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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
zum ewigen leben verordneten kinder GOttes derselben grossen
busse nie/ oder doch ja nicht zum andernmahl/ geschweige zum
dritten/ oder zum zehenden/ hunderten mahl. Also auch
p. 33. p.
11.
Daß die nicht in dieser welt auch ein heilig und von muthwil-
ligen sünden bestandig reines leben führen/ daß solche nicht gehö-
ren unter die außerwehlten schafe Christi/ so sage ich denn/ der
zum drittenmahl in muthwillige sünden rückfallige mensch wird
wol zur rechten busse nicht erneuert werden. Geschehe es ja/ und
man merckte es klärlich an dem gantz anderen neuen heiligen wan-
del/ der nunmehr an dem bußfertigen herfürleuchtet/ so muste
das ein gar
minus consvetum, was ausserordentliches heissen.
Sonsten aber ist viel vermuthlicher/ daß eines so offt unserm an-
sehen nach rückfälligen menschen vorige busse nicht recht eingerich-
tet gewesen.
p. 43. der zum andernmahl von GOtt auffgerichtete
mensch fället hernach nicht wieder von GOtt abe. Und der zum
drittenmal rückfällige mensch wird nicht wieder zur busse erneu-
ert und auffgerichtet/ von dem was gewöhnlich ist zu reden. Jn
dem Buch
p. 400. Wenn man die wahren kinder GOTTes ins-
mein beschreiben wil/ so bringen sie ihr leben gemeiniglich zu ohne
alle todt- und aus göttlicher gnade aussetzende sünde.
Die sache
nun gründlich in der furcht GOttes zubetrachten. Jst 1. die frage nicht: Ob
die kinder GOttes solches thun sollen? Denn das ist ausgemacht/ daß sie GOtt
den zugesagten gehorsam leisten sollen. Und so fern ists der ordentliche gewöhn-
liche weg der außerwehlten kinder GOttes/ daß sie nicht wieder muthwillig sün-
digen. Dieses erkennen alle. 2. Jst auch die frage nicht: Ob kinder GOttes
gar nicht mehr abfallen könten/ nach dem sie einmahl zu solcher würde durch
die wiedergeburt gelanget sind? Welchem irrthum der Reformirten Herr Sten-
ger nahmentlich widerspricht p. 32. Daher die rede p. 137. & 138. Wer den
bösen vorsatz hat abgelegt/ der weiß dann/ daß er nicht nur bey sei-
ner busse GOttes gnade erlanget/ daß sie für dißmal und in dieser
stunde über ihn walte/ sondern er ist auch gewiß/ daß er in solcher
gnade werde bestehen ewiglich/ und die gnade GOttes werde be-
halten biß an sein ende. Einschärff.
p. 15. Jn welchen kindern
GOttes ist das reich GOttes/ das lasse die fremmen nicht fallen
in muthwillige sünden/ sondern sie überwinden.
Ob sie schon bloß
dahin die absolutam impossibilitatem deficiendi mit sich bringen scheinen sol-

ten

Das ſechſte Capitel.
zum ewigen leben verordneten kinder GOttes derſelben groſſen
buſſe nie/ oder doch ja nicht zum andernmahl/ geſchweige zum
dritten/ oder zum zehenden/ hunderten mahl. Alſo auch
p. 33. p.
11.
Daß die nicht in dieſeꝛ welt auch ein heilig und von muthwil-
ligen ſuͤnden beſtandig reines leben fuͤhren/ daß ſolche nicht gehoͤ-
ren unter die außerwehlten ſchafe Chriſti/ ſo ſage ich denn/ der
zum drittenmahl in muthwillige ſuͤnden ruͤckfallige menſch wird
wol zur rechten buſſe nicht erneuert werden. Geſchehe es ja/ und
man merckte es klaͤrlich an dem gantz anderen neuen heiligen wan-
del/ der nunmehr an dem bußfertigen herfuͤrleuchtet/ ſo muſte
das ein gar
minus conſvetum, was auſſerordentliches heiſſen.
Sonſten aber iſt viel vermuthlicher/ daß eines ſo offt unſerm an-
ſehen nach ruͤckfaͤlligen menſchen vorige buſſe nicht recht eingerich-
tet geweſen.
p. 43. der zum andernmahl von GOtt auffgerichtete
menſch faͤllet hernach nicht wieder von GOtt abe. Und der zum
drittenmal ruͤckfaͤllige menſch wird nicht wieder zur buſſe erneu-
ert und auffgerichtet/ von dem was gewoͤhnlich iſt zu reden. Jn
dem Buch
p. 400. Wenn man die wahren kinder GOTTes ins-
mein beſchreiben wil/ ſo bringen ſie ihr leben gemeiniglich zu ohne
alle todt- und aus goͤttlicher gnade ausſetzende ſuͤnde.
Die ſache
nun gruͤndlich in der furcht GOttes zubetrachten. Jſt 1. die frage nicht: Ob
die kinder GOttes ſolches thun ſollen? Denn das iſt ausgemacht/ daß ſie GOtt
den zugeſagten gehorſam leiſten ſollen. Und ſo fern iſts der ordentliche gewoͤhn-
liche weg der außerwehlten kinder GOttes/ daß ſie nicht wieder muthwillig ſuͤn-
digen. Dieſes erkennen alle. 2. Jſt auch die frage nicht: Ob kinder GOttes
gar nicht mehr abfallen koͤnten/ nach dem ſie einmahl zu ſolcher wuͤrde durch
die wiedergeburt gelanget ſind? Welchem irrthum der Reformirten Herr Sten-
ger nahmentlich widerſpricht p. 32. Daher die rede p. 137. & 138. Wer den
boͤſen vorſatz hat abgelegt/ der weiß dann/ daß er nicht nur bey ſei-
ner buſſe GOttes gnade erlanget/ daß ſie fuͤr dißmal und in dieſer
ſtunde uͤber ihn walte/ ſondern er iſt auch gewiß/ daß er in ſolcher
gnade werde beſtehen ewiglich/ und die gnade GOttes werde be-
halten biß an ſein ende. Einſchaͤrff.
p. 15. Jn welchen kindern
GOttes iſt das reich GOttes/ das laſſe die fremmen nicht fallen
in muthwillige ſuͤnden/ ſondern ſie uͤberwinden.
Ob ſie ſchon bloß
dahin die abſolutam impoſſibilitatem deficiendi mit ſich bringen ſcheinen ſol-

