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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
sind/ nicht eben Babel heissen müssen/ so vielweniger die jenige/ die nicht ausser der-
selben eusserlichen gemeinschafft/ sondern inner derselben. Das letzte betrifft
wiederum Jacob Böhmen Schrifften/ woich nicht nur gewissens halben bey
meiner vorigen epokhe bleiben muß/ sondern auch nicht sehe/ wie mir ein mehrers
zugemuthet werden möge; Jch habe neulich solches in einer antwort an einen gu-
ten freund auff etzliche fragen aus demselben mit mehrerem/ und also verhoffent-
li[c]h außgeführet/ daß er damit zu frieden seyn werde. Die ursach daß ich ihn nicht
verstehe/ ist keine gesuchte außflucht/ sondern die warheit aus hertzens grund. Jch
habe vordem ein zimlich theil seines büchleins de 3. principiis gelesen/ so dann auch
von wahrer buß/ ich habe aber/ so ich mit wahrheit zeugen kan/ nach dem ichs ge-
lesen hatte/ nicht recht gewust/ was ich gelesen habe; Jch fande nicht eigentlich/ ob
er mit der jenigen wahrheit über einkähme/ die ich sonsten aus der Schrifft gefasset/
oder ob er derselben widerspreche. Jn etlichen kam mirs vor/ das er davon abgin-
ge/ jedoch sahe ich nicht recht/ ob ich den sinn des mannes gantz assequiret/ oder nicht?
Deswegen ich auch solches büchlein aus der hand geleget/ und nicht absolviret/
noch weiter in andern seinen Schrifften zu lesen mich bemühet habe; ohne allein
daß auch in dem mysterio magno einmahl eingesehen/ aber so balden solche diffi-
cultet
auch gefunden. Was will mich dann obligiren über eines mannes Schriff-
ten zu sitzen/ worin ich so kümmerlich nur etwas verstehe/ und doch weil ich nicht
weiß/ ob ich den gebrauch seiner terminorum recht fasse/ nach langer arbeit unge-
wiß wäre/ ob ich ihn auch recht gefast? Da ich die liebe Schrifft und so viel liebe
andere bücher habe/ worinnen ich ohne solches kopffbrechens den sinn derselben so
deutlich vor augen habe. Um so vielmehr/ nachdem aus unterschiedlichen ursachen
er mir auffs wenigste etwas verdächtig/ daß ich also nicht weiß/ ob mir mein ange-
wendete mühe endlich mit einer erbauung werde ersetzt werden. Da doch/ wo ich
auch viel gutes darinnen zu seyn wüste/ ich doch auch andere ohnverdächtige bücher/
die ihre sachen etwas schwer vortragen/ bey seit lege/ als lang ich die verlangte er-
bauung in den leichtern haben kan. Jch erkenne die Schrifft freylich vor eine voll-
kommene normam veri et falsi. Hoffte auch/ wo es eine nothwendigkeit wäre/
die mühe anzuwenden/ auch in dieses mannes Schrifften vieles zu erkennen/ obs wahr
oder falsch/ wo es nur erstlich in solche propositiones resolviret wäre/ die ich ohn-
zweiffelig verstünde. Wie ich aber/ was mir in einer fremden sprach vorgelegt
wird/ nicht prüffen kan/ weil ich es nicht verstehe/ also ists nicht viel anders/ wo et-
was zwar in einer bekanten sprach/ aber mit solchen terminis und stylo, abgefasset
ist/ daß ich des verstandes nicht sicher bin: Wie mirs in dem tractat de trib is
principiis
begegnet ist. So kans auch wol seyn/ ob schon die Schrifft die perse-
cta norma
aller warheit ist/ daß ich vieles auch in deroselben/ so über das maß der
gaben so mir gegeben gehet/ nicht genugsam verstehe/ welches von mir zu bekennen/

ich

Das ſechſte Capitel.
