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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
gründet in den worten Johannis 1. 5. 2. 3. Daran erkennen wir/ daß wir
GOttes kinder lieben/ wenn wir GOtt lieben und seine gebot halten/ dann
das ist die liebe zu GOtt/ daß wir seine gebot halten; und seine Gebot sind
nicht schwer.
Ja in den worten Christi selbst Joh. 14. 21. Wer meine gebot
hat/ und hält sie/ der ists der mich liebet.
Welchen wir in dem verstand wie
sie geredet/ wol nachsprechen mögen. Aus jenen worten Joh. 1. 5. 3. schliesset
der sel. AEgid. Hunn. also Iis qui Deum diligunt & communionem cum
eo gestiunt, necessariam esse observationem praeceptorum illius.

Es finden sich auch etliche harte formuln, betreffende die spate reue. Ein-
schärff. pag. 52. GOTT wolle zwar allen bußfertigen die sünde ver-
geben/ aber denen die so offt abfallen/ des lieben GOTTes so offt
verspotten/ denen werde es darnach so gut nicht/ daß sie kamen zur
erkäntnüs.
P. 12. daß er erst in der stunde des todes solte zur bus-
se gelangen/ das verbleibet darnach wohl/ und in dem buch p. 279.
Woher soll ihm aber der glaube als denn erst kommen? Gewiß ist/
daß unter solchen heuchlern und bösen Christen kaum einer unter
100000. zuletzt gläubig werde. Christi worte vermögens fast/ daß
nicht einer von solchen/ die ihr tag kein gutes gethan/ erst am ende
rechte busse thue.
p. 401. Man saget von den spat reuenden/ daß
sie auch noch zu gnaden kommen/ aber das ist ein ausser ordentli-
ches/ in die gemeine regul nicht zuziehen; und nach deme die heu-
tige welt beschaffen/ wolt ich sagen/ unter hundert tausenden spat
reuenden kaum einer recht busse würcket.
Wir gestehen daß die re-
den hart sind; aber gleichwohl (ohne das die angezogene worte aus pag. 279.
daß fast nicht einer gar zu weit gehen/ aber auch mit den übrigen nicht
übereinkommen/ und also billich aus diesen zu verbessern sind/ so
dann
daß die bestimmung der einigen zahl/ unter so viel tausenden nicht sicher
ist/ sondern man lieber göttlicher barmhertzigkeit überlässet/ wie
vielen oder wenigen sie diese sonderbahre gnade thun wolle
) bleibt
die lehre an sich selbst von solchen muthwilligen spöttern göttlicher gnade/ die dieselbe
offt von sich gestossen haben/ allerdingswar: Sie ist gegründet Proverb. 1. 24. v. f.
u. an andern orten der Schrifft: daß GOtt endlichen den menschen in das gericht
der verstockung fallen lasse/ von welchem gericht der Autor nichtübel pag. 222. redet.
Nicht aber er allein sondern der gemeine/ und durch gemeinen gebrauch gebil-
ligte/ kirchen-gesang mit den worten: Jch förchte führwar die göttliche
gnad/ die er allezeit verspottet hat/ wird schwerlich auff ihm schwe-

ben

Das ſechſte Capitel.
gruͤndet in den worten Johannis 1. 5. 2. 3. Daran erkennen wir/ daß wir
GOttes kinder lieben/ wenn wir GOtt lieben und ſeine gebot halten/ dann
das iſt die liebe zu GOtt/ daß wir ſeine gebot halten; und ſeine Gebot ſind
nicht ſchwer.
Ja in den worten Chriſti ſelbſt Joh. 14. 21. Wer meine gebot
hat/ und haͤlt ſie/ der iſts der mich liebet.
Welchen wir in dem verſtand wie
ſie geredet/ wol nachſprechen moͤgen. Aus jenen worten Joh. 1. 5. 3. ſchlieſſet
der ſel. Ægid. Hunn. alſo Iis qui Deum diligunt & communionem cum
eo geſtiunt, neceſſariam eſſe obſervationem præceptorum illius.

