Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.
ARTIC. I. DISTINCT. IV. SECTIO I. solcher Väterlicher güte demüthigen danck des wegen schuldig. Jndessen warte-ten wir mit gebet/ in still seyn und hoffen/ daß der HErr unser recht wider an den tag brächte/ so wir gewiß zu geschehen versichert waren/ und der teuffel selbst dazu helffen müste: Er fing an mit calumnien so grob zu kommen/ daß nicht nur ver- ständige solchen keinen glauben beyfügen mochten/ sondern auch feindselige/ die da von hörten/ ein mißfallen darüber bezeugen mussten: Damit geschahe/ daß man anfienge zu glauben/ es seye nicht eben alles unzweiffenlich wahr/ was ein gemein gerücht gegeben. Jch suchte durch daß herausgegebene sendschreiben an einen ex- ternum Theologum meine verantwortung zu thun; Die zwahr unterschiedli- che nur mehr irritirte/ und dero boßheit hefftiger machte/ aber doch von GOTT also bey andern gesegnet wurde/ daß sie anfingen zu stutzen/ und entweder ihr judi- cium zu suspendiren/ oder die warhheit der sache fleißiger zu untersuchen. Es kamen einige/ so andere leute als prediger von fremden orten hieher/ u. nahmen den augen- schein ein/ besuchten mein collegium/ redeten mit mir und anderen in verdacht ge- zogenen personen: Wie ich aber von allen verstanden/ zogen sie allemahl mit guter satisfaction von hier/ und hatten andere conceptus gefasst als sie mit gebracht/ daher jeglicher derselben hinwider bey andern gutes zeugnüß geben konte. Weilen anch die calumnien in der statt selbst nicht allzulang dauren konten/ sondern dero ungrund endlich sich offenbahren musste/ so wurden immer bey mehrern die ver- dachte gemindert/ und allgemach weg genommen/ daß auch von hier folglich nicht mehr so viel an andere ort ausgestreuet werden konte/ und deswegen anderwertlich ebenfalls die gerüchte auch abnahmen/ wie die bäche verseigen u. schwächer werden/ da die quelle anhebet nachzulassen. So geschahe auch/ daß GOTT eine in autori- tät stehende person wegnahm/ dero ansehen viele in den gegen mich gefassten widri- gen gedancken erhalten hatte. Letzlich wolte der Satan mir in solcher sache den hertzstoß geben/ da der gute Herr Dilfeld mit seinem scripto ausbrach/ aber durch heilige schickung Gottes zu meinem besten: Dann er nicht allein so elendes zeug machte/ daß sich auch die jenige/ welche sonsten mir entgegen waren/ desselben schä- meten/ und ungewillig wurden/ daß er den angriff so verdorben hätte/ hingegen an- dere mir über denselben/ als über eine eigene victorie gratuliret/ sondern damit wurde mir gelegenheit gegeben/ daß ich mich in dieser materie der GOttes ge- lehrheit/ von dero ohne solche verlassung nicht hätte ohne grosse in vidiam schreiben können/ expectorirte, und so in solchem als andern articulis meine orthodoxiam deutlich vor augen legte. Welches dann der HErr nach seiner barmhertzigkeit also gesegnet hat/ daß seithero immer mehr und mehr solche verdachte abge- nommen/ und der jenigen mehrere/ welche vorhin über mich angestanden hatten/ zu andern gedancken gebracht sind worden; Welches auch noch von dem übrigen zugeschehen in gutem vertrauen stehe: Davor aber der gü- te des HERREN demüthigen dancksage/ der nicht nur solche prüffung über mich Xxx 2
