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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
terthänigen gehorsams und hertzlichen gebets versichern. Der grundgütige Gott
bewahre ihr hertz und sinne in CHristo JEsu/ der wende ihre augen ab/ daß sie
nicht sehen nach der welt eitelkeit/ sondern stärcke sie vielmehr/ daß sie/ da sie in der
welt leben muß/ sich derselben doch nicht gleich stelie/ sondern in allen prüffe/ was da
sey der gute/ der wohlgefällige und vollkommene GOttes wille/ daß sie ja nicht ge-
dencke/ sie müsse um des in der welt hohen standes und desselben respects willen
etwas thun/ was ihrem noch höhern ja höhesten Christenstand unanständig wäre
und womit sie die in diesem habende ehre schmählern oder gar verliehren mögte. Es
fordert GOTT jetzo so vielmehr von ihr/ als mehr er ihr gegeben/ und sie aus sei-
nen heiligen Geistes gnade tieffer/ als sonsten viele ihres gleichen in die göttlichen
gnaden güter u. hinwieder ihrer pflicht hat einsehen lassen: Nun er lasse auch durch
seine kräfftige würckung solche früchte an ihr selbs/ so dann auch ihr gut exempel an
andern noch etwa weltgesinnten so viel reicher folgen und dero wachsthum von der
welt nicht unterbrochen werden. Hiebey würde ich schliessen/ wo nicht/ weil mei-
ne geliebte schwester auch die liebe meinige mit ihren hertzlichen gruß gewürdiget/ ich
hinwieder auch von meiner lieben haußfrau ihren treumeinenden wunsch hie mit
beyzusetzen/ so dann dabey zu berichten hätte/ daß der getreue himmlische Vater un-
ser zweytes töchterlein/ so fast wenig gesunde zeit die 5. jahr und 10. monat die es er-
reichet erlebet/ an einer lang auszehrende schwachheit/ daran es bereits zum öfftern
gelegen/ zu sich erfordert. Wir haben ihn solches auch als demjenigen/ der der einige
eigenthums HERR über uns und die unsrige ist/ willig zu überlassen gehabt/ und
den natürlichen schmertz/ welcher bey solcher begebnüß in Vater- und Mütterlichen
hertzen auch wieder willen gefühlet wird/ durch seine gnade überwunden/ daß wir
ihn je mehr und mehr lernen dancken/ und ihn loben/ er gebe oder nehme. Jndem
er allezeit der lobwürdige GOTT ist und bleibet. 1673.

SECTIO XII.

4.) Einer Vrinceßin beständigkeit im guten.
Meine arbeit in
genealogischen studiis. Verlangen und
nutzen der einsamkeit. Anfechtung eigner ehr; sol-
che sünde stirbt zuletzt.

GLeich wie ich nicht zweiffele/ daß mittlerfrist mein neuliches von dem 15.
Maj. werde wol überkommen seyn/ also berichte hingegen/ daß auch dero
beyde nacheinander samt in dem ersten des einschlusses von der Princeßin
mir erfreulich zuhanden gelieffert worden. Wie nun die sorge/ welche meine
vielgeliebte schwester vor die Princeßin/ daß sie nicht etwa von der welt ärgernüß
mögte anstoß gelitten haben/ in vorigen brieffe bezeugte/ mich auch mit gleicher

sorg-

Das ſechſte Capitel.
terthaͤnigen gehorſams und hertzlichen gebets verſichern. Der grundguͤtige Gott
bewahre ihr hertz und ſinne in CHriſto JEſu/ der wende ihre augen ab/ daß ſie
nicht ſehen nach der welt eitelkeit/ ſondern ſtaͤrcke ſie vielmehr/ daß ſie/ da ſie in der
welt leben muß/ ſich derſelben doch nicht gleich ſtelie/ ſondern in allen pruͤffe/ was da
ſey der gute/ der wohlgefaͤllige und vollkommene GOttes wille/ daß ſie ja nicht ge-
dencke/ ſie muͤſſe um des in der welt hohen ſtandes und deſſelben reſpects willen
etwas thun/ was ihrem noch hoͤhern ja hoͤheſten Chriſtenſtand unanſtaͤndig waͤre
und womit ſie die in dieſem habende ehre ſchmaͤhlern oder gar verliehren moͤgte. Es
fordert GOTT jetzo ſo vielmehr von ihr/ als mehr er ihr gegeben/ und ſie aus ſei-
nen heiligen Geiſtes gnade tieffer/ als ſonſten viele ihres gleichen in die goͤttlichen
gnaden guͤter u. hinwieder ihrer pflicht hat einſehen laſſen: Nun er laſſe auch durch
ſeine kraͤfftige wuͤrckung ſolche fruͤchte an ihr ſelbs/ ſo dann auch ihr gut exempel an
andern noch etwa weltgeſinnten ſo viel reicher folgen und dero wachsthum von der
welt nicht unterbrochen werden. Hiebey wuͤrde ich ſchlieſſen/ wo nicht/ weil mei-
ne geliebte ſchweſter auch die liebe meinige mit ihren hertzlichen gruß gewuͤrdiget/ ich
hinwieder auch von meiner lieben haußfrau ihren treumeinenden wunſch hie mit
beyzuſetzen/ ſo dann dabey zu berichten haͤtte/ daß der getreue himmliſche Vater un-
ſer zweytes toͤchterlein/ ſo faſt wenig geſunde zeit die 5. jahr und 10. monat die es er-
reichet erlebet/ an einer lang auszehrende ſchwachheit/ daran es bereits zum oͤfftern
gelegen/ zu ſich erfordert. Wir haben ihn ſolches auch als demjenigen/ der der einige
eigenthums HERR uͤber uns und die unſrige iſt/ willig zu uͤberlaſſen gehabt/ und
den natuͤrlichen ſchmertz/ welcher bey ſolcher begebnuͤß in Vater- und Muͤtterlichen
hertzen auch wieder willen gefuͤhlet wird/ durch ſeine gnade uͤberwunden/ daß wir
ihn je mehr und mehr lernen dancken/ und ihn loben/ er gebe oder nehme. Jndem
er allezeit der lobwuͤrdige GOTT iſt und bleibet. 1673.