Es finden ſich auch etliche harte formuln, betreffende die ſpate reue. Ein-
ſchaͤrff. pag. 52. GOTT wolle zwar allen bußfertigen die ſuͤnde ver-
geben/ aber denen die ſo offt abfallen/ des lieben GOTTes ſo offt
verſpotten/ denen werde es darnach ſo gut nicht/ daß ſie kamen zur
erkaͤntnuͤs.
P. 12. daß er erſt in der ſtunde des todes ſolte zur buſ-
ſe gelangen/ das verbleibet darnach wohl/ und in dem buch p. 279.
Woher ſoll ihm aber der glaube als denn erſt kommen? Gewiß iſt/
daß unter ſolchen heuchlern und boͤſen Chriſten kaum einer unter
100000. zuletzt glaͤubig werde. Chriſti worte vermoͤgens faſt/ daß
nicht einer von ſolchen/ die ihr tag kein gutes gethan/ erſt am ende
rechte buſſe thue.
p. 401. Man ſaget von den ſpat reuenden/ daß
ſie auch noch zu gnaden kommen/ aber das iſt ein auſſer ordentli-
ches/ in die gemeine regul nicht zuziehen; und nach deme die heu-
tige welt beſchaffen/ wolt ich ſagen/ unter hundert tauſenden ſpat
reuenden kaum einer recht buſſe wuͤrcket.
Wir geſtehen daß die re-
den hart ſind; aber gleichwohl (ohne das die angezogene worte aus pag. 279.
daß faſt nicht einer gar zu weit gehen/ aber auch mit den uͤbrigen nicht
uͤbereinkommen/ und alſo billich aus dieſen zu verbeſſern ſind/ ſo
dann
daß die beſtimmung der einigen zahl/ unter ſo viel tauſenden nicht ſicher
iſt/ ſondern man lieber goͤttlicher barmhertzigkeit uͤberlaͤſſet/ wie
vielen oder wenigen ſie dieſe ſonderbahre gnade thun wolle
) bleibt
die lehre an ſich ſelbſt von ſolchen muthwilligen ſpoͤttern goͤttlicher gnade/ die dieſelbe
offt von ſich geſtoſſen haben/ allerdingswar: Sie iſt gegruͤndet Proverb. 1. 24. v. f.
u. an andern orten der Schrifft: daß GOtt endlichen den menſchen in das gericht
der verſtockung fallen laſſe/ von welchem gericht der Autor nichtuͤbel pag. 222. redet.
Nicht aber er allein ſondern der gemeine/ und durch gemeinen gebrauch gebil-
ligte/ kirchen-geſang mit den worten: Jch foͤrchte fuͤhrwar die goͤttliche
gnad/ die er allezeit verſpottet hat/ wird ſchwerlich auff ihm ſchwe-

ben
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[32/0050] Das ſechſte Capitel. gruͤndet in den worten Johannis 1. 5. 2. 3. Daran erkennen wir/ daß wir GOttes kinder lieben/ wenn wir GOtt lieben und ſeine gebot halten/ dann das iſt die liebe zu GOtt/ daß wir ſeine gebot halten; und ſeine Gebot ſind nicht ſchwer. Ja in den worten Chriſti ſelbſt Joh. 14. 21. Wer meine gebot hat/ und haͤlt ſie/ der iſts der mich liebet. Welchen wir in dem verſtand wie ſie geredet/ wol nachſprechen moͤgen. Aus jenen worten Joh. 1. 5. 3. ſchlieſſet der ſel. Ægid. Hunn. alſo Iis qui Deum diligunt & communionem cum eo geſtiunt, neceſſariam eſſe obſervationem præceptorum illius. Es finden ſich auch etliche harte formuln, betreffende die ſpate reue. Ein- ſchaͤrff. pag. 52. GOTT wolle zwar allen bußfertigen die ſuͤnde ver- geben/ aber denen die ſo offt abfallen/ des lieben GOTTes ſo offt verſpotten/ denen werde es darnach ſo gut nicht/ daß ſie kamen zur erkaͤntnuͤs. P. 12. daß er erſt in der ſtunde des todes ſolte zur buſ- ſe gelangen/ das verbleibet darnach wohl/ und in dem buch p. 279. Woher ſoll ihm aber der glaube als denn erſt kommen? Gewiß iſt/ daß unter ſolchen heuchlern und boͤſen Chriſten kaum einer unter 100000. zuletzt glaͤubig werde. Chriſti worte vermoͤgens faſt/ daß nicht einer von ſolchen/ die ihr tag kein gutes gethan/ erſt am ende rechte buſſe thue. p. 401. Man ſaget von den ſpat reuenden/ daß ſie auch noch zu gnaden kommen/ aber das iſt ein auſſer ordentli- ches/ in die gemeine regul nicht zuziehen; und nach deme die heu- tige welt beſchaffen/ wolt ich ſagen/ unter hundert tauſenden ſpat reuenden kaum einer recht buſſe wuͤrcket. Wir geſtehen daß die re- den hart ſind; aber gleichwohl (ohne das die angezogene worte aus pag. 279. daß faſt nicht einer gar zu weit gehen/ aber auch mit den uͤbrigen nicht uͤbereinkommen/ und alſo billich aus dieſen zu verbeſſern ſind/ ſo dann daß die beſtimmung der einigen zahl/ unter ſo viel tauſenden nicht ſicher iſt/ ſondern man lieber goͤttlicher barmhertzigkeit uͤberlaͤſſet/ wie vielen oder wenigen ſie dieſe ſonderbahre gnade thun wolle) bleibt die lehre an ſich ſelbſt von ſolchen muthwilligen ſpoͤttern goͤttlicher gnade/ die dieſelbe offt von ſich geſtoſſen haben/ allerdingswar: Sie iſt gegruͤndet Proverb. 1. 24. v. f. u. an andern orten der Schrifft: daß GOtt endlichen den menſchen in das gericht der verſtockung fallen laſſe/ von welchem gericht der Autor nichtuͤbel pag. 222. redet. Nicht aber er allein ſondern der gemeine/ und durch gemeinen gebrauch gebil- ligte/ kirchen-geſang mit den worten: Jch foͤrchte fuͤhrwar die goͤttliche gnad/ die er allezeit verſpottet hat/ wird ſchwerlich auff ihm ſchwe- ben

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/50>, abgerufen am 09.11.2024.