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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
gen lehrern gemein seyen: Da gleichwol nach reifflicher erwegung bey theils der-
selben/ so wohl die arten zu reden/ als lehren selbst richtig und gut sich befinden.
Jn theils aber die meynung selbst des Autoris und seine lehre/ wo sie unter bessern
Terminis gegeben würde/ nicht zutadeln ist/ aber die redens-arten billich zu
corrigiren sind. 2. Sollen einige lehren angezeiget werden/ wo wir we-
der mit der meynung noch redens-
Formuln zu frieden seyn können.

Die erste Classis.

WAs dann die redens-arthen und lehren anlanget/ welche etwa übeln
verstand bey einigen haben/ deßwegen als irrig und unserer Evangelischen
warheit nachtheilig mögen angesehen werden/ in der that aber und in ih-
rem rechten verstand nicht zuverwerffen sind/ oder doch die meynung derselben
nicht böse ist. So hetten wir insgemein wünschen mögen/ daß Herr Stenger zu
weilen lieber mit der kirchen als mit einigen formulen und arthen/ zu reden sich
beflissen hätte: Er nimt zwar zur entschuldigung Einschärff. p. 50. daß man nicht
mordicus müste allerdings an den alten formuln halten: und praefat. p. 16. su-
chet er auff gethanen vorwurff der novität seiner redens-arten zu antworten.
Nun mag alles/ was daselbst gesagt wird/ in seiner masse wol stehen/ daß nem-
lich wir in der erkäntnüß wachsen/ keiner sein pfund vergraben und mit der schrifft
und dero worten zu reden auch mehrere aufferbauung zu suchen jeglichen erlaubet
seyn solle. Es erscheinet aber die krafft des vorwurffs/ so ihm mag geschehen seyn/
noch nicht mit den angeführten entschuldigungen/ genug widerleget: Denn zum
gebrauch einer vorhin gantz ungewohnten/ und zu ungleichem verstand anlaß ge-
bender formul, ist noch nicht gnug/ ob schon solche nicht in den Symbolischen bü-
chern deutlich verworffen/ sie auch etwa mit einigen spruch der schrifft/ die zuwei-
len etwas dunckler und von unterschiedlichen auff unterschiedliche weise pflegen
verstanden zu werden/ übereinkommen scheinen/ auch mehrer nutzen dadurch ge-
suchet wird/ in dem/ daß etwa im gegentheil entstehende ärgernüß der schwachen
und andere absicht/ auff die ruhe der kirchen/ welche damit turbiret werden
mag/ billich den jenigen/ dem das heyl derselben angelegen ist/ anweisen soll/ da er
einerley lehre mit seinen vorfahren führet/ auch einerley formulen zu behalten/
und mit denselben das jenige eben so nachdrucklich und ernstlich zu treiben/ was
man mit neuen formulen thun mögte/ deren neuligkeit/ der lehr vielmehr einigen
nachtheil zuzeucht/ als mehrern nachdruck giebt. Wie wir denn nicht sehen/ daß
einiges von ihm Herr Stengern/ getrieben worden/ das nicht eben so kräfftig mit
den gewöhnlichen redens-arten hätte geschehen können. Daß daher die absicht
auff mehrern nutzen der kirchen/ welcher nicht erscheinet/ die sache nicht bloß aus-
gemacht; Also seind wir zwar darinnen wol mit ihm einer meinung/ daß man

nicht

Das ſechſte Capitel.
gen lehrern gemein ſeyen: Da gleichwol nach reifflicher erwegung bey theils der-
ſelben/ ſo wohl die arten zu reden/ als lehren ſelbſt richtig und gut ſich befinden.
Jn theils aber die meynung ſelbſt des Autoris und ſeine lehre/ wo ſie unter beſſern
Terminis gegeben wuͤrde/ nicht zutadeln iſt/ aber die redens-arten billich zu
corrigiren ſind. 2. Sollen einige lehren angezeiget werden/ wo wir we-
der mit der meynung noch redens-
Formuln zu frieden ſeyn koͤnnen.

Die erſte Claſſis.