SECTIO XII.

4.) Einer Vrinceßin beſtaͤndigkeit im guten.
Meine arbeit in
genealogiſchen ſtudiis. Verlangen und
nutzen der einſamkeit. Anfechtung eigner ehr; ſol-
che ſuͤnde ſtirbt zuletzt.

GLeich wie ich nicht zweiffele/ daß mittlerfriſt mein neuliches von dem 15.
Maj. werde wol uͤberkommen ſeyn/ alſo berichte hingegen/ daß auch dero
beyde nacheinander ſamt in dem erſten des einſchluſſes von der Princeßin
mir erfreulich zuhanden gelieffert worden. Wie nun die ſorge/ welche meine
vielgeliebte ſchweſter vor die Princeßin/ daß ſie nicht etwa von der welt aͤrgernuͤß
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[76/0094] Das ſechſte Capitel. terthaͤnigen gehorſams und hertzlichen gebets verſichern. Der grundguͤtige Gott bewahre ihr hertz und ſinne in CHriſto JEſu/ der wende ihre augen ab/ daß ſie nicht ſehen nach der welt eitelkeit/ ſondern ſtaͤrcke ſie vielmehr/ daß ſie/ da ſie in der welt leben muß/ ſich derſelben doch nicht gleich ſtelie/ ſondern in allen pruͤffe/ was da ſey der gute/ der wohlgefaͤllige und vollkommene GOttes wille/ daß ſie ja nicht ge- dencke/ ſie muͤſſe um des in der welt hohen ſtandes und deſſelben reſpects willen etwas thun/ was ihrem noch hoͤhern ja hoͤheſten Chriſtenſtand unanſtaͤndig waͤre und womit ſie die in dieſem habende ehre ſchmaͤhlern oder gar verliehren moͤgte. Es fordert GOTT jetzo ſo vielmehr von ihr/ als mehr er ihr gegeben/ und ſie aus ſei- nen heiligen Geiſtes gnade tieffer/ als ſonſten viele ihres gleichen in die goͤttlichen gnaden guͤter u. hinwieder ihrer pflicht hat einſehen laſſen: Nun er laſſe auch durch ſeine kraͤfftige wuͤrckung ſolche fruͤchte an ihr ſelbs/ ſo dann auch ihr gut exempel an andern noch etwa weltgeſinnten ſo viel reicher folgen und dero wachsthum von der welt nicht unterbrochen werden. Hiebey wuͤrde ich ſchlieſſen/ wo nicht/ weil mei- ne geliebte ſchweſter auch die liebe meinige mit ihren hertzlichen gruß gewuͤrdiget/ ich hinwieder auch von meiner lieben haußfrau ihren treumeinenden wunſch hie mit beyzuſetzen/ ſo dann dabey zu berichten haͤtte/ daß der getreue himmliſche Vater un- ſer zweytes toͤchterlein/ ſo faſt wenig geſunde zeit die 5. jahr und 10. monat die es er- reichet erlebet/ an einer lang auszehrende ſchwachheit/ daran es bereits zum oͤfftern gelegen/ zu ſich erfordert. Wir haben ihn ſolches auch als demjenigen/ der der einige eigenthums HERR uͤber uns und die unſrige iſt/ willig zu uͤberlaſſen gehabt/ und den natuͤrlichen ſchmertz/ welcher bey ſolcher begebnuͤß in Vater- und Muͤtterlichen hertzen auch wieder willen gefuͤhlet wird/ durch ſeine gnade uͤberwunden/ daß wir ihn je mehr und mehr lernen dancken/ und ihn loben/ er gebe oder nehme. Jndem er allezeit der lobwuͤrdige GOTT iſt und bleibet. 1673. SECTIO XII. 4.) Einer Vrinceßin beſtaͤndigkeit im guten. Meine arbeit in genealogiſchen ſtudiis. Verlangen und nutzen der einſamkeit. Anfechtung eigner ehr; ſol- che ſuͤnde ſtirbt zuletzt. GLeich wie ich nicht zweiffele/ daß mittlerfriſt mein neuliches von dem 15. Maj. werde wol uͤberkommen ſeyn/ alſo berichte hingegen/ daß auch dero beyde nacheinander ſamt in dem erſten des einſchluſſes von der Princeßin mir erfreulich zuhanden gelieffert worden. Wie nun die ſorge/ welche meine vielgeliebte ſchweſter vor die Princeßin/ daß ſie nicht etwa von der welt aͤrgernuͤß moͤgte anſtoß gelitten haben/ in vorigen brieffe bezeugte/ mich auch mit gleicher ſorg-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/94>, abgerufen am 23.11.2024.