Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. Ferner ist zwar auch Joh. Andr. Schilling. beschuldiget worden/ daß derselbegegen das Ministerium/ absonderlich aber einige dessen membra in Leipzig/ hart geredet haben solte Vol. Jupiter f. 1. Aber nicht allein seine aussage/ sondern auch des zeugen eydliche bekäntnüß f. 11. seq. zeuget ein anders/ und daß wider diese nichts geredet worden/ was aber jenes insgemein betrifft/ aus El. Praetorii buch/ daß ei- ner/ dem es von Wittenberg um nach Magdeburg zubestellen gesand worden/ com- municiret hatte/ gelesen und keine application gemacht worden seye: Ob dann wol der denunciant. Vol. f. 116. darüber geschwohren hat/ so wird doch seiner aussag so wol durch andere eydliche aussag (an gedachter stelle Vol. Jupiter f. 11.) als durch eine andere person. Vol. f. 116. wiedersprochen/ daher er allerdings seinen glauben billich verliehret. Wie ohne daß unmüglich ist/ daß einem/ dem es recht um seine erbauung zu thun ist/ das jenige amt an sich selbs verachten könne/ welches zu derselben von GOtt verordnet ist; ob wol müglich ist/ daß in solcher über einige feh- ler der jenigen/ die es tragen/ klagen könte. Wann auch 6. eine klage unterschiedliche mal gewesen ist/ daß die Philoso- Endlich 7. sind auch diese leute bezüchtiget worden/ daß sie zu den bürgern in als
Das ſechſte Capitel. Ferner iſt zwar auch Joh. Andr. Schilling. beſchuldiget worden/ daß derſelbegegen das Miniſterium/ abſonderlich aber einige deſſen membra in Leipzig/ hart geredet haben ſolte Vol. ♃ f. 1. Aber nicht allein ſeine auſſage/ ſondern auch des zeugen eydliche bekaͤntnuͤß f. 11. ſeq. zeuget ein anders/ und daß wider dieſe nichts geredet worden/ was aber jenes insgemein betrifft/ aus El. Prætorii buch/ daß ei- ner/ dem es von Wittenberg um nach Magdeburg zubeſtellen geſand worden/ com- municiret hatte/ geleſen und keine application gemacht worden ſeye: Ob dann wol der denunciant. Vol. ☿ f. 116. daruͤber geſchwohren hat/ ſo wird doch ſeiner auſſag ſo wol durch andere eydliche auſſag (an gedachter ſtelle Vol. ♃ f. 11.) als durch eine andere perſon. Vol. ☿ f. 116. wiederſprochen/ daher er allerdings ſeinen glauben billich verliehret. Wie ohne daß unmuͤglich iſt/ daß einem/ dem es recht um ſeine erbauung zu thun iſt/ das jenige amt an ſich ſelbs verachten koͤnne/ welches zu derſelben von GOtt verordnet iſt; ob wol muͤglich iſt/ daß in ſolcher uͤber einige feh- ler der jenigen/ die es tragen/ klagen koͤnte. Wann auch 6. eine klage unterſchiedliche mal geweſen iſt/ daß die Philoſo- Endlich 7. ſind auch dieſe leute bezuͤchtiget worden/ daß ſie zu den buͤrgern in als
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0832" n="814"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das ſechſte Capitel.</hi></fw><lb/> Ferner iſt zwar auch <hi rendition="#fr">Joh. Andr. Schilling.</hi> beſchuldiget worden/ daß derſelbe<lb/> gegen das <hi rendition="#aq">Miniſterium</hi>/ abſonderlich aber einige deſſen <hi rendition="#aq">membra</hi> in Leipzig/ hart<lb/> geredet haben ſolte <hi rendition="#aq">Vol. ♃ f. 1.</hi> Aber nicht allein ſeine auſſage/ ſondern auch des<lb/> zeugen eydliche bekaͤntnuͤß <hi rendition="#aq">f. 11. ſeq.</hi> zeuget ein anders/ und daß wider dieſe nichts<lb/> geredet worden/ was aber jenes insgemein betrifft/ aus <hi rendition="#aq">El. Prætorii</hi> buch/ daß ei-<lb/> ner/ dem es von Wittenberg um nach Magdeburg zubeſtellen geſand worden/ <hi rendition="#aq">com-<lb/> municiret</hi> hatte/ geleſen und keine <hi rendition="#aq">application</hi> gemacht worden ſeye: Ob dann<lb/> wol der <hi rendition="#aq">denunciant. Vol. ☿ f. 116.