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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
haben/ aufs wenigste habe ich sein talentum daraus dermassen zu seyn er-
kant/ daß er auf veranlassung vor vielen andern hievon etwas gründliches sol-
te vorschreiben oder vorschlagen können. Jch zweiffele nicht/ daß an ein und
andern orten gleichfals liebe und so wohlvon GOtt begabte als seine ehr treu-
lich meinende leute bey schulen werden gefunden werden/ deren rath hierinnen
vortreflich seyn solte. Jch vor meine person/ der ich mein tag nie in keiner
schul erzogen worden bin/ sondern von kindes beinen an der privat praecepto-
rum
mich habe gebrauchen müssen/ hinwider auch mit information der kinder
nie umgangen/ daher ausser aller erfahrung bin/ vermag hierinnen nichts an-
zugeben/ ohne was die Catechetische information anlangt/ da ich von ziem-
lichen Jahren selbst mit umgegangen bin/ und hand anlege/ auch hoffe/ wir
haben dieselbe durch GOttes gnade allhier in einem solchen stande/ daß ob
wohl noch vieles auch daran zu desideriren/ und ichs noch erbaulicher ver-
langte/ dannoch etwa vor einigen andern orten der unsrige einigen vorzug ha-
ben möchte/ wie aufs wenigste fremde hier ankommende/ die solches sehen oder
anhören/ davor halten/ es seye ein nützliche übung/ sind auch etzliche an an-
dern orten dadurch zu einiger nachfolge angefrischet und auffgemuntert wor-
den. Wiewohl mir noch dieses immerdar in dem sinn liegt/ und ich so wohl
mir als andern darinne gern geholffen sehen möchte/ nach dem wir die jugend
in solchen übungen durch Göttliche gnade zu einer ziemlichen wissenschafft
und in einen fleiß an die schrifft bringen/ weil aber solches noch allein so zu-
reden in den kopff/ das ist in verstand und gedächtniß/ gehet/ wie wir weiter
den kopff in das hertz bringen/ das ist/ was sie nun wissen/ auch in dero-
selben hertz zu lebendigem glauben und vertrauen eintrucken und also in
Göttlicher krafft zu wegen bringen möchten/ daß sie warhafftig also gesinnet
seyn/ wie sie von Göttlichem willen wissen und davon mündlich ihre bekäntniß
thun. Jndem ich der exempel leider nicht wenige habe/ derer die eine nicht
gemeine wissenschafft gehabt/ und von allen glaubens-puncten stattliche ant-
wort haben geben können/ da aber nichts destoweniger das hertz in aller liebe
der welt und dero eitelkeit ersoffen/ und folglich ohne den wahren lebendigen
glauben und liebe zu GOtt geblieben. Welches mir offters eine nicht geringe
betrübniß machet. Jndessen trage ich doch das gute vertrauen/ Gott werde
auch das in solchen übungen der catechisation so wohl als in den predigten
ausstreuende Wort nicht unfruchtbar sein/ sondern aufs wenigste in ein und
andern hertzen den wahren glauben lassen gewürcket werden/ so wir auchselbst
erfahren. Was die confirmation anlangt/ haben wir dieselbe auf die ver-
langte weise/ in denen zu hiesiger stadt gehörigen wenigen landkirchen/ nicht
aber in der stadt selbst. Jedoch brauchen wir sie privatim, daß die ienige/
welche zu dem tisch des HErrn das erstemahl gehen wollen/ nach empfange-

nen

Das ſechſte Capitel.
haben/ aufs wenigſte habe ich ſein talentum daraus dermaſſen zu ſeyn er-
kant/ daß er auf veranlaſſung vor vielen andern hievon etwas gruͤndliches ſol-
te vorſchreiben oder vorſchlagen koͤnnen. Jch zweiffele nicht/ daß an ein und
andern orten gleichfals liebe und ſo wohlvon GOtt begabte als ſeine ehr treu-
lich meinende leute bey ſchulen werden gefunden werden/ deren rath hierinnen
vortreflich ſeyn ſolte. Jch vor meine perſon/ der ich mein tag nie in keiner
ſchul erzogen worden bin/ ſondern von kindes beinen an der privat præcepto-
rum
mich habe gebrauchen muͤſſen/ hinwider auch mit information der kinder
nie umgangen/ daher auſſer aller erfahrung bin/ vermag hierinnen nichts an-
zugeben/ ohne was die Catechetiſche information anlangt/ da ich von ziem-
lichen Jahren ſelbſt mit umgegangen bin/ und hand anlege/ auch hoffe/ wir
haben dieſelbe durch GOttes gnade allhier in einem ſolchen ſtande/ daß ob
wohl noch vieles auch daran zu deſideriren/ und ichs noch erbaulicher ver-
langte/ dannoch etwa vor einigen andern orten der unſrige einigen vorzug ha-
ben moͤchte/ wie aufs wenigſte fremde hier ankommende/ die ſolches ſehen oder
anhoͤren/ davor halten/ es ſeye ein nuͤtzliche uͤbung/ ſind auch etzliche an an-
dern orten dadurch zu einiger nachfolge angefriſchet und auffgemuntert wor-
den. Wiewohl mir noch dieſes immerdar in dem ſinn liegt/ und ich ſo wohl
mir als andern darinne gern geholffen ſehen moͤchte/ nach dem wir die jugend
in ſolchen uͤbungen durch Goͤttliche gnade zu einer ziemlichen wiſſenſchafft
und in einen fleiß an die ſchrifft bringen/ weil aber ſolches noch allein ſo zu-
reden in den kopff/ das iſt in verſtand und gedaͤchtniß/ gehet/ wie wir weiter
den kopff in das hertz bringen/ das iſt/ was ſie nun wiſſen/ auch in dero-
ſelben hertz zu lebendigem glauben und vertrauen eintrucken und alſo in
Goͤttlicher krafft zu wegen bringen moͤchten/ daß ſie warhafftig alſo geſinnet
ſeyn/ wie ſie von Goͤttlichem willen wiſſen und davon muͤndlich ihre bekaͤntniß
thun. Jndem ich der exempel leider nicht wenige habe/ derer die eine nicht
gemeine wiſſenſchafft gehabt/ und von allen glaubens-puncten ſtattliche ant-
wort haben geben koͤnnen/ da aber nichts deſtoweniger das hertz in aller liebe
der welt und dero eitelkeit erſoffen/ und folglich ohne den wahren lebendigen
glauben und liebe zu GOtt geblieben. Welches mir offters eine nicht geringe
betruͤbniß machet. Jndeſſen trage ich doch das gute vertrauen/ Gott werde
auch das in ſolchen uͤbungen der catechiſation ſo wohl als in den predigten
ausſtreuende Wort nicht unfruchtbar ſein/ ſondern aufs wenigſte in ein und
andern hertzen den wahren glauben laſſen gewuͤrcket werden/ ſo wir auchſelbſt
erfahren. Was die confirmation anlangt/ haben wir dieſelbe auf die ver-
langte weiſe/ in denen zu hieſiger ſtadt gehoͤrigen wenigen landkirchen/ nicht
aber in der ſtadt ſelbſt. Jedoch brauchen wir ſie privatim, daß die ienige/
welche zu dem tiſch des HErrn das erſtemahl gehen wollen/ nach empfange-

