Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. sie noch vorhin/ ehe sie abgeschieden/ mit trost erquicket/ gezeiget hat. Damitwir gleichwohl göttlicher wunderbahren und ihre heilige wunderlich führende weißheit keine maß vorschreiben wollen. Jn dessen haben wir gern gelesen/ was er p. 384. setzet/ und damit verhütet/ daß ausdergleichen manglendem fühlen des glaubens nicht übel geurtheilet werde: Wann GOTT einen menschen in der todes stunde wolte lassen in anfechtung verderben/ so müste er kein getreuer GOTT seyn. Aber er ist treu und fromm/ und will das angefangene gute werck vollführen. Daß wenn nun ein Christe le- bet gottselig/ so darff er ihm nicht lassen leid seyn für den letzten kampff. Dann da will GOTT selbs mit dabey seyn/ und um solche seele/ die ihm in dieser welt treulich angehangen/ eyfferen/ sie durchaus nicht lassen in des Satans klauen gerahten. 11. Jst noch übrig die art zu reden/ da er p. 200. zu dem glauben 5. stück wir
Das ſechſte Capitel. ſie noch vorhin/ ehe ſie abgeſchieden/ mit troſt erquicket/ gezeiget hat. Damitwir gleichwohl goͤttlicher wunderbahren und ihre heilige wunderlich fuͤhrende weißheit keine maß vorſchreiben wollen. Jn deſſen haben wir gern geleſen/ was er p. 384. ſetzet/ und damit verhuͤtet/ daß ausdergleichen manglendem fuͤhlen des glaubens nicht uͤbel geurtheilet werde: Wann GOTT einen menſchen in der todes ſtunde wolte laſſen in anfechtung veꝛderben/ ſo muͤſte er kein getreuer GOTT ſeyn. Aber er iſt treu und fromm/ und will das angefangene gute werck vollfuͤhren. Daß wenn nun ein Chriſte le- bet gottſelig/ ſo darff er ihm nicht laſſen leid ſeyn fuͤr den letzten kampff. Dann da will GOTT ſelbs mit dabey ſeyn/ und um ſolche ſeele/ die ihm in dieſer welt treulich angehangen/ eyfferen/ ſie durchaus nicht laſſen in des Satans klauen gerahten. 11. Jſt noch uͤbrig die art zu reden/ da er p. 200. zu dem glauben 5. ſtuͤck wir
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Das ſechſte Capitel.
ſie noch vorhin/ ehe ſie abgeſchieden/ mit troſt erquicket/ gezeiget hat. Damit
wir gleichwohl goͤttlicher wunderbahren und ihre heilige wunderlich fuͤhrende
weißheit keine maß vorſchreiben wollen. Jn deſſen haben wir gern geleſen/ was
er p. 384. ſetzet/ und damit verhuͤtet/ daß ausdergleichen manglendem fuͤhlen des
glaubens nicht uͤbel geurtheilet werde: Wann GOTT einen menſchen in
der todes ſtunde wolte laſſen in anfechtung veꝛderben/ ſo muͤſte er kein
getreuer GOTT ſeyn. Aber er iſt treu und fromm/ und will das
angefangene gute werck vollfuͤhren. Daß wenn nun ein Chriſte le-
bet gottſelig/ ſo darff er ihm nicht laſſen leid ſeyn fuͤr den letzten kampff.
Dann da will GOTT ſelbs mit dabey ſeyn/ und um ſolche ſeele/ die
ihm in dieſer welt treulich angehangen/ eyfferen/ ſie durchaus nicht
laſſen in des Satans klauen gerahten.
11. Jſt noch uͤbrig die art zu reden/ da er p. 200. zu dem glauben 5. ſtuͤck
erfordert. 1. Daß erkaͤntnuͤß/ 2. den beyfall/ 3. diezuverſicht/ 4. daß verlan-
gen. 5. die ruhe der ſeelen/ welches nichts anders ſeye/ als eine getroſte freu-
dige zuverſicht der ſeelen. Nun pflegen wir ins gemein nicht mehr als 3. ſtuͤck
zu dem glauben zuerfordern/ welcke hie die 3. erſte ſind. Wann wir aber gleich-
wohl die ſache an ſich ſelbſt betrachten/ wird hier nichts anders/ ſondern das jenige/
was ſonſt auch gelehrt wird/ etwas unterſchiedener vorgelegt; Jn dem was wir
ſonſt zuverſicht nennen/ die drey letzte zumahl in ſich ſchleuſt. So geſtehet Herr
Stenger an angezogenem ort ſelbſt/ daß unter den jenigen/ die er zehlet/ das dritte
und fuͤnffte/ beydes actus ſeyen von der zuverſicht/ jener noch auff die begehrende
dieſer in der bereits empfangenen gnade: oder wie ers austruckt/ daß in dem
dritten puncten er verſtehe/ die zuverſicht/ ſo vor der rechtfertigung hergehe/
in dem fuͤnfften die zuverſicht nach erlangter vergebung der ſuͤnden. (Da-
rin aber ſoll auch mit verſtanden werden/ in der erlangunge ſolcher vergebung/
welche wir davor halten/ von dem Autore mit der andern eingeſchloſſen zu wer-
den) Nun pflegen wir insgemein beyde ſolche actus/ ob zwar auff unterſchiedliche
weiſe/ unter der zuverſicht zuverſtehen. Was das verlangen betrifft/ ſo Herr
Stenger beyfuͤget/ iſt er nicht der erſte ſondern der theure und hochverdiente Chem-
nitius exam. concil. Trid. p. 1. de fide juſtific. p. 163. machet auch hieraus den
dritten grad des glaubens/ welcher vor der zuverſicht hergehe: Tertio ex illa
notitia & aſſenſione cor ſeu voluntas per operationem Sp. S. concipit deſi-
derium, ut quia ſeriò ſentit, ſe oneratum peccatis & ira Dei, expetat, velit,
quærat, petat ſibi donari & communicari beneficium juſtificationis, quod
in promiſſione Evangelii proponitur, & illud fide apprehendit, ut ad ſe reci-
piat. Wie wir nun aber nicht vonnoͤhten achten/ daß ſolches verlangen austruͤcklich
gemeldet werde/ ſondern mag unter dem vertrauen mit verſtanden werden; daher
wir
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