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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCTIO II. SECTIO XXXIX.
was menschlichen fleiß erlernen kan. Also hat mich mein seliger Praeceptor D.
Dannhauer, informiret,
wie er denn die Hodosophiam oder Theologiam
nostratem
also definirt: est lumen, constans, coeleste, efficax, in oculo
spirituali, puro, illuminabili, quod hominem coelo exulem ad patriae coe-
lestis beatitudinem ductu suavi reducit.
Und nachsolgends beschreibt er
das subjectum, in oculo mentis spirituali ac remoto, puro a nequitia pio-
que, illuminabili s. docili, devoto &c.
diesem folge ich gern/ und achte den
habitum der jenigen nicht würdig den lieben nahmen der Theologiae zu tragen/
welcher nichts göttliches von dem heiligen Geist hat/ sondern sich bey einen welt-
hertzen und gottlosen menschen finden kan. Jch hoffe aber auch nicht/ daß mir eini-
ger cordater Theologus wird hierinnen widersprechen wollen/ und solches ist
meine und meiner freunde meinung/ gantz gemäß der analogiae fidei, wolte Gott
aber auch der erfahrung. Was den innern menschen anlangt/ weiß ich nicht
wie mein hochgeehrter Herr auff die rede komt/ daß ich dadurch verstehe die sonder-
bare genaue vereinigung eines Christen mit Christo. Welches mir gantz unge-
räumt geredet zu seyn deuchtet. Der innere mensch ist der Geist aus Geist ge-
bohren/
welcher dem fleisch aus fleisch gebohren entgegen gesetzt wird/ und begreifft
also den menschen/ wie er nun in krafft des glaubens in der wiedergeburth zu einen
andern menschen worden ist/ in erleuchteten verstand/ himmlisch gesinneten willen/
und dergleichen/ oder wie unser lieber Lutherus in der vorred über die Ep. an die
Römer sagt: daß der glaube ein göttlich werck in uns seye/ daß uns wan-
delt und neu gebieret aus GOtt/ und tödtet den alten Adam/ machet uns
gantz andere menschen von hertzen/ muth/ sinn und allen kräff-
ten/ und bringt den heiligen Geist mit sich.
Wo also bey demsel-
ben die wercke nicht nur allein die äusserlich dem gesetz gemäß geschehen/ wie etwa
bey vielen unwiedergebohrnen offters auch zu geschehen pflegt/ sondern daß das
hertz also gesinnt ist/ wie es äusserlich würcket. Heisset also auff den innern menschen
alles richten/ dieses/ daß man nicht nur einemoral Theologiam aus dem gesetz vor-
trage/ von äusserlichen wercken; sondern trachte die leuthe durch die erkäntnüß der
wohlthaten Christi zu dem wahren glauben zu bringen/ welcher in des heiligen Gei-
stes krafft die hertzen der menschen ändern/ und sie anders gesinnet machen wird/
damit der grund alles guten in dem hertzen geleget werde: Und nachmal was ge-
schiehet/ nicht geschehe aus einer heucheley/ mit absicht auff sich selbs/ oder mit
zwang/ sondern von grund der seelen und aus innerlichen trieb des hertzens. Wo-
von der liebe Lutherus so herrlich offters redet. Das heisset auff den innern men-
schen alles richten; Daher wirds kommen/ daß man die leuthe immer mehr und
mehr gewehne/ auff sich selbs und ihr hertz achtung zu geben/ so wol auff die sünd-
liche bewegungen des fleisches/ die uns/ wo wir sie nicht genau warnehmen/ gar

bald
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ARTIC. I. DISTINCTIO II. SECTIO XXXIX.
was menſchlichen fleiß erlernen kan. Alſo hat mich mein ſeliger Præceptor D.
Dannhauer, informiret,
wie er denn die Hodoſophiam oder Theologiam
noſtratem
alſo definirt: eſt lumen, conſtans, cœleſte, efficax, in oculo
ſpirituali, puro, illuminabili, quod hominem cœlo exulem ad patriæ cœ-
leſtis beatitudinem ductu ſuavi reducit.
Und nachſolgends beſchreibt er
das ſubjectum, in oculo mentis ſpirituali ac remoto, puro à nequitia pio-
que, illuminabili ſ. docili, devoto &c.
dieſem folge ich gern/ und achte den
habitum der jenigen nicht wuͤrdig den lieben nahmen der Theologiæ zu tragen/
welcher nichts goͤttliches von dem heiligen Geiſt hat/ ſondern ſich bey einen welt-
hertzen und gottloſen menſchen finden kan. Jch hoffe aber auch nicht/ daß mir eini-
ger cordater Theologus wird hierinnen widerſprechen wollen/ und ſolches iſt
meine und meiner freunde meinung/ gantz gemaͤß der analogiæ fidei, wolte Gott
aber auch der erfahrung. Was den innern menſchen anlangt/ weiß ich nicht
wie mein hochgeehrter Herr auff die rede komt/ daß ich dadurch verſtehe die ſonder-
bare genaue vereinigung eines Chriſten mit Chriſto. Welches mir gantz unge-
raͤumt geredet zu ſeyn deuchtet. Der innere menſch iſt der Geiſt aus Geiſt ge-
bohren/
welcher dem fleiſch aus fleiſch gebohren entgegen geſetzt wird/ und begreifft
alſo den menſchen/ wie er nun in krafft des glaubens in der wiedergeburth zu einen
andern menſchen worden iſt/ in erleuchteten verſtand/ himmliſch geſinneten willen/
und dergleichen/ oder wie unſer lieber Lutherus in der vorred uͤber die Ep. an die
Roͤmer ſagt: daß der glaube ein goͤttlich werck in uns ſeye/ daß uns wan-
delt und neu gebieret aus GOtt/ und toͤdtet den alten Adam/ machet uns
gantz andere menſchen von hertzen/ muth/ ſinn und allen kraͤff-
ten/ und bringt den heiligen Geiſt mit ſich.