nen
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[396/0414] Das ſechſte Capitel. haben/ aufs wenigſte habe ich ſein talentum daraus dermaſſen zu ſeyn er- kant/ daß er auf veranlaſſung vor vielen andern hievon etwas gruͤndliches ſol- te vorſchreiben oder vorſchlagen koͤnnen. Jch zweiffele nicht/ daß an ein und andern orten gleichfals liebe und ſo wohlvon GOtt begabte als ſeine ehr treu- lich meinende leute bey ſchulen werden gefunden werden/ deren rath hierinnen vortreflich ſeyn ſolte. Jch vor meine perſon/ der ich mein tag nie in keiner ſchul erzogen worden bin/ ſondern von kindes beinen an der privat præcepto- rum mich habe gebrauchen muͤſſen/ hinwider auch mit information der kinder nie umgangen/ daher auſſer aller erfahrung bin/ vermag hierinnen nichts an- zugeben/ ohne was die Catechetiſche information anlangt/ da ich von ziem- lichen Jahren ſelbſt mit umgegangen bin/ und hand anlege/ auch hoffe/ wir haben dieſelbe durch GOttes gnade allhier in einem ſolchen ſtande/ daß ob wohl noch vieles auch daran zu deſideriren/ und ichs noch erbaulicher ver- langte/ dannoch etwa vor einigen andern orten der unſrige einigen vorzug ha- ben moͤchte/ wie aufs wenigſte fremde hier ankommende/ die ſolches ſehen oder anhoͤren/ davor halten/ es ſeye ein nuͤtzliche uͤbung/ ſind auch etzliche an an- dern orten dadurch zu einiger nachfolge angefriſchet und auffgemuntert wor- den. Wiewohl mir noch dieſes immerdar in dem ſinn liegt/ und ich ſo wohl mir als andern darinne gern geholffen ſehen moͤchte/ nach dem wir die jugend in ſolchen uͤbungen durch Goͤttliche gnade zu einer ziemlichen wiſſenſchafft und in einen fleiß an die ſchrifft bringen/ weil aber ſolches noch allein ſo zu- reden in den kopff/ das iſt in verſtand und gedaͤchtniß/ gehet/ wie wir weiter den kopff in das hertz bringen/ das iſt/ was ſie nun wiſſen/ auch in dero- ſelben hertz zu lebendigem glauben und vertrauen eintrucken und alſo in Goͤttlicher krafft zu wegen bringen moͤchten/ daß ſie warhafftig alſo geſinnet ſeyn/ wie ſie von Goͤttlichem willen wiſſen und davon muͤndlich ihre bekaͤntniß thun. Jndem ich der exempel leider nicht wenige habe/ derer die eine nicht gemeine wiſſenſchafft gehabt/ und von allen glaubens-puncten ſtattliche ant- wort haben geben koͤnnen/ da aber nichts deſtoweniger das hertz in aller liebe der welt und dero eitelkeit erſoffen/ und folglich ohne den wahren lebendigen glauben und liebe zu GOtt geblieben. Welches mir offters eine nicht geringe betruͤbniß machet. Jndeſſen trage ich doch das gute vertrauen/ Gott werde auch das in ſolchen uͤbungen der catechiſation ſo wohl als in den predigten ausſtreuende Wort nicht unfruchtbar ſein/ ſondern aufs wenigſte in ein und andern hertzen den wahren glauben laſſen gewuͤrcket werden/ ſo wir auchſelbſt erfahren. Was die confirmation anlangt/ haben wir dieſelbe auf die ver- langte weiſe/ in denen zu hieſiger ſtadt gehoͤrigen wenigen landkirchen/ nicht aber in der ſtadt ſelbſt. Jedoch brauchen wir ſie privatim, daß die ienige/ welche zu dem tiſch des HErrn das erſtemahl gehen wollen/ nach empfange- nen

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/414>, abgerufen am 22.11.2024.