ſind/ nicht eben Babel heiſſen muͤſſen/ ſo vielweniger die jenige/ die nicht auſſer der-
ſelben euſſerlichen gemeinſchafft/ ſondern inner derſelben. Das letzte betrifft
wiederum Jacob Boͤhmen Schrifften/ woich nicht nur gewiſſens halben bey
meiner vorigen ἐποχῇ bleiben muß/ ſondern auch nicht ſehe/ wie mir ein mehrers
zugemuthet werden moͤge; Jch habe neulich ſolches in einer antwoꝛt an einen gu-
ten freund auff etzliche fragen aus demſelben mit mehrerem/ und alſo verhoffent-
li[c]h außgefuͤhret/ daß er damit zu frieden ſeyn werde. Die urſach daß ich ihn nicht
verſtehe/ iſt keine geſuchte außflucht/ ſondern die warheit aus hertzens grund. Jch
habe vordem ein zimlich theil ſeines buͤchleins de 3. principiis geleſen/ ſo dann auch
von wahrer buß/ ich habe aber/ ſo ich mit wahrheit zeugen kan/ nach dem ichs ge-
leſen hatte/ nicht recht gewuſt/ was ich geleſen habe; Jch fande nicht eigentlich/ ob
er mit der jenigen wahrheit uͤber einkaͤhme/ die ich ſonſten aus der Schrifft gefaſſet/
oder ob er derſelben widerſpreche. Jn etlichen kam mirs vor/ das er davon abgin-
ge/ jedoch ſahe ich nicht recht/ ob ich den ſinn des mannes gantz aſſequiret/ oder nicht?
Deswegen ich auch ſolches buͤchlein aus der hand geleget/ und nicht abſolviret/
noch weiter in andern ſeinen Schrifften zu leſen mich bemuͤhet habe; ohne allein
daß auch in dem myſterio magno einmahl eingeſehen/ aber ſo balden ſolche diffi-
cultet
auch gefunden. Was will mich dann obligiren uͤber eines mannes Schriff-
ten zu ſitzen/ worin ich ſo kuͤmmerlich nur etwas verſtehe/ und doch weil ich nicht
weiß/ ob ich den gebrauch ſeiner terminorum recht faſſe/ nach langer arbeit unge-
wiß waͤre/ ob ich ihn auch recht gefaſt? Da ich die liebe Schrifft und ſo viel liebe
andere buͤcher habe/ worinnen ich ohne ſolches kopffbrechens den ſinn derſelben ſo
deutlich vor augen habe. Um ſo vielmehr/ nachdem aus unterſchiedlichen urſachen
er mir auffs wenigſte etwas verdaͤchtig/ daß ich alſo nicht weiß/ ob mir mein ange-
wendete muͤhe endlich mit einer erbauung werde erſetzt werden. Da doch/ wo ich
auch viel gutes darinnen zu ſeyn wuͤſte/ ich doch auch andere ohnverdaͤchtige buͤcher/
die ihre ſachen etwas ſchwer vortragen/ bey ſeit lege/ als lang ich die verlangte er-
bauung in den leichtern haben kan. Jch erkenne die Schrifft freylich vor eine voll-
kommene normam veri et falſi. Hoffte auch/ wo es eine nothwendigkeit waͤre/
die muͤhe anzuwenden/ auch in dieſes mañes Schrifften vieles zu erkeñen/ obs wahr
oder falſch/ wo es nur erſtlich in ſolche propoſitiones reſolviret waͤre/ die ich ohn-
zweiffelig verſtuͤnde. Wie ich aber/ was mir in einer fremden ſprach vorgelegt
wird/ nicht pruͤffen kan/ weil ich es nicht verſtehe/ alſo iſts nicht viel anders/ wo et-
was zwar in einer bekanten ſprach/ aber mit ſolchen terminis und ſtylo, abgefaſſet
iſt/ daß ich des verſtandes nicht ſicher bin: Wie mirs in dem tractat de trib is
principiis
begegnet iſt. So kans auch wol ſeyn/ ob ſchon die Schrifft die perſe-
cta norma
aller warheit iſt/ daß ich vieles auch in deroſelben/ ſo uͤber das maß der
gaben ſo mir gegeben gehet/ nicht genugſam verſtehe/ welches von mir zu bekennen/

ich
