Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECT. VII. suchen/ underlangen sollen. Denn nach dem Christus kommen ist/hat er die sünde Adams und des gantzen menschlichen geschlechts (nehmlich den vorigen unglauben und ungehorsam) für GOTT auffgehaben durch sein leiden und sterben/ und einen himmel gebauet der gnaden und vergebung. Daß solche von Adam uns angebohr- ne sünde hin fort nicht soll unter GOttes zorn und verdamnüß behal- ten/ so wir an diesen Heyland glauben. Und soll hinfort heissen/ wer da verdamt wird/ der darff über Adam und seine angebohrne sünde nicht klagen/ sondern muß über seinen eigenen halß schreyen/ daß er diesen Christum den Teuffels-Kopff-tretter und sünden-wür- ger nicht hat angenommen/ noch an ihn gegläubet. 4. Wie es nun das ansehen hätte haben mögen/ daß durch vorigen puncten hungen D
ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECT. VII. ſuchen/ underlangen ſollen. Denn nach dem Chriſtus kommen iſt/hat er die ſuͤnde Adams und des gantzen menſchlichen geſchlechts (nehmlich den vorigen unglauben und ungehorſam) fuͤr GOTT auffgehaben durch ſein leiden und ſterben/ und einen himmel gebauet der gnaden und vergebung. Daß ſolche von Adam uns angebohr- ne ſuͤnde hin fort nicht ſoll unter GOttes zorn und verdamnuͤß behal- ten/ ſo wir an dieſen Heyland glauben. Und ſoll hinfort heiſſen/ wer da verdamt wird/ der darff uͤber Adam und ſeine angebohrne ſuͤnde nicht klagen/ ſondern muß uͤber ſeinen eigenen halß ſchreyen/ daß er dieſen Chriſtum den Teuffels-Kopff-tretter und ſuͤnden-wuͤr- ger nicht hat angenommen/ noch an ihn geglaͤubet. 4. Wie es nun das anſehen haͤtte haben moͤgen/ daß durch vorigen puncten hungen D
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ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECT. VII.
ſuchen/ underlangen ſollen. Denn nach dem Chriſtus kommen iſt/
hat er die ſuͤnde Adams und des gantzen menſchlichen geſchlechts
(nehmlich den vorigen unglauben und ungehorſam) fuͤr GOTT
auffgehaben durch ſein leiden und ſterben/ und einen himmel gebauet
der gnaden und vergebung. Daß ſolche von Adam uns angebohr-
ne ſuͤnde hin fort nicht ſoll unter GOttes zorn und verdamnuͤß behal-
ten/ ſo wir an dieſen Heyland glauben. Und ſoll hinfort heiſſen/
wer da verdamt wird/ der darff uͤber Adam und ſeine angebohrne
ſuͤnde nicht klagen/ ſondern muß uͤber ſeinen eigenen halß ſchreyen/
daß er dieſen Chriſtum den Teuffels-Kopff-tretter und ſuͤnden-wuͤr-
ger nicht hat angenommen/ noch an ihn geglaͤubet.
4. Wie es nun das anſehen haͤtte haben moͤgen/ daß durch vorigen puncten
das geſetz unkraͤfftig gemacht wuͤrde/ weilen wegen deſſelben uͤbertretung niemand
verdamt werde (da wir bereits geſehen/ daß ſolcher verdacht vergebens) als ſolte
auch noch dieſes eine vermuhtung machen/ ob favoriſirte der Autor den Anti-
nomis und geſetzſtuͤrmern/ welche in den vergangenen Seculo ſchon zu den zeiten
des Herrn Lutheri ſeel. der wider ſolche geſchrieben Tom. VII. Jen. die kirche ver-
unruhiget/ und hingegen von den wahren lehrern beſtaͤndig verworffen ſind wor-
den. Denen moͤgte das wort geredet ſcheinen. p. 3. Was gehet mich Moſes
an? was breitet er ſich mit ſeinen geſetz taffeln? Einſchaͤrff p. 9. Man pre-
diget itzt nicht das geſetz Moſis ſondern Chriſti geſetz. Nun wird ſich zwar
drunten mit mehrem finden/ daß dieſe machende diſtinction zwiſchen CHriſti und
Moſis geſetze/ und ſolche arten zu reden/ die davon kommen/ billich geaͤndert wer-
den ſollen. Aber gleichwohl hat der argwohn Antinomiæ keinen platz: Und wo
die formul: Moſis geſetz und Chriſti geſetz nicht an ſich incommoda waͤre/ moͤchte
man wohl ſagen/ man predige nicht jenes ſondern dieſes/ das iſt/ ob man wohl je-
nes prediget/ werde doch durch die lehre von der gnade GOttes/ wie dieſelbe den
kindern GOttes/ um des glaubens willen auch ihre ſchwachheit fehler zu gut halte/
und nicht zurechne/ die ſtrenge etwas gemildert. Die erſte angezogene formul/
wird austruͤcklich einem wahren und in goͤttlicher gnade ſtehenden Chriſten zuge-
ſchrieben/ wie er ſich gegen das trohen des geſetzes verwahre/ und ſeine gerechtig-
keit nicht darinnen ſuche/ hingegen wegen derſelben ſich auch von dem geſetz nicht
ſchrecken laſſe. Da iſt nun nicht ungleich geredet/ und werden ſich dergleichen
formuln ſelbs in den Schrifften des ſeeligen Herrn Lutheri finden laſſen. Was
aber Herr Stengers meinung von der ſache ſelbs anlanget/ geſtehet er ſo wohl den
uſum Didacticum als Pædagogicum des geſetzes/ Einſchaͤrff. p. 9. Er erkennet/
daß ſelbs der fromme und gerechte/ wo er mercke/ daß ſich der alte Adam wolle
wider den geiſt gewaltig aufflehnen/ ihn mit dem Moſaiſchen geſetze und deſſen tro-
hungen
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