</hi> daruͤber geſchwohren hat/ ſo wird doch ſeiner<lb/> auſſag ſo wol durch andere eydliche auſſag (an gedachter ſtelle <hi rendition="#aq">Vol. ♃ f. 11.</hi>) als<lb/> durch eine andere perſon. <hi rendition="#aq">Vol. ☿ f. 116.</hi> wiederſprochen/ daher er allerdings ſeinen<lb/> glauben billich verliehret. Wie ohne daß unmuͤglich iſt/ daß einem/ dem es recht um<lb/> ſeine erbauung zu thun iſt/ das jenige amt an ſich ſelbs verachten koͤnne/ welches zu<lb/> derſelben von GOtt verordnet iſt; ob wol muͤglich iſt/ daß in ſolcher uͤber einige feh-<lb/> ler der jenigen/ die es tragen/ klagen koͤnte.</p><lb/> <p>Wann auch 6. eine klage unterſchiedliche mal geweſen iſt/ daß die <hi rendition="#aq">Philoſo-<lb/> phie</hi> von den ſo genanten <hi rendition="#aq">Pietiſten</hi> verworffen wuͤrde/ ergibet ſich abermahl das<lb/> gegentheil aus der jenigen auſſage nemlich das ſolche nicht nur allein nicht verachtet<lb/> ſondern in ihrem rechten gebrauch <hi rendition="#aq">recommandiret</hi> wuͤrden. <hi rendition="#aq">Vol. ♂ f. 10. 11. 20.<lb/> 22. 23. 24. 36.</hi> daß alſo jene beſchuldigung wiederum aus einer bloſſen <hi rendition="#aq">calumnie</hi><lb/> her entſtanden ſeyen muß.</p><lb/> <p>Endlich 7. ſind auch dieſe leute bezuͤchtiget worden/ daß ſie zu den buͤrgern in<lb/> die haͤuſer wider ihren willen gegangen waͤren/ und ihren zuſpruch ihnen auffge-<lb/> drungen haͤtten: aber auch deſſen iſt nichts erwieſen: zwar <hi rendition="#aq">deponiret</hi> einer <hi rendition="#aq">Vol.<lb/> ♃. f. 1.</hi> das <hi rendition="#fr">Schilling</hi> der <hi rendition="#aq">Studioſus</hi> gegen eine perſon dergleichen gethan habe/<lb/> aber <hi rendition="#aq">Vol. ☿ f. 116.</hi> ſind ſich die ſache gantz anders zu ſeyen. Was <hi rendition="#aq">M.</hi> <hi rendition="#fr">Friedeln</hi> an-<lb/> langt/ iſt nicht ohn/ daß er zu einem vor beſeſſen gehaltenen maͤgdlein erſtmals aus<lb/><hi rendition="#aq">curioſitet</hi> gekommen/ nachmal aber wurde er von dero eltern ihr mit liebe an<lb/> die hand zugehen erbethen. So ſind insgeſamt dergleichen liebes dienſte der art/<lb/> daß nicht allezeit beſondere erforderung noͤthig/ ſondern die liebe thut auch gern gu-<lb/> tes ohne viele erſuchung/ wo ſie ſolches angenehm zu ſeyen weiſt: und wo in ſol-<lb/> cher ſache einige fehler geſchehen/ ſind auch dieſelbe um der guten abſicht willen/<lb/> leicht zu vergeben. Auß allem dieſem/ was ſich aus den <hi rendition="#aq">acten,</hi> wo ſie mit unein-<lb/> genommenen gemuͤth/ und nach der billichkeit/ nach welcher alle rechten dem be-<lb/> klagten einen <hi rendition="#aq">favor</hi> ſo weit goͤnnen/ daß er genug uͤberfuͤhrt ſeyn muß/ oder eher<lb/> vor ſeine unſchuld als ſchuld <hi rendition="#aq">præſumiret</hi> werden ſolte/ geleſen und <hi rendition="#aq">examiniret</hi><lb/> werden/ <hi rendition="#aq">colligiren</hi> laͤſſet/ werden E. Churf. Durchl. von ſelbſten gnaͤdigſten er-<lb/> keñen/ daß das jenige/ was von dem Pietiſtiſchen unweſen dz gantze land erfuͤllet/ ſich<lb/> in der wahrheit nicht alſo befunden habe ſondern das unweſen vielmehr in den fal-<lb/> ſchen außſprengungen/ und leichtglaubiger annehmung und daher erweckteunruhe/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [814/0832]
Das ſechſte Capitel.