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[238[240]/0258] Das ſechſte Capitel. ſind/ nicht eben Babel heiſſen muͤſſen/ ſo vielweniger die jenige/ die nicht auſſer der- ſelben euſſerlichen gemeinſchafft/ ſondern inner derſelben. Das letzte betrifft wiederum Jacob Boͤhmen Schrifften/ woich nicht nur gewiſſens halben bey meiner vorigen ἐποχῇ bleiben muß/ ſondern auch nicht ſehe/ wie mir ein mehrers zugemuthet werden moͤge; Jch habe neulich ſolches in einer antwoꝛt an einen gu- ten freund auff etzliche fragen aus demſelben mit mehrerem/ und alſo verhoffent- lich außgefuͤhret/ daß er damit zu frieden ſeyn werde. Die urſach daß ich ihn nicht verſtehe/ iſt keine geſuchte außflucht/ ſondern die warheit aus hertzens grund. Jch habe vordem ein zimlich theil ſeines buͤchleins de 3. principiis geleſen/ ſo dann auch von wahrer buß/ ich habe aber/ ſo ich mit wahrheit zeugen kan/ nach dem ichs ge- leſen hatte/ nicht recht gewuſt/ was ich geleſen habe; Jch fande nicht eigentlich/ ob er mit der jenigen wahrheit uͤber einkaͤhme/ die ich ſonſten aus der Schrifft gefaſſet/ oder ob er derſelben widerſpreche. Jn etlichen kam mirs vor/ das er davon abgin- ge/ jedoch ſahe ich nicht recht/ ob ich den ſinn des mannes gantz aſſequiret/ oder nicht? Deswegen ich auch ſolches buͤchlein aus der hand geleget/ und nicht abſolviret/ noch weiter in andern ſeinen Schrifften zu leſen mich bemuͤhet habe; ohne allein daß auch in dem myſterio magno einmahl eingeſehen/ aber ſo balden ſolche diffi- cultet auch gefunden. Was will mich dann obligiren uͤber eines mannes Schriff- ten zu ſitzen/ worin ich ſo kuͤmmerlich nur etwas verſtehe/ und doch weil ich nicht weiß/ ob ich den gebrauch ſeiner terminorum recht faſſe/ nach langer arbeit unge- wiß waͤre/ ob ich ihn auch recht gefaſt? Da ich die liebe Schrifft und ſo viel liebe andere buͤcher habe/ worinnen ich ohne ſolches kopffbrechens den ſinn derſelben ſo deutlich vor augen habe. Um ſo vielmehr/ nachdem aus unterſchiedlichen urſachen er mir auffs wenigſte etwas verdaͤchtig/ daß ich alſo nicht weiß/ ob mir mein ange- wendete muͤhe endlich mit einer erbauung werde erſetzt werden. Da doch/ wo ich auch viel gutes darinnen zu ſeyn wuͤſte/ ich doch auch andere ohnverdaͤchtige buͤcher/ die ihre ſachen etwas ſchwer vortragen/ bey ſeit lege/ als lang ich die verlangte er- bauung in den leichtern haben kan. Jch erkenne die Schrifft freylich vor eine voll- kommene normam veri et falſi. Hoffte auch/ wo es eine nothwendigkeit waͤre/ die muͤhe anzuwenden/ auch in dieſes mañes Schrifften vieles zu erkeñen/ obs wahr oder falſch/ wo es nur erſtlich in ſolche propoſitiones reſolviret waͤre/ die ich ohn- zweiffelig verſtuͤnde. Wie ich aber/ was mir in einer fremden ſprach vorgelegt wird/ nicht pruͤffen kan/ weil ich es nicht verſtehe/ alſo iſts nicht viel anders/ wo et- was zwar in einer bekanten ſprach/ aber mit ſolchen terminis und ſtylo, abgefaſſet iſt/ daß ich des verſtandes nicht ſicher bin: Wie mirs in dem tractat de trib is principiis begegnet iſt. So kans auch wol ſeyn/ ob ſchon die Schrifft die perſe- cta norma aller warheit iſt/ daß ich vieles auch in deroſelben/ ſo uͤber das maß der gaben ſo mir gegeben gehet/ nicht genugſam verſtehe/ welches von mir zu bekennen/ ich

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 238[240]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/258>, abgerufen am 22.11.2024.