
da ich in der enge einiger wochen/ als der truck der Poſtill bey annahender meß zu
ende gehen wolte/ daß jenige zu papier gebracht/ was mir biß dahin angelegen ge-
weſen/ und nachgeſchehener communication mit meinen geliebten Herrn Col-
legis
ſo bald dem truck muſte uͤberlaſſen werden/ als der ich zu dem zweck den ich
vor augen hatte/ auch ein weniger außgearbeitetes wercklein/ genugſam achtete/
nemlich ſo wol offentlich zu bezeugen/ daß ich auch einer aus dem jenigen ſeye/ welche
uͤber die gegenwaͤrtige greuel keinen gefallen haben/ ſondern von grund der ſeelen
ſeufftzen/ als auch andere mit vorlegung gewiſſer puncten zur deliberation, ſo
vielmehr aufzumunteren/ der ſache in der furcht des HErrn reifflicher nachzuden-
cken. Will man alſo das gute/ ſo darinnen iſt/ einen edelſtein vergleichen/ ſo laſ-
ſe ich es gern geſchehen/ daß derſelbe als noch zimlich rau angeſehen werde/ und
vieles polirens bedoͤrffe. Wie mir denn aller der jenigen arbeit/ die deßwegen
ſich daran verſuchen wollen/ eine liebes-that geachtet wird werden. Der vor-
ſchlag der uͤbung des geiſtlichen prieſterthums/ und dann einiger zuſammen kuͤnfften
nach der art 1. Cor. 14. iſt nach meiner eigenen abſicht wol der vornemſte/ oder
doch von nicht weniger wichtigkeit/ als einer unter allen. Und bin ich laͤngſt in de-
nen gedancken geſtanden/ daß auf dieſe art vornehmlich der kirchen geholffen wer-
den woͤchte. Daher als ungefehr Herr Vielitzen predigten von derſelben materie
zur hand bekommen/ nicht geruhet/ biß ſolche hier nachtrucken konte laſſen. So
habe ſelbs einen wenigen anfang bereits von 7. jahren allhier in meinen hauß ge-
macht. Von welchem exercitio in neulichen meinen ſend-ſchreiben/ welches
in nechſter meß heraus gekommen/ mit mehrern meldung gethan. Jch uͤber-
ſendte gern ein exemplar/ wird aber auf der poſt zu groß/ und haͤtte zu bitten ein
exemplar von Tuͤbingen bringen zu laſſen/ will gern das pretium wieder erſtatten.
Es iſt zwar ſolche privat-uͤbung oder zuſammen kunfft noch bey weiten nicht in dem
ſtand/ wie ſie ſeyn ſolte/ und daß davon ein ſonderbahrer nutzen zu hoffen ſtuͤnde.
Jn dem es nur an der autoritaͤt manglet/ die nothwendige anſtalten dabey zu ma-
chen/ das deswegen muß gehen laſſen/ wie ſichs ſelber gibt/ u. doch noch dabey in ge-
fahr ſtehen/ daß mir das jenige was ich habe/ wieder entzoge werde. Jndeſſen hoffe
ich gleichwol/ mag auch dieſer ſchatten des jenigen/ was man gern wuͤnſchte/ bereits
andere zur nachfolge reitzen/ maſſen wircklich einiger orten deraleichen nachgeah-
met/ und verſuchet worden. Und mag leicht geſchloſſen werden/ da der barmhertzige
Gott unſeren ſo geringen und wenigen anfang in der unordnung darinnen es an-
noch beſtehet/ nicht gantz ungeſegnet gelaſſen (davo[r] ihm ewiger danck gebuͤhret)
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kraͤff-