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[46/0064] Das ſechſte Capitel. zum ewigen leben verordneten kinder GOttes derſelben groſſen buſſe nie/ oder doch ja nicht zum andernmahl/ geſchweige zum dritten/ oder zum zehenden/ hunderten mahl. Alſo auch p. 33. p. 11. Daß die nicht in dieſeꝛ welt auch ein heilig und von muthwil- ligen ſuͤnden beſtandig reines leben fuͤhren/ daß ſolche nicht gehoͤ- ren unter die außerwehlten ſchafe Chriſti/ ſo ſage ich denn/ der zum drittenmahl in muthwillige ſuͤnden ruͤckfallige menſch wird wol zur rechten buſſe nicht erneuert werden. Geſchehe es ja/ und man merckte es klaͤrlich an dem gantz anderen neuen heiligen wan- del/ der nunmehr an dem bußfertigen herfuͤrleuchtet/ ſo muſte das ein gar minus conſvetum, was auſſerordentliches heiſſen. Sonſten aber iſt viel vermuthlicher/ daß eines ſo offt unſerm an- ſehen nach ruͤckfaͤlligen menſchen vorige buſſe nicht recht eingerich- tet geweſen. p. 43. der zum andernmahl von GOtt auffgerichtete menſch faͤllet hernach nicht wieder von GOtt abe. Und der zum drittenmal ruͤckfaͤllige menſch wird nicht wieder zur buſſe erneu- ert und auffgerichtet/ von dem was gewoͤhnlich iſt zu reden. Jn dem Buch p. 400. Wenn man die wahren kinder GOTTes ins- mein beſchreiben wil/ ſo bringen ſie ihr leben gemeiniglich zu ohne alle todt- und aus goͤttlicher gnade ausſetzende ſuͤnde. Die ſache nun gruͤndlich in der furcht GOttes zubetrachten. Jſt 1. die frage nicht: Ob die kinder GOttes ſolches thun ſollen? Denn das iſt ausgemacht/ daß ſie GOtt den zugeſagten gehorſam leiſten ſollen. Und ſo fern iſts der ordentliche gewoͤhn- liche weg der außerwehlten kinder GOttes/ daß ſie nicht wieder muthwillig ſuͤn- digen. Dieſes erkennen alle. 2. Jſt auch die frage nicht: Ob kinder GOttes gar nicht mehr abfallen koͤnten/ nach dem ſie einmahl zu ſolcher wuͤrde durch die wiedergeburt gelanget ſind? Welchem irrthum der Reformirten Herr Sten- ger nahmentlich widerſpricht p. 32. Daher die rede p. 137. & 138. Wer den boͤſen vorſatz hat abgelegt/ der weiß dann/ daß er nicht nur bey ſei- ner buſſe GOttes gnade erlanget/ daß ſie fuͤr dißmal und in dieſer ſtunde uͤber ihn walte/ ſondern er iſt auch gewiß/ daß er in ſolcher gnade werde beſtehen ewiglich/ und die gnade GOttes werde be- halten biß an ſein ende. Einſchaͤrff. p. 15. Jn welchen kindern GOttes iſt das reich GOttes/ das laſſe die fremmen nicht fallen in muthwillige ſuͤnden/ ſondern ſie uͤberwinden. Ob ſie ſchon bloß dahin die abſolutam impoſſibilitatem deficiendi mit ſich bringen ſcheinen ſol- ten

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/64>, abgerufen am 26.11.2024.