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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.

Dann was anlangt den convent, welchen den 5. Maj. D. Petersen in Au-
gustin Frentzels hause gehalten haben solte/ wird sich in erwegung/ was die in-
quisition
gegeben/ gnugsam zeigen/ daß es weder eine angestelte versamlung/
noch von D. Petersen dem Ministerio gethaner eingriff/ gewesen seye. Sondern
nachdem D. Petersen nach Leipzig gekommen/ dessen nahme ohne das studiosis
Theologiae
nicht unbekant ist/ und etzliche von Lüneburg in Leipzig studirten, sei-
ne aber mehrmahl gegen andere als eines Christlichen und Gottseligen Theologi
gedacht hatten/ so waren viele so Studiosi als Bürger begihrig/ ihn und seine hauß-
frau/ dero nahm nicht unbekant ist/ zu sehen und zu sprechen: ich will auch nicht in
abrede seyen/ daß seine ankunfft je von einen dem andern kund gethan worden.
Nachdem nun bekant worden war/ daß er bey Frentzeln zu mittag gegessen/ ver-
fügten sichder leute mehrere den nachmittag dahin/ deren einige auch ihn in Samuel
Knauers hauß erstlich suchten (da also keine gewisse beziehlung kan geschehen seyen)
so ihn aber/ weil er auch ausgegangen/ nicht bald antraffen/ dahero theils wieder
weggegangen sind/ theils unterschiedliche stunden gewartet haben/ welches die ge-
legenheit gewesen ist/ da sonsten jede eintzel mit ihm zu reden verlangten/ daß die an-
zahl stärcker worden/ die er/ nach dem er endlich um 6. uhr heimgekommen war/
angetroffen hat; wo ja leicht zuerachten ist/ nach dem die zeit des tages nicht mehr
zu gelassen/ daß er mit jedem absonderlich redete/ daß er nicht wol anders gekonnt/
als mit ihnen insgemein daß jenige zureden/ was jeden Theologo, wann ihm an-
laß dazu gegeben wird/ an allen orthen zu reden frey-ja wohl anstehet: als dem ja
gebühren will/ nicht von andern unnützen sondern seinem stande und profession an-
ständigen dingen am liebsten bey ieder gelegenheit zusprechen: welches deswegen
nicht also bald eine predigt heissen muß oder kan. So wird außdrücklich von den
zeugen deponiret, nach dem unter seinem discurs auch des Churf. mandats mel-
dung gethan worden/ daß er davon vernehmende gedacht habe/ wie man der dieß-
fals ergangenen gnädigsten verordnung allerdings nach kommen solte/ und habe
sie von conventen abgemahnet. Wie alles dieses/ und nichts das ihn weiter
graviren könte zufinden ist aus der inquisition Vol. f. 72-76. und 81. 82.
83. Hingegen ist nichts ungemeines in allem solchen 1. das einem fremden Doctori
Theologiae
ihrer viele zusprechen/ und seine kundschafft suchen/ 2. daß es müglich/
wo ihrer mehrer auff einen einige stunde warten/ daß derselben zahl starck wer-
de/ so dann 3. daß einer der nicht mit jeglichen zu reden zeit findet/ zu allen zugleich
rede/ und 4. daß ein Theologos seiner profession zukommende sachen bey jeder
gelegenheit am liebsten rede.

Weil aber 5. nicht nur niemahl dieses eine der haupt beschuldigungen gewe-
sen ist/ daß das gantze werck dem Ministerio verkleinerung brächte/ und die pre-
digten dadurch versäumet/ und gering gehalten würden worden: so dann daß sol-
che leute von dem gliedern des Ministerii übel geredet hätten/ welches alles/ wo es

er
Das ſechſte Capitel.