ARTIC. I. DISTINCT. IV. SECTIO I. ſolcher Vaͤterlicher guͤte demuͤthigen danck des wegen ſchuldig. Jndeſſen warte-ten wir mit gebet/ in ſtill ſeyn und hoffen/ daß der HErr unſer recht wider an den tag braͤchte/ ſo wir gewiß zu geſchehen verſichert waren/ und der teuffel ſelbſt dazu helffen muͤſte: Er fing an mit calumnien ſo grob zu kommen/ daß nicht nur ver- ſtaͤndige ſolchen keinen glauben beyfuͤgen mochten/ ſondern auch feindſelige/ die da von hoͤrten/ ein mißfallen daruͤber bezeugen muſſten: Damit geſchahe/ daß man anfienge zu glauben/ es ſeye nicht eben alles unzweiffenlich wahr/ was ein gemein geruͤcht gegeben. Jch ſuchte durch daß herausgegebene ſendſchreiben an einen ex- ternum Theologum meine verantwortung zu thun; Die zwahr unterſchiedli- che nur mehr irritirte/ und dero boßheit hefftiger machte/ aber doch von GOTT alſo bey andern geſegnet wurde/ daß ſie anfingen zu ſtutzen/ und entweder ihr judi- cium zu ſuſpendiꝛen/ oder die waꝛhheit der ſache fleißiger zu unteꝛſuchen. Es kamen einige/ ſo andere leute als prediger von fremden orten hieher/ u. nahmen den augen- ſchein ein/ beſuchten mein collegium/ redeten mit mir und anderen in verdacht ge- zogenen perſonen: Wie ich aber von allen verſtanden/ zogen ſie allemahl mit guter ſatisfaction von hieꝛ/ und hatten andere conceptus gefaſſt als ſie mit gebracht/ daher jeglicher derſelben hinwider bey andern gutes zeugnuͤß geben konte. Weilen anch die calumnien in der ſtatt ſelbſt nicht allzulang dauren konten/ ſondern dero ungrund endlich ſich offenbahren muſſte/ ſo wurden immer bey mehrern die ver- dachte gemindert/ und allgemach weg genommen/ daß auch von hier folglich nicht mehr ſo viel an andere ort ausgeſtreuet werden konte/ und deswegen anderwertlich ebenfalls die geruͤchte auch abnahmen/ wie die baͤche verſeigen u. ſchwaͤcher werden/ da die quelle anhebet nachzulaſſen. So geſchahe auch/ daß GOTT eine in autori- taͤt ſtehende perſon wegnahm/ dero anſehen viele in den gegen mich gefaſſten widri- gen gedancken erhalten hatte. Letzlich wolte der Satan mir in ſolcher ſache den hertzſtoß geben/ da der gute Herr Dilfeld mit ſeinem ſcripto ausbrach/ aber durch heilige ſchickung Gottes zu meinem beſten: Dann er nicht allein ſo elendes zeug machte/ daß ſich auch die jenige/ welche ſonſten mir entgegen waren/ deſſelben ſchaͤ- meten/ und ungewillig wurden/ daß er den angriff ſo verdorben haͤtte/ hingegen an- dere mir uͤber denſelben/ als uͤber eine eigene victorie gratuliret/ ſondern damit wurde mir gelegenheit gegeben/ daß ich mich in dieſer materie der GOttes ge- lehrheit/ von dero ohne ſolche verlaſſung nicht haͤtte ohne groſſe in vidiam ſchreiben koͤnnen/ expectorirte, und ſo in ſolchem als andern articulis meine orthodoxiam deutlich vor augen legte. Welches dann der HErr nach ſeiner barmhertzigkeit alſo geſegnet hat/ daß ſeithero immer mehr und mehr ſolche verdachte abge- nommen/ und der jenigen mehrere/ welche vorhin uͤber mich angeſtanden hatten/ zu andern gedancken gebracht ſind worden; Welches auch noch von dem uͤbrigen zugeſchehen in gutem vertrauen ſtehe: Davor aber der guͤ- te des HERREN demuͤthigen danckſage/ der nicht nur ſolche pruͤffung uͤber mich Xxx 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0549" n="531"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. I. <hi rendition="#g">DISTINCT</hi>. IV. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> I.