Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. I. DISTINCTIO IV. SECTIO VII. meisten gemeinden alles so sehr verdorben ist. Jedoch hoffe abermahl/ wo erstlichein rechtschaffener treuer Prediger wäre/ und ihn die hülffe solcher vorsteher oder ältesten gegönnet würde/ daß derselbe unter seiner gemeinde leicht einige Gottselige hertzen finden/ oder sie durch sein amt in kurtzen geschickt machen könte/ daß sie ein sol- ches/ was ihnen anvertrauet würde/ in Christlicher einfalt und doch mit nutzen ver- richteten. Also auch was wir immer vorschlagen/ so kommet alle die macht darauff an Der Christliche politicus Herr von Seckendorff hat in seinen neulichen Chri- ende Nnnn 2
ARTIC. I. DISTINCTIO IV. SECTIO VII. meiſten gemeinden alles ſo ſehr verdorben iſt. Jedoch hoffe abermahl/ wo erſtlichein rechtſchaffener treuer Prediger waͤre/ und ihn die huͤlffe ſolcher vorſteher oder aͤlteſten gegoͤnnet wuͤrde/ daß derſelbe unter ſeiner gemeinde leicht einige Gottſelige hertzen finden/ oder ſie durch ſein amt in kurtzen geſchickt machen koͤnte/ daß ſie ein ſol- ches/ was ihnen anvertrauet wuͤrde/ in Chriſtlicher einfalt und doch mit nutzen ver- richteten. Alſo auch was wir immer vorſchlagen/ ſo kommet alle die macht darauff an Der Chriſtliche politicus Herr von Seckendorff hat in ſeinen neulichen Chꝛi- ende Nnnn 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0669" n="651"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">ARTIC. I. DISTINCTIO <hi rendition="#g">IV</hi>. SECTIO VII.</hi></fw><lb/> meiſten gemeinden alles ſo ſehr verdorben iſt. Jedoch hoffe abermahl/ wo erſtlich<lb/> ein rechtſchaffener treuer Prediger waͤre/ und ihn die huͤlffe ſolcher vorſteher oder<lb/> aͤlteſten gegoͤnnet wuͤrde/ daß derſelbe unter ſeiner gemeinde leicht einige Gottſelige<lb/> hertzen finden/ oder ſie durch ſein amt in kurtzen geſchickt machen koͤnte/ daß ſie ein ſol-<lb/> ches/ was ihnen anvertrauet wuͤrde/ in Chriſtlicher einfalt und doch mit nutzen ver-<lb/> richteten.</p><lb/> <p>Alſo auch was wir immer vorſchlagen/ ſo kommet alle die macht darauff an<lb/> wie derſelbe wohl anmercket/ wo man ſolche leute finden oder hernehmen koͤnte/ da<lb/> iſt dann freylich guter rath theuer/ und da man bey der groſſen zahl der <hi rendition="#aq">expectan-<lb/> ten</hi> nicht weißt/ wo man ihnen dienſt genug verſchaffen wolle/ ſo kommts hinwider/<lb/> wo man recht bekehrte und Gottſelige <hi rendition="#aq">Theologos</hi> ſuchet/ dahin/ daß wo mehrere<lb/> ſtellen auff einmahl <hi rendition="#aq">vacir</hi>ten/ man kaum ſiehet/ wohin man ſich wenden ſolle/ ſol-<lb/> che anzutreffen. Unterſuchet man die urſachen/ ſo liegen viele davon an tage: ja iſt et-<lb/> wa ſo ſchwehr nicht/ woran es meiſten hohen und niedern ſchulen mangle/ zu zeigen/<lb/> ja die ſache ſo deutlich vor augẽ zu legen/ daß mans faſt mit haͤndẽ gꝛeiffen ſolte. Wie<lb/> aber kein krancker noch darvon allein die geſundheit wider eꝛlangt/ da er ſeine kꝛanck-<lb/> heit erkennet/ ob wohl ſolches ein guter anfang iſt/ ſondern es gehoͤren auch kraͤfftig<lb/> und kluͤglich <hi rendition="#aq">applicirte</hi> artzeney mittel dazu/ alſo mag die erkaͤntnuͤß der fehler in<lb/> ſchulen und ſonſten/ das uͤbel noch nicht heben/ ſo lang wir die mittel nicht ſehen/ und<lb/> ſie zu werck richten koͤnnen/ welche zu der beſſerung noͤthig.</p><lb/> <p>Der Chriſtliche <hi rendition="#aq">politicus</hi> Herr von <hi rendition="#fr">Seckendorff</hi> hat in ſeinen neulichen <hi rendition="#fr">Chꝛi-<lb/> ſtenſtaat</hi> von dieſer und anderer <hi rendition="#aq">materie</hi> viele ſehr heilſame vorſchlaͤge und erinne-<lb/> rung gethan/ auch aus andern widerhohlet. Aber ach wie waͤre zu wuͤnſchen/ daß<lb/> ſolche dinge nicht insgemein bey den bloſſen wuͤnſchen und verlangen blieben. Was<lb/> auch hie in dem wege ſtehe/ iſt abermahl eher zuſehen als weg zu bringen. Jn<lb/> ſumma ich ſehe die ſache in dergleichen allgemeinen beſſerungen die man <hi rendition="#aq">in-<lb/> tendirt</hi> und auch <hi rendition="#aq">intendi</hi>ren ſolte/ dermaſſen je laͤnger je mehr an/ daß nicht nur<lb/> der Satan auch unter uns ſein reich dermaſſen verbollwercket/ und ſich auff alles/<lb/> wo man ihm abbruch thun wolte/ laͤngſt vorgeſehen habe/ daß keine geringere als<lb/> Goͤttliche krafft da durch zudringen vermag/ ſondern daß auch Goͤttliches gerichte<lb/> alſo auff uns liege/ daß man kaum irgend etwas ausrichte/ ſondern muß nach aller<lb/> angewendter ſorge und muͤhe damit zufrieden ſeyen/ daß man ſein gewiſſen gerettet<lb/> habe/ und das uͤbrige den HERRN befehlen: damit wir alſo/ wo wir die Da-<lb/> vid ſeyen/ die den HERRN den tempel noch nicht bauen doͤrffen; erwarten biß<lb/> der von ihm darzu von ihm erwehlte Salomon aufftrete/ deme wir in deſſen doch<lb/> vorſpahren und vorarbeiten ſollen/ ſo weit wir jetzt zu kommen vermoͤgen/ daß der<lb/> von uns geſamlete vorrath ſein werck kraͤfftig befoͤrdere: Wie ich zwar/ je ſchweh-<lb/> rer die gerichte anfangen zu werden/ und bald noch ſchꝛecklicher ausbrechen doͤrfften/<lb/> ſo vielmehr mich verſichere/ das die zeit einiger erwuͤnſchten hauptbeſſerung uns<lb/> nicht mehr fern ſeye/ und bißherigen gleichſam unfruchtbaren unſerm ſeufftzenlein<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Nnnn 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ende</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [651/0669]
ARTIC. I. DISTINCTIO IV. SECTIO VII.