Dann was anlangt den convent, welchen den 5. Maj. D. Peterſen in Au-
guſtin Frentzels hauſe gehalten haben ſolte/ wird ſich in erwegung/ was die in-
quiſition
gegeben/ gnugſam zeigen/ daß es weder eine angeſtelte verſamlung/
noch von D. Peterſen dem Miniſterio gethaner eingriff/ geweſen ſeye. Sondern
nachdem D. Peterſen nach Leipzig gekommen/ deſſen nahme ohne das ſtudioſis
Theologiæ
nicht unbekant iſt/ und etzliche von Luͤneburg in Leipzig ſtudirten, ſei-
ne aber mehrmahl gegen andere als eines Chriſtlichen und Gottſeligen Theologi
gedacht hatten/ ſo waren viele ſo Studioſi als Buͤrger begihrig/ ihn und ſeine hauß-
frau/ dero nahm nicht unbekant iſt/ zu ſehen und zu ſprechen: ich will auch nicht in
abrede ſeyen/ daß ſeine ankunfft je von einen dem andern kund gethan worden.
Nachdem nun bekant worden war/ daß er bey Frentzeln zu mittag gegeſſen/ ver-
fuͤgten ſichder leute mehꝛere den nachmittag dahin/ deꝛen einige auch ihn in Samuel
Knauers hauß erſtlich ſuchten (da alſo keine gewiſſe beziehlung kan geſchehen ſeyen)
ſo ihn aber/ weil er auch ausgegangen/ nicht bald antraffen/ dahero theils wieder
weggegangen ſind/ theils unterſchiedliche ſtunden gewartet haben/ welches die ge-
legenheit geweſen iſt/ da ſonſten jede eintzel mit ihm zu reden verlangten/ daß die an-
zahl ſtaͤrcker worden/ die er/ nach dem er endlich um 6. uhr heimgekommen war/
angetroffen hat; wo ja leicht zuerachten iſt/ nach dem die zeit des tages nicht mehr
zu gelaſſen/ daß er mit jedem abſonderlich redete/ daß er nicht wol anders gekonnt/
als mit ihnen insgemein daß jenige zureden/ was jeden Theologo, wann ihm an-
laß dazu gegeben wird/ an allen orthen zu reden frey-ja wohl anſtehet: als dem ja
gebuͤhren will/ nicht von andern unnuͤtzen ſondern ſeinem ſtande und profeſſion an-
ſtaͤndigen dingen am liebſten bey ieder gelegenheit zuſprechen: welches deswegen
nicht alſo bald eine predigt heiſſen muß oder kan. So wird außdruͤcklich von den
zeugen deponiret, nach dem unter ſeinem diſcurs auch des Churf. mandats mel-
dung gethan worden/ daß er davon vernehmende gedacht habe/ wie man der dieß-
fals ergangenen gnaͤdigſten verordnung allerdings nach kommen ſolte/ und habe
ſie von conventen abgemahnet. Wie alles dieſes/ und nichts das ihn weiter
graviren koͤnte zufinden iſt aus der inquiſition Vol. ♂ f. 72-76. und 81. 82.
83. Hingegen iſt nichts ungemeines in allem ſolchen 1. das einem fremden Doctori
Theologiæ
ihrer viele zuſpꝛechen/ und ſeine kundſchafft ſuchen/ 2. daß es muͤglich/
wo ihrer mehrer auff einen einige ſtunde warten/ daß derſelben zahl ſtarck wer-
de/ ſo dann 3. daß einer der nicht mit jeglichen zu reden zeit findet/ zu allen zugleich
rede/ und 4. daß ein Theologos ſeiner profeſſion zukommende ſachen bey jeder
gelegenheit am liebſten rede.

Weil aber 5. nicht nur niemahl dieſes eine der haupt beſchuldigungen gewe-
ſen iſt/ daß das gantze werck dem Miniſterio verkleinerung braͤchte/ und die pre-
digten dadurch verſaͤumet/ und gering gehalten wuͤrden worden: ſo dann daß ſol-
che leute von dem gliedern des Miniſterii uͤbel geredet haͤtten/ welches alles/ wo es

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[812/0830] Das ſechſte Capitel. Dann was anlangt den convent, welchen den 5. Maj. D. Peterſen in Au- guſtin Frentzels hauſe gehalten haben ſolte/ wird ſich in erwegung/ was die in- quiſition gegeben/ gnugſam zeigen/ daß es weder eine angeſtelte verſamlung/ noch von D. Peterſen dem Miniſterio gethaner eingriff/ geweſen ſeye. Sondern nachdem D. Peterſen nach Leipzig gekommen/ deſſen nahme ohne das ſtudioſis Theologiæ nicht unbekant iſt/ und etzliche von Luͤneburg in Leipzig ſtudirten, ſei- ne aber mehrmahl gegen andere als eines Chriſtlichen und Gottſeligen Theologi gedacht hatten/ ſo waren viele ſo Studioſi als Buͤrger begihrig/ ihn und ſeine hauß- frau/ dero nahm nicht unbekant iſt/ zu ſehen und zu ſprechen: ich will auch nicht in abrede ſeyen/ daß ſeine ankunfft je von einen dem andern kund gethan worden. Nachdem nun bekant worden war/ daß er bey Frentzeln zu mittag gegeſſen/ ver- fuͤgten ſichder leute mehꝛere den nachmittag dahin/ deꝛen einige auch ihn in Samuel Knauers hauß erſtlich ſuchten (da alſo keine gewiſſe beziehlung kan geſchehen ſeyen) ſo ihn aber/ weil er auch ausgegangen/ nicht bald antraffen/ dahero theils wieder weggegangen ſind/ theils unterſchiedliche ſtunden gewartet haben/ welches die ge- legenheit geweſen iſt/ da ſonſten jede eintzel mit ihm zu reden verlangten/ daß die an- zahl ſtaͤrcker worden/ die er/ nach dem er endlich um 6. uhr heimgekommen war/ angetroffen hat; wo ja leicht zuerachten iſt/ nach dem die zeit des tages nicht mehr zu gelaſſen/ daß er mit jedem abſonderlich redete/ daß er nicht wol anders gekonnt/ als mit ihnen insgemein daß jenige zureden/ was jeden Theologo, wann ihm an- laß dazu gegeben wird/ an allen orthen zu reden frey-ja wohl anſtehet: als dem ja gebuͤhren will/ nicht von andern unnuͤtzen ſondern ſeinem ſtande und profeſſion an- ſtaͤndigen dingen am liebſten bey ieder gelegenheit zuſprechen: welches deswegen nicht alſo bald eine predigt heiſſen muß oder kan. So wird außdruͤcklich von den zeugen deponiret, nach dem unter ſeinem diſcurs auch des Churf. mandats mel- dung gethan worden/ daß er davon vernehmende gedacht habe/ wie man der dieß- fals ergangenen gnaͤdigſten verordnung allerdings nach kommen ſolte/ und habe ſie von conventen abgemahnet. Wie alles dieſes/ und nichts das ihn weiter graviren koͤnte zufinden iſt aus der inquiſition Vol. ♂ f. 72-76. und 81. 82. 83. Hingegen iſt nichts ungemeines in allem ſolchen 1. das einem fremden Doctori Theologiæ ihrer viele zuſpꝛechen/ und ſeine kundſchafft ſuchen/ 2. daß es muͤglich/ wo ihrer mehrer auff einen einige ſtunde warten/ daß derſelben zahl ſtarck wer- de/ ſo dann 3. daß einer der nicht mit jeglichen zu reden zeit findet/ zu allen zugleich rede/ und 4. daß ein Theologos ſeiner profeſſion zukommende ſachen bey jeder gelegenheit am liebſten rede. Weil aber 5. nicht nur niemahl dieſes eine der haupt beſchuldigungen gewe- ſen iſt/ daß das gantze werck dem Miniſterio verkleinerung braͤchte/ und die pre- digten dadurch verſaͤumet/ und gering gehalten wuͤrden worden: ſo dann daß ſol- che leute von dem gliedern des Miniſterii uͤbel geredet haͤtten/ welches alles/ wo es er

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 812. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/830>, abgerufen am 22.11.2024.