</hi></fw><lb/> ſolcher Vaͤterlicher guͤte demuͤthigen danck des wegen ſchuldig. Jndeſſen warte-<lb/> ten wir mit gebet/ in ſtill ſeyn und hoffen/ daß der HErr unſer recht wider an den<lb/> tag braͤchte/ ſo wir gewiß zu geſchehen verſichert waren/ und der teuffel ſelbſt dazu<lb/> helffen muͤſte: Er fing an mit <hi rendition="#aq">calumnien</hi> ſo grob zu kommen/ daß nicht nur ver-<lb/> ſtaͤndige ſolchen keinen glauben beyfuͤgen mochten/ ſondern auch feindſelige/ die da<lb/> von hoͤrten/ ein mißfallen daruͤber bezeugen muſſten: Damit geſchahe/ daß man<lb/> anfienge zu glauben/ es ſeye nicht eben alles unzweiffenlich wahr/ was ein gemein<lb/> geruͤcht gegeben. Jch ſuchte durch daß herausgegebene ſendſchreiben an einen <hi rendition="#aq">ex-<lb/> ternum Theologum</hi> meine verantwortung zu thun; Die zwahr unterſchiedli-<lb/> che nur mehr <hi rendition="#aq">irritir</hi>te/ und dero boßheit hefftiger machte/ aber doch von GOTT<lb/> alſo bey andern geſegnet wurde/ daß ſie anfingen zu ſtutzen/ und entweder ihr <hi rendition="#aq">judi-<lb/> cium</hi> zu <hi rendition="#aq">ſuſpendi</hi>ꝛen/ oder die waꝛhheit der ſache fleißiger zu unteꝛſuchen. Es kamen<lb/> einige/ ſo andere leute als prediger von fremden orten hieher/ u. nahmen den augen-<lb/> ſchein ein/ beſuchten mein <hi rendition="#aq">collegium</hi>/ redeten mit mir und anderen in verdacht ge-<lb/> zogenen perſonen: Wie ich aber von allen verſtanden/ zogen ſie allemahl mit guter<lb/><hi rendition="#aq">ſatisfaction</hi> von hieꝛ/ und hatten andere <hi rendition="#aq">conceptus</hi> gefaſſt als ſie mit gebracht/<lb/> daher jeglicher derſelben hinwider bey andern gutes zeugnuͤß geben konte. Weilen<lb/> anch die <hi rendition="#aq">calumnien</hi> in der ſtatt ſelbſt nicht allzulang dauren konten/ ſondern dero<lb/> ungrund endlich ſich offenbahren muſſte/ ſo wurden immer bey mehrern die ver-<lb/> dachte gemindert/ und allgemach weg genommen/ daß auch von hier folglich nicht<lb/> mehr ſo viel an andere ort ausgeſtreuet werden konte/ und deswegen anderwertlich<lb/> ebenfalls die geruͤchte auch abnahmen/ wie die baͤche verſeigen u. ſchwaͤcher werden/<lb/> da die quelle anhebet nachzulaſſen. So geſchahe auch/ daß GOTT eine in <hi rendition="#aq">autori-</hi><lb/> taͤt ſtehende perſon wegnahm/ dero anſehen viele in den gegen mich gefaſſten widri-<lb/> gen gedancken erhalten hatte. Letzlich wolte der Satan mir in ſolcher ſache den<lb/> hertzſtoß geben/ da der gute Herr <hi rendition="#fr">Dilfeld</hi> mit ſeinem <hi rendition="#aq">ſcripto</hi> ausbrach/ aber durch<lb/> heilige ſchickung Gottes zu meinem beſten: Dann er nicht allein ſo elendes zeug<lb/> machte/ daß ſich auch die jenige/ welche ſonſten mir entgegen waren/ deſſelben ſchaͤ-<lb/> meten/ und ungewillig wurden/ daß er den angriff ſo verdorben haͤtte/ hingegen an-<lb/> dere mir uͤber denſelben/ als uͤber eine eigene <hi rendition="#aq">victorie gratuli</hi>ret/ ſondern damit<lb/> wurde mir gelegenheit gegeben/ daß ich mich in dieſer <hi rendition="#aq">materie</hi> <hi rendition="#fr">der GOttes ge-<lb/> lehrheit/</hi> von dero ohne ſolche verlaſſung nicht haͤtte ohne groſſe <hi rendition="#aq">in vidiam</hi> ſchreiben<lb/> koͤnnen/ <hi rendition="#aq">expectorirte,</hi> und ſo in ſolchem als andern <hi rendition="#aq">articulis</hi> meine <hi rendition="#aq">orthodoxiam</hi><lb/> deutlich vor augen legte. Welches dann der HErr nach ſeiner barmhertzigkeit<lb/> alſo geſegnet hat/ daß ſeithero immer mehr und mehr ſolche verdachte abge-<lb/> nommen/ und der jenigen mehrere/ welche vorhin uͤber mich angeſtanden<lb/> hatten/ zu andern gedancken gebracht ſind worden; Welches auch noch<lb/> von dem uͤbrigen zugeſchehen in gutem vertrauen ſtehe: Davor aber der guͤ-<lb/> te des HERREN demuͤthigen danckſage/ der nicht nur ſolche pruͤffung uͤber<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Xxx 2</fw><fw place="bottom" type="catch">mich</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [531/0549]
ARTIC. I. DISTINCT. IV. SECTIO I.