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[178/0196] Das ſechſte Capitel. muth meines hertzens dancken kan) alſo bekenne gern/ daß es nicht mit der ſo ge- nauen und ſorgfaͤltigen uͤberlegung aufgeſetzt worden/ als ſonſten die wichtigkeit der materien erfordert haͤtte/ wo die intention geweſen waͤre/ etwas hauptſaͤch- lichers vorzunehmen. Wie dann ſelbſten ſehe/ daß manches auf eine viel andere art wuͤrde auszufuͤhren geweſen ſeyn/ in ſolcher abſicht/ als damahl geſchehen iſt/ da ich in der enge einiger wochen/ als der truck der Poſtill bey annahender meß zu ende gehen wolte/ daß jenige zu papier gebracht/ was mir biß dahin angelegen ge- weſen/ und nachgeſchehener communication mit meinen geliebten Herrn Col- legis ſo bald dem truck muſte uͤberlaſſen werden/ als der ich zu dem zweck den ich vor augen hatte/ auch ein weniger außgearbeitetes wercklein/ genugſam achtete/ nemlich ſo wol offentlich zu bezeugen/ daß ich auch einer aus dem jenigen ſeye/ welche uͤber die gegenwaͤrtige greuel keinen gefallen haben/ ſondern von grund der ſeelen ſeufftzen/ als auch andere mit vorlegung gewiſſer puncten zur deliberation, ſo vielmehr aufzumunteren/ der ſache in der furcht des HErrn reifflicher nachzuden- cken. Will man alſo das gute/ ſo darinnen iſt/ einen edelſtein vergleichen/ ſo laſ- ſe ich es gern geſchehen/ daß derſelbe als noch zimlich rau angeſehen werde/ und vieles polirens bedoͤrffe. Wie mir denn aller der jenigen arbeit/ die deßwegen ſich daran verſuchen wollen/ eine liebes-that geachtet wird werden. Der vor- ſchlag der uͤbung des geiſtlichen prieſterthums/ und dann einiger zuſammen kuͤnfften nach der art 1. Cor. 14. iſt nach meiner eigenen abſicht wol der vornemſte/ oder doch von nicht weniger wichtigkeit/ als einer unter allen. Und bin ich laͤngſt in de- nen gedancken geſtanden/ daß auf dieſe art vornehmlich der kirchen geholffen wer- den woͤchte. Daher als ungefehr Herr Vielitzen predigten von derſelben materie zur hand bekommen/ nicht geruhet/ biß ſolche hier nachtrucken konte laſſen. So habe ſelbs einen wenigen anfang bereits von 7. jahren allhier in meinen hauß ge- macht. Von welchem exercitio in neulichen meinen ſend-ſchreiben/ welches in nechſter meß heraus gekommen/ mit mehrern meldung gethan. Jch uͤber- ſendte gern ein exemplar/ wird aber auf der poſt zu groß/ und haͤtte zu bitten ein exemplar von Tuͤbingen bringen zu laſſen/ will gern das pretium wieder erſtatten. Es iſt zwar ſolche privat-uͤbung oder zuſammen kunfft noch bey weiten nicht in dem ſtand/ wie ſie ſeyn ſolte/ und daß davon ein ſonderbahrer nutzen zu hoffen ſtuͤnde. Jn dem es nur an der autoritaͤt manglet/ die nothwendige anſtalten dabey zu ma- chen/ das deswegen muß gehen laſſen/ wie ſichs ſelber gibt/ u. doch noch dabey in ge- fahr ſtehen/ daß mir das jenige was ich habe/ wieder entzoge werde. Jndeſſen hoffe ich gleichwol/ mag auch dieſer ſchatten des jenigen/ was man gern wuͤnſchte/ bereits andere zur nachfolge reitzen/ maſſen wircklich einiger orten deraleichen nachgeah- met/ und verſuchet worden. Und mag leicht geſchloſſen werden/ da der barmhertzige Gott unſeren ſo geringen und wenigen anfang in der unordnung darinnen es an- noch beſtehet/ nicht gantz ungeſegnet gelaſſen (davor ihm ewiger danck gebuͤhret) daß unterſchiedliche perſonen durch ſolche uͤbung ſich nicht wenig bewogen und kraͤff-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/196>, abgerufen am 09.11.2024.