WAs dann die redens-arthen und lehren anlanget/ welche etwa uͤbeln
verſtand bey einigen haben/ deßwegen als irrig und unſerer Evangeliſchen
warheit nachtheilig moͤgen angeſehen werden/ in der that aber und in ih-
rem rechten verſtand nicht zuverwerffen ſind/ oder doch die meynung derſelben
nicht boͤſe iſt. So hetten wir insgemein wuͤnſchen moͤgen/ daß Herr Stenger zu
weilen lieber mit der kirchen als mit einigen formulen und arthen/ zu reden ſich
befliſſen haͤtte: Er nimt zwar zur entſchuldigung Einſchaͤrff. p. 50. daß man nicht
mordicus muͤſte allerdings an den alten formuln halten: und præfat. p. 16. ſu-
chet er auff gethanen vorwurff der novitaͤt ſeiner redens-arten zu antworten.
Nun mag alles/ was daſelbſt geſagt wird/ in ſeiner maſſe wol ſtehen/ daß nem-
lich wir in der erkaͤntnuͤß wachſen/ keiner ſein pfund vergraben und mit der ſchrifft
und dero worten zu reden auch mehrere aufferbauung zu ſuchen jeglichen erlaubet
ſeyn ſolle. Es erſcheinet aber die krafft des vorwurffs/ ſo ihm mag geſchehen ſeyn/
noch nicht mit den angefuͤhrten entſchuldigungen/ genug widerleget: Denn zum
gebrauch einer vorhin gantz ungewohnten/ und zu ungleichem verſtand anlaß ge-
bender formul, iſt noch nicht gnug/ ob ſchon ſolche nicht in den Symboliſchen buͤ-
chern deutlich verworffen/ ſie auch etwa mit einigen ſpruch der ſchrifft/ die zuwei-
len etwas dunckler und von unterſchiedlichen auff unterſchiedliche weiſe pflegen
verſtanden zu werden/ uͤbereinkommen ſcheinen/ auch mehrer nutzen dadurch ge-
ſuchet wird/ in dem/ daß etwa im gegentheil entſtehende aͤrgernuͤß der ſchwachen
und andere abſicht/ auff die ruhe der kirchen/ welche damit turbiret werden
mag/ billich den jenigen/ dem das heyl derſelben angelegen iſt/ anweiſen ſoll/ da er
einerley lehre mit ſeinen vorfahren fuͤhret/ auch einerley formulen zu behalten/
und mit denſelben das jenige eben ſo nachdrucklich und ernſtlich zu treiben/ was
man mit neuen formulen thun moͤgte/ deren neuligkeit/ der lehr vielmehr einigen
nachtheil zuzeucht/ als mehrern nachdruck giebt. Wie wir denn nicht ſehen/ daß
einiges von ihm Herr Stengern/ getrieben worden/ das nicht eben ſo kraͤfftig mit
den gewoͤhnlichen redens-arten haͤtte geſchehen koͤnnen. Daß daher die abſicht
auff mehrern nutzen der kirchen/ welcher nicht erſcheinet/ die ſache nicht bloß aus-
gemacht; Alſo ſeind wir zwar darinnen wol mit ihm einer meinung/ daß man

nicht
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[20/0038] Das ſechſte Capitel. gen lehrern gemein ſeyen: Da gleichwol nach reifflicher erwegung bey theils der- ſelben/ ſo wohl die arten zu reden/ als lehren ſelbſt richtig und gut ſich befinden. Jn theils aber die meynung ſelbſt des Autoris und ſeine lehre/ wo ſie unter beſſern Terminis gegeben wuͤrde/ nicht zutadeln iſt/ aber die redens-arten billich zu corrigiren ſind. 2. Sollen einige lehren angezeiget werden/ wo wir we- der mit der meynung noch redens-Formuln zu frieden ſeyn koͤnnen. Die erſte Claſſis. WAs dann die redens-arthen und lehren anlanget/ welche etwa uͤbeln verſtand bey einigen haben/ deßwegen als irrig und unſerer Evangeliſchen warheit nachtheilig moͤgen angeſehen werden/ in der that aber und in ih- rem rechten verſtand nicht zuverwerffen ſind/ oder doch die meynung derſelben nicht boͤſe iſt. So hetten wir insgemein wuͤnſchen moͤgen/ daß Herr Stenger zu weilen lieber mit der kirchen als mit einigen formulen und arthen/ zu reden ſich befliſſen haͤtte: Er nimt zwar zur entſchuldigung Einſchaͤrff. p. 50. daß man nicht mordicus muͤſte allerdings an den alten formuln halten: und præfat. p. 16. ſu- chet er auff gethanen vorwurff der novitaͤt ſeiner redens-arten zu antworten. Nun mag alles/ was daſelbſt geſagt wird/ in ſeiner maſſe wol ſtehen/ daß nem- lich wir in der erkaͤntnuͤß wachſen/ keiner ſein pfund vergraben und mit der ſchrifft und dero worten zu reden auch mehrere aufferbauung zu ſuchen jeglichen erlaubet ſeyn ſolle. Es erſcheinet aber die krafft des vorwurffs/ ſo ihm mag geſchehen ſeyn/ noch nicht mit den angefuͤhrten entſchuldigungen/ genug widerleget: Denn zum gebrauch einer vorhin gantz ungewohnten/ und zu ungleichem verſtand anlaß ge- bender formul, iſt noch nicht gnug/ ob ſchon ſolche nicht in den Symboliſchen buͤ- chern deutlich verworffen/ ſie auch etwa mit einigen ſpruch der ſchrifft/ die zuwei- len etwas dunckler und von unterſchiedlichen auff unterſchiedliche weiſe pflegen verſtanden zu werden/ uͤbereinkommen ſcheinen/ auch mehrer nutzen dadurch ge- ſuchet wird/ in dem/ daß etwa im gegentheil entſtehende aͤrgernuͤß der ſchwachen und andere abſicht/ auff die ruhe der kirchen/ welche damit turbiret werden mag/ billich den jenigen/ dem das heyl derſelben angelegen iſt/ anweiſen ſoll/ da er einerley lehre mit ſeinen vorfahren fuͤhret/ auch einerley formulen zu behalten/ und mit denſelben das jenige eben ſo nachdrucklich und ernſtlich zu treiben/ was man mit neuen formulen thun moͤgte/ deren neuligkeit/ der lehr vielmehr einigen nachtheil zuzeucht/ als mehrern nachdruck giebt. Wie wir denn nicht ſehen/ daß einiges von ihm Herr Stengern/ getrieben worden/ das nicht eben ſo kraͤfftig mit den gewoͤhnlichen redens-arten haͤtte geſchehen koͤnnen. Daß daher die abſicht auff mehrern nutzen der kirchen/ welcher nicht erſcheinet/ die ſache nicht bloß aus- gemacht; Alſo ſeind wir zwar darinnen wol mit ihm einer meinung/ daß man nicht

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/38>, abgerufen am 23.11.2024.