Ferner iſt zwar auch Joh. Andr. Schilling. beſchuldiget worden/ daß derſelbe
gegen das Miniſterium/ abſonderlich aber einige deſſen membra in Leipzig/ hart
geredet haben ſolte Vol. ♃ f. 1. Aber nicht allein ſeine auſſage/ ſondern auch des
zeugen eydliche bekaͤntnuͤß f. 11. ſeq. zeuget ein anders/ und daß wider dieſe nichts
geredet worden/ was aber jenes insgemein betrifft/ aus El. Prætorii buch/ daß ei-
ner/ dem es von Wittenberg um nach Magdeburg zubeſtellen geſand worden/ com-
municiret hatte/ geleſen und keine application gemacht worden ſeye: Ob dann
wol der denunciant. Vol. ☿ f. 116. daruͤber geſchwohren hat/ ſo wird doch ſeiner
auſſag ſo wol durch andere eydliche auſſag (an gedachter ſtelle Vol. ♃ f. 11.) als
durch eine andere perſon. Vol. ☿ f. 116. wiederſprochen/ daher er allerdings ſeinen
glauben billich verliehret. Wie ohne daß unmuͤglich iſt/ daß einem/ dem es recht um
ſeine erbauung zu thun iſt/ das jenige amt an ſich ſelbs verachten koͤnne/ welches zu
derſelben von GOtt verordnet iſt; ob wol muͤglich iſt/ daß in ſolcher uͤber einige feh-
ler der jenigen/ die es tragen/ klagen koͤnte.
Wann auch 6. eine klage unterſchiedliche mal geweſen iſt/ daß die Philoſo-
phie von den ſo genanten Pietiſten verworffen wuͤrde/ ergibet ſich abermahl das
gegentheil aus der jenigen auſſage nemlich das ſolche nicht nur allein nicht verachtet
ſondern in ihrem rechten gebrauch recommandiret wuͤrden. Vol. ♂ f. 10. 11. 20.
22. 23. 24. 36. daß alſo jene beſchuldigung wiederum aus einer bloſſen calumnie
her entſtanden ſeyen muß.
Endlich 7. ſind auch dieſe leute bezuͤchtiget worden/ daß ſie zu den buͤrgern in
die haͤuſer wider ihren willen gegangen waͤren/ und ihren zuſpruch ihnen auffge-
drungen haͤtten: aber auch deſſen iſt nichts erwieſen: zwar deponiret einer Vol.
♃. f. 1. das Schilling der Studioſus gegen eine perſon dergleichen gethan habe/
aber Vol. ☿ f. 116. ſind ſich die ſache gantz anders zu ſeyen. Was M. Friedeln an-
langt/ iſt nicht ohn/ daß er zu einem vor beſeſſen gehaltenen maͤgdlein erſtmals aus
curioſitet gekommen/ nachmal aber wurde er von dero eltern ihr mit liebe an
die hand zugehen erbethen. So ſind insgeſamt dergleichen liebes dienſte der art/
daß nicht allezeit beſondere erforderung noͤthig/ ſondern die liebe thut auch gern gu-
tes ohne viele erſuchung/ wo ſie ſolches angenehm zu ſeyen weiſt: und wo in ſol-
cher ſache einige fehler geſchehen/ ſind auch dieſelbe um der guten abſicht willen/
leicht zu vergeben. Auß allem dieſem/ was ſich aus den acten, wo ſie mit unein-
genommenen gemuͤth/ und nach der billichkeit/ nach welcher alle rechten dem be-
klagten einen favor ſo weit goͤnnen/ daß er genug uͤberfuͤhrt ſeyn muß/ oder eher
vor ſeine unſchuld als ſchuld præſumiret werden ſolte/ geleſen und examiniret
werden/ colligiren laͤſſet/ werden E. Churf. Durchl. von ſelbſten gnaͤdigſten er-
keñen/ daß das jenige/ was von dem Pietiſtiſchen unweſen dz gantze land erfuͤllet/ ſich
in der wahrheit nicht alſo befunden habe ſondern das unweſen vielmehr in den fal-
ſchen außſprengungen/ und leichtglaubiger annehmung und daher erweckteunruhe/
als
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/832 |
Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 814. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/832>, abgerufen am 01.07.2024. |