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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
würcklich mit verdamnüß bestraffe/ nicht so wohl in der sünde selbs/ dardurch er
erreget worden/ sondern in dem unglauben zu suchen ist/ welcher das mittel/ wor-
durch jenes hätte abgelehnet werden können/ wegstosset. Daher wir auff solche
schrifftmäßige weise finden werden/ daß auch andere Christliche lehrer auff gleichen
schlag gelehret/ daß der einige unglaube verdamme/ die übrige sünden aber ver-
dammen zwar nach dero verdienst/ sie sind der verdamnüß wohl würdig/ nicht aber
thätlich oder würcklich/ es käme denn der unglaube darzu. Apistia sola damnat
actu proprie & immediate, alias omne peccatum demeritorie damnat. D.
Dannhauer Hodosoph. Phaen. 11. pag. 1412.
und Catechism. Milch p. 6.
Pred. 56. p. 684. Gleich wie allein der biß ans ende beharrliche glaube seelig ma-
chet: Also im gegentheil verdammet der allein biß ans ende beharrliche unglaube.
Und solches ist eben Herr Stengers meinung pag. 243. Es mögen auch deine
sünde noch so groß seyn/ so wissen wir wohl/ daß Gott nicht verdamt um der
sünde willen/ sondern um der unbußfertigkeit willen/ und so ein mensch ge-
fallen trägt an der sünde.
Sihe auch pag. 108. deutlicher aber pag. 157. Es
ist nicht mehr als ein zwiefacher weg zum verdamnüß/ der eine heist der
mangel der wahren reue/ der ander heist der mangel des Evangelii. Die-
ses sind so zu reden 2. wege/ die anfangs etwas unterschieden sind/ endlich a-
ber lauffen sie beyde in einander/ und wird daraus der einige weg des un-
glaubens.
Wie die sache daselbst noch weiter erklähret wird/ daß man daran
keinen tadel haben mag. Er giebt aber seine meinung auch noch mehr zu verstehen
Einschärff. p. 10. wo er gar saget: Daß auch die menschen nicht um des blossen
unglaubens willen
verdamt werden (weil wir alle von natur unglauben an uns
haben) sondern der muthwillige unglaube sey es/ der die verdamnüß bringet.
Daher was hier Herr Stenger lehret/ hat gleichfalls der theure Lutherus gelehret/
Tom. 2. Jen. p. 144. Wie der glaube allein alle gerechtigkeit ist und
thut/ also ist und thut allein der unglaube alle sünde. Daher zeucht
Christus keine sünde an Joh. 16. denn den unglauben: Da er spricht
das ist die sünde/ daß sie nicht glauben an mich.
Und eben über solche wort
7. Jen. p. 185. Der unglaube wider CHristum/ der wird die sünde
gar mit einander/ so den menschen ins verdamnüß führet/ daß ihm
nicht zuhelffen ist. Und bald. Allhier wird nicht allein der unglau-
be/ so von Adam in die menschliche natur gepflantzet ist/ angezogen

(ist Herr Stengers distinction zwischen dem blossen unglauben und muthwilligen
unglauben) sondern deutlich solcher unglaube/ daß man nicht glaubet
an Christum/ nehmlich so das Evangelium von Christo geprediget
wird/ daß wir unsere sünde erkennen/ und durch CHristum gnad

suchen

Das ſechſte Capitel.
wuͤrcklich mit verdamnuͤß beſtraffe/ nicht ſo wohl in der ſuͤnde ſelbs/ dardurch er
erreget worden/ ſondern in dem unglauben zu ſuchen iſt/ welcher das mittel/ wor-
durch jenes haͤtte abgelehnet werden koͤnnen/ wegſtoſſet. Daher wir auff ſolche
ſchrifftmaͤßige weiſe finden werden/ daß auch andere Chriſtliche lehrer auff gleichen
ſchlag gelehret/ daß der einige unglaube verdamme/ die uͤbrige ſuͤnden aber ver-
dammen zwar nach dero verdienſt/ ſie ſind der verdamnuͤß wohl wuͤrdig/ nicht aber
thaͤtlich oder wuͤrcklich/ es kaͤme denn der unglaube darzu. Apiſtia ſola damnat
actu propriè & immediatè, alias omne peccatum demeritorie damnat. D.
Dannhauer Hodoſoph. Phæn. 11. pag. 1412.
und Catechiſm. Milch p. 6.
Pred. 56. p. 684. Gleich wie allein der biß ans ende beharrliche glaube ſeelig ma-
chet: Alſo im gegentheil verdammet der allein biß ans ende beharrliche unglaube.
Und ſolches iſt eben Herr Stengers meinung pag. 243. Es moͤgen auch deine
ſuͤnde noch ſo groß ſeyn/ ſo wiſſen wir wohl/ daß Gott nicht verdamt um der
ſuͤnde willen/ ſondern um der unbußfertigkeit willen/ und ſo ein menſch ge-
fallen traͤgt an der ſuͤnde.
Sihe auch pag. 108. deutlicher aber pag. 157. Es
iſt nicht mehr als ein zwiefacher weg zum verdamnuͤß/ der eine heiſt der
mangel der wahren reue/ der ander heiſt der mangel des Evangelii. Die-
ſes ſind ſo zu reden 2. wege/ die anfangs etwas unterſchieden ſind/ endlich a-
ber lauffen ſie beyde in einander/ und wird daraus der einige weg des un-
glaubens.
Wie die ſache daſelbſt noch weiter erklaͤhret wird/ daß man daran
keinen tadel haben mag. Er giebt aber ſeine meinung auch noch mehr zu verſtehen
Einſchaͤrff. p. 10. wo er gar ſaget: Daß auch die menſchen nicht um des bloſſen
unglaubens willen
verdamt werden (weil wir alle von natur unglauben an uns
haben) ſondern der muthwillige unglaube ſey es/ der die verdamnuͤß bringet.
Daher was hier Herr Stenger lehret/ hat gleichfalls der theure Lutherus gelehret/
Tom. 2. Jen. p. 144. Wie der glaube allein alle gerechtigkeit iſt und
thut/ alſo iſt und thut allein der unglaube alle ſuͤnde. Daher zeucht
Chriſtus keine ſuͤnde an Joh. 16. denn den unglauben: Da er ſpricht
das iſt die ſuͤnde/ daß ſie nicht glauben an mich.
Und eben uͤber ſolche wort
7. Jen. p. 185. Der unglaube wider CHriſtum/ der wird die ſuͤnde
gar mit einander/ ſo den menſchen ins verdamnuͤß fuͤhret/ daß ihm
nicht zuhelffen iſt. Und bald. Allhier wird nicht allein der unglau-
be/ ſo von Adam in die menſchliche natur gepflantzet iſt/ angezogen

