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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
so gar selbst durch das böse in dessen straffe oder verbesserung sich herrlich darstelle:
so ist doch diese art der Göttlichen gütigkeit und liebe am gemässesten/ wo er seine
ehre in mittheilung seiner gnade an seinen creaturen erzeigen kan/ die unter ande-
ren allen (dann abermahl keine creatur ist/ welche von aller göttlichen gnade lähr
ausginge) an den gläubigen am vollkommensten geschiehet/ als denen GOtt nicht
nur einige ausfllüsse seiner würckungen sondern sich selbst mittheilet/ und in sei-
ne eigene gemeinschafft auffnimmet. Daher dieses unzwtiffendlich bleibet/ daß
dieses die grösseste verherrlichung GOttes seye/ da immer der jenigen mehrer wer-
den/ die sich von GOTT in seiner ordnung bereiten lassen/ daß sie dessen und alles
reichthums seiner herrlichkeit theilhafft werden mögen. Wie uns nun also aus
der liebe zu der ehre unseres glorwürdigsten GOttes dieses die angenehmste freude
ist/ viel solcher brüder und miterben der gnade des lebens/ und folglich der ehre des
HERREN zu wissen und kennen zu lernen/ so vermehret sich solche freude so
vielmehr/ wo wir dabey betrachten/ was vor herrlichen vortheil wir davon haben/
indem wir deroselben liebe in dem geistlichen viel nachdrücklicher zu geniessen haben/
als in den dingen dieser welt unter freunden einer von des andern besten nutzen hat.
Die sich in solcher wahren gemeinschafft in CHRJSTO erkennen/ wissen sich
verbunden/ jeglicher das jenige maß der gnaden/ so gering oder reichlicher empfan-
gen hat/ zu des andern besten treulich an zu wenden/ und also mit seiner gabe zu die-
nen/ und wie solches mit wahrer treu geschiehet/ so hats so vielmehr krafft und nu-
tzen. Da ermunteren sie einander mit erinnerung und trost/ und entzünden im-
mer des eines seuers funcken des andern flamme so vielmehr. Sonderlich aber ist
die brüderliche vorbit das allertheuerste/ und von den vornehmsten früchten der ge-
meinschafft der heiligen. Nun ists zwar an den/ daß solche vorbitt auch allge-
mein gehet von jeglichem Christen vor alle seine mitbrüder/ sie seyen ihm dem fleisch
oder auch nahmen nach bekant/ wie ja die gemeinschafft in die enge schrancken der
eusserlichen bekantschafft sich nicht einziehen lässet: jedoch ist kein zweiffel/ daß
das auch befonders vor die uns aus Göttlicher gnade auff einigerley weise nach dem
guten das in ihnen ist bekand gewordene thuende gebet so viel mehr in sich habe/ als
die in denselben erkante Göttliche gnade die gegen sie tragende liebe inbrünstiger ge-
machet hat/ aus welcher solches gebet heraus fliesset. Aus diesen ursachen ists
freylich so/ daß es Christlichen hertzen eine innigliche freude zu wegen bringt/ als
woraus sie immer neue ursachen finden/ den himmlischen Vater zu preisen/ und
wissen daß sie an jenen eine gute beförderung ihres geistlichen guten haben. Eben
diese ursach hat mir auch sein werthes schreiben so viel angenehmer gemacht/ weil
ich aus demselben/ da noch unseres Heylands ausspruch der mund aus den überfluß
des hertzens redet/ die in ihm gelegte Göttliche gnade und gegen mich bezeugende
hertzliche liebe samt versicherung Christlicher vorbitte und verlangen nach der mei-
nigen erkant habe. Welches lauter ursachen sind inniglicher freude. Nun der

HErr

Das ſechſte Capitel.