meiſten gemeinden alles ſo ſehr verdorben iſt. Jedoch hoffe abermahl/ wo erſtlich
ein rechtſchaffener treuer Prediger waͤre/ und ihn die huͤlffe ſolcher vorſteher oder
aͤlteſten gegoͤnnet wuͤrde/ daß derſelbe unter ſeiner gemeinde leicht einige Gottſelige
hertzen finden/ oder ſie durch ſein amt in kurtzen geſchickt machen koͤnte/ daß ſie ein ſol-
ches/ was ihnen anvertrauet wuͤrde/ in Chriſtlicher einfalt und doch mit nutzen ver-
richteten.
Alſo auch was wir immer vorſchlagen/ ſo kommet alle die macht darauff an
wie derſelbe wohl anmercket/ wo man ſolche leute finden oder hernehmen koͤnte/ da
iſt dann freylich guter rath theuer/ und da man bey der groſſen zahl der expectan-
ten nicht weißt/ wo man ihnen dienſt genug verſchaffen wolle/ ſo kommts hinwider/
wo man recht bekehrte und Gottſelige Theologos ſuchet/ dahin/ daß wo mehrere
ſtellen auff einmahl vacirten/ man kaum ſiehet/ wohin man ſich wenden ſolle/ ſol-
che anzutreffen. Unterſuchet man die urſachen/ ſo liegen viele davon an tage: ja iſt et-
wa ſo ſchwehr nicht/ woran es meiſten hohen und niedern ſchulen mangle/ zu zeigen/
ja die ſache ſo deutlich vor augẽ zu legen/ daß mans faſt mit haͤndẽ gꝛeiffen ſolte. Wie
aber kein krancker noch darvon allein die geſundheit wider eꝛlangt/ da er ſeine kꝛanck-
heit erkennet/ ob wohl ſolches ein guter anfang iſt/ ſondern es gehoͤren auch kraͤfftig
und kluͤglich applicirte artzeney mittel dazu/ alſo mag die erkaͤntnuͤß der fehler in
ſchulen und ſonſten/ das uͤbel noch nicht heben/ ſo lang wir die mittel nicht ſehen/ und
ſie zu werck richten koͤnnen/ welche zu der beſſerung noͤthig.
Der Chriſtliche politicus Herr von Seckendorff hat in ſeinen neulichen Chꝛi-
ſtenſtaat von dieſer und anderer materie viele ſehr heilſame vorſchlaͤge und erinne-
rung gethan/ auch aus andern widerhohlet. Aber ach wie waͤre zu wuͤnſchen/ daß
ſolche dinge nicht insgemein bey den bloſſen wuͤnſchen und verlangen blieben. Was
auch hie in dem wege ſtehe/ iſt abermahl eher zuſehen als weg zu bringen. Jn
ſumma ich ſehe die ſache in dergleichen allgemeinen beſſerungen die man in-
tendirt und auch intendiren ſolte/ dermaſſen je laͤnger je mehr an/ daß nicht nur
der Satan auch unter uns ſein reich dermaſſen verbollwercket/ und ſich auff alles/
wo man ihm abbruch thun wolte/ laͤngſt vorgeſehen habe/ daß keine geringere als
Goͤttliche krafft da durch zudringen vermag/ ſondern daß auch Goͤttliches gerichte
alſo auff uns liege/ daß man kaum irgend etwas ausrichte/ ſondern muß nach aller
angewendter ſorge und muͤhe damit zufrieden ſeyen/ daß man ſein gewiſſen gerettet
habe/ und das uͤbrige den HERRN befehlen: damit wir alſo/ wo wir die Da-
vid ſeyen/ die den HERRN den tempel noch nicht bauen doͤrffen; erwarten biß
der von ihm darzu von ihm erwehlte Salomon aufftrete/ deme wir in deſſen doch
vorſpahren und vorarbeiten ſollen/ ſo weit wir jetzt zu kommen vermoͤgen/ daß der
von uns geſamlete vorrath ſein werck kraͤfftig befoͤrdere: Wie ich zwar/ je ſchweh-
rer die gerichte anfangen zu werden/ und bald noch ſchꝛecklicher ausbrechen doͤrfften/
ſo vielmehr mich verſichere/ das die zeit einiger erwuͤnſchten hauptbeſſerung uns
nicht mehr fern ſeye/ und bißherigen gleichſam unfruchtbaren unſerm ſeufftzenlein
ende
Nnnn 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |