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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO XXXVIII.
dem willen seines allerliebsten vaters in gehorsam überlassen und solchen entschluß
dem eingeben fleisches und blutes vorgezogen hat; So verfüge derselbe itzo nach
seinem heiligen und weisen rath/ was er daß heilsamste erkennet. Hingegen kan
er versichert seyn/ solcher treueste Vater wird ihn zu nichts setzen/ darzu er nicht die
kräffte geben wird/ in dem ja leben und gesundheit in seine hand stehet/ und er auff
gleiche weise an allen orten uns erhalten kan. Geschiehet es nun/ so achte ich/ der
HERR hat ein grosses durch ihm vor/ so lasse er sich auch demselben als ein werck-
zeug in desjenigen hand/ die ihn selbs führet/ und alles durch ihn thut/ so wird der
Göttliche rath durch ihn bey einer solchen volckreichen gemeinde herrlich von statten
gehen/ und wir offtmahlige ursach noch finden/ seine himmlische güte zu preisen.
Jsts dann daß der HERR unsere gedancken nicht von statten gehen lassen wird/
sondern die vocation ausbleibet/ so bin verfichert/ es wird ihm der allerliebste Va-
ter nicht nur gefallen lassen den demüthigsten willen/ damit sich derselbe in den sei-
nigen gantz hingeben wollen/ sondern auch einen andern platz ersehen haben.
7. Sept. 1681.

SECTIO XXXVIII.

Die hertzlichste freude aus der geistlichen freund-
schafft wahrer Christen: derselben nutzen.
Auffmunterung darzu.

SEin liebreiches hat mich neulich inniglich erfreuet/ weil aus solchem widerum
eine liebe seele erkant/ die mit uns alle in wahrer gemeinschafft der seligen gü-
ter stehet. Wie nun diese allein die güter sind/ die bleiben werden/ wann al-
les vergehen soll/ und die welt mit ihren lockschätzen die jenige verlassen wird/ wel-
che mit ihr gehuret haben/ also ist auch allein die jenige gemeinschafft beständig/
welche auff diesen beständigsten beruhet/ und in dero gemeinen besitz bestehet. Da-
her dann immer derselben mehrere kennen zu lernen/ ist einen hertzen/ welches an-
fangt zu erkennen/ woran ihm allein alles gelegen/ eine viel grössere freude/ als in
der welt eine freude seyn kan/ guter freunde in mehrer zahl gewahr zu werden/ so
gleichwohl ins gemein eines der vornehmsten stück der glückseligkeiten dieses lebens
pfleget geschätzet zu werden. Dann nachdem billich in allen stücken unsere erstes
und letztes seyn solle die ehre unseres GOttes/ daß derowegen unser weiseste Hey-
land sein kunst-gebet des Vater unsers mit solcher bitte anfängt/ und den ange-
hengten lobspruch damit schliesset/ so mag uns nichts mehr freuen/ als wo wir solche
ehre am me[i]sten befördert/ daß ist seinen heiligsten nahmen geheiliget werden sehen/
welches aber in nichts vortrefflicher geschiehet als in und an den gläubigen. Dann
ob wohl alles was in der welt ist und geschiehet/ nothwendig zu letzt diesen ausgang
haben muß/ mit oder wider willen daß endlich des HERRN ehr durchdringe und

so

ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO XXXVIII.
dem willen ſeines allerliebſten vaters in gehorſam uͤberlaſſen und ſolchen entſchluß
dem eingeben fleiſches und blutes vorgezogen hat; So verfuͤge derſelbe itzo nach
ſeinem heiligen und weiſen rath/ was er daß heilſamſte erkennet. Hingegen kan
er verſichert ſeyn/ ſolcher treueſte Vater wird ihn zu nichts ſetzen/ darzu er nicht die
kraͤffte geben wird/ in dem ja leben und geſundheit in ſeine hand ſtehet/ und er auff
gleiche weiſe an allen orten uns erhalten kan. Geſchiehet es nun/ ſo achte ich/ der
HERR hat ein groſſes durch ihm vor/ ſo laſſe er ſich auch demſelben als ein werck-
zeug in desjenigen hand/ die ihn ſelbs fuͤhret/ und alles durch ihn thut/ ſo wird der
Goͤttliche rath durch ihn bey einer ſolchen volckreichen gemeinde herrlich von ſtatten
gehen/ und wir offtmahlige urſach noch finden/ ſeine himmliſche guͤte zu preiſen.
Jſts dann daß der HERR unſere gedancken nicht von ſtatten gehen laſſen wird/
ſondern die vocation ausbleibet/ ſo bin verfichert/ es wird ihm der allerliebſte Va-
ter nicht nur gefallen laſſen den demuͤthigſten willen/ damit ſich derſelbe in den ſei-
nigen gantz hingeben wollen/ ſondern auch einen andern platz erſehen haben.
7. Sept. 1681.

SECTIO XXXVIII.

Die hertzlichſte freude aus der geiſtlichen freund-
ſchafft wahrer Chriſten: derſelben nutzen.
Auffmunterung darzu.

