Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. ZUm fördersten bezeuge hertzlich/ daß mich so wohl dessen eigenes/ als unsers ge-
Das ſechſte Capitel. ZUm foͤrderſten bezeuge hertzlich/ daß mich ſo wohl deſſen eigenes/ als unſers ge-
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Das ſechſte Capitel.
ZUm foͤrderſten bezeuge hertzlich/ daß mich ſo wohl deſſen eigenes/ als unſers
geliebten freundes/ beygelegtes ſchreiben nicht wenig erfreuet/ in anſehung
der auffrichtigen intention zu goͤttlichen reichs befoͤrderung/ welche ich
auch in den jenigen liebe/ ſo in den vorſchlaͤgen nicht mit mir/ noch ich mit ihnen/ ei-
nig bin: So denn wegen der offenhertzigen freyheit mit mir zu handlen/ die mir
wol gefaͤllet/ und wo ich ſie wahrnehme/ eine ſo viel mehrere liebe bey mir erwe-
cket. Und was iſt uns Chriſten anſtaͤndiger/ als das wir uns/ ſonderlich/ die wir
zu dem dienſt der kirchen ſonderbar beruffen ſind/ untereinander treulich auff-
muntern/ und jeglicher an ſeinem bruder mit der gabe zu arbeiten trachte/ die ihm
gegeben iſt? Wozu denn gehoͤret/ uͤber die dinge/ da wir nicht einerley gedancken
haben/ freundlich und bruͤderlich zu conferiren, aus welcher correſpondenz al-
lemahl einiger nutzen zu hoffen/ im fall ſolche in ſeiner furcht/ und hertzlicher liebe
angeſtellt werden/ ohne einiges geſuch und fleiſchliche abſichten/ von denen wir uns
einmal reinigen muͤſſen/ wollen wir in der ſache GOttes etwas nutzliches ausrich-
ten: hingegen vergebens reden und handlen wuͤrden/ wo fern wir auff einer oder an-
dern ſeiten nur allein recht zu behalten uns ſteiffen/ und einiger wahrheit/ dero das
gewiſſen uns uͤberzeuget/ freventlich widerſprechen wolten. Wie ich mich denn/
nach ohne das obligender ſchuldigkeit dahin verbinde/ von jedem bruder das jenige
willig anzunehmen/ was von ihme alſo vorgetragen wird/ daß ich deſſen uͤberzeu-
gung in meiner ſeelen finde. Und wozu diente das widerſprechen wider das ge-
wiſſen/ daruͤber wir nach ſo kurtzer zeit vor jenem gericht offentlich wuͤrden zu ſchan-
den werden? Daher mein vielgeliebter bruder ſich verſichere/ daß was jetzo ſchrei-
be/ das nicht in allem mit demſelben und ſeinem geliebten freund annoch einzuſtim-
men vermag/ geſchehe nicht aus einiger begierde nicht uͤber einigen zu erheben/ mei-
ner meinung hartnaͤckig anzuhaͤngen/ oder mir das reformations werck zu zumeſ-
ſen. Als der ich wol weiß/ nicht nur/ daß das reformations werck nicht eines
mannes arbeit ſeye/ ſondern daß an den jenigen/ was der HERR an ſeiner kirchen
vorhaben mag/ ich weder der vornehmſte/ noch einer von den vornehmſten ſeyn
ſolle/ als worzu mir die gaben nicht gegeben. Mir iſts ſchon mehr ehr/ als ich ver-
diene/ das mein GOTT meine pia deſideria ſo weit geſegnet/ daß ſie als eine
ziemlich ausſchallende ſtimme unterſchiedliche erwecket und auffgemuntert haben/
nicht etwa von mir zu lernen/ ſondern der ſachen weiter nachzudencken/ nach den
gaben/ die ſie von GOtt haben/ und er ihnen/ wo ſie anfangen ihm treu zu ſeyn/ fer-
ner geben wird. Uber dieſe auffmunterung ſehe ich nicht/ das GOTT mehr
durch mich zuthun vorhaben ſolte/ ohne daß ich an meiner particular gemeinde nach
vermoͤgen zu arbeiten/ und was ſo wol mit ſchreiben zwiſchen guten freunden zu
allerſeits erbauung ausgerichtet werden mag/ als etwa an ein und andern einfaͤlti-
gen von mir geſchehen zu koͤnnen/ er die gelegenheit geben wird/ mich deroſelben zu
ge-
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