ſolcher Vaͤterlicher guͤte demuͤthigen danck des wegen ſchuldig. Jndeſſen warte-
ten wir mit gebet/ in ſtill ſeyn und hoffen/ daß der HErr unſer recht wider an den
tag braͤchte/ ſo wir gewiß zu geſchehen verſichert waren/ und der teuffel ſelbſt dazu
helffen muͤſte: Er fing an mit calumnien ſo grob zu kommen/ daß nicht nur ver-
ſtaͤndige ſolchen keinen glauben beyfuͤgen mochten/ ſondern auch feindſelige/ die da
von hoͤrten/ ein mißfallen daruͤber bezeugen muſſten: Damit geſchahe/ daß man
anfienge zu glauben/ es ſeye nicht eben alles unzweiffenlich wahr/ was ein gemein
geruͤcht gegeben. Jch ſuchte durch daß herausgegebene ſendſchreiben an einen ex-
ternum Theologum meine verantwortung zu thun; Die zwahr unterſchiedli-
che nur mehr irritirte/ und dero boßheit hefftiger machte/ aber doch von GOTT
alſo bey andern geſegnet wurde/ daß ſie anfingen zu ſtutzen/ und entweder ihr judi-
cium zu ſuſpendiꝛen/ oder die waꝛhheit der ſache fleißiger zu unteꝛſuchen. Es kamen
einige/ ſo andere leute als prediger von fremden orten hieher/ u. nahmen den augen-
ſchein ein/ beſuchten mein collegium/ redeten mit mir und anderen in verdacht ge-
zogenen perſonen: Wie ich aber von allen verſtanden/ zogen ſie allemahl mit guter
ſatisfaction von hieꝛ/ und hatten andere conceptus gefaſſt als ſie mit gebracht/
daher jeglicher derſelben hinwider bey andern gutes zeugnuͤß geben konte. Weilen
anch die calumnien in der ſtatt ſelbſt nicht allzulang dauren konten/ ſondern dero
ungrund endlich ſich offenbahren muſſte/ ſo wurden immer bey mehrern die ver-
dachte gemindert/ und allgemach weg genommen/ daß auch von hier folglich nicht
mehr ſo viel an andere ort ausgeſtreuet werden konte/ und deswegen anderwertlich
ebenfalls die geruͤchte auch abnahmen/ wie die baͤche verſeigen u. ſchwaͤcher werden/
da die quelle anhebet nachzulaſſen. So geſchahe auch/ daß GOTT eine in autori-
taͤt ſtehende perſon wegnahm/ dero anſehen viele in den gegen mich gefaſſten widri-
gen gedancken erhalten hatte. Letzlich wolte der Satan mir in ſolcher ſache den
hertzſtoß geben/ da der gute Herr Dilfeld mit ſeinem ſcripto ausbrach/ aber durch
heilige ſchickung Gottes zu meinem beſten: Dann er nicht allein ſo elendes zeug
machte/ daß ſich auch die jenige/ welche ſonſten mir entgegen waren/ deſſelben ſchaͤ-
meten/ und ungewillig wurden/ daß er den angriff ſo verdorben haͤtte/ hingegen an-
dere mir uͤber denſelben/ als uͤber eine eigene victorie gratuliret/ ſondern damit
wurde mir gelegenheit gegeben/ daß ich mich in dieſer materie der GOttes ge-
lehrheit/ von dero ohne ſolche verlaſſung nicht haͤtte ohne groſſe in vidiam ſchreiben
koͤnnen/ expectorirte, und ſo in ſolchem als andern articulis meine orthodoxiam
deutlich vor augen legte. Welches dann der HErr nach ſeiner barmhertzigkeit
alſo geſegnet hat/ daß ſeithero immer mehr und mehr ſolche verdachte abge-
nommen/ und der jenigen mehrere/ welche vorhin uͤber mich angeſtanden
hatten/ zu andern gedancken gebracht ſind worden; Welches auch noch
von dem uͤbrigen zugeſchehen in gutem vertrauen ſtehe: Davor aber der guͤ-
te des HERREN demuͤthigen danckſage/ der nicht nur ſolche pruͤffung uͤber
mich
Xxx 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/549 |
| Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/549>, abgerufen am 22.11.2024. |