SEin liebreiches hat mich neulich inniglich eꝛfreuet/ weil aus ſolchem widerum
eine liebe ſeele erkant/ die mit uns alle in wahrer gemeinſchafft der ſeligen guͤ-
ter ſtehet. Wie nun dieſe allein die guͤter ſind/ die bleiben werden/ wann al-
les vergehen ſoll/ und die welt mit ihren lockſchaͤtzen die jenige verlaſſen wird/ wel-
che mit ihr gehuret haben/ alſo iſt auch allein die jenige gemeinſchafft beſtaͤndig/
welche auff dieſen beſtaͤndigſten beruhet/ und in dero gemeinen beſitz beſtehet. Da-
her dann immer derſelben mehrere kennen zu lernen/ iſt einen hertzen/ welches an-
fangt zu erkennen/ woran ihm allein alles gelegen/ eine viel groͤſſere freude/ als in
der welt eine freude ſeyn kan/ guter freunde in mehrer zahl gewahr zu werden/ ſo
gleichwohl ins gemein eines der vornehmſten ſtuͤck der gluͤckſeligkeiten dieſes lebens
pfleget geſchaͤtzet zu werden. Dann nachdem billich in allen ſtuͤcken unſere erſtes
und letztes ſeyn ſolle die ehre unſeres GOttes/ daß derowegen unſer weiſeſte Hey-
land ſein kunſt-gebet des Vater unſers mit ſolcher bitte anfaͤngt/ und den ange-
hengten lobſpruch damit ſchlieſſet/ ſo mag uns nichts mehr freuen/ als wo wir ſolche
ehre am me[i]ſten befoͤrdert/ daß iſt ſeinen heiligſten nahmen geheiliget werden ſehen/
welches aber in nichts vortrefflicher geſchiehet als in und an den glaͤubigen. Dann
ob wohl alles was in der welt iſt und geſchiehet/ nothwendig zu letzt dieſen ausgang
haben muß/ mit oder wider willen daß endlich des HERRN ehr durchdringe und

ſo
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[479/0497] ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECTIO XXXVIII. dem willen ſeines allerliebſten vaters in gehorſam uͤberlaſſen und ſolchen entſchluß dem eingeben fleiſches und blutes vorgezogen hat; So verfuͤge derſelbe itzo nach ſeinem heiligen und weiſen rath/ was er daß heilſamſte erkennet. Hingegen kan er verſichert ſeyn/ ſolcher treueſte Vater wird ihn zu nichts ſetzen/ darzu er nicht die kraͤffte geben wird/ in dem ja leben und geſundheit in ſeine hand ſtehet/ und er auff gleiche weiſe an allen orten uns erhalten kan. Geſchiehet es nun/ ſo achte ich/ der HERR hat ein groſſes durch ihm vor/ ſo laſſe er ſich auch demſelben als ein werck- zeug in desjenigen hand/ die ihn ſelbs fuͤhret/ und alles durch ihn thut/ ſo wird der Goͤttliche rath durch ihn bey einer ſolchen volckreichen gemeinde herrlich von ſtatten gehen/ und wir offtmahlige urſach noch finden/ ſeine himmliſche guͤte zu preiſen. Jſts dann daß der HERR unſere gedancken nicht von ſtatten gehen laſſen wird/ ſondern die vocation ausbleibet/ ſo bin verfichert/ es wird ihm der allerliebſte Va- ter nicht nur gefallen laſſen den demuͤthigſten willen/ damit ſich derſelbe in den ſei- nigen gantz hingeben wollen/ ſondern auch einen andern platz erſehen haben. 7. Sept. 1681. SECTIO XXXVIII. Die hertzlichſte freude aus der geiſtlichen freund- ſchafft wahrer Chriſten: derſelben nutzen. Auffmunterung darzu. SEin liebreiches hat mich neulich inniglich eꝛfreuet/ weil aus ſolchem widerum eine liebe ſeele erkant/ die mit uns alle in wahrer gemeinſchafft der ſeligen guͤ- ter ſtehet. Wie nun dieſe allein die guͤter ſind/ die bleiben werden/ wann al- les vergehen ſoll/ und die welt mit ihren lockſchaͤtzen die jenige verlaſſen wird/ wel- che mit ihr gehuret haben/ alſo iſt auch allein die jenige gemeinſchafft beſtaͤndig/ welche auff dieſen beſtaͤndigſten beruhet/ und in dero gemeinen beſitz beſtehet. Da- her dann immer derſelben mehrere kennen zu lernen/ iſt einen hertzen/ welches an- fangt zu erkennen/ woran ihm allein alles gelegen/ eine viel groͤſſere freude/ als in der welt eine freude ſeyn kan/ guter freunde in mehrer zahl gewahr zu werden/ ſo gleichwohl ins gemein eines der vornehmſten ſtuͤck der gluͤckſeligkeiten dieſes lebens pfleget geſchaͤtzet zu werden. Dann nachdem billich in allen ſtuͤcken unſere erſtes und letztes ſeyn ſolle die ehre unſeres GOttes/ daß derowegen unſer weiſeſte Hey- land ſein kunſt-gebet des Vater unſers mit ſolcher bitte anfaͤngt/ und den ange- hengten lobſpruch damit ſchlieſſet/ ſo mag uns nichts mehr freuen/ als wo wir ſolche ehre am meiſten befoͤrdert/ daß iſt ſeinen heiligſten nahmen geheiliget werden ſehen/ welches aber in nichts vortrefflicher geſchiehet als in und an den glaͤubigen. Dann ob wohl alles was in der welt iſt und geſchiehet/ nothwendig zu letzt dieſen ausgang haben muß/ mit oder wider willen daß endlich des HERRN ehr durchdringe und ſo

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/497>, abgerufen am 23.11.2024.