(iſt Herr Stengers diſtinction zwiſchen dem bloſſen unglauben und muthwilligen
unglauben) ſondern deutlich ſolcher unglaube/ daß man nicht glaubet
an Chriſtum/ nehmlich ſo das Evangelium von Chriſto geprediget
wird/ daß wir unſere ſuͤnde erkennen/ und durch CHriſtum gnad

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[24/0042] Das ſechſte Capitel. wuͤrcklich mit verdamnuͤß beſtraffe/ nicht ſo wohl in der ſuͤnde ſelbs/ dardurch er erreget worden/ ſondern in dem unglauben zu ſuchen iſt/ welcher das mittel/ wor- durch jenes haͤtte abgelehnet werden koͤnnen/ wegſtoſſet. Daher wir auff ſolche ſchrifftmaͤßige weiſe finden werden/ daß auch andere Chriſtliche lehrer auff gleichen ſchlag gelehret/ daß der einige unglaube verdamme/ die uͤbrige ſuͤnden aber ver- dammen zwar nach dero verdienſt/ ſie ſind der verdamnuͤß wohl wuͤrdig/ nicht aber thaͤtlich oder wuͤrcklich/ es kaͤme denn der unglaube darzu. Apiſtia ſola damnat actu propriè & immediatè, alias omne peccatum demeritorie damnat. D. Dannhauer Hodoſoph. Phæn. 11. pag. 1412. und Catechiſm. Milch p. 6. Pred. 56. p. 684. Gleich wie allein der biß ans ende beharrliche glaube ſeelig ma- chet: Alſo im gegentheil verdammet der allein biß ans ende beharrliche unglaube. Und ſolches iſt eben Herr Stengers meinung pag. 243. Es moͤgen auch deine ſuͤnde noch ſo groß ſeyn/ ſo wiſſen wir wohl/ daß Gott nicht verdamt um der ſuͤnde willen/ ſondern um der unbußfertigkeit willen/ und ſo ein menſch ge- fallen traͤgt an der ſuͤnde. Sihe auch pag. 108. deutlicher aber pag. 157. Es iſt nicht mehr als ein zwiefacher weg zum verdamnuͤß/ der eine heiſt der mangel der wahren reue/ der ander heiſt der mangel des Evangelii. Die- ſes ſind ſo zu reden 2. wege/ die anfangs etwas unterſchieden ſind/ endlich a- ber lauffen ſie beyde in einander/ und wird daraus der einige weg des un- glaubens. Wie die ſache daſelbſt noch weiter erklaͤhret wird/ daß man daran keinen tadel haben mag. Er giebt aber ſeine meinung auch noch mehr zu verſtehen Einſchaͤrff. p. 10. wo er gar ſaget: Daß auch die menſchen nicht um des bloſſen unglaubens willen verdamt werden (weil wir alle von natur unglauben an uns haben) ſondern der muthwillige unglaube ſey es/ der die verdamnuͤß bringet. Daher was hier Herr Stenger lehret/ hat gleichfalls der theure Lutherus gelehret/ Tom. 2. Jen. p. 144. Wie der glaube allein alle gerechtigkeit iſt und thut/ alſo iſt und thut allein der unglaube alle ſuͤnde. Daher zeucht Chriſtus keine ſuͤnde an Joh. 16. denn den unglauben: Da er ſpricht das iſt die ſuͤnde/ daß ſie nicht glauben an mich. Und eben uͤber ſolche wort 7. Jen. p. 185. Der unglaube wider CHriſtum/ der wird die ſuͤnde gar mit einander/ ſo den menſchen ins verdamnuͤß fuͤhret/ daß ihm nicht zuhelffen iſt. Und bald. Allhier wird nicht allein der unglau- be/ ſo von Adam in die menſchliche natur gepflantzet iſt/ angezogen (iſt Herr Stengers diſtinction zwiſchen dem bloſſen unglauben und muthwilligen unglauben) ſondern deutlich ſolcher unglaube/ daß man nicht glaubet an Chriſtum/ nehmlich ſo das Evangelium von Chriſto geprediget wird/ daß wir unſere ſuͤnde erkennen/ und durch CHriſtum gnad ſuchen

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/42>, abgerufen am 09.11.2024.