Wo alſo bey demſel-
ben die wercke nicht nur allein die aͤuſſerlich dem geſetz gemaͤß geſchehen/ wie etwa
bey vielen unwiedergebohrnen offters auch zu geſchehen pflegt/ ſondern daß das
hertz alſo geſinnt iſt/ wie es aͤuſſerlich wuͤrcket. Heiſſet alſo auff den innern menſchen
alles richten/ dieſes/ daß man nicht nur einemoral Theologiam aus dem geſetz vor-
trage/ von aͤuſſerlichen wercken; ſondern trachte die leuthe durch die erkaͤntnuͤß der
wohlthaten Chriſti zu dem wahren glauben zu bringen/ welcher in des heiligen Gei-
ſtes krafft die hertzen der menſchen aͤndern/ und ſie anders geſinnet machen wird/
damit der grund alles guten in dem hertzen geleget werde: Und nachmal was ge-
ſchiehet/ nicht geſchehe aus einer heucheley/ mit abſicht auff ſich ſelbs/ oder mit
zwang/ ſondern von grund der ſeelen und aus innerlichen trieb des hertzens. Wo-
von der liebe Lutherus ſo herꝛlich offters redet. Das heiſſet auff den innern men-
ſchen alles richten; Daher wirds kommen/ daß man die leuthe immer mehr und
mehr gewehne/ auff ſich ſelbs und ihr hertz achtung zu geben/ ſo wol auff die ſuͤnd-
liche bewegungen des fleiſches/ die uns/ wo wir ſie nicht genau warnehmen/ gar

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[273[275]/0293] ARTIC. I. DISTINCTIO II. SECTIO XXXIX. was menſchlichen fleiß erlernen kan. Alſo hat mich mein ſeliger Præceptor D. Dannhauer, informiret, wie er denn die Hodoſophiam oder Theologiam noſtratem alſo definirt: eſt lumen, conſtans, cœleſte, efficax, in oculo ſpirituali, puro, illuminabili, quod hominem cœlo exulem ad patriæ cœ- leſtis beatitudinem ductu ſuavi reducit. Und nachſolgends beſchreibt er das ſubjectum, in oculo mentis ſpirituali ac remoto, puro à nequitia pio- que, illuminabili ſ. docili, devoto &c. dieſem folge ich gern/ und achte den habitum der jenigen nicht wuͤrdig den lieben nahmen der Theologiæ zu tragen/ welcher nichts goͤttliches von dem heiligen Geiſt hat/ ſondern ſich bey einen welt- hertzen und gottloſen menſchen finden kan. Jch hoffe aber auch nicht/ daß mir eini- ger cordater Theologus wird hierinnen widerſprechen wollen/ und ſolches iſt meine und meiner freunde meinung/ gantz gemaͤß der analogiæ fidei, wolte Gott aber auch der erfahrung. Was den innern menſchen anlangt/ weiß ich nicht wie mein hochgeehrter Herr auff die rede komt/ daß ich dadurch verſtehe die ſonder- bare genaue vereinigung eines Chriſten mit Chriſto. Welches mir gantz unge- raͤumt geredet zu ſeyn deuchtet. Der innere menſch iſt der Geiſt aus Geiſt ge- bohren/ welcher dem fleiſch aus fleiſch gebohren entgegen geſetzt wird/ und begreifft alſo den menſchen/ wie er nun in krafft des glaubens in der wiedergeburth zu einen andern menſchen worden iſt/ in erleuchteten verſtand/ himmliſch geſinneten willen/ und dergleichen/ oder wie unſer lieber Lutherus in der vorred uͤber die Ep. an die Roͤmer ſagt: daß der glaube ein goͤttlich werck in uns ſeye/ daß uns wan- delt und neu gebieret aus GOtt/ und toͤdtet den alten Adam/ machet uns gantz andere menſchen von hertzen/ muth/ ſinn und allen kraͤff- ten/ und bringt den heiligen Geiſt mit ſich. Wo alſo bey demſel- ben die wercke nicht nur allein die aͤuſſerlich dem geſetz gemaͤß geſchehen/ wie etwa bey vielen unwiedergebohrnen offters auch zu geſchehen pflegt/ ſondern daß das hertz alſo geſinnt iſt/ wie es aͤuſſerlich wuͤrcket. Heiſſet alſo auff den innern menſchen alles richten/ dieſes/ daß man nicht nur einemoral Theologiam aus dem geſetz vor- trage/ von aͤuſſerlichen wercken; ſondern trachte die leuthe durch die erkaͤntnuͤß der wohlthaten Chriſti zu dem wahren glauben zu bringen/ welcher in des heiligen Gei- ſtes krafft die hertzen der menſchen aͤndern/ und ſie anders geſinnet machen wird/ damit der grund alles guten in dem hertzen geleget werde: Und nachmal was ge- ſchiehet/ nicht geſchehe aus einer heucheley/ mit abſicht auff ſich ſelbs/ oder mit zwang/ ſondern von grund der ſeelen und aus innerlichen trieb des hertzens. Wo- von der liebe Lutherus ſo herꝛlich offters redet. Das heiſſet auff den innern men- ſchen alles richten; Daher wirds kommen/ daß man die leuthe immer mehr und mehr gewehne/ auff ſich ſelbs und ihr hertz achtung zu geben/ ſo wol auff die ſuͤnd- liche bewegungen des fleiſches/ die uns/ wo wir ſie nicht genau warnehmen/ gar bald Mm 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 273[275]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/293>, abgerufen am 22.11.2024.