ſo gar ſelbſt durch das boͤſe in deſſen ſtraffe oder verbeſſerung ſich herrlich darſtelle:
ſo iſt doch dieſe art der Goͤttlichen guͤtigkeit und liebe am gemaͤſſeſten/ wo er ſeine
ehre in mittheilung ſeiner gnade an ſeinen creaturen erzeigen kan/ die unter ande-
ren allen (dann abermahl keine creatur iſt/ welche von aller goͤttlichen gnade laͤhr
ausginge) an den glaͤubigen am vollkommenſten geſchiehet/ als denen GOtt nicht
nur einige ausflluͤſſe ſeiner wuͤrckungen ſondern ſich ſelbſt mittheilet/ und in ſei-
ne eigene gemeinſchafft auffnimmet. Daher dieſes unzwtiffendlich bleibet/ daß
dieſes die groͤſſeſte verherrlichung GOttes ſeye/ da immer der jenigen mehrer wer-
den/ die ſich von GOTT in ſeiner ordnung bereiten laſſen/ daß ſie deſſen und alles
reichthums ſeiner herrlichkeit theilhafft werden moͤgen. Wie uns nun alſo aus
der liebe zu der ehre unſeres glorwuͤrdigſten GOttes dieſes die angenehmſte freude
iſt/ viel ſolcher bruͤder und miterben der gnade des lebens/ und folglich der ehre des
HERREN zu wiſſen und kennen zu lernen/ ſo vermehret ſich ſolche freude ſo
vielmehr/ wo wir dabey betrachten/ was vor herrlichen vortheil wir davon haben/
indem wir deroſelben liebe in dem geiſtlichen viel nachdruͤcklicher zu genieſſen haben/
als in den dingen dieſer welt unter freunden einer von des andern beſten nutzen hat.
Die ſich in ſolcher wahren gemeinſchafft in CHRJSTO erkennen/ wiſſen ſich
verbunden/ jeglicher das jenige maß der gnaden/ ſo gering oder reichlicher empfan-
gen hat/ zu des andern beſten treulich an zu wenden/ und alſo mit ſeiner gabe zu die-
nen/ und wie ſolches mit wahrer treu geſchiehet/ ſo hats ſo vielmehr krafft und nu-
tzen. Da ermunteren ſie einander mit erinnerung und troſt/ und entzuͤnden im-
mer des eines ſeuers funcken des andern flamme ſo vielmehr. Sonderlich aber iſt
die bruͤderliche vorbit das allertheuerſte/ und von den vornehmſten fruͤchten der ge-
meinſchafft der heiligen. Nun iſts zwar an den/ daß ſolche vorbitt auch allge-
mein gehet von jeglichem Chriſten vor alle ſeine mitbruͤder/ ſie ſeyen ihm dem fleiſch
oder auch nahmen nach bekant/ wie ja die gemeinſchafft in die enge ſchrancken der
euſſerlichen bekantſchafft ſich nicht einziehen laͤſſet: jedoch iſt kein zweiffel/ daß
das auch befonders vor die uns aus Goͤttlicher gnade auff einigerley weiſe nach dem
guten das in ihnen iſt bekand gewordene thuende gebet ſo viel mehr in ſich habe/ als
die in denſelben erkante Goͤttliche gnade die gegen ſie tragende liebe inbruͤnſtiger ge-
machet hat/ aus welcher ſolches gebet heraus flieſſet. Aus dieſen urſachen iſts
freylich ſo/ daß es Chriſtlichen hertzen eine innigliche freude zu wegen bringt/ als
woraus ſie immer neue urſachen finden/ den himmliſchen Vater zu preiſen/ und
wiſſen daß ſie an jenen eine gute befoͤrderung ihres geiſtlichen guten haben. Eben
dieſe urſach hat mir auch ſein werthes ſchreiben ſo viel angenehmer gemacht/ weil
ich aus demſelben/ da noch unſeres Heylands ausſpruch der mund aus den uͤberfluß
des hertzens redet/ die in ihm gelegte Goͤttliche gnade und gegen mich bezeugende
hertzliche liebe ſamt verſicherung Chriſtlicher vorbitte und verlangen nach der mei-
nigen erkant habe. Welches lauter urſachen ſind inniglicher freude. Nun der

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[480/0498] Das ſechſte Capitel. ſo gar ſelbſt durch das boͤſe in deſſen ſtraffe oder verbeſſerung ſich herrlich darſtelle: ſo iſt doch dieſe art der Goͤttlichen guͤtigkeit und liebe am gemaͤſſeſten/ wo er ſeine ehre in mittheilung ſeiner gnade an ſeinen creaturen erzeigen kan/ die unter ande- ren allen (dann abermahl keine creatur iſt/ welche von aller goͤttlichen gnade laͤhr ausginge) an den glaͤubigen am vollkommenſten geſchiehet/ als denen GOtt nicht nur einige ausflluͤſſe ſeiner wuͤrckungen ſondern ſich ſelbſt mittheilet/ und in ſei- ne eigene gemeinſchafft auffnimmet. Daher dieſes unzwtiffendlich bleibet/ daß dieſes die groͤſſeſte verherrlichung GOttes ſeye/ da immer der jenigen mehrer wer- den/ die ſich von GOTT in ſeiner ordnung bereiten laſſen/ daß ſie deſſen und alles reichthums ſeiner herrlichkeit theilhafft werden moͤgen. Wie uns nun alſo aus der liebe zu der ehre unſeres glorwuͤrdigſten GOttes dieſes die angenehmſte freude iſt/ viel ſolcher bruͤder und miterben der gnade des lebens/ und folglich der ehre des HERREN zu wiſſen und kennen zu lernen/ ſo vermehret ſich ſolche freude ſo vielmehr/ wo wir dabey betrachten/ was vor herrlichen vortheil wir davon haben/ indem wir deroſelben liebe in dem geiſtlichen viel nachdruͤcklicher zu genieſſen haben/ als in den dingen dieſer welt unter freunden einer von des andern beſten nutzen hat. Die ſich in ſolcher wahren gemeinſchafft in CHRJSTO erkennen/ wiſſen ſich verbunden/ jeglicher das jenige maß der gnaden/ ſo gering oder reichlicher empfan- gen hat/ zu des andern beſten treulich an zu wenden/ und alſo mit ſeiner gabe zu die- nen/ und wie ſolches mit wahrer treu geſchiehet/ ſo hats ſo vielmehr krafft und nu- tzen. Da ermunteren ſie einander mit erinnerung und troſt/ und entzuͤnden im- mer des eines ſeuers funcken des andern flamme ſo vielmehr. Sonderlich aber iſt die bruͤderliche vorbit das allertheuerſte/ und von den vornehmſten fruͤchten der ge- meinſchafft der heiligen. Nun iſts zwar an den/ daß ſolche vorbitt auch allge- mein gehet von jeglichem Chriſten vor alle ſeine mitbruͤder/ ſie ſeyen ihm dem fleiſch oder auch nahmen nach bekant/ wie ja die gemeinſchafft in die enge ſchrancken der euſſerlichen bekantſchafft ſich nicht einziehen laͤſſet: jedoch iſt kein zweiffel/ daß das auch befonders vor die uns aus Goͤttlicher gnade auff einigerley weiſe nach dem guten das in ihnen iſt bekand gewordene thuende gebet ſo viel mehr in ſich habe/ als die in denſelben erkante Goͤttliche gnade die gegen ſie tragende liebe inbruͤnſtiger ge- machet hat/ aus welcher ſolches gebet heraus flieſſet. Aus dieſen urſachen iſts freylich ſo/ daß es Chriſtlichen hertzen eine innigliche freude zu wegen bringt/ als woraus ſie immer neue urſachen finden/ den himmliſchen Vater zu preiſen/ und wiſſen daß ſie an jenen eine gute befoͤrderung ihres geiſtlichen guten haben. Eben dieſe urſach hat mir auch ſein werthes ſchreiben ſo viel angenehmer gemacht/ weil ich aus demſelben/ da noch unſeres Heylands ausſpruch der mund aus den uͤberfluß des hertzens redet/ die in ihm gelegte Goͤttliche gnade und gegen mich bezeugende hertzliche liebe ſamt verſicherung Chriſtlicher vorbitte und verlangen nach der mei- nigen erkant habe. Welches lauter urſachen ſind inniglicher freude. Nun der HErr

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/498>, abgerufen